Örebro klingt irgendwie nach einem skandinavischen Knäckebrot. Eigentlich handelt es sich dabei allerdings um eine schwedische Stadt, der die Band Square entstammt.
Liebhaber der 1996 aufgelösten Ska-Reaggae-Punk-Legende Sublime aus Kalifornien werden morgen Abend voll auf ihre Kosten kommen, versprochen. Denn die sieben Skandinavier in klassischer Rockbesetzung, verstärkt um Trompete und Posaune, treten eine zappelige Lawine aus Geschwindigkeit und Energie los. Ihr Sound ist im Ska der 1990er Jahre verwurzelt, vermengt mit Reminiszenzen an die Sixties und angereichert mit klassisch schwedischer Indierock-Schrammelei.
Zum nunmehr 19. Mal wird in wenigen Tagen das Kulturfestival Nordischer Klang in Greifswald beginnen. Das diesjährige Programm ist dabei so aufgeräumt und gediegen wie die Veranstaltungsorte; befreit von Kanten und allem, was wehtun kann.
Auftakt mit Valkyrien Allstars
Für einen mehr oder minder folkloristischen Auftakt werden Valkyrien Allstars aus dem norwegischen Oslo sorgen. Die Band ist mit ihren drei Hardangerfiedeln ungewöhnlich besetzt und wird von einer Schlagzeug-Kontrabass-Sektion unterstützt. Ob das Konzert allerdings – wie im Programmheft formuliert – den stärksten Festivalauftakt in der Geschichte des Nordischen Klangs darstellt, wird sich noch zeigen.
Die schwedische Sängerin Sylvia Vrethammar, die im vergangenen Jahr ihr vierzigjähriges Bühnenjubiläum feierte, beherrscht die Kunst des Entertainments. Sie wird von der Roger Berg Big Band begleitet. Das dänisch-schwedische Orchester ist nach seinem Schlagzeuger Roger Berg benannt, spielt sehr lebendig und auf hohem Niveau.
Diese ausschnitthaften Einblicke ins Festivalprogramm könnten jetzt noch weitergeführt werden und zum Beispiel Väinö Jalkanens Klavier-Rezital beinhalten oder neben den Bands Pollux und Kilimanjaro auch das Peter Wilgotsson Saxophon- und Orgelduo, Frida Ånnevik oder die dänischen Dinosaurier The Savage Rose. Über das bedauerliche Fehlen eines frischen Akzentes kann das aber leider auch nicht hinwegtrösten, zumal der Eintritt nicht billiger wird. Kultur hat eben ihren Preis, erst recht beim Nordischen Klang.
Obwohl alle eingeladenen Künstler und Bands auf höchstem Niveau spielen, löst das Festivalprogramm in seiner Gesamtheit alles andere als fiebrige Vorfreude aus. Amüsant könnte es vielleicht mit Múgsefjun aus Reykjavík werden, wenngleich die Erwartungen an isländische Musik anders geartet sind und hier wieder Potentiale verschenkt wurden. Auch die Jazz-Nacht im Medienzentrum verspricht einiges, aber den großen Wurf sehe ich bei den diesjährigen Musikveranstaltungen leider nicht.
Höhepunkt Filmvorführung
Mein persönlicher Höhepunkt des Nordischen Klangs 2010 wird eine Filmvorführung; und zwar die schwedisch-norwegischen Produktion Reprise (2006), die an dieser Stelle nochmal gesondert angekündigt werden wird.
Freunde von Kettengedichten und Internet können sich bis dahin mal drüben auf dem Ostsee-Blog umschauen und überprüfen, wie weit das deutsch-schwedische Renga gediehen ist.
Die Atmosphäre war magisch, als Talking to Turtles und wenig später der Österreicher Bernhard Eder im beinahe überfüllten IKUWO auftraten.
Weinsoirée, Kerzenlicht und Sitzkonzert sorgten für ein tranquillisiertes Ambiente, das nur momenthaft von den Begeisterungsstürmen und Zugabeforderungen des erwachsenen Publikums überdeckt wurden.
Inzwischen wurde der erste Videomitschnitt im Netz veröffentlicht. Es handelt sich um Talking to Turtles‘ Stück Dive Into The Wild von dem im Januar 2010 veröffentlichten Album Monologue.
