Mit dem Beginn der Abrissarbeiten an der Betonbrücke über den Ryck wurde die Bahnstrecke von Greifswald nach Ladebow vor eineinhalb Wochen wieder zum Thema. Der Betrieb auf dieser Strecke wurde vor elf Jahren eingestellt. Nachdem 2005 Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG über die Reaktivierung des Gleises erfolglos blieben, kaufte die Stadt ihr den 5,5 Kilometer langen Abschnitt zu einem symbolischen Preis ab. 2009 forderte die Bundesnetzagentur die Stadt dazu auf, das Gleis wieder befahrbar zu machen.
(Foto: Fleischervorstadt-Blog)
EINZIGARTIG UND SCHÖN: 4 SCHNELLMONTAGE-FERTIGBRÜCKEN FÜR 536.000 EURO
Konkreter Bedarf für die wiedergeschaffene Verbindung ist derzeit nicht in Sicht — ein zwischenzeitlich interessierter Unternehmer hat seine Ambitionen aufgrund des wirtschaftlichen Risikos verworfen. Die Stadt kündigte in einer Pressemitteilung an, das Gleis „in Eigenregie“ betreiben zu wollen, wenn sich auch nach einer neuen Ausschreibung kein Interessent fände.
Die Gesamtkosten für das Bauprojekt, das Ende Juni 2013 abgeschlossen sein soll, belaufen sich auf 752.00 Euro, von denen 80 Prozent durch das Landeswirtschaftsministerium gefördert werden. Mit 536.000 Euro schlägt dabei allein der Neubau der vier Schnellmontage-Fertigteilbrücken zu Buche, die jeweils eine Länge von 12,90 Meter haben werden. Die Stahlarbeiten erledigt — wie schon beim Neubau des Busbahnhofs — eine Firma aus Rudolstadt.
SPARPOTENZIALE GENUTZT UND ERKANNT: 1-EURO-KRÄFTE ERLEDIGEN VORARBEITEN
Wo wir schon bei Zwangsinvestitionen und Freiwilligkeit sind: Bei dem mehr als vier Diagonalquerungen teuren Bauvorhaben wurde bislang darauf geachtet, möglichst wenig Geld zu verschwenden. Lohnkosten beispielsweise konnten schon bei den Bauvorbereitungen durch den Einsatz von „Mitarbeitern der ABS“ eingespart werden.
Diese 1-Euro-Jobber, die in den vergangenen Wochen den Grünstreifen entlang der Gleise säubern mussten, sind bekanntlich das Günstigste, was auf dem Arbeitskräftemarkt zu kriegen ist!
Ob sich die erneuerte Bahnverbindung zu einem Geldgrab entwickeln wird, dass die Stadtkasse bei nicht ausreichender Benutzung durchaus fünfstellige Beträge kosten kann, oder ob sie dafür Sorge trägt, dass in Zukunft jährlich mehr als 300 Züge von Ladebow nach Greifswald fahren werden, ist noch nicht absehbar.
Die Vorstellung, dass Norddeutschlands drittsinnlosester Ampel vielleicht bald wieder eine Funktion zuteil wird und beladene Güterzüge durch den Museumshafen rauschen, ist aber trotz alledem höchst skurril.
- Gleis Ladebow: Eigenbetrieb könnte 50.000 Euro pro Jahr kosten (daburna, 04.03.13)
- Hier fährt kein Zug nach nirgendwo, eine teure Sanierung gibt‘s trotzdem (Nordkurier, 04.03.13)
- Bahngleis zum Seehafen Greifswald- Ladebow wird saniert (Pressemitteilung Stadtverwaltung, 04.03.13)
- Sanierung der Bahngleise nach Ladebow hat begonnen (webMoritz, 06.03.13)
Machts wie die Cottbuser: ‚Ne völlig sinnlose aber niedliche Bimmelbahn, die Touris zwischen Museumshafen und Wieck hin und her fährt. Wär doch eigentlich ganz geil, Synergie und so.
Wie war das noch mit der Diagonalquerung, deren Bau angeblich zu teuer sei und darüber hinaus nur eine Gruppe von Verkehrsteilnehmern über Gebühr bevorteilen würde?
Das mit der touristisch genutzten Bimmelbahn scheint mir auf den ersten Blick aber tatsächlich eine einigermaße sinnvolle Idee zu sein.