Neues von der NPD-Demo: 1000 Polizisten, Videos aus dem Archiv, Fortschritte beim Bündnis und Angriffe auf Antifaschisten

Wie die Schweriner Volkszeitung berichtet, sollen bei der angemeldeten NPD-Demonstration am 1. Mai in Greifswald 1000 Polizeibeamte im Einsatz sein, um „Krawalle zu verhindern“. Die Beamten werden dabei unter anderem von einer Hundertschaft sächsischer Bereitschaftspolizisten unterstützt.

Gewaltfreie Sitzblockaden

Die Zeitung zitiert den Sprecher des Landesinnenministeriums, Olaf Seidlitz: „Aufgrund der im Internet kursierenden Blockadeaufrufe und den Erfahrungen mit so genannten antifaschistischen Versammlungen gehen wir davon aus, dass auch gewaltbereite Linksextremisten versuchen werden, an den Protesten teilzunehmen.“ Der Himmel wird sich verdunkeln und die Gewalttäterinnen werden auf schwarz-roten Rössern herangeprescht kommen – fürchten Sie sich auch schon?

Im folgenden Video vom 14.1.2001 kann man einen Eindruck davon gewinnen, wie  sogenannter „gewaltbereiter Linksextremismus“ und Blockaden gegen NPD-Demonstrationen zusammenhängen. Am Anfang des Videos ist übrigens der von Arthur König angeführte Demonstrationszug zu sehen, der sich auf seiner ganz eigenen Route den Neonazis „entschieden in den Weg stellte“, während der NPD-Zug tatsächlich an völlig anderer Stelle temporär aufgehalten wurde.

Sie werden marschieren — wir werden (friedlich) blockieren!

nazis blocken!Trotz des vom Greifswalder Oberbürgermeister ausgesprochenen Verbotes ist damit zu rechnen, dass die geplante Demonstration stattfinden wird. Die Universität wirbt dafür, dass die Uni-Mitglieder und alle, die sich mit ihr verbunden fühlen, sich um 8:45 Uhr am Rubenow-Denkmal treffen, um von dort gemeinsam auf den Marktplatz und weiter zum Demokratiefest am Trelleborger Weg zu laufen.

Das Bündnis Greifswald Nazifrei ruft im Gegensatz dazu auf, die NPD-Demonstration tatsächlich zu blockieren und sich den Nazis in den Weg zu stellen beziehungsweise zu setzen. Mit Gewaltbereitschaft hat das nichts zu tun, sondern mit Zivilcourage! Der gemeinsame Aktionskonsens bringt das auch zum Ausdruck:

  • Wir leisten zivilen Ungehorsam gegen den Naziaufmarsch.
  • Von uns geht dabei keine Eskalation aus.
  • Unsere Massenblockaden sind Menschenblockaden.
  • Wir sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern.

Dass so eine Blockade erfolgreich verlaufen kann, zeigt dieses Video des zweiten Greifswalder Nazi-Aufmarsches im Jahr 2001. Gut erkennbar beteiligten sich an dieser Aktion nicht nur die vom Landesinnenministerium und der Schweriner Volkszeitung herbeiorakelten „gewaltbereiten Linksextremisten“, sondern ein milieuübergreifender Teil der Gesellschaft – bunt und friedlich.

„Ich blockiere, weil sich so gut wie alle anderen Aktionsformen als unwirksam erwiesen haben“

Das Bündnis rechnet ebenfalls fest mit einer Genehmigung der verbotenen NPD-Demonstration und vermeldete, dass es inzwischen bereits eine Sanitäterinnen- und eine Volxküchencrew gäbe: Veggie-Burger statt Gesicht-zeigen-Bratwurst!

Beeindruckend sind auch die landesweiten Mobilisierungsveranstaltungen, die in den kommenden Tagen nicht nur in Greifswald, sondern auch in Neubrandenburg,  Rostock, Burg, Wismar, Schwerin, Berlin, Ribnitz-Damgarten und Potsdam stattfinden werden. Organisiert werden sollen auch einige Busse, die auswärtige Demonstrierende nach Greifswald bringen sollen.

Eine schöne Idee ist außerdem das Einrichten der neusten Rubrik auf dem Blog des Bündnisses: Ich blockiere weil…. Dort sind alle dazu eingeladen, mit einem Statement die eigene Intention, sich an der Blockade zu beteiligen, zu erklären.

Versuchter Angriff auf Nazi-Gegnerinnen

Bei Indymedia tauchte gestern die Meldung auf, dass eine Gruppe Jugendlicher beim Plakatieren in der Nacht zum 18. April nur knapp einem offensichtlich neonazistisch motivierten Angriff am Hafen entgehen konnte. Dort heißt es: „Es war bereits früh geworden, als sich drei Männer einer Personengruppe näherten, die unterwegs waren, um Plakate zu verkleben.  Gegen zwei Uhr morgens trafen im Stadthafen die beiden Personengruppen aufeinander. Einige Meter entfernt begannen die Angreifer sich zu vermummen. Geistesgegenwärtig entschloss sich der Plakatiertrupp zur sofortigen Flucht. Die drei nun vermummten Männer eilten ihnen hinterher. Mit den Worten „Scheiß Antifa“ und „Wir kriegen euch“ dürften sowohl Absicht und Motiv erkennbar werden.“

Ob es angesichts eines solchen Ereignisses klug ist, die Proteste gegen den Greifswalder Naziaufmarsch als „gewaltbereit“ zu diskreditieren, darf bezweifelt werden. Der Landesverband der NPD reagierte auf das Demonstrationsverbot siegesgewiss und kündigte an, dass am 1. Mai „die volkstreue Bewegung Mecklenburg [sic!] und Pommerns in Greifswald ihren Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse, für die Freiheit und das Wohl des Volkes auf die Straße tragen“ würden. Das könne durch „König, Dembski und Co“ nicht verhindert werden.

