Etwa 70 Menschen versammelten sich heute ab 14.30 Uhr vor der Stadthalle, um anlässlich der zweiten Greifswalder Kreistagssitzung zu zeigen, dass die NPD nicht willkommen ist.
Der Polizei war mit vielen Einsatzkräften vor Ort und hatte offenbar die ersten Greifswalder Kreistagssitzung im Dezember 2011 noch gut im Gedächnis. Damals attackierten Anhänger der NPD protestierende Neonazi-Gegner, die im Kreistag ein Transparent entrollten. An diesen Angriffen sollen auch die Kreistagsmitglieder Hannes Welchar, Christian Hilse und Dirk Bahlmann beteiligt gewesen sein.
Bis zum Beginn der Sitzung war heute die Lage allerdings ruhig. Ein knappes Dutzend Neonazis stand provokativ vor der Stadthalle. Der aus Berlin zugezogene Neonazi Marcus G., der seit einigen Jahren in Greifswald zu studieren versucht, nutzte die Gelegenheit, um viele der Protestierenden zu fotografieren. Erst nachdem sich eine Gruppe vor ihm positionierte, ließ er relativ unbeeindruckt davon ab, ehe er sich wenig später in einträchtige Gesprächsrunde mit einigen NPD-Abgeordneten und ihren Anhängern begab, um schließlich der Sitzung beizuwohnen.
Die NPD reagierte auf die von den Grünen angemeldete Veranstaltung und mobilisierte im Vorfeld ihre Anhänger dazu, nach Greifswald zu kommen, um dort in dem Fall, dass die Polizei nicht für Ordnung sorgen möge, von ihrem „Notwehrrecht Gebrauch“ zu machen.
Als die Piratenpartei Vorpommern-Greifswald auf der sechsten Sitzung des Kreistags Vorpommern-Greifswald im April 2012 ihre Vorstellung einer transparenten Kommunalpolitik umsetzen wollte, wurde ihnen die Live-Übertragung der Sitzungen ins Internet auf Inititative des CDU-Abgeordneten Karl-Heinz Schröder (CDU) aus Benz untersagt. Für das piratische Streamteam endete damals die Offenheit der kommunalen Vertretung, bevor sie so richtig begonnen hatte.
EIN MEILENSTEIN DER BÜRGERBETEILIGUNG ERREICHT
Für die anstehende Kreistagssitzung am kommenden Montag deutet sich nun eine Neuerung an, denn seit Mittwoch existiert auf der Internetseite des Kreises die neue Rubrik Kreistag Live. Arne Reyher (Piratenpartei) teilte auf Nachfrage mit, dass es Donnerstag bereits einen Probelauf des Streams gegeben habe und dass ihm dessen Durchführung von Roland Suhr, dem Sachgebietsleiter des Kreistagsbüros, bestätigt wurde.
Mit der Realisierung des Streams sieht die Piratenpartei einen Meilenstein erreicht und freut sich darüber, dass einer der wichtigsten Punkte ihres Katalogs zur verbesserten Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik Wirklichkeit werden könnte: „Wir werden wohlwollend beobachten, wie gut die Umsetzung im ersten Versuch gelingt und uns anschließend eine Meinung über den Erfolg und die finanzielle Effizienz der Maßnahme bilden.“ Falls die technische Umsetzung des Streams am Montag nicht gelingen sollte, bieten die Piraten außerdem ihre Expertise auf diesem Gebiet an.
Der Livestream wird an dieser Stelle ebenfalls eingebunden. Nach kurzer Werbeeinblendung (8 sek) sollte es losgehen. Wenn der Stream nicht funktioniert, sollte man es über die Kreistagsseite probieren.
(Abbildung: Screenshot www.kreis-vg.de)
„WIESO GEHT DAS BEI UNS NICHT SO?“
Obwohl die Pressemitteilung der Piratenpartei weitgehend im Grundton der Zufriedenheit verfasst ist, sehen die technikaffinen Politikneulinge weitere Verbesserungspotenziale, um kommunalpolitische Bürgerinnenbeteiligung zu fördern, denn der Einsatz moderner Medien allein reicht ihrer Meinung nach nicht aus. Sie fordern, dass die Kreistagssitzungen als solche für Außenstehende nachvollziehbar gemacht werden und es nicht mehr zu rasanten Abstimmungen durchnummerierter Anträge kommt.
