CDU macht gegen die Diagonalquerung mobil

Die Euphorie war groß damals – vor knapp acht Wochen -, als der Bau einer Diagonalquerung der Europakreuzung für Radfahrerinnen verlautbart wurde. Du bist Fahrradhauptstadt!

Ignoranten auf zwei Rädern

Keine zwei Wochen später, am 06. Mai, wurde in der Ostsee-Zeitung ein Leserbrief von Manfred Zielinski veröffentlicht. Der Greifswalder reagierte damit auf einen Artikel über den Bau des Verkehrsprojektes. Seine Reaktion — hier in verkürzter Fassung — ist so hitzig wie ablehnend:

„Wenn sich einige Radfahrer bislang das Recht herausnahmen, wider der gültigen Gesetze [sic!] die Radwege zu ignorieren und die Kreuzung diagonal zu queren, muss das doch nicht zum Recht erhoben werden, nur, weil sich Greifswald zur Radfahrerstadt erklärt. Ebenso könnte man ja die Fußgänger tagsüber aus dem Schuhhagen verbannen, nur damit die Ignoranten ungehindert durch die Fußgängerzone radeln können. Die Befürworter der Diagonalquerung sollten sich fragen, wo die Sparsamkeit anfängt und das Verschleudern von mehr als 100.000 Euro anfängt.“

Wohlgemerkt herrschte damals ein wenig Unruhe in der Stadt, weil die Kosten des Projektes Technisches Rathaus um mehrere Millionen Euro gewachsen waren. Wen interessieren angesichts solcher Fehlkalkulationen 100.000 Euro? Mich beschlich schon damals das ungute Gefühl, dass dieses Verkehrsprojekt nicht zustande kommen würde.

Von der Wirkungsmacht eines in der Ostsee-Zeitung veröffentlichten Leserbriefes überzeugt, konnte ich in den vergangenen Wochen mehrere Texte von Gegnern der fahrradfreundlichen Investition in der Lokalzeitung lesen und rechne deswegen nicht mehr mit dem Bau des Projektes.

Demokratieverwaltung in der Bachstraße

Seit einigen Wochen fühlt es sich bei der täglichen Lektüre der Ostsee-Zeitung so an, als entwickle man in der Bachstraße einen Hang zum Skandal. Schenkt man den Überschriften Glauben, geht es hier derzeit sehr dramatisch zu. Noch effektiver als die Leserbriefspalten sind die von der Lokalredaktion initiierten Umfragen, denn sie – das wird suggeriert – geben ein Stimmungsbild der öffentlichen Meinung wieder. Die Ergebnisse dieser Umfragen sind problemlos manipulierbar. Ich habe zum Beispiel dreimal meine Stimme abgegeben, als es um die Ablegung des Universitätsnamens ging.

Eckhard Oberdörfer freute sich heute über die Resonanz auf die Umfrage und die rege Teilnahme. Er träumt zwischen den Zeilen von der Partizipation der häufig von Entscheidungen ausgeschlossenen Bürger. Aber wer sind die inzwischen 2426 (Stand: 18 Uhr) Wählerinnen? Und wie können Menschen ohne Internetzugang an einer Online-Umfrage teilnehmen? Die OZ macht’s möglich!

„Einige Leser, die über keinen Internetzugang verfügen, riefen sogar an, weil sie ebenfalls ihre Stimme abgeben wollten. Darunter waren bisher keine Befürworter, was nichts besagen muss. Auch ist die Online-Umfrage natürlich nicht repräsentativ. Aber sie ist ein wichtiges Stimmungsbild.“

Wurde dann an den Redaktionsrechnern die entsprechende Seite aufgerufen und das delegierte Votum übertragen? Ein Demokratiealbtraum, der seinesgleichen sucht. Und auch wenn betont wird, dass die Umfrage nicht repräsentativ sei, an ihrem Charakter als Bürgerentscheid ändert das für mein Befinden nicht viel.

