Hedonistischer Schlittschuhrave!

Die Open-Air-Saison bricht wieder an, zumindest in Greifswald, wenn ein hedonistisches Sonderkommando die eisigen Temperaturen in Komplizenschaft zwingt und am Freitag zum rabaukisch beschallten Treiben aufs Glatteis einlädt.

Eiskunstläufer, Hockeyspielerinnen und Kufenraver sind beim  Spektakel auf der Wiese am Eisenhammer gern gesehene Gäste. Es wird ausdrücklich um die Mitnahme von portablen Taschenaschenbechern gebeten.

Fakten: 25.02. | 15 Uhr | Wiese am Eisenhammer

Die Greifswalder Sportskanone des Jahres 2010: Ralf Dörn

Es gibt nun wirklich interessanteres zu berichten als die sich zum Jahresende häufenden Ehrungen, die allzu oft die Spalten der Lokalzeitungen beherrschen. Sportler des Jahres in einer Stadt mit fünfstelliger Einwohnerzahl zu werden, ist nicht zwangsläufig mit Ruhm verbunden – Sportskanone des Jahres in Greifswald zu werden, hingegen schon.

Der dieses Jahr erstmalig vom Fleischervorstadt-Blog verliehene Titel geht an den kaum sechzehn Jahre alten Greifswalder Schüler Ralf Dörn, dessen Fähigkeiten und Techniken auch die letzten Ballsportartenhasser in Verzückung bringen dürften. Inzwischen finden sich schon erste Videos, die den jungen Fußball-Freestyler beim Showkick in London zeigen, aufgenommen vermutlich während einer Klassenfahrt.

HACKY SACK IN GROSS UND DIE KARTOGRAPHIERUNG DER STADT

Sein inniges Verhältnis zum akrobatischen Umgang mit dem runden Leder offenbart eine über zwei Jahre alte Vermisstenanzeige, in welcher der junge Sportler, dessen Können Auskunft über die Suchtpotentiale seiner Leidenschaft gibt, genauso beschrieben wird, wie man sich den kickenden Derwisch vorstellt: „Der 13- Jährige ist mit einem 26-er Fahrrad, Marke Pegasus unterwegs. Er führt eine blaue Reisetasche, der Firma Eisbär sowie einen weiß – schwarzen Fußball im rotem Netz bei sich.“

Bemerkenswert ist, dass Ralf Dörn im folgenden Video nicht nur einige spektakuläre Bewegungsabläufe zeigt, sondern wie nebenbei eine ganz eigene Kartographierung der Stadt vornimmt. Der Höhepunkt ist dabei die Szene auf der Klosterruine Eldena. Ralf, du bist die diesjährige Greifswalder Sportskanone des Jahres, bitte mach weiter mit dem Hacky Sacking in Überdimension!

Baltic Brett Battle 2010

Just in dieser Minute beginnt die Auftaktveranstaltung des Baltic Brett Battle 2010. Hinter diesem kombativen Titel verbirgt sich ein Skateboard-Wettbewerb, der eine Woche später in Rostock und am 31. Juli in Sellin weiter ausgefochten wird.

Eine Jury bewertet die jeweils in einem sehr kurzen Zeitfenster vorgeführten Kunststückchen der Teilnehmer, die in einer Art K.O.-System gegeneinander antreten. Hier noch ein eigens für die Veranstaltung produzierter Trailer.

Fakten: 10.07. | ab 11 Uhr | Volksstadion

Kroos statt klein

Die deutsche Nationalmannschaft wird morgen im Halbfinale der Fußballweltmeisterschaft gegen die spanische Auswahl antreten. Vor und nach dem Spiel wird das Stadtbild wieder von den bis zur Unkenntlichkeit in Flaggen gehüllten Fans und ihren Autos geprägt werden, versprochen. Schwarz-Rot-Golf läßt grüßen.

Die Hysterie nervt, wie Hysterien eben nerven, und schmerzt mehr als jede Vuvuzela. Der bierselige Patriotismus geht ganz und gar in dem Fußballspektakel auf. Trotzdem gibt es — spätestens, seitdem die letzte afrikanische Mannschaft ausgeschieden ist — gute Gründe, für das deutsche Team zu fiebern.

Insbesondere Mieterinnen der WVG sollten angehalten sein, die Daumen zu drücken. Schließlich ist eine Tochtergesellschaft der Wohnungsverwaltung für die Organisation und Abwicklung des Public Viewings zuständig und steht damit auch in finanzieller Verantwortung.

FREILUFTZAUBER OHNE PUBLIKUM

Im Gegensatz zu den Begegnungen mit deutscher Beteiligung wurde der Freiluftzauber bisher bei den anderen Spielen kaum angenommen. Dies ließ sich ganz hervorragend mit der Webcam des Marktplatzes überprüfen.

Allein der Auftritt der Germanen sorgte jedes Mal für regen Zulauf ihrer Landsmänner und -frauen, die bereitwillig für die öffentliche Fußballschau bezahlten. Kommt die deutsche Mannschaft also ins Finale, werden sich die Verluste der Tochtergesellschaft in Grenzen halten.

tonikroos

Und während der Marktplatz im schwarz-rot-goldenen Flaggenmeer zu ertrinken droht, steht in Südafrika vielleicht ein Sohn dieser Stadt auf dem Platz. Der Mittelfeldspieler Toni Kroos nämlich, der vier Jahre für Hansa Rostock spielte und seit 2006 bei den Münchener Bayern unter Vertrag steht, ist geborener Greifswalder, derzeit an Bayer Leverkusen ausgeliehen, und durfte mit nach Südafrika reisen.

