Ein Kommentar von Dominik Wachsmann zur Bürgermeisterwahl in der wahlkreisfreien Hansestadt Greifswald.
Das Wahlergebnis 2015 ist — wie bereits 2008 — ein Schlag ins (falsche) Gesicht, nämlich in das der Menschen, die Greifswald als ihr Zuhause betrachten und sich Veränderungen wünschen: Veränderungen in der Wohnungssituation, der Infrastruktur, dem Stadtbild, in den Bereichen Kultur und Bildung, auf dem lokalen Arbeitsmarkt etc.; mehr als genug Bereiche also, die jeden Greifswalder in irgendeiner Form tangieren.
SIE sind die 100 %
Sollte man denken. Die Summe der Menschen, die immerhin den Urnengang antraten und sich nicht für eine Weiterführung der CDU-Administrative begeistern, lässt sich auf genau 8651 beziffern. Immer noch mehr als bei den letzten StuPa-Wahlen — was in Ordnung wäre, würde in der Stadtverwaltung eine ähnliche personelle Fluktuation herrschen.
(beschmierter Wahlaufsteller von Stefan Fassbinder, Foto: Fleischervorstadt-Blog)
In Greifswald leben 46607 Wahlberechtigte. In die Dunkelziffer der Gesamtbevölkerung diffundieren über 12.000 Studenten, von denen nur wenige einen Teil der wahlberechtigten Bevölkerung ausmachen. „OB-Wahl 2015: Wahl ohne Beteiligung“ weiterlesen →
Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Kandidat Björn Wieland (Die PARTEI) im Gespräch über Satire als Politikstil, bezahlte Facebook-Posts, den Kleinkrieg mit Anklam, seine Liebe zum Tierpark und das Greifswalder Grill-Monopol.
Wahlkampf: „Überall Sturm klingeln und die Werbetrommel für mich rühren, das ist nicht so meins“
FVB: Herr Wieland, wie haben Sie den Wahlkampf bislang erlebt? Sind sie auch schon ermüdet oder geht es bei Ihnen jetzt erst richtig los?
BW: Man kann auf jeden Fall auf dem letzten Meter jetzt noch ein bisschen Gas geben, vielleicht sogar noch am Sonntag. Ansonsten ist es schon ganz schön anstrengend. Es ist schön, dass die Leute sich so für die Podiumsdiskussionen interessieren und man miteinander in die Diskussion kommt, aber weil immer wieder die gleichen Fragen kommen – zum Beispiel zum Theater –, sagt man oft das Gleiche. Die Leute aber wollen das wissen und das ist dann ja auch völlig verständlich.
(Björn Wieland im Wahlkampf, 2015)
Trotzdem: Es geht noch was! Ich habe mich auch nicht völlig totgemacht und jeden Tag irgendwo geklingelt, wie zum Beispiel Herr Fassbinder. Wenn ich auf dessen Seite schaue, steht da jeden Tag, was er sich gerade angeguckt hat. Ich quatsche nicht jeden an, ob ich mir die Universitätsmedizin, diesen oder jenen Verein ansehen kann. Wenn mich einer fragt, ob ich das machen möchte, dann bin ich gern dabei und habe nie nein gesagt, wenn ich irgendwo eingeladen wurde. Aber überall Sturm klingeln und für mich die Werbetrommel rühren, das ist nicht so meins.
Im Gegensatz zu den beiden anderen Kandidaten haben Sie Herrn Zuckerberg kein Geld überwiesen und darauf verzichtet, die Reichweite ihrer Facebook-Beiträge gegen Bezahlung zu erhöhen. Heute haben Sie dort gut 25% mehr Fans als Ihre Gegner, und das alles ohne Katzenbilder. Kann man sich echte Sympathisanten am Ende doch nicht kaufen?
