Tschetschenische Familie bei Abschiebung aus Greifswald getrennt

Gastbeitrag von der Gruppe Defiant 

In den frühen Morgenstunden kam es heute in Greifswald zu einer Abschiebung nach Dublin-II-Verfahren. Gemeinsam mit zwei Mitarbeiter_innen der Ausländerbehörde holten Polizeibeamte eine sichtlich aufgelöste Frau und ihren 15-jährigen Sohn aus dem hiesigen Flüchtlingsheim, um sie, wie eine Woche zuvor den Rest der Familie, nach Polen abzuschieben.

VERSTOSS GEGEN DIE MENSCHENRECHTE

Bereits am vergangenen Dienstag betraten uniformierte Beamte die sogenannte „Gemeinschaftsunterkunft“ in der Spiegelsdorfer Wende, um die hier untergebrachte sechsköpfige tschetschenische Familie abzuschieben. Einer der vier Söhne (15 Jahre) versteckte sich und blieb unauffindbar. Aus nicht nachzuvollziehenden Gründen entschieden die beteiligten Beamten daraufhin die Familie zu trennen und erst einmal Vater und die anwesenden Söhne (10, 10 und 21 Jahre) nach Warschau zu schicken, während der (re)traumatisierten Mutter ein zweiter Abschiebetermin für sich und den verbliebenen Sohn mitgeteilt wurde. „Diese willkürliche Entscheidung stellt in unseren Augen eine klare Verletzung der Menschenrechte dar“, so Katharina Lang, Pressesprecherin der antifaschistischen Gruppe Defiant „und wir verurteilen sie zutiefst!“

Abschiebung von zwei Tschtschenen aus der Gemeinschaftsunterkunft in GreifswaldWie tausende Flüchtlinge floh auch diese Familie aus Angst vor Gewalt und Folter im Zuge der Tschetschenienkriege. Die Gesellschaft für bedrohte Völker berichtet im Menschenrechtsreport Nr. 68 vom „Verschwindenlassen“ vermeintlicher Kadyrow-Gegner und ihren Angehörigen, von Folter in Haftanstalten und an geheimen Orten, sowie massiver Verstöße gegen die Frauenrechte als Beispiele „besonders gravierender Menschenrechtsverletzungen“. Auch die UNHCR weißt in einer Stellungnahme vom Januar 2002 (PDF-Dokument, 163 kb) auf „weit verbreitete schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Recht im Konfliktgebiet“ hin. Aus verlässlichen Quellen lägen Berichte über „Folter, Massenexekutionen, willkürliche Inhaftierungen, Verschwindenlassen, Vergewaltigungen, Misshandlungen, weitreichende Zerstörungen und Plünderungen von Eigentum vor“.

Und doch wird kaum ein Asylverfahren für Menschen aus der Russischen Föderation inhaltlich entschieden, da in der Regel die Dublin-II-Verordnung greift, nach welcher Flüchtlinge automatisch in sogenannte sichere Drittstaaten abgeschoben werden, sofern sie dort auf der Flucht zuerst registriert wurden. Statt der Asylgründe wird also nur noch der Reiseweg geprüft, der die meisten Tschetschenen über Polen nach Deutschland führt. „Tschetschenische Familie bei Abschiebung aus Greifswald getrennt“ weiterlesen

Festgehalten: Tapetenwechsel am Aktionstag gegen institutionellen Rassismus

Einen Tapetenwechsel gab es am Aktionstag gegen institutionellen Rassismus, an dem mit vielfältigen Aktionen bundesweit auf die Abschiebepraxis und den sogenannten „rassistischen Normalzustand“ der Ausländerbehörden aufmerksam gemacht werden soll.

Aktionstag Antirassismus(Foto: Fleischervorstadt-Blog)

Polizei ermittelt nach Angriff auf afghanische Flüchtlinge in Greifswald

Am Dienstagabend wurden in Greifswald fünf Bewohner des Flüchtlingsheims angegriffen — zwei von ihnen wurden dabei leicht verletzt.

Einer Pressemitteilung der Polizei zufolge wurden die Afghanen vor einem Einkaufszentrum in der Nähe ihres Heims zunächst von fünf deutschen Männern angesprochen. Anschließend soll das Fahrrad eines Flüchtlings beschädigt worden sein, dabei wurde unter anderem der Fahrradschlauch zerschnitten. Gleichzeitig gingen zwei der deutschen Tatverdächtigen mit Faustschlägen auf die Afghanen los, die daraufhin zwar flüchteten, jedoch von den mit Fahrrädern ausgestatteten Angreifern verfolgt wurden. Erst kurz vor dem Heim sollen die deutschen Tatverdächtigen in unbekannte Richtung geflohen sein.

