Polenmarkt mit dreifachem Auftakt

Morgen beginnt der diesjährige Polenmarkt und vor uns liegen sechzehn veranstaltungsreiche und vor allem schlafmangelige Tage und Nächte. Am Eröffnungstag gibt es gleich drei verschiedene Angebote, deren Unterschiedlichkeit die Entscheidung, welches wahrgenommen werden sollte, nicht leichter macht.

Feierliche Eröffnung und polnische Reportagen

Der dreizehnte Polenmarkt wird am frühen Abend feierlich im Krupp-Kolleg eröffnet werden. Dort wird es sicher neben warmen Worten auch eine kurze Vorstellung des Polonicums geben – das zweisemestrige Zusatzstudium wird ab jetzt Einblicke in Sprache und Kultur des östlichen Nachbarlandes bringen.

Polenmarkt

(Foto: vielseitig)

Anschließend wird der aus Poznań stammende Journalist Włodzimierz Nowak sein für den wichtigsten polnischen Literaturpreis nominiertes Buch Die Nacht von