Das vorläufige Wahlergebnis der Greifswalder Oberbürgermeisterwahlen steht fest: Keiner der drei Kandidaten konnte im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen — in zwei Wochen kommt es deswegen zur Stichwahl zwischen Jörg Hochheim (CDU) und Stefan Fassbinder (Grüne).
Am Sonntag wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Die Vorbereitungen zur Durchführung des Votums laufen auf Hochtouren. Zur Wahl gestellt haben sich drei Kandidaten: der derzeitige Baudezernent Jörg Hochheim (CDU), der Lehramtsstudent Björn Wieland (Die PARTEI) sowie der Historiker Stefan Fassbinder (Grüne), der als gemeinsamer Kandidat von Grünen, SPD, Linke und Piratenpartei ins Rennen geschickt wurde.
(Stimmzettel der OB-Wahl, Foto: Fleischervorstadt-Blog, 2015)
Fast 10 Prozent der Wahlberechtigten haben ihre Stimme bereits abgegeben
Um Oberbürgermeister zu werden, benötigt der Wahlsieger mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen. Gelingt dies am Sonntag keinem der drei Kandidaten, so wird zwei Wochen später, am 10. Mai, eine Stichwahl über das künftige Stadtoberhaupt entscheiden, das im Juli die Amtsgeschäfte aufnehmen soll. Den Ablauf der OB-Wahl werden etwa 260 Wahlhelfer betreuen, 65 davon im Ehrenamt. Wahlberechtigt ist, wer seinen Hauptwohnsitz in Greifswald hat und das Mindestalter von 16 Jahren erreicht — bei dieser Wahl sind das immerhin 46.930 Bürgerinnen.
Wer am Sonntag keine Möglichkeit hat, zwischen 8 Uhr und 18 Uhr wählen zu gehen, kann seine Stimme vorher im Briefwahllokal abgeben, das sich im Rathauskeller befindet. Dafür wird ein Ausweisdokument und idealer-, aber nicht notwendigerweise auch die Wahlbenachrichtigung benötigt. Bis Montag Mittag machten bereits 3128 Wahlberechtigte von dieser Möglichkeit Gebrauch — bei der vergangenen OB-Wahl waren es insgesamt nur 2.615 Personen, was auf eine stärkere Wahlbeteiligung in diesem Jahr hoffen lässt!
Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Kandidat Björn Wieland (Die PARTEI) im Gespräch über Satire als Politikstil, bezahlte Facebook-Posts, den Kleinkrieg mit Anklam, seine Liebe zum Tierpark und das Greifswalder Grill-Monopol.
Wahlkampf: „Überall Sturm klingeln und die Werbetrommel für mich rühren, das ist nicht so meins“
FVB: Herr Wieland, wie haben Sie den Wahlkampf bislang erlebt? Sind sie auch schon ermüdet oder geht es bei Ihnen jetzt erst richtig los?
BW: Man kann auf jeden Fall auf dem letzten Meter jetzt noch ein bisschen Gas geben, vielleicht sogar noch am Sonntag. Ansonsten ist es schon ganz schön anstrengend. Es ist schön, dass die Leute sich so für die Podiumsdiskussionen interessieren und man miteinander in die Diskussion kommt, aber weil immer wieder die gleichen Fragen kommen – zum Beispiel zum Theater –, sagt man oft das Gleiche. Die Leute aber wollen das wissen und das ist dann ja auch völlig verständlich.
(Björn Wieland im Wahlkampf, 2015)
Trotzdem: Es geht noch was! Ich habe mich auch nicht völlig totgemacht und jeden Tag irgendwo geklingelt, wie zum Beispiel Herr Fassbinder. Wenn ich auf dessen Seite schaue, steht da jeden Tag, was er sich gerade angeguckt hat. Ich quatsche nicht jeden an, ob ich mir die Universitätsmedizin, diesen oder jenen Verein ansehen kann. Wenn mich einer fragt, ob ich das machen möchte, dann bin ich gern dabei und habe nie nein gesagt, wenn ich irgendwo eingeladen wurde. Aber überall Sturm klingeln und für mich die Werbetrommel rühren, das ist nicht so meins.
