Stralsunder Straße 10, Immobilienhandel und soziale Verantwortung

Das Berliner Petruswerk hat sich in den vergangenen Monaten nicht nur Freunde in Greifswald gemacht. Zweifelhafte Berühmtheit erlangte das Berliner Unternehmen um den Immobilienspekulanten Douglas Fernando durch den Kauf der Stralsunder Straße 10, kurz Straze.

Die Bürgerinitiative zur Rettung des Hauses klagte immer wieder über Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit Fernando, der entgegen seinen Selbstdarstellungen Gespräche blockierte und auf konkrete Anfragen nicht reagierte.

Derweil leidet die Bausubstanz, das Dach wird langsam abgedeckt und auch bei einem Wasserrohrbruch wurde nicht sofort reagiert, ungeachtet der Hinweise der BI. Offensichtlich spielt hier jemand auf Zeit.

ÜBER HUNDERT NEUE ATTRAKTIVE STUDENTENAPARTMENTS

Zeitungsöffentlich wurde Fernandos Bauvorhaben heute nochmal aktualisiert und die OZ frohlockt, dass Greifswald bald um 110 attraktive Studentenapartments reicher werden könne. Die Lokalzeitung orakelt weiter, er hätte „das geschichtsträchtige Haus auf Wunsch der Universität vor zwei Jahren gekauft“.

Nun würde er es erst für den doppelten Kaufpreis (600.000 Euro) veräußern. Involvierte sprechen bei dieser Summe sogar vom Dreifachen des Kaufpreises. Das Preisgefälle begründet Fernando mit Planungs- und Entwicklungskosten von über 300.000 Euro. Das ist ganz schön viel.

Auf der Internetseite des Unternehmens wird die selbstgestellte Frage, was das Petruswerk einzigartig mache, freimütig beantwortet: „Es ist die soziale Verantwortung, der wir uns verpflichtet fühlen. Unser Ja zum Menschen.“

Fernando bietet dem aus der Bürgerinitiative hervorgegangenem Verein Kultur- und Initiativenhaus an, den Saal in der Straze zu mieten, während im restlichen Teil des Hauses Studentenwohnungen installiert werden.

Es ist natürlich klar, dass sich so schallschutzbedingt weder ein Konzerthaus noch eine Theaterspielstätte etablieren kann. Die Vorwürfe, den Abriss des denkmalgeschützen Hauses beantragt zu haben, wies Fernando zurück: „Das war anfänglich nur kurz im Gespräch“

AKADEMIEPARK KOMMT – MIRA MUSS GEHEN

Das Petruswerk ist allerdings auch an anderer Stelle in der Stadt unternehmerisch aktiv. In der Anklamer Straße haben die Berliner ein etwa 9500m² großes Grundstück gekauft. Dazu gehört auch der Gründerbau Ecke Stellingstraße, dessen Keller das mira beheimatet, das sich nun nach einem neuen Standort umsehen muss.

Die Entwürfe auf der Internetseite des Unternehmens sind nicht aufregend und erinnern eher an die architektonischen Albträume von Youniq denn an schönes Bauen.

Laut webMoritz sollen dort 400 Studentenwohnungen,  „vor allem Einzimmer-Appartements, aber auch Wohnungen für Paare, für Behinderte und für Wohngemeinschaften, entstehen“.

WIE GEHTS WEITER?

Das Petruswerk pokert in der Stralsunder und schafft Tatsachen in der Anklamer Straße. Es bleibt zu hoffen, dass der Verein Kultur- und Initiativenhaus es doch noch irgendwie schaffen kann, die Immobilie vor dem Tod durch Sanierung zu bewahren und ein neues sozio-kulturelles Zentrum zu schaffen. Aber das wird eine schwierige Aufgabe.

Ein Blick auf die Liste der Gruppen und Initiativen, die früher in der Straze Arbeits- und Lebensraum gefunden haben, mag erhellend dazu beitragen, den Sinn eines sozio-kulturellen Zentrums zu erkennen. Zu den Nutzern des Hauses vor dem Verkauf zählten: das Caspar-David-Friedrich-Institut (Ateliers), das Historische Institut, der Hochschulsport, das Studententheater, GrIStuF, radio 98eins, Greenpeace, HSG UniGryps, die Tanzgruppe „Laribundus“, die Moritz-Gruppe, die BUND-Ortsgruppe, AK Ökologie, die BI Kernenergie und ein Kinderzirkus.

Einige der Gruppen sind heute quasi obdachlos, andere sind in Gebäuden untergebracht, deren Nutzung aus baupolizeilichen Gründen terminiert ist (z.B. Moritz Medien und GrIStuF in der Wollweberstraße).

Der Bedarf für ein Zukunftprojekt Straze besteht offenkundig, eine Betriebsstruktur wurde geschaffen und Gelder für den Immobilienkauf sind akquiriert worden. Jetzt müssten sich nur noch Douglas Fernando und das Petruswerk ihrer sozialen Verantwortung verpflichtet fühlen.