Was würdest du mit einem leerstehenden Bahnhof machen? Von dieser Arbeitsfrage angetrieben, werden derzeit in Anklam und Greifswald die Weichen für das Modellprojekt Demokratiebahnhof gestellt. Im Zuge dieses vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung mit 120.000 Euro unterstützten Projekts soll in einem Teil des Anklamer Bahnhofsgebäudes ein selbstverwaltetes Jugendzentrum entstehen, das zu einer Basis für die Beteiligung von Jugendlichen an Stadtentwicklungsprozessen werden soll.
(Foto: SJR Greifswald)
Durch den Demokratiebahnhof sollen in Anklam autarke Jugendinitiativen wachsen, die einerseits dem regionalen Abwanderungstrend etwas entgegensetzen sollen, und andererseits zum Ziel haben, die aktive Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus zu fördern und partizipative Prozesse in der Anklamer Lokalpolitik anzuregen. Unterstützung und Aufbauhilfe für das Projekt kommt vom Stadtjugendring aus Greifswald, denn der Demokratiebahnhof verfolgt einen stadtübergreifenden Ansatz, bei dem junge Menschen aus Greifswald sich darum bemühen, Jugendliche aus der Peenestadt zu aktivieren und ihnen beim Aufbau eines demokratischen Ortes zu helfen.
Schon in der Vergangenheit haben sowohl in Greifswald als auch in der Peenestadt offene Treffen stattgefunden, bei denen das Konzept des Demokratiebahnhofs und die konkreten Förderbedingungen erläutert wurden. Heute Abend gibt es eine weitere Möglichkeit, sich mit den ambitionierten Plänen auseinanderzusetzen, mit den Akteuren ins Gespräch zu kommen und engere Kontakte zu knüpfen. Dazu sind alle Interessierten herzlich eingeladen!
Vier Tage sind seit dem Wahlmarathon des vergangenen Sonntags vergangen, bei dem die Bürgerinnen Mecklenburg-Vorpommerns dazu angehalten waren, mit jeweils zwei Stimmen über die Zusammensetzung des Landtags zu entscheiden. Dazu gesellten sich außerdem Landrats- und Kreistagswahl sowie ein Votum über den Namen des neugebildeten Großkreises Südvorpommern.
Grüne und SPD sind Wahlsieger, NPD gelingt Wiedereinzug
Auf Landesebene durften sich Ministerpräsident Erwin Sellering und seine SPD über einen relativen Stimmenzuwachs von über fünf Prozentpunkten freuen. Ebenso die Grünen, denen jetzt auch in Mecklenburg-Vorpommern der Einzug in den Landtag glückte. Die CDU musste herbe Stimmverluste hinnehmen und die FDP spielt im Landesparlament vorerst keine Rolle mehr.
Die NPD konnte nicht aus dem Landtag hinausgekegelt werden und wird dank über 40.000 Zweitstimmen auch in der kommenden Legislatur im Schweriner Schloss Platz nehmen dürfen — wenn auch mit mindestens einem der sechs Fraktionsmitglieder weniger als zuvor. Möglich wurde der Wiedereinzug nicht zuletzt durch eine Wahlbeteiligung, die nur knapp über 50 Prozent lag. Am Wahlergebnis der NPD ist aus regionaler Sicht vor allem ihr Zuspruch aus dem grenznahen Osten des Bundeslands alarmierend, aus demografischer Perspektive sind es die Zustimmungsraten der Jungwähler.
Die Rechtsextremen werden aber nicht nur im neuen Landtag vertreten sein, sondern auch im neuen Großkreis, der von nun an den hölzernen Namen Vorpommern-Greifswald tragen wird. Dort erzielten die Neonazis ein besseres Ergebnis als FDP oder DIE GRÜNEN und sind als fünftstärkste Partei mit dabei. Diese Kreistagswahlen wurden von den Christdemokraten gewonnen, mit Matthias Bahner gelang sogar einem Piraten der Einzug.