Liskow mobilisiert zur Manipulation der Umfrage

Umso dramatischer sind die mit der Umfrage einhergehenden Probleme. Nicht nur, dass Mehrfachabstimmung ohne Schwierigkeiten oder technische Tricksereien möglich ist (ich selbst habe zum Test heute wieder drei Stimmen in den Topf geworfen), vor allem zeigt das Ergebnis nicht die Verteilung einer bestimmten Einstellung, sondern nur den Mobilisierungsgrad der Gegner und Befürworterinnen. Was das bedeuten kann, soll der folgende Auszug einer internen E-Mail der Jungen Union Greifswald verdeutlichen:

fr-liskowLiebe JU‘ler, in der Ostseezeitung läuft derzeit eine Abstimmung zur Diagonalquerrung [sic!]. Axel Hochschild hat mich gebeten, dass wir uns aktiv an der Abstimmung beteiligen und gegen die Diagonalquerrung [sic!] abstimmen. Eine mehrmalige Abstimmung ist auch möglich.Ablehnungsgründe sind unter anderen [sic!] die Kosten in Höhe von 250.000 Euro, die Verkehrsverschlechterungen für die Autofahrer zu Lasten von einer Zeitersparnis in Höhe von 10 Sekunden für die Radfahrer und das wichtigste Argument, das bisher allen verheimlicht worden ist, es gibt von Seiten des Straßenverkehrsamtes nur eine Ausnahmegenehmigung für drei Jahre, dies heißt, das [sic!] wir in drei Jahren für abermals 250000 Euro die Kreuzung wieder in den Urzustand zurückversetzen müssen. Die Ortsteilvertretung Innenstadt hat der Diagonalquerrung [sic!] schon eine Abfuhr mit 5 zu 2 Stimmen erteilt.

Euer Franz Robert Liskow

(Foto: JU HGW)

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Stellungnahme von Krafczyk zu sexistischer Werbung

Vor über drei Monaten erschien hier der Beitrag Von Männermode und Männerträumen, in dem es um die unsägliche und vor allem sexistische Werbung des Herrenausstatters Krafczyk ging. Nun hat vor zwei Tagen auch die Ostsee-Zeitung das Thema auf das Tableau gehievt, beziehungsweise auf die dritte Seite ihrer Greifswalder Ausgabe.

Widerstand gegen Krafczyks Reklame

Merkwürdig an dem Artikel Anke Lübberts ist, dass er mit unterschiedlichen Überschriften in der Print- („Ist diese Werbung zu sexistisch?„) und der Online-Ausgabe („Zu sexistisch? Kritik an Mode-Werbung„) publiziert wurde. Im Text ist die Rede von einem sich gegen die Werbung des Modehauses formierenden Widerstands.

inesgoemerDabei wird neben „mehreren Blogs“ (wurde die Problematik noch an anderer Stelle im Netz als hier thematisiert?) auch auf die Greifswalder Ladyfestgruppe und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Ines Gömer, Bezug genommen.

Gömer meint, Werbung zeige „Frauen oft in ziemlich einseitigen Rollen. Sie sind sexy, schön und manchmal auch ein bisschen dümmlich“ und fragt, „welche Auswirkungen das Angebot an solchen medialen Identifikationsfiguren auf Mädchen haben könnte„.

(Foto: Petra Hase / OZ)

Eingeschränkte Bewegungsräume durch sexistische Anzeigen

anjareuhlAnja Reuhl, die für die Grünen in der Greifswalder Bürgerschaft sitzt, fühlt sich in ihrem Bewegungsraum eingeschränkt, wenn sie mit sexistischen Anzeigen im öffentlichen Raum, in ihrem Fall im Theater, konfrontiert wird. Im OZ-Artikel wird auch Krafczyk zu seinen Werbeanzeigen befragt und gibt zu Protokoll, dass er die Debatte als überdramatisiert empfinde. Er gestaltet seine Werbung selbst und kommt ohne die Hilfe einer Werbeagentur aus.

(Foto: Grünen-Blog)

Professionelle Beraterinnen hätten ihn aber vielleicht darauf hingewiesen, dass er mit urheberrechtlich geschütztem Material für sein Geschäft wirbt und er Gefahr läuft, sich deswegen eine Abmahnung einzuhandeln. Und dass seine Anzeigen vielleicht nicht bei allen so gut ankommen, wie er es sich erhofft.