Damit außenstehende Bürgerinnen in der Lage sind, den Sitzungen ihrer Repräsentanten zu folgen, müssen die dafür notwendigen Informationen verständlich dargestellt, frei zugänglich und einfacher, als es jetzt der Fall ist, auffindbar sein. Als Vergleich wird der Internetauftritt des Kreistags Vorpommern-Rügen genannt, wo relevante Dokumente einfacher abgerufen werden können und Termine langfristiger angekündigt werden.
Ein weiterer Punkt betrifft die Nachbereitung der Sitzungen. Nach Ansicht der Piraten ist für die Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungen notwendig, dass „Protokolle und Grundlagen der Diskussion zeitnah verfügbar sind“. So sei beispielsweise der Haushaltsentwurf der Verwaltung nur auf Umwegen erreichbar. In dieser Hinsicht weist das Ratsinformationssystem des Kreises noch erhebliches Verbesserungspotenzial auf, ähnlich verhält es sich mit dem auskunftsscheuen Pendant der Hansestadt Greifswald.
Vor der heutigen Kreistagssitzung gibt es auch Neuigkeiten von der NPD. Die rechtsextreme Partei reagiert auf die für heute in Greifswald angemeldete Mahnwache vor der Stadthalle und mobilisiert mit einer offiziellen Pressemitteilung ihre Anhänger nach Greifswald.
GEBRAUCH DES NOTWEHRRECHTS, WENN DIE POLIZEI NICHT FÜR ORDNUNG SORGT
Darin fabulieren die Neonazis unter anderem über den Gebrauch des Notwehrrechts. So „sollten möglichst viele Kameraden als Besucher und Zuschauer zu dieser Veranstaltung kommen. Wir versprechen, daß keine Langeweile aufkommen wird. Laßt Euch nicht provozieren! Laßt Euch aber auch keine Straftaten von den Chaoten gefallen. Sollte die Polizei nicht für Ordnung sorgen, werden wir von unserem Notwehrrecht Gebrauch machen müssen.“
Es ist davon auszugehen, dass sich an der angekündigten Demonstration der NPD-Gegnerinnen trotz des ungünstigen Zeitrahmens sehr viele Menschen beteiligen werden. Um noch mehr Menschen zu erreichen und über die Protestaktion zu informieren, wurde inzwischen auch eine Veranstaltung bei Facebook erstellt, über die weitere Freunde eingeladen werden können.
Der Tag des offenen Denkmals wird in Deutschland seit 1993 bundesweit begangen. Die ursprünglich aus Frankreich stammende Idee besteht darin, einmal im Jahr den Zugang zu Denkmälern zu ermöglichen, die der Öffentlichkeit sonst vielfach nicht zugänglich sind.
MEHR ALS 25 FÜHRUNGEN UND VORTRÄGE
Unter dem Motto „Holz“ wird am Sonntag in Greifswald zur wichtigsten Jahresveranstaltung für den Denkmalschutz mit mehr als 25 öffentlichen Führungen und Vorträgen ein vielfältiges Programm angeboten.
Mit von der Partie sind natürlich auch in diesem Jahr die beiden Greifswalder Bauhistoriker André Lutze und Felix Schönrock, die auf insgesamt sechs Veranstaltungen ihr Wissen über das historische Greifswald teilen. Sie werden unter anderem über das „hölzerne Greifswald im Mittelalter“, über „Fachwerkbauten und Gebäude mit Holzteilen des 13. bis 18.Jahrhunderts“ und die Sanierung der Klosterscheune in Eldena informieren.
In der Aula der Universität wird gezeigt, dass der vermeintlich kostbare Marmor eigentlich aus Holz besteht, während im Museumshafen die Führung „Weg des Holzes, vom Baum zur Planke“ angeboten wird. Außerdem können dort verschiedene Traditionsschiffe besichtigt werden – das ist das sogenannte open ships. Aber es wird am kommenden Sonntag nicht ausschließlich um totes und verbautes Holz gehen, sondern auch um lebendiges, zum Beispiel im Arboretum.
Im Januar 2011 begann nach langer Planung und mehrjährigen Vorarbeiten der Bau des Hochwasser-Sperrwerks in Greifswald. Nach seiner Fertigstellung, die für April 2014 geplant ist, soll es die Hansestadt und vor allem deren Ortsteil Wieck vor hereinströmenden Wassermassen schützen.
Verlagerung des Hochwasserschutzes vom Ryck an den Bodden
Aufgrund der Form des Ostsee-Beckens und der Lage der vorpommerschen Küste sind die Gebiete an der Dänischen Wieck sturmflutgefährdet. In der Vergangenheit hat sich mehrfach erwiesen, dass Greifswald in besonderem Maße von Hochwasser bedroht ist.