In diesem Punkt darf der NPD ausnahmsweise wirklich zugestimmt werden: König und Dembski werden mit einem Demokratiefest keine Demonstration verhindern. Entscheidend wird also sein, wie viele Menschen gewillt sind, persönlich Platz zu nehmen, damit Greifswald der NPD eine klare Absage erteilt.

14 Gedanken zu „Neues von der NPD-Demo: 1000 Polizisten, Videos aus dem Archiv, Fortschritte beim Bündnis und Angriffe auf Antifaschisten

  1. tolle Videos. Konnte mich sogar finden. Aber in einem muss ich dir widersprechen. Auch mit Blockaden ist die Demo nicht aufzuhalten. Die Entscheidung des Polizeiführers von 2001, die Demo einfach umzuleiten) dürfte eine Ausnahme gewesen sein. Siehe Dresden. Und wer gesehen hat, in welcher Geschwindigkeit und mit welcher Routine die sächsische Hundertschaft beim letzten Castor-Transport die Gleise räumte, …
    Aber ich lasse mich gern eines Besseren belehren. Also bis zum 1. Mai.

  2. @Edward
    Vllt. verstehst du jetzt, (kann sein, dass du es auch schon vorher verstanden hast, dann noch mal für alle ;)), warum es unteranderem zu Ausschreitungen kommt/ evtl. sogar kommen sollte. Denn in Dresden haben genau die beiden Faktoren gut zusammengespielt, so konnte z.B. gegen 300 Bürger, die in einer Sitzblockade saßen, kein Strafverfahren eingeleitet werden, da die Polizisten_innen vor Ort immer wieder abgezogen werden mussten.

    Natürlich ist das Sinnlose zerstören von anderer Leute Gegenständen einfach nur dumm und nicht zu rechtfertigen, doch sind „sinnvolle Ausschreitungen“ in meinen Augen zumindest, erforderlich um erstens die Sitzblockierer zu schützen vor mögl. Repression (ob dies nun durch wegtragen sei, durch juristische Repressalien oder sogar durch physische Gewalt) und 2. um eine wirkliche Verhinderung des Aufmarsches zu gewährleisten.

    Denn eine reine Sitzblockade funktioniert nur in den seltensten Fällen, genauso sieht es auch mit reinen Ausschreitungen aus. Funktioniert hat dieses Zusammenspiel bisher jedenfalls in Hamburg, Berlin, Dresden, Rostock etc.

    Wenn allerdings 7.000 Bürger sich hinsetzen, kann man auch sehr gut auf Ausschreitungen verzichten. 🙂

    Oder wie siehst du/ihr das?

  3. Ich sehe das so, das solcherlei Gedankenspiele hier nicht am Platze sind. Das Bündnis mobilisiert zu friedlichen Massenblockaden und verweist dabei auf einen Aktionskonsens, der dies auch ausführt.

  4. einen Tag nach den Aktionen, muss ich sagen, dass mich die Aktionen des Bündnisses „Greifswald nazifrei“ beeindruckt haben. Vor allem die Tatsache, dass offenbar mehr Menschen auf der (kalten) Straße saßen, als in der NPD-Kolonne marscheirrten. (Wenn auch die Zahl der Blockierer wie gewohnt übertrieben wurde. Schade. so verlieren die Leute an Glaubwürdigkeit. Auch die Bunt-demo war zunächst mit 5000 angegeben, bis sie sich eines Besseren besonnen).

    Bei meinen Gesprächen rund um eine Sitzblockade auf dem Thälmannring an der Kreuzung zur Anklamer fand ich kaum Unterstützer für die Blockaden (auch wenn die meisten von sich sagten, trotzdem gegen Nazis zu sein). Die vorherrschenden Meinungen:
    – Was das nur wieder kostet! Das Geld für den Polizeieinsatz könnte anders besser eingesetzt werden. Sollen die (gemeint die Neonazis)doch laufen. Wen’s interessiert, hört zu, die anderen gehen vorbei, und gut ist’s. Die (gemeint die Blockierer) wollen doch nur Action.
    – Die (gemeint die Blockierer) fordern Toleranz und sind selber nicht tolerant. Jeder sollte seine Meinung sagen dürfen.
    Ich hatte echt Mühe, andere Meinungen einzufangen (außer bei Studenten), auch wenn die meisten von sich aus sagten, dass sie trotzdem gegen Nazis seien.
    Und noch ein anderes Gespräch brachte mich zum Nachdenken. Auf dem Festplatz sagte mir ein Bandleader, dass wir lernen müssten, mit den rechten friedlich zusammenzuleben und sie nicht pauschal außen vor lassen dürften. “Unsere wahren Feinde sind die Ölmultis.” Nun gut, er war nicht mehr ganz nüchtern, aber ich denke, so ganz unrecht hat er nicht.
    Ich sah ein Plakat der Blockierer: “Wer kein Selbstbewusstsein hat, braucht Nationalbewusstsein.” Es meinte wohl.”wer keinen Grips hat, ist braun.” aber ich habe mir überlegt: das stimmt. Sind die meisten nicht angeblich rechts, weil ihnen das Selbstbewusstsein genommen wurde. Sind sie deshalb schlechte Menschen, die rigoros abgelehnt werden müssen? Sind sie nicht vielleicht deshalb bei den braunen Horden gelandet, weil sie bei ihnen Kameradschaft und Verständnis, Anerkennung finden?

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