Im Gegensatz zu den beiden anderen Kandidaten haben Sie Herrn Zuckerberg kein Geld überwiesen und darauf verzichtet, die Reichweite ihrer Facebook-Beiträge gegen Bezahlung zu erhöhen. Heute haben Sie dort gut 25% mehr Fans als Ihre Gegner, und das alles ohne Katzenbilder. Kann man sich echte Sympathisanten am Ende doch nicht kaufen?
Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Im Interview sprach Stefan Fassbinder (Grüne), dessen Kandidatur von SPD, Linke und Piratenpartei unterstützt wird, unter anderem über über seine Visionen für Greifswald, sanfte Mobilität, die Mietpreisbremse und die schwere Last des Technischen Rathauses.
Wahlkampf: „Ich versuche nicht, witziger zu sein als Herr Wieland“
FVB: Herr Fassbinder, muss man sich für eine Homestory mit der Ostsee-Zeitung sehr stark verbiegen oder gewöhnt man sich im Laufe eines Wahlkampfes daran und gehört das irgendwann genauso dazu wie Aktionen am Frauentag oder gemeinsame Podiumsdiskussionen mit dem Kandidaten einer Satirepartei?
SF: Also verbiegen muss man sich für eine Homestory der Ostsee-Zeitung nicht, das gehört wahrscheinlich dazu. Ich glaube, viele Wählerinnen wollen nicht nur das Programm — das für mich natürlich im Vordergrund steht — kennenlernen, sondern auch den Menschen dahinter, und natürlich gehören da einige private Sachen dazu. Für mich ist es aber wichtig, dass die Programmpunkte, dass die Art, wie man Politik machen will, im Vordergrund stehen — und ich denke, dass tun sie auch; man sieht das zum Beispiel daran, dass die Podiumsdiskussionen sehr gut besucht sind — das ist für mich das Entscheidende.
Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Grund genug für ein persönliches Gespräch mit Kandidat Jörg Hochheim (CDU) über seine Visionen für die Hansestadt, über Apps im Amt, das Technische Rathaus, den Umgang mit Flüchtlingen und schließlich über die sogenannte Mietpreisbremse.
FVB: Herr Hochheim, was ist anstrengender: die dritte Podiumsdiskussion gemeinsam mit Björn Wieland innerhalb einer Woche zu überstehen oder eine Homestory mit der Ostsee-Zeitung zu machen?
JH: Ich bin mir ziemlich sicher, dass Björn Wieland nicht ernsthaft glaubt, OB dieser Stadt werden zu können, aber wenn man das vorausschickt, dann hat mir das, was er im Wahlkampf gemacht hat, sehr gut gefallen. Die Homestory der OZ — also wenn man gefragt wird, wie man sein Leben bislang geführt hat — fand ich jetzt nicht so anstrengend.
(Jörg Hochheim im Interview, 2015)
Wer profitiert stärker von der Kandidatur Björn Wielands, Stefan Fassbinder oder Jörg Hochheim?
Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Schon seit Wochen laufen sich die drei Kandidaten Stefan Fassbinder (Grüne), Jörg Hochheim (CDU) und Björn Wieland (Die Partei) für diese Wahl warm und je dichter das Votum rückt, desto emsiger und präsenter werden sie.
Mittlerweile glotzen die drei Bewerber allerorten von den Laternenpfählen und selbst auf den großen Online-Plattformen des Bewegtbilds wird man an die bevorstehende Oberbürgermeisterwahl erinnert, zumindest dann, wenn man die Wahlwerbespots von Stefan Fassbinder und Jörg Hochheim anklickt, in denen die beiden Kandidaten über sich und ihre zu verwirklichenden Ziele als Oberbürgermeister sprechen. Beide Filme wurden von Greifswald TV produziert und auf angenehme Weise aus dem gleichen Guss gefertigt, so dass sich niemand auf gegensätzliche Ästhetiken einstellen muss, sondern die Grenzen zwischen beiden Kandidaten auf vielsagende Art verschwimmen, oder doch nicht?
(Foto: Björn Wieland via Facebook)
Insignien der (Gestaltungs-)Macht: Akte und Bauhelm