Feine Sahne Fischfilet haben den Schritt vom Loitzer Humpapunk zu Lieberbergs Rock am Ring geschafft. Beim 30-jährigen Jubiläum des Rockfestivals lieferte die Band gestern vor tausenden Zuschauern geil ab.
“Das, was wir machen, ist keine Kunst! Das, was wir machen, ist nicht für die Galerie, nicht für die Glasvitrine. Das, was wir machen, soll eine Art Werkzeug sein, um unserer Wut gegenüber Rassisten, Sexisten, Homophobie und Staat eine Stimme zu geben! Wir wollen für unsere Träume, unsere Utopien weiter kämpfen.“ Mit dieser vielzitierten Aussage beschrieben Feine Sahne Fischfilet einmal ihre musikalische Mission. „Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet agitieren Rock am Ring“ weiterlesen →
Am Montag kommt Kool Savas für einen ganz exklusiven Auftritt nach Greifswald! Der in Aachen geborene Berliner legte in den vergangenen 15 Jahren eine steile Karriere vom Tellerwäscher zum Pimplegionär hin und gilt als einer der einflussreichsten Vertreter des deutschen (Battle-)Raps. Er reist morgen in die Hansestadt Greifswald, um dort im örtlichen Media Markt die Werbetrommel für sein am Freitag veröffentlichtes Album Märtyrer zu rühren.
Motorradclubs — eine medial erzählte Subkultur aus Riffrock und Lederwaren, ein nach Öl riechender Männerbund, eine Familie, in der Respekt und Loyalität noch zählen.
Strukturen dieser Art, denen der Ruf beweglicher Grenzen zwischen Kriminalität und Ökonomie sowie ein oftmals eher undeutliches Verhältnis zu Gewalt vorauseilt, bieten den Erzählstoff für die seit 2008 produzierte Serie Sons of Anarchy (SoA), ein Drama, das die Geschichte des fiktiven Motorcycle Club Redwood Original aufbereitet — Gangromantik und bagatellisierte Gesetzlosigkeit inklusive. „Very Charming: Sons of Anarchy Greifswald“ weiterlesen →
Sicher, ohne lustige Tiervideos — insbesondere ohne jene, die junge Katzen in taperndem Aktionismus zeigen — wäre das Internet nicht das, was es heute ist.
Doch inzwischen lauern Die zehn lustigsten Katzenvideos, Die witzigste Katze der Welt und Freche Katzen klauen dem Hund sein Bett hinter jeder zweiten Ecke des Internets und verleiten dort ahnungslose Nutzer zu Innehaltung und Müßiggang. Aber überlebt sich das nicht irgendwann einmal?
Höchste Zeit also, zumindest für einen kurzen Augenblick das Standardobjekt der Entzückung zu wechseln und von Katze auf Waschbär umzuschalten — #racoontent aus dem Greifswalder Tierpark ist angesagt und außerdem das erste Niedliche-Tiere-Video auf dem Fleischervorstadt-Blog.
Das Post-Indierock-Quartett [bro:m] hat fünf Stücke aufgenommen und veröffentlicht diese am 18. Juli auf seiner Vinyl-EP fuse. Die Platte ist ein klassisches DIY-Projekt und vermag mit ihrer Musik, der Klangwucht und den Nichtworten den schon abgeschrieben geglaubten, sogenannten „Indie“ wieder zu rehabilitieren. Im Folgenden möchte ich einen ebenso persönlichen wie ausgiebigen Annäherungsversuch wagen.
[bro:m] spielen einen eleganten Mid-Tempo-Post-Rock mit Ausflügen ins Schwelgerische und Ausbrüchen ins Noisehafte. Die Band, deren personelle Connections und Querverästelungen zu verschiedenen, auch in Greifswald wurzelnden, Bands und Projekten wie Diametral, The Splendid Ghetto Pipers, Krach und Naked Neighbours on TV reichen, hat sich als Quartett im Herbst 2012 zusammengefunden und spielt mit Gong, Synthesizern und einem Gerüst aus ebenso dringlichem wie groovigem Bass und mathrock-melancholischer Gitarre einen verwehten Genreclash — treibend und rhythmisch kühn, Haken mit Breaks und Tempowechseln schlagend.
Wer schon länger als einen Bachelor in Greifswald weilt und in den letzten Jahren auf dem discohousigen Ohr nicht komplett taub war, wird seinen Namen sicher irgendwoher kennen. Mit seinen Live-Sets bespielte Philipp Priebe in ausgewählter Seltenheit diverse Orte des örtlichen Techno-Nachtlebens, hier und da erschienen von ihm angefertigte Remixe zu Stücken anderer Leute auf verschiedenen Ton(daten)trägern und als DJ Matula beschallte er vor geraumer Zeit gar die Indie-Diskotheken der Stadt. Jetzt veröffentlicht Priebe sein erstes Deep-House-Album.
Transzendentale Rinnsale: Melancho-House im Fluß
The Being of the Beautiful erscheint am 12. Mai 2014 beim japanischen Label IL Y A. Im Spätherbst 2013 tourte Philipp Priebe hierzu passend mit seinen neuen Stücken bereits im Labelland, nun erscheint das Langspieldebüt des Wahlgreifswalders endlich in den Plattenläden und auf digitalen Vertriebswegen. Ähnlich wie Christian Löffler auf seinem vor eineinhalb Jahren in Usedomer Abgeschiedenheit aufgenommenen Album A Forest (Rezension) zieht auch Philipp Priebe inspirierende Impulse aus der hiesigen Landschaftslage nah am Wasser.
Die elf Stücke des Albums tragen ein Gespür für Weite und den Hang zur Fließwassermetaphorik in sich. Alles plätschert und pritschelt hier organisch um eine eigene Idee von House-Musik — mal wie algiger Süßwasserstrudel, mal smooth wie in bassige Buchten laufende Ozeankämme.
Elektronische Patternmusik, die also letztlich programmierte — damit notierte, also geschriebene — Musik ist, bürdet sich — gerade durch ihr genreimmanentes „Boing-Bumm-Tschack“ — von Househaus aus erst mal eine gewisse systemische Strenge auf. Die Kunst hierbei ist nun, alles irgendwie sinnvoll so zu arrangieren, in kreativ schlüssiger Weise dergestalt ins Rollen zu bringen und letztlich alles so im Fluss zu halten, dass es als barschig gründelnder Groove tiefer geht, als nur ein gehampeltes Halleluja im Club. Dass die Musik ein Angebot zum Abhub in sich trägt. Dass sie mehr ist als nur ein dumpfdoller Nippelboard-Techno, der nur Knalleffekte um des Knallens willen und keinen Raum für Aufbau, keinen Sinn für Verlauf und gesunde Prokrastination kennt. Dass dich die Musik nicht unberührt lässt, dich erhebt und mitnimmt, darum geht es schließlich auch: Tanz die Transzendenz, Freundchen, Transzendenz!
Philipp Priebe zäumt das Technoseepferd jetzt von der aquatisch-romantischen Side of Sound auf. Seine Musik geht straight forward, zugleich aber auch melancholisch in alle Richtungen — in einem soßigen Vorwärtswandern stilsicher durch klingende Streubilder mäandernd, mit einem Gefühl für den nötigen Selbstlauf der Sounds. Die Stücke verfolgen eigene Routen. Ein auf wenige Oldschool-Sounds reduziertes Drumgerüst bildet die holzerdige Grundlage für ein wohlsortieres, halbschläfriges Gewusel aus moosigen Synthesizerwolken und schwebenden Tinkerbell-Glöckchen.
Sweep and Schwoof im Planktonwald
Impermanent Affection eröffnet die Klangreise mit sanften Flächen, in die sich langsam ein trocken-perkussiver Schub windet. Field Recordings oder ferne Vocals oszillieren irgendwo im Hintergrund, man weiß es nicht genau. Vieles bleibt im angenehm Verhuschten. Eine plinkernde Melodie holt einen aus der ersten Träumerei zurück ins Gegenwärtige, entlässt einen aber sogleich wieder auf neue schwelgerische Hörpfade in pastellbunten Wald- & Wiesen-Welten im Stereo. Tief verhallte Akkorde grundieren das tänzerisch lullernde Glöckchengefunkel. Im tiefsten Sinne ist das Deep House – in seinem wässrigen Geplätscher die Grenzen zur ambitionierten Bedroom-Electronica aufstoßend, in der Struktur dem Grundgerüst des House treu bleibend. Ein kleines, grünes Unterwasserhouse, in dessen Vorgarten Priebe zärtlich gärtnert.
Nach dem sumpfmoorig durch gedeckte Klangfarben wandernden Opener zieht das zweite Stück, Cry, die Stellschrauben am Mühlrad etwas lockerer und lässt den musikalischen Fluss mit seiner angeshuffelten Rhythmik in schwelgerischer Eigenrotation — nur von einem Sinn fürs elegante Milde gebremst — um wonnige Bass-Arpeggios mit Drive im Bauch kreiseln, so dass es anmutet wie leuchtender Krill in einer sonderbar choreografierten Strömung.
Die wunderschönen Flächen, die sich auch auf den folgenden Stücken des Albums in ihrem Schimmern als priebesche Trademark-Chords herauskristallisieren, legen das Klangbett für lichtvolles Getwinkel und Getwankel. Immer wieder nehmen sich die Drums und Percussions selbst zurück, um Raum zu öffnen für die vielen kleinen melodischen Malereien und ihr spieluhrenartiges Eigenleben. Ein näselnder Synthesizer sweept sich wie ein freundlicher, großer Wal durch diesen Klang gewordenen Planktonwald in fluoreszierendem Meerschaum. Alles ist hier so herrlich und behutsam in den Stereoraum gesetzt, dass man nicht anders kann, als selbst ein kleines funkelndes Leuchtetier in diesem Schwarm aus Hooks & Sounds zu werden.
Ein Interlude (The Loss) setzt als kurzes Stück eine Zäsur in den Ablauf des Albums, bevor es mit Take Care wieder auf tomtom-getragene Tauchfahrt geht. Hier zieht sich eine pulsierende 808-Conga durch das Stück, wie ein stetes Echolot, auf- und abebbend in einem Fahnenwind aus Hall. Ein jazziges Piano und Fetzen von choralen Vocals tänzeln um einen Bau aus Synthesizer-Akkorden.
Das Wesen des Schönen in mildem Pump
Philipp Priebe hält es in seinen Stücken gern verhuscht und verweht. Tracknamen wie Glowing, Reflection und Deep Chrome Canyons spannen hier einen ansprechenden, ästhetischen Rahmen auf. Es geht um Licht, ums Flackern und Plätschern, um die Fetzen von Helligkeit, die sich durch ein samtiges Dunkel zischeln, um ein perlenhaftes Glimmern, um verschiedene Vorstellungen eines Wesens des Schönen.
Das Titel und damit quasi Kern gebende Stück des Albums, The Being of the Beautfiful, nimmt sich selbst beim Wort und liefert eine ebenso simple, wie ergreifende Akkordfolge als herzerweichendes Grundlagenloop, in das sich nach vier lichtsuhlenden Minuten eine erst mattierte, dann immer austernbrausender werdene Acid-Linie frisst und ein sandschrötiges Vocalsample hervorkrempelt, bis am Ende dieses spleenigen Törns das Traumwandlerische wieder Oberhand gewinnt und die Melancholia als heilsame Seekrankheit wieder die Decks bevölkert. Das nachfolgende Glowing schiebt das Klangbild mit seiner unterschwelligen Melodieverliebtheit und der Wärme der Pads und Keys erneut in Richtung fluides Schwipperschwapper à la Efdemin, Glitterbug und Soulphiction.
Ice Mountain zieht die Unterwasserthematik dann noch einmal von einer märchenhaft eisprinzessinartigen Seite auf und verklangbildlicht kristallines Mondlichtglitzern in den spektralen Brechungshorizonten eines Eisbergs als Prisma durch lange Chords und kurze Andeutungen von leise fallenden Flockensounds.
Wasserstraßentechno: Zurücknahme und Weglassung
Abgerundet wird das Album durch Remixe von den Patternvettern Steffen Kirchhoff, der Cry einer schmelzigen Chordflächenkur unterzieht und Lorin Sylvester (Me Succeeds), der mit seiner Interpretation des erwähnten Interludes das Album zum Ende hin wieder sanft in den audiophilen Bedroom wiegt.
Wiegenhaft plätschernd und in housigem Schunkel präsentiert es sich hier: das Being of the Beautiful. Das Wesen des Schönen und das Schöne und auch das Sein als Solches – mein Sein, dein Sein, irgendjemandes Sein, alles soll ein Sinnsein sein! — finden hier in unaufdringlicher Sanftheit eine Musik gewordene Entsprechung. Das erwähnte Technoseepferd wird hier zu einem House-Einhorn, einem edelschimmelweißen, feenhaften Ding, das da unten im Meer deiner salzigen Träume seine Runden zieht.
Schönheit, das vergessen oftmals ja viele, hat nämlich nichts mit Lautheit zu tun, ist nicht irgendein vordergründig präsentes Blenden, kein brüllposauniges, bürzelwackelndes Poserding, viel eher eben ein sedimenthaftes Schimmern und Funkeln — klandestin und sublim, Resultat einer Kunst der Zurücknahme und Weglassung: Minimal, weißt!
Eine erzählerische Qualität in die wortlose Musik zu bringen, Stimmungen zu malen — all das gelingt Philipp Priebe auf den Stücken seines Albums im Sinne eines Best-of-both-Worlds ganz wunderbar. Das hier ist Musik, für den Ohrensessel, genauso für ein tröpfelndes Insichselbstzerfließen während der Afterhour. Hörempfehlung für Leute, denen ein Herz im Gehörgang wächst und die gerne mal eine Herde Seepferde satteln wollen!