Flüchtlingsheim Greifswald(Foto: Simon Voigt, webMoritz)

Der alarmierte Wachdienst benachrichtigte die Polizei, deren Nahbereichsfahndung allerdings erfolglos blieb. Der Staatsschutz der Kripo Anklam nahm die Ermittlungen auf. Eine politische Motivation des Angriffs schließt die Polizeibehörde nicht aus und bittet nun um Hinweise (0395 / 55 82 2223) zu den fünf Tatverdächtigen, deren vorläufige Beschreibung jedoch sehr vage ist:

  • 1. Person: ca. 28 Jahre alt
  • 2. Person: hatte ein Piercing am Auge
  • 3. Person: hatte eine Glatze
  • 4. Person: soll Arbeitskleidung getragen haben
  • 5. Person: unbekannt

Beginn der AStA-Ringvorlesung „Integration“

Heute beginnt die gemeinsam von Universität und AStA veranstaltete Ringvorlesung Integration, die mit ihren sechs Vorträgen einen — zweifelsohne überschaubaren — „Beitrag zur Integration ausländischer Studierender und Menschen mit Migrationshintergrund in Greifswald leisten“ soll.

Ringvorlesung Integration

Im Eröffnungsvortrag wird heute Abend Erwin Schindler (BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) über die Bedingungen für erfolgreiche Integration und die Tätigkeiten des BAMF referieren. Im Zuständigkeitsbereich des Bundesamts liegen unter anderem Entscheidungen über Asylanträge und Abschiebungen von Flüchtlingen.

Im Zwei-Wochen-Takt geht es dann mit Vorträgen von Dr. Robert Riemer (Uni Greifswald, Geschichte der Migration), Prof. Dr. Helmut Klüter (Uni Greifswald, Migration im deutsch-polnischen Grenzgebiet), Prof. Dr. Peter F. Titzmann (Uni Zürich, Psychische Probleme bei Migranten), Anna Salgo (Uni Greifswald, Integration durch Sprache) sowie von Dirk Arnold (Uni Greifswald, Darstellung von Migranten in den Medien) weiter.

Die Ringvorlesung findet bis zum 24. Juni jeden zweiten Montag von 18 Uhr bis 20 Uhr im Audimax (Rubenowstr.1, HS 3) statt.

NPD-Aufmarsch in Güstrow: Auch aus Greifswald fahren Busse, um gegen die Neonazis zu demonstrieren

Am 23. März werden NPD-Anhänger durch Güstrow marschieren, um unter dem Motto Einmal Deutschland und zurück – Kein Asylantenheim in Dettmannsdorf und Anderswo Stimmung gegen ein geplantes Flüchtlingsheim in der Mecklenburgischen Kleinstadt zu schüren.

Gegen die geplante Demonstration der NPD hat sich inzwischen ein breites Bündnis formiert, das ankündigt, den Neonazis an diesem Tag entgegenzutreten und das dazu aufruft, am 23. März selbst nach Güstrow zu fahren und der rassistischen Propaganda der NPD etwas entgegenzusetzen. An diesem Tag werden von Unterstützergruppen auch Busfahrten von Greifswald nach Güstrow — und natürlich auch wieder zurück — offeriert.

guestrow dettmansdorf

(Foto: parallaxe)

Die Kosten für die Tickets der Busfahrt belaufen sich auf insgesamt 5 Euro (+Spende). Sie können beim Antirassistischen Fußballturnier am Sonntag und beim Infoladen Analog erworben werden; außerdem bei der Mobilisierungsveranstaltung, auf der am 19. März ab 20 Uhr im Koeppenhaus die wichtigsten Informationen ausgetauscht werden. Aktuelles ist auf dem Blog der Initiative Rassisten Stoppen! zu finden.

Ein sehr lesenswerter Text, der bei Parallaxe veröffentlicht wurde, führt bildlich in den Stadtteil Güstrow-Dettmannsdorf und zeigt die Unterschiede zur Situation in Wolgast  auf, wo am historisch vorbelasteten 9. November des vergangenen Jahres mehr als 1000 Protestierende eine NPD-Demonstration blockieren konnten:

  • Was ist los in Güstrow-Dettmannsdorf? (Parallaxe, 13.03.2013)

Antirassistisches Fußballturnier „Kick it like K. P. Boateng“

Am kommenden Wochenende wird in der Arndt-Halle ein antirassistisches Fußballturnier stattfinden. Die Anmeldefrist dafür läuft am 14. März ab. Bis dahin können sich noch weitere Teams mit freigewähltem Namen per E-Mail (stop_it [at] gmx.de) anmelden. Die Teams sollten mindestens fünf Spieler zuzüglich Austauschspieler umfassen.

fussballturnier flyer(Flyerausschnitt)

Mit der antirassistischen Sportveranstaltung soll die Isolation von Flüchtlingen aus der Region Ostvorpommern durch die Möglichkeit des Austauschs und der Vernetzung gezielt aufgebrochen  werden. Anschließend geht es im IKUWO weiter mit einer Infoveranstaltung über die Situation im französischen Calais und einer Gesprächsrunde mit Flüchtlingen aus Greifswald, Stralsund, Anklam und Wolgast.

Das Fußballturnier wird unterstützt von der Gruppe Defiant, der Antirassistischen Initiative Greifswald, der Stop it!-Kampagne und der Amadeu Antonio Stiftung.

Fakten: 17.03. | 9–18 Uhr | Arndt-Sporthalle (Arndtstr. 37)