Deutschland wird gezählt. Am 09. Mai 2011 ist Stichtag für die hierzulande wohl größte Volksbestandsaufnahme seit 1987.
Der damaligen Bevölkerungsinventur gingen energische Proteste einer breiten, bis zur FDP-Jugend reichenden, sozialen Bewegung voraus, die zum Boykott der Zählung aufrief und aus Sorge um Datenschutz und die Einschränkung von Bürgerrechten massenhaft auf die Straße ging.
Die Geburt der informationellen Selbstbestimmung
Noch 1983 leitete das Bundesverfassungsgericht im sogenannten Volkszählurteil das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 1 der Menschenrechte ab. Vier Jahre später sollte die bis dato letzte Volkszählung vorgenommen werden. Nun ist es wieder soweit und die Vorbereitungen für den sogenannten Zensus 2011 laufen auf Hochtouren.
Die von der Europäischen Union eingeforderten Pflichtmerkmale beinhalten neben Adresse, Namen und Geburtsdatum auch Fragen zu Bildungsniveau, Profession, Wohn- und Lebensverhältnissen. Über diesen Fragenkatalog hinaus erhebt die Bundesregierung konfessionelle Angaben und erfasst Daten zu Migrationshintergründen. Diese ergänzenden Auskünfte sind allerdings freiwillig.
Die juristische Grundlage dieser Befragung wurde mit dem Zensusgesetz 2011 geregelt, das im Juli 2009 in Kraft trat. Neben dieser Zählung wird außerdem eine Haushaltszählung durchgeführt, durch die alle Wohnungen, ihre Lage im Haus und deren Mieter erfasst werden sollen.
Bei Auskunftsverweigerung 5000 Euro Zwangsgeld
Die Volkszählung wird zum großen Teil registergestützt ablaufen und auf Daten der Bundesagentur für Arbeit, der öffentlichen Arbeitgeber und der kommunalen Melderegister zugreifen. Nur 9,6% der Bevölkerung werden persönlich befragt, für diese aber besteht Auskunftspflicht – wer sich dem widersetzt, dem droht ein Zwangsgeld von 5000 Euro. Im Unterschied zu einem Bußgeld ist hierbei die Schuld nicht durch die Zahlung beglichen, sondern das Zwangsgeld kann so oft eingefordert werden, bis die entsprechende Person bereit ist, ihrer Auskunftspflicht nachzukommen.
Eine im Sommer 2010 eingereichte Verfassungsbeschwerde des AK Zensus (aus dem AK Vorratsdatenspeicherung) wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen.
(Bild: Spreeblick)
Zensus 2011 — Ziele und Kritik
Ziel der Volkszählung ist die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahlen Deutschlands: „Ob Länderfinanzausgleich, die Einteilung der Bundestagswahlkreise, die Stimmenverteilung der Bundesländer im Bundesrat oder die Sitze Deutschlands im Europaparlament – all das hängt von aktuellen Einwohnerzahlen ab. Ein zweites wesentliches Ziel des Zensus ist es, Informationen zum Wohnraum, zur Bildung und zum Erwerbsleben zu gewinnen. Wie viele Erwerbstätige gibt es, wie viele Menschen davon sind selbstständig? Wo werden in den kommenden Jahren wie viele Kinder eingeschult? Wie viele Wohnungen gibt es in Deutschland und wie sind sie ausgestattet?“
Gegnerinnen des Zensus sind um die Sicherheit der sensiblen Daten vor Missbrauch oder Diebstahl besorgt. Sie kritisieren, dass die deutsche Regierung mehr Daten erhebt, als sie im Rahmen der EU-Zensusrunde eigentlich müsste, zum Beispiel die differenzierte Erhebung muslimischer Konfessionen. Datenschützer bemängeln fehlende Transparenz über den späteren Zugang zu den Daten durch andere Behörden und bezweifeln eine vollständige Trennung von Erhebungs- und Verwaltungsstellen.
Im folgenden Video sind einige Beiträge des ZDF Infokanals zum Thema zusammengeschnitten. Einen ausführlicheren und empfehlenswerten Beitrag zum Zensus hat daburna geschrieben.
Allein in Greifswald über 6000 Befragungen
Zur Durchführung des insgesamt über 720 Millionen Euro teuren Zensus 2011 werden Tausende Helfer gesucht, die in persönlich durchgeführten Interviews die entsprechenden Daten erheben sollen. Bei Nichtangetroffenen kann im Zweifelsfall der Nachbar ausgefragt werden. Diese Aufgabe wird mit 7,50 Euro pro befragter Person vergütet. Hartz4-Empfängern werden diese Einkünfte als ehrenamtlich angerechnet und dürfen angeblich behalten werden.