(Bildquellen: Feldweg via Flickr, Petruswerk, BI Straze)

*Update*

Eine aktualisierte und ausführliche Zusammenfassung der Immobiliengeschäfte, die das Petruswerk in Greifswald unternahm, ist im Beitrag Die Greifswalder Einkaufstour des Immobilienmagnaten Douglas Fernando zu finden.

Ruinös oder profitabel? Das Kulturklang-Festival in der Klosterruine

Weitesgehend abgekoppelt von den klassischen Veranstaltungsstrukturen wird am Pfingstwochenende ein kleines Festival in der Klosterruine Eldena stattfinden.

Unter dem Namen Kulturklang wird das Gelände für ganze drei Tage in Beschlag genommen. Es werden verschiedene Betätigungsfelder zwischen Kinderschminken, Kleinkunst und Konzerten vereint. Das komplette Programm lässt sich hier nachvollziehen.

kulturklang festival

Auffällig sind sofort die niedrigen Eintrittspreise der Veranstaltung, das 3-Tage-Ticket kostet Erwachsene nur 7€ (Studenten bezahlen dafür sogar nur 6€) und am Kindertag bekommen die Kinder freien Eintritt. Allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Veranstalter nicht gewaltig überschätzen. Laut deren Kalkulation müssen nämlich ganze 3250 Leute die Veranstaltung besuchen.

Diese Zahl halte ich für viel zu hoch angesetzt, denn erstens konkurrieren die Organisatoren mit dem Immergut-Festival und zweitens dürften erfahrungsgemäß unheimlich viele Leute die zusammenhängenden freien Tage nutzen, Greifswald den Rücken zu kehren.

Zur Erinnerung: einst fand am gleichen Ort jährlich das Klosterspektakel statt. Dort erreichte man nur selten mehr als 1800 zahlende Gäste, und das in Anbetracht eines wesentlich ambitionierteren Bookings. Das Kulturklang-Festival verzichtet völlig auf Publikumsmagneten, allenfalls die Songwriterin Kitty Solaris ist vielleicht noch ein wenig bekannter. Das Gros der Künstler (mit überwiegend anhaltinischer Herkunft) ist gänzlich unbekannt.

So bleibt zu hoffen, dass die Veranstalter mit dem umfangreichen Kinderprogramm Zahlungswillige locken können. Kasperle-Theater, Höspiel-Jurte und Kinderschminken versprechen ja zumindest den Jüngsten angemessene Unterhaltung. Abends wird es – soweit nicht massiv vom Kunstlicht illuminiert – eher düster aussehen, denn die Lautstärkerestriktionen sind hart und wer nicht mit einer bombastischen Partynacht lockt, wird wohl kaum die optimistische Besucherinnenzahl erreichen.

Ich hoffe inständig auf gutes Wetter und zahlreiche Gäste; nicht zuletzt, weil ich grundsätzlich (beinahe) jeden kulturellen Impuls in Greifswald begrüße.

Mischkultur in Alt Ungnade

Die Bauwagenwohngemeinschaft Alt Ungnade, organisiert als freirAUm e.V., veranstaltet am Sonnabend ihr zweites Hoffest.

Unter dem Titel Mischkultur werden ab 14:00 Uhr verschiedene Möglichkeiten zur persönlichen Zerstreuung angeboten. Kurzfilme, Kinderbespaßung, Kuchenbasar & Softeis, Mitternachtssauna und nächtliche Tanzveranstaltung mit DJ Oberfussmeister werden offeriert.

alt ungnade

Also wartet eure Fahrräder und macht Sonnabend einen Ausflug!

Der Likedeeler geht von Bord

Von der Zeitschrift zur Befreiung der Gedanken zur Zeitstreitschrift. Die Redaktion des Likedeelers hat die letzte Ausgabe des für diese Stadt so wichtigen Mediums publiziert.

Nun stehen wir ohne da und eine neue Redaktion mit einer neuen Zeitungsidee ist nicht in Sicht, wie bedauerlich. Wer kann, sollte versuchen, noch ein Exemplar der aktuellen und letzten Ausgabe zu ergattern. In jedem Fall lohnt sich auch ein Blick in das Online-Archiv des Likedeelers.

Ganz besonders ans Herz legen möchte ich die Lektüre der Ausgabe 18, Subkultur und soziale Bewegung in Greifswald. Auf 76 Seiten wird anschaulich, eindrucksvoll und informativ die Dynamik und Geschichte Greifswalder Subkultur aufbereitet.

Es ist so unglaublich schade, dass Greifswald jetzt ohne diese unsagbar gute Zeitschrift sein wird.

Werni zieht vor das Gericht

Werner Link, Inhaber der Kneipe Werni’s Eck in der Langen Reihe, hat kürzlich Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zum Nichtraucherverbot eingelegt.

Er sieht durch das zunehmende Ausbleiben die Existenz seiner Gastwirtschaft bedroht. Mal sehen, ob dieses Beispiel Schule machen wird; das Gesetz wird ja noch in einigen anderen Kneipen mit Erfolg ignoriert.