Die Idee wäre radikal genug gewesen, um quasi über Nacht den Greifswalder Haushalt zu entlasten und das wenig ambitionierte Klimaschutzziel der Stadt – die Verringerung der CO2-Emissionen bis 2020 um 14% gegenüber dem Jahr 2005 — zu erreichen. Doch die Stadt beendete ohne offizielle Erklärung den seit mehr als einem Jahr durchgeführten Modellversuch in der Gützkower Straße, dessen Umsetzung so diskret geschah, dass nicht einmal die Anwohnenden im Vorfeld über das Experiment informiert wurden.
Das Licht aus den Schalter um
Schade, denn auch wenn es nachts dort auf Höhe der Burgstraße unstädtisch vor sich hin dunkelte, ahnte man ja schon, wieso man auf die Illuminierung der Straße verzichtete. Mit den halbherzigen Einsparungsversuchen an der nächtlichen Straßenbeleuchtung, die seit 2003 schrittweise eingeführt wurden, sind eben nur kleine Schritte machbar — auf große Sprünge wartete man bislang vergebens.
(Foto: Fleischervorstadt-Blog)
Vorher verbrauchte die Greifswalder Straßenbeleuchtung etwa 3,9 Millionen Kilowattstunden (KWh) jährlich, was einem CO2-Ausstoß von 1400 Tonnen entsprechen soll. Bis 2005 wurde dann nach und nach jede zweite Leuchte zwischen 21 Uhr und 5 Uhr abgeschaltet, was den Verbrauch um ein gutes Drittel verringerte und eine Reduktion auf 2,5 Millionen KWh beziehungsweise auf 910 Tonnen CO2 per annum brachte. 2010 wurde dieser Dunkelzeitraum auf 20 bis 6.15 Uhr ausgedehnt, um den Verbrauch um weitere 138.000 KWh zu drücken und bei einem Strompreis von 22 Cent pro Kwh nochmal rund 30.000 Euro einzusparen. Aber reicht das?
Volle Gönnung: LED-Umrüstung kostet mehr als 4 Millionen Euro
Bleibt die Umrüstung auf LED-Leuchtmittel, die im laufenden Betrieb nur etwa halb soviel Strom wie die bislang verwendeten Birnen verbrauchen und ungefähr dreimal solange brennen, aber dafür mit Kosten von 900 Euro pro Laternenmast zu Buche schlagen. In Greifswald gibt es etwa 4.500 dieser Masten, die notwendigen Investitionen gehen also in die Millionenhöhe. Deswegen soll laut Felix Wixforth, Leiter des Tiefbau- und Grünflächenamts, nicht das gesamte Lichtsystem umgerüstet werden.
Die SPD schlug im vergangenen Jahr vor, die Verantwortung für die Beleuchtung an die Stadtwerke abzugeben, um die Anlagen sukzessive zu modernisieren. Mit Blick auf das Bürgergutachten (pdf-Dokument, 144KB), das im Rahmen des 1. Greifswalder Bürgerforums zur Kommunalen Klima- und Energiepolitik erstellt und im März 2010 veröffentlicht wurde, wäre das sogar ein naheliegender Schritt. Dort wird nicht nur die Umstellung auf energiesparende Leuchtmittel gefordert, sondern auch, dass die für die Beleuchtung eingesetzte Energie vorrangig durch Solartechnik erzeugt werden solle.
Alles flimmert (in den eigenen vier Wänden)
Die Bürgergutachter regten weiterhin an, dass ein „effizienterer Schaltplan für die Beleuchtung“ erarbeitet werden müsse. Der wurde offenbar entwickelt und mehr als ein Jahr lang in der Gützkower Straße ausprobiert. Auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet, wäre dieser Plan tatsächlich radikal gewesen und hätte nicht nur die über 4 Millionen Euro teure Umrüstung auf LED erübrigt, sondern jährlich auch noch etwa 2,3 Millionen KWh Strom (ca. 500.000 Euro) gespart beziehungsweise ca. 800 Tonnen CO2-Ausstoß weniger verursacht.
Doch nun obsiegten offenbar die Zauderer an den Hebeln der beleuchteten Nacht und brachen den Modellversuch schließlich am 3. September ab — es bleibt wohl wieder bei den kurzen Schritten. Das Sicherheitsbedürfnis ist indes wieder umfassend hergestellt, allein die inzwischen lichtscheuen Anwohner des Viertels müssen sich noch an das neuerliche Blendwerk gewöhnen.
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