In Greifswald sollen etwa 6000 Teilnehmende ermittelt worden sein, hinzu kommen noch die Immobilienbesitzer, die ins Visier der Haushaltsbefragung kommen. Die Befragenden werden also gut zu tun haben. Wer über ein gepflegtes Äußeres verfügt und freundlich auftreten kann, dabei zuverlässig, genau, verschwiegen und zeitlich flexibel sein kann, kommt als Erhebungsbeaufragter für Greifswald in Frage. Details zur Bewerbung sind auf der offiziellen Greifswalder Internetpräsenz zu finden.
Die NPD Sachsen ruft ihre Volkszähler
Der NPD-Landesverband Sachsen rief Anfang Januar seine Mitglieder und Sympathisanten dazu auf, sich bei den sächsischen Kommunen als Volkszähler zu melden. Interviewer könnten „zahlreiche Rückschlüsse auf mentale Befindlichkeiten, soziale Probleme und politische Stimmungen im Lande ziehen und damit den Grundstein für eine nationaldemokratische ‚Marktforschung‘ zur idealen Wähleransprache legen“. Als besonderen Reiz der Haushaltsbefragung schätzten die Neonazis in ihrem Aufruf ein, „daß man auch Eindrücke von den persönlichen Lebensverhältnissen des einen oder anderen ‚Antifaschisten‘ bekommen kann. Für öffentlich nicht bekannte Anhänger des NPD-Kreisverbandes Dresden dürfte es beispielsweise sehr aufschlußreich sein, in der Dresdner Neustadt soziodemographische Daten zu sammeln.“ (NPD-Sachsen)
Inzwischen hat sich auch das rechte Nachrichtenportal MUPINPO zu Wort gemeldet. Wurde zuerst nur der sächsische Aufruf zitiert und weiterverbreitet, wird auf der wichtigsten Neonazi-Plattform Mecklenburg-Vorpommerns nun offen für die Bewerbung zum Erhebungsbeauftragten geworben und die Veröffentlichung aller Kontaktadressen zu den insgesamt 36 Erhebungsstellen in MV versprochen.
Jagdfieber: NPD MV will illegalisierte Ausländer aufstöbern
Urheberin dieses Aufrufs ist die NPD Mecklenburg-Vorpommern, die sich im Gegensatz zu ihrem sächsischen Pendant allerdings nicht vordergründig auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme antifaschistischer Privathaushalte freut, sondern Stimmung gegen Menschen mit Migrationshintergrund macht: „Natürlich müssen sie sensibel mit personenbezogenen Daten umgehen, was aber kein Grund sein kann, offensichtliche Verdachtsmomente zu ignorieren, die auf Straftaten wie Verstöße gegen das Ausländerrecht hinweisen. Illegale Ausländer brechen Gesetze durch ihren bloßen Aufenthalt in Deutschland. Unter „freiwillige Angaben“ können hier besondere Sprachkenntnisse eingetragen werden, zum Beispiel Türkisch oder Russisch. Offenbar rechnet man mit ausländischen Haushalten in beachtlichem Ausmaß, sonst wäre dieser Hinweis überflüssig.“ (NPD MV)
Die Stadt Greifswald soll laut einem OZ-Artikel alle Bewerber für die Befragung sorgfältig prüfen. Es sei gewährleistet, dass sie keine persönlichen Interessen verfolgen. In Sachsen wird derzeit noch diskutiert, wie man den Einsatz von Neonazis als Erhebungsbeauftragte verhindern kann. Wachsamkeit ist also angebracht, wenn die Megaerhebung losgeht. Steht der braune Zählwart dann vielleicht wirklich vor der Tür, muss er aller Auskunftspflicht zum Trotz nicht in die Wohnung gelassen werden. Auch der sich anschließenden Befragung kann man sich entziehen und den Bogen eigenständig ausfüllen und postalisch an die Erhebungsstelle senden. Ein Online-System wurde ebenfalls eingerichtet.
Der Zensus wird über uns kommen und wer das Unglückslos gezogen hat, kann sich den Pflichtauskünften wohl nur sehr schwer entziehen. Auch mit der absichtlichen Angabe falscher Informationen sollte behutsam umgegangen werden. Zu blöd wäre es, wenn irgendwann einmal andere Behörden mit diesen Daten arbeiten und die verwirrungsstiftende Konvertierung zum Islam an der einstigen Wohnungstür über Nacht zum Nachteil gereichte.
also zur ordentlichen prüfung kann man sagen, sie versuchen ihre hausaufgaben zu machen. die dame von der stadt googlt einen, sucht bilder und versucht sonstige gewohnheiten, wohnstätte etc. vorher schon zu wissen. ziemlich krass! es gibt offzielle ein bewerbungsgespräch in dem meinen wurde 95 % nur über privaten kram geredet.
meine frage zu den befragern sagt sie auch das bevor das gerücht auf kam u sich rechte bewerben konnten sie schon alle schäfchen im trockenen hatte.
kann man also hoffen das hier die region von nazi-zählern verschont bleiben.