Auf die Frage nach der auf dem Rammstein-Cover abgebildeten Szenerie, die sich mühelos als Vergewaltigung lesen lässt, wiegelte Krafczyk ab: „Das Bild zeigt ein Plattencover der Band Rammstein, wenn zufällig ein anderes Cover aktuell gewesen wäre, hätte ich natürlich das genommen“.

Schade, dass nicht zum Beispiel gerade die Super Heroines aktuell gewesen sind. Dann hätte Krafczyks Werbung auch ganz anders aussehen können.

Technisches Rathaus: Kommt jetzt ein Untersuchungsausschuss?

In der Bürgerschaftssitzung am kommenden Montag werden die Fraktionen der SPD, der Linken und der Grünen die Einsetzung zweier Ausschüsse, die Unklarheiten über Vergangenheit und Zukunft des Bauprojektes Technisches Rathaus auflösen sollen, beantragen.

Aufklärung über das „System Arenskrieger“

Vorausgegangen ist der für Greifswalder Verhältnisse ungewohnt einhelligen Initiative das Bekanntwerden einer empfindlichen Sanierungskostensteigerung für das Gebäude der alten Post von sechs auf knapp 14 Millionen Euro. Am 11. Mai forderten die Grünen deswegen den Rücktritt von Greifswalds Oberbürgermeister Arthur König. Die CDU Greifswald konterte mit einer Pressemitteilung, stellte sich hinter den Oberbürgermeister und bezeichnete die Vorwürfe der Grünen als haltlos: „Wenn die Damen und Herren der Grünen ein ernsthaftes Interesse an dem Fortschreiten des Projektes haben, dann sollten sie sich konstruktiv einbringen, anstatt wie kleiner Kinder polemisch schreiend durch die Stadt zu laufen.“

Kreisvorstand Grüne

Genau das wird jetzt hoffentlich passieren, denn auf dem Blog der Grünen wird angekündigt, dass die genannten drei Fraktionen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, „der die Fehlentwicklungen der Vergangenheit aufarbeiten soll, und eines zeitweiligen Ausschusses „Technisches Rathaus“, der die weitere Entwicklung vorbereiten, begleiten und kontrollieren soll“ beantragen werden.

Was soll konkret untersucht werden?

Der geplante Untersuchungsausschuss soll ermitteln, „Technisches Rathaus: Kommt jetzt ein Untersuchungsausschuss?“ weiterlesen

„Wir kämpfen für die Kreisfreiheit!“

In der Ostsee-Zeitung des vergangenen Wochenendes konnte man bestaunen, wie vierzig „Prominente Partei für unsere Stadt ergriffen“ haben und zu Ablichtern des Kampfes für Kreisfreiheit wurden. Gesicht zeigen geht wieder um, aber wessen Antlitz wurde da eigentlich auf die erste Seite gehievt?

Unter den vierzig Kämpen muss man eine Weile suchen, um eine Frau zu finden. Insgesamt gibt es in der Auswahl derer drei; numerisch ausgedrückt liegt ihr Anteil also bei satten 7,5%. Gleichstellungsbeauftragtenherz, was begehrst du mehr als einen Spiegel der hiesigen Verhältnisse?

Die geplante Kreisgebietsreform wird heute in einer Anhörung vor dem Landtag behandelt.

Die Veröffentlichung hat verschiedene Reaktionen provoziert. In Sachen Gleichstellung und Repräsentation gibt es bei den Grünen einen Seitenhieb. Auf dem OZ-Watchblog werden indes Erinnerungen an journalistische Arbeit während der DDR aufgewärmt.

Raubüberfall? Bitte keine Panik!

Wer sich heute den Greifswalder Lokalteil der Ostsee-Zeitung zu Gemüte führte, hat die Lektüre hoffentlich ohne Angstschweiß hinter sich gebracht. Denn Angst geht ja angeblich gerade um und die Redakteure in der Bach-Straße spielen virtuos auf der Klaviatur der Verunsicherung.