SCHÖNWALDER JUNG IM AUFGEBOT

wappen greifswald

Als originaler Schönwalder Jung spielte er zwischen seinem achten und dreizehnten Lebensjahr für den GSC. Und hiesige Fußballprominenz hat es ja, wenn ich mich recht erinnere, seit den Tagen von Henri Fuchs und Axel Kruse nicht mehr gegeben.

Insofern bleibt Kroos zu wünschen, dass er — entgegen den bisherigen Prognosen — von Beginn der Partie an auf dem Platz steht. Und wenn schon so viele Fußballfanatiker nicht umhin kommen, sich ihren patriotischen Gefühlen hinzugeben, dann bitte doch auf lokalpatriotische Art und Weise und in amtlichem Rot-Weiß. Daran hätten sogar noch die Engländer ihre Freude.

*Update*

Wie mir gerade mitgeteilt wurde, endete Kroos‘ Ausleihe am 30.06., danke für die Korrektur.

Prügel statt Prosa – Greifswalds erste Fightnight

Wie passen die erste Greifswalder Fight Night, das im Landtag angestrebte Verbot von Mixed Martial Arts, der Greifswalder Auftritt von Egon Krenz und die Bemühungen der Wohnungsgenossenschaft WGG um Gewaltprävention zusammen? Eine vorsichtige Annäherung an ein kontroverses Thema.

In der vergangenen Woche veröffentlichte die Ostsee-Zeitung einen längeren Artikel über Freefight/Mixed Martial Arts (MMA) und stellte das MMA-Team-East aus Greifswald vor. Die im Beitrag portraitierten Kämpfer Philip Groß und Eric Bluhm sehen ihr Hobby zu Unrecht in der Kritik und präsentierten sich als verantwortungsbewusste Sportler.

(Foto: OZ)

 „Wir wollen keine Gewalt verherrlichen, lieber ausgepowert auf der Matte liegen als die Aggressionen auf der Straße lassen“ wird Bluhm zitiert. Aber was hat es mit der neuerlichen Diskussion auf sich?

LANDTAG MV WILL MIXED MARTIAL ARTS VERBIETEN

Am 04.11.2009 stellten die Landtagsfraktionen von SPD und CDU einen Antrag, der die Landesregierung dazu aufforderte, „rechtliche Hinweise zur Untersagung von Mixed Martial Arts-Veranstaltungen zu erarbeiten“ und ein entsprechendes Verbot vorzubereiten. In der Begründung des Antrages heißt es: „MMA ist im Wesentlichen ein Mix aus verschiedenen Kampfsportarten, wobei auch am Boden liegende Gegner geschlagen und getreten werden dürfen.

Die Gegner treten ohne jegliche Schutzkleidung gegeneinander an. Unter dem Deckmantel des Sports verherrlicht MMA extremste Gewalt. Dies können und dürfen wir in Deutschland nicht gesellschaftsfähig werden lassen.“

Da der Antrag von den beiden größten Landtagsfraktionen gestellt wurde – sie haben gemeinsam über 45 der 71 Sitze inne – ist er wenig überraschend angenommen worden. Das geplante Verbot bewegt die deutsche Freefight/MMA-Szene, die sich mit der Aufgabe konfrontiert sieht, den Kampfsport mit viel Lobbyarbeit aus der Schmuddelecke zu holen. Als solche ist auch der Artikel in der Ostsee-Zeitung zu bewerten.

(Illustration: jetzt.de)

Zunächst bleibt festzustellen, dass der Antrag im Landtag MV einige inhaltliche Fehler, die medial häufig kolportiert werden, aufweist, denn „ohne jegliche Schutzkleidung“ agieren die Kämpfer nicht, Tief- und Handschutz sind vorgeschrieben. Und selbst unter Profis ist beim Kämpfen nicht alles erlaubt. So ist es zum Beispiel nicht gestattet, einem am Boden liegenden Kontrahenten gegen den Kopf zu treten oder dessen Haupt mit Knien und Ellenbogen zu malträtieren. Faustschläge dagegen gelten als regelkonform.

Der größte deutsche Verband, die FFA (Free Fight Association) hat im Oktober 2009 ein Regelwerk für ihre Kämpfe entwickelt.

MARTIALE INSZENIERUNGEN VON GEWALT UND IHRE ZWEIFELHAFTEN ANHÄNGER

Grundsätzlich sprechen Kritiker den MMA den Sportsgeist ab und betonen die Inszenierung von Gewalt und Brutalität, während Fürsprecher nicht müde werden, vom gegenseitigen Respekt und der Fairness zwischen den Kontrahenten zu sprechen. Im Gegensatz zum Boxen werden die Kämpfe nicht im Ring, sondern bevorzugt in einem Käfig ausgetragen.

Das schütze angeblich die Sportler vor dem Herausstürzen aus der Kampfzone und die runde Form vermeide es, dass jemand in die Ecke getrieben würde. Nebenbei sieht es ungeheuer martialisch aus und suggeriert, dass nur der Gewinner des Kampfes den Käfig wieder verlassen dürfe.

Einen Eindruck dessen kann vielleicht diese amerikanische Knockout-Kollektion vermitteln.

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