Bei der Abstimmung über die neue Landrätin entschied sich die Mehrheit für Barbara Syrbe (DIE LINKE) und nicht für die CDU-Kandidatin Uta Maria Kuder — eine Stichwahl wird am 18. September entscheiden, welche der beiden Frauen zukünftig dieses Amt bekleiden wird. Außerdem wird noch im Wahlkreis 33 auf Rügen gewählt, wo der Urnengang aufgrund des plötzlichen Todes eines Kandidaten um zwei Wochen verschoben wurde. Hier fällt die Entscheidung darüber, ob die NPD mit vier oder fünf Abgeordneten im Landtag vertreten sein wird.
Greifswald: Wo wurde die NPD gewählt?
In Greifswald hielt sich der Zuspruch für die NPD in Grenzen und blieb mit 4,6% unter dem Landesschnitt. Dieses relativ schlechte Ergebnis sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass über 1000 Greifswalder Wähler den Rechten ihre Zweitstimme gaben. Grund zur Sorge bereitet auch die schlechte Wahlbeteiligung in der Hansestadt, die mit 51,3% im landesweiten Trend zur Wahlenthaltung liegt und Fragen nach Repräsentativität und Legitimität der gewählten Vertretungen provoziert.
Differenziert man das Greifswalder Wahlergebnis nach den einzelnen Wahlbezirken, so wird deutlich, wie wenig homogen votiert wird, in welchen Gebieten die NPD ihr größtes Wählerpotenzial hat und wo die meisten Nichtwähler leben. Eines der Stadtgebiete, in dem massenhafte Wahlenthaltung und zweistelliges NPD-Ergebnis miteinander einhergehen, ist der Wahlbezirk 38 (Humboldt-Gymnasium). Hier gaben nicht mal ein Viertel der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, die NPD erreichte beängstigende 12,1 Prozent. „Wo die Greifswalder NPD-Wähler zuhause sind. Nachbetrachtung zum Wahlmarathon in MV“ weiterlesen →
Die Stadtverwaltung teilt mit, dass noch immer Wahlhelfer für den 4. September gesucht werden. An diesem Tag finden in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur die Landtagswahlen statt, sondern durch das Inkrafttreten der Kreisgebietsreform gilt es außerdem, den Kreistag und den Landrat des neuen Landkreises zu bestimmen.
Abgerundet wird der elektive Akt durch einen Bürgerentscheid über den Namen des neuen Landkreises, der übergangsweise Südvorpommern heißt. Zur Auswahl stehen hierfür die beiden Vorschläge Ostsee-Haffkreis Vorpommern und Vorpommern-Greifswald.
21 EURO AUFWANDSENTSCHÄDIGUNG UND EIN BLICK HINTER DIE KULISSEN REPRÄSENTATIVER DEMOKRATIE
Nach Auskunft des Wahlbüroteams hätten sich bislang rund 50 Freiwillige gemeldet. Für die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl werden über 500 Wahlhelfende benötigt, um jeden der 47 Greifswalder Wahlbezirke mit einem Wahlvorstand – jeweils bestehend aus einer Wahlvorsteherin, einem Stellvertreter und bis zu sieben Beisitzenden – ausstatten zu können. Außerdem müssen noch zehn Briefwahlvorstände rekrutiert werden.
Sollte für die Wahl der Landrätin eine Stichwahl notwendig sein, so wird diese am 18. September stattfinden. Hierfür werden ebenfalls Wahlhelferinnen gesucht. Pro Wahltag zahlt die Stadtverwaltung eine Aufwandsentschädigung von 21 Euro. Wer daran interessiert ist, kann sich telefonisch (03834-521331) oder via E-Mail (wahlen(at)greifswald.de) im Wahlbüro melden.
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Weitere Informationen zu den verschiedenen Wahlen am 4. September sind auf der offiziellen Internetseite der Stadt abrufbar. Eine sehr übersichtliche Aufbereitung ist dem NDR mit seinem Wahl-ABC gelungen.