Nachrichten aus dem Homo-Wald

homophobia1Anfang April präsentierte man uns nach einem sehr schnell aufgeklärten Totschlag den „Homo-Wald“ hinter einem Rastplatz an der B96 und hätte sehr viel besser daran getan, zu hinterfragen, wieso sich Menschen in einer scheinbar freien Gesellschaft auf einsamen Parkplätzen treffen müssen, anstatt sich plakativ mit dem Verbrechen auseinanderzusetzen und sich in boulevardesken Wortschöpfungen zu ermüden.

Fragen nach schwulen Lebenswirklichkeiten vor Ort wurden aber nicht gestellt oder um es mit dem Regisseur Rosa von Praunheim zu sagen:

Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt.„Raubüberfall? Bitte keine Panik!“ weiterlesen

Fischer korrigiert die CDU-Landtagsfraktion

Was ist denn mit der Greifwswalder Ostsee-Zeitung passiert? Wo für gewöhnlich mit Nachbarschaftshilfe, Hundekot oder dem Alltag eines OZ-Redakteurs gelangweilt wird, lässt Redaktionsleiter Benjamin Fischer heute viel schärfere Töne erklingen und ätzt gegen das Wahldebakel Reinhard Arenskriegers.

Der Fraktionschef der Linken, Helmut Holter, hatte in der vergangenen Woche behauptet, dass die Wahl Arenskriegers zum Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes im zweiten Wahlgang verfassungsrechtlich bedenklich sei.

Das gehe aus dem „Grundsatz der Unverrückbarkeit von Beschlüssen“ hervor. Danach dürften verfassungsrechtlich geregelte Abstimmungen grundsätzlich nicht wiederholt werden. Die Wahl sei mit der Verkündung des Ergebnisses im ersten Wahlgang abgeschlossen gewesen. Dabei war der bisherige Greifswalder Bausenator noch an der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit gescheitert. (Quelle: NDR)

„EIN REIN PARTEITAKTISCH MOTIVIERTES MANÖVER“

Eine Prüfung dauere noch an. Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) hält die Wahl für rechtmäßig. Die Landtagsfraktion der CDU hält die Kritik der LINKEN  für nicht mehr als ein „durchsichtiges, rein parteitaktisch motiviertes Manöver“ (Quelle: CDU-MV)

Und Benjamin Fischer? Der begrüßte die Greifswalder Leserschaft heute ungewöhnlich positioniert:

Die CDU zeigt sich von ihrer schönschweigenden Art, wenn man es freundlich ausdrücken will. Auf der ersten Seite des aktuellen Newsletters der christdemokratischen Landtagsfraktion findet sich eine Notiz über die Wahl des Greifswalder Bausenators Reinhard Arenskrieger zum Vize-Präsidenten des Landesrechnungshofes: „Reinhard Arenskrieger weiß zwei Drittel der Abgeordneten des Landtages hinter sich“, heißt es da.

Und weiter: „Das ist eine gute Basis für seine Aufgabe im Landesrechnungshof. (…) Die CDU-Fraktion freut sich, dass der vom Ministerpräsidenten und der CDU vorgeschlagene Kandidat im Landtag eine breite Mehrheit fand“, so Fraktionschef Harry Glawe. Mit Verlaub, hat die Fraktion Teil 1 der Abstimmung verschlafen? Ihr Parteikollege wurde erst im zweiten Anlauf gewählt – und das auch nur mit dem denkbar knappsten Ergebnis. Soviel Ehrlichkeit sollte schon sein, findet Ihr Benjamin Fischer.

Bei aller Kritik, die Fischer im Netz einstecken muss, sollen seine wachen Momente nicht übersehen werden. Sein Guten Tag, liebe Leser! wirkt heute allerdings seltsam entrückt von dem, was wir beim Lesen der Ostsee-Zeitung gewohnt sind.

Auf dem Blog der Greifswalder Grünen wird derweil schon über Arenskriegers Nachfolge spekuliert.