Greifswald war, ist und bleibt eine gute Adresse für Künstler aus Österreich. Im vergangenen Jahr fanden zum Beispiel Killed by 9V Batteries, The Scarabeus Dream und Ja Panik! ihren Weg in die Hansestadt. Der heutige Abend wird hingegen zur Sternstunde für Freunde akustischer Konzerte.
Quiet is the new loud liegt da auf den Lippen, wenn Bernhard Eder — begleitet von einem Kontrabass — momenthaft in Reminiszenzen an Elliott Smith verfällt. Hier mit The Season Song eine Hörempfehlung des Albums Tales from the Eastside (2008).
Weinsoirée, Kerzenlicht und Sitzkonzert
Vor dem alpenländischen Melancholiker treten die hanseatischen Talking to Turtles — ursprünglich aus Rostock — auf die Bühne. Ein bißchen Bright Eyes und dieses Jahr auch auf dem Immergut Festial dabei. Jeder Flyer für die Veranstaltung wurde per Hand im Siebdruckverfahren hergestellt und ist damit so einzigartig, wie der bevorstehende Abend: Weinsoirée, Kerzenlicht und Sitzkonzert.
Jetzt muss man nur noch pünktlich aufkreuzen und dem Vergnügen steht nichts mehr im Weg.
Alljährlich finden in der Klosterruine Eldena die Jazz Evenings statt und bieten ein hochwertiges und häufig auch sehr ausgefallenes Programm an.
Dieses Jahr wird nicht nur Klaus Doldinger nach Greifswald kommen, mit Superstar Al Di Meola konnte ein wirklich renommierter Gitarrist gewonnen werden, der mit seinem World Sinfonia tourt und den musikalischen Blick auf Lateinamerika richtet.
Der Ausnahmemusiker kann auf ganze 22 Einzelveröffentlichungen und 15 gemeinsamen Platten mit anderen Künstlern zurückblicken. Den Weg in viele Plattenschränke erspielte sich Di Meola einst an der Seite der beiden Gitarristen Paco de Lucia und John McLaughlin. Gemeinsam veröffentlichten sie 1981 eines der berühmtesten Live-Akustik-Alben der Musikgeschichte: Friday Night in San Francisco.
Man darf sich also auf das Wochenende 2./3. Juli 2010 freuen und schon mal für den Eintritt (pro Abend: 20/18 EUR) sparen. Kartenreservierungen können schon jetzt über die Seite des Greifswalder Kulturamtes erledigt werden.
Gute Nachrichten für Liebhaber von Reggae von Ska höchster Qualitätsstufe, denn heute Abend wird Genre-Prominenz in der Hansestadt gastieren.
Das Quintett The Magic Touch aus Berlin und Leipzig ist nicht nur ein Sideproject der Bands Yellow Umbrella und The Solitos, sondern weist mit dem Sänger Don Rockshah aka Magic Roger (ex-Court Jesters Crew) auch die Stimme einer der ruhmreichsten deutschen Reggae-Bands in den eigenen Reihen auf.
Die Court Jesters Crew bereicherten die hiesige Szene von 1993 bis 2003 mit ihrem eher jazzigen Zugang zum Genre, veröffentlichte zwei Alben (Too high for low (2000) und Babylon raus. (2002)), tourte gemeinsam mit Laurel Aitken und veröffentlichte mit dem Großväterchen Ska auch ein gemeinsames Album.
Heute Abend stehen aber nicht Court Jesters Crew auf der Bühne, sondern The Magic Touch, und die kommen ohne Bläser daher. Stattdessen sorgen Bass, Gitarre und Hammond-Orgel für Riddims alter Schule, während die einzigartige Stimme Don Rockshahs dem Bandsound einen souligen Anstrich verpasst. Diesen Auftritt sollte sich niemand entgehen lassen.
Nach dem Konzert werden Rockshah und Rimshot Selecta persönlich den sich anschließenden Allnighter betreuen und Raggae, Jamaican Ska, 50´s Rhythm´n´Blues, Rocksteady, Boogaloo und Calypso bereithalten.