Pop am Wochenende: Lofi Deluxe „Zilpzalp, Schachtelhalm & Trafomasten“

Die Reihe „Pop am Wochenende“ versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden.

Allen prognostizierten Wolkenlagen zum Trotz, wird sich der Sommer noch nicht so bald aus den ostvorpommerschen Gefilden zurückziehen. Mit dieser prinizipiell guten Nachricht geht auch das Bedürfnis nach saisonal angemessenem Klangfutter einher und hier tritt Lofi Deluxe auf den Plan, der sich bereits vor vier Wochen mit dem Mix Zilpzalp, Schachtelhalm & Trafomasten anschickte, das Sommerloch zu füllen.

NAHRUNG FÜR DEN „DÖSFLOOR“

Für den „Dösfloor“ konzipiert, fitzelte Lofi Deluxe einen Mix zusammen, bei dem es mehr um den „halbsomnischen, aber auch, mit 4/4-wanderwalzenden Leichtfuss-Grooves,  um die schläfrig-vergnügten Sommervibrationen … weniger um den Sangria-Haudrauf-Bratwurstgesicht-Sommer“ geht. lofi-schachtelhalm

Dabei herausgekommen ist klickrig-klackriges, zuweilen countryeskes Easy Listening, das im Laufe der 77 Minuten hörbar elektrifiziert wird. Hier wird insektenhaft leichtflügelig geschwebt, statt stoisch gestampft. Der krönende Abschluss dieser Laid-Back-Orgie erscheint schließlich in Gestalt – beziehungsweise Stimme – Blixa Bargelds, dessen Worte einen schwungvollen Beat reiten und dem großen Gedöse ein Ende setzen.

Pop am Wochenende: Thomas Putensen „Komsomolzenlied“

Nach der Ankündigung seines Konzertes anlässlich der Insomnale-Eröffnungsveranstaltung und mit den in den vergangenen Wochen gemachten Entdeckungen, hätten hier vor einigen Tagen problemlos die Thomas-Putensen-Tage ausgerufen werden können. Um aber nicht mehrmals mit diesem Thema anzustrengen zu müssen, übe ich mich im Verdichten.

Die inzwischen ergraute Eminenz des Greifswalder Musikbetriebes ist umtriebiger, als die zuweilen sehr drögen Nummern mit den Pionierliedern, die bislang mein Bild des Musikers bestimmten, vermuten lassen. Als wohl einziger Greifswalder war er in den Neunzigern in der ZDF-Fernsehshow Wetten dass zu Gast. Damals wuchtete er ein Klavier auf die Bühne und spielte anschließend Bach.

Popularität durch „Ete und Ali“

Einen Popularitätsschub hat Thomas Putensen zweifelsohne durch seine Hauptrolle in der grandiosen DEFA-Produktion Ete und Ali (1985) erfahren. An der Seite Jörg Schüttaufs und unter der Regie Peter Kahanes entstand der Film, den es glücklicherweise auch in der örtlichen Stadtbibliothek gibt. Die DVD ist allerdings bis zum 22.06. entliehen.

„Ete und Ali haben ihren Wehrdienst beendet, wollen aber beide nicht nach Hause. Ali graut es vor seinem langweiligen Dorf, wo ihn niemand und nichts erwartet und Ete weiß, dass seine Frau einen Liebhaber hat. Die beiden Freunde sind denkbar verschieden: Ali ist ein gutmütiger, etwas ungeschickter Riese und Ete hingegen ist eher klein von Statur, schüchtern und etwas unbeholfen. Ete würde gerne seine Frau Marita zurückgewinnen, weiß aber nicht wie er es anstellen soll. Der unternehmenslustige und tatendurstige Ali überredet ihn, den Nebenbuhler Manni auszustechen und gemeinsam machen sie sich auf den Weg. Doch die Geschichte nimmt einen ganz anderen Verlauf.“

Andreas Dresens „Whisky mit Wodka“

In der jüngsten Produktion des deutschen Regisseurs Andreas Dresen, Whisky mit Wodka (2009) wagt Putensen ein weiteres Mal einen Ausflug ins Filmgeschäft. Dresen, der hierzulande in meinen Augen einer der besten – wenn nicht sogar der beste – Regisseur ist, sollte durch Filme wie Halbe Treppe (2002), Denk ich an Deutschland – Herr Wichmann von der CDU (2003) , Willenbrock (2005), Sommer vorm Balkon (2005)  oder Wolke Neun (2008) bekannt sein. „Pop am Wochenende: Thomas Putensen „Komsomolzenlied““ weiterlesen

Veranstaltungshinweis: Bernhard Eder (AT) & Talking to Turtles

Greifswald war, ist und bleibt eine gute Adresse für Künstler aus Österreich. Im vergangenen Jahr fanden zum Beispiel Killed by 9V Batteries, The Scarabeus Dream und Ja Panik! ihren Weg in die Hansestadt. Der heutige Abend wird hingegen zur Sternstunde für Freunde akustischer Konzerte.

Quiet is the new loud liegt da auf den Lippen, wenn Bernhard Eder — begleitet von einem Kontrabass — momenthaft in Reminiszenzen an Elliott Smith verfällt. Hier mit The Season Song eine Hörempfehlung des Albums Tales from the Eastside (2008).

Weinsoirée, Kerzenlicht und Sitzkonzert

Vor dem alpenländischen Melancholiker treten die hanseatischen Talking to Turtles — ursprünglich aus Rostock — auf die Bühne. Ein bißchen Bright Eyes und dieses Jahr auch auf dem Immergut Festial dabei. Jeder Flyer für die Veranstaltung wurde per Hand im Siebdruckverfahren hergestellt und ist damit so einzigartig, wie der bevorstehende Abend: Weinsoirée, Kerzenlicht und Sitzkonzert.

Bernhard Eder in Greifswald

Jetzt muss man nur noch pünktlich aufkreuzen und dem Vergnügen steht nichts mehr im Weg.

Fakten: 23.04. | 21 Uhr | IKUWO | 5 EUR

98eins: Weiterbildung in Sachen Hamburger Schule

Seit nunmehr 18 Jahren gibt es jetzt schon die Hamburger Band Die Sterne, die ja ursprünglich aus good old Bad Salzuflen in Ostwestfalen stammt. Erst vor wenigen Wochen veröffentlichten die Urgesteine des deutschsprachigen Diskursrocks mit 24/7 eine neue Platte in zeitgemäßem Soundgewand; mehr Elektronik, weniger Gitarre, genausoviel Unbehagen. „98eins: Weiterbildung in Sachen Hamburger Schule“ weiterlesen

Bernd Begemann & die Befreiung kommen ins Koeppen

Tolle Nachrichten für alle, die der sogenannten Hamburger Schule nahe stehen: Bernd Begemann & die Befreiung kommen nach Greifswald!

Der „elektrische Liedermacher“ wird am Mittwoch bereits zum dritten Mal in Greifswald gastieren, nachdem die letzten beiden Auftritte schon Jahre – wenn nicht sogar ein Jahrzehnt – zurückliegen. Begemann war der erste, der aus dem eigentlichen popkulturellen Quell der Hamburger Schule, Bad Salzuflen, auszog, um in Hamburg sein – auch monetarisierbares – Glück zu suchen. Dieses Ansinnen war nur teilweise von Erfolg gekrönt.

Bernd Begemann und die Befreiung

Tocotronic bei Bernd im Bademantel

Bernd Begemann vereint einen intelligenten und einzigartigen Humor mit unschlagbaren Entertainerqualitäten und einem breiten Fundus popkulturellen Wissens auf sich. Fans der Hamburger Band Tocotronic kommen nicht umhin, die 1996 erschienene  Kurzreihe Bernd im Bademantel zu kennen, die er für den NDR produzierte. Damals lud er verschiedene Künstler zu Interview und Livekonzert in sein Wohnzimmer, so auch die seinerzeit noch als Trio agierende Band Tocotronic. „Bernd Begemann & die Befreiung kommen ins Koeppen“ weiterlesen

Veranstaltungshinweis: We vs Death (NL) & Pazifika

Hoher Besuch aus dem benachbarten Königreich. Die niederländische Band We vs. Death ist auf kurzer Tournee durch Deutschland (Frankfurt, Hamburg, Berlin und Greifswald) und wird sich am Freitag im IKUWO die Ehre geben.

Anmut und beneluxuriöse Schlichtheit

Das Quintett ist mit Bass, Schlagzeug und den bis zu drei Gitarren reichhaltig instrumentiert.

Die gebrochenen Arrangements – das musikalische Alleinstellungsmerkmal von Sinnbus Records, der Kommandozentrale des Genres, wo We vs. Death dieser Tage mit A Black House, A Coloured Home ihr neues Album veröffentlichen –  und das schwere Schlagzeug werden sinnstiftend von einer Trompete zusammengehalten, die hier und da an die düsteren Momente vom Weilheimer Tied & Tickled Trio erinnert und den Sound sehr jazzig einfärbt. Anmutig, schlicht und trotzdem elegant.

Eine Einstimmung ermöglicht das folgende Video eines Konzertes in Utrecht, der Heimatstadt von We vs. Death. Das zu hörende Stück Hands ist ebenfalls auf dem neuen Album erschienen.

Für druckvolle Einstimmung wird die hiesige Postrock-Band Pazifika sorgen. 

Fakten: 26.02. | 21 Uhr | IKUWO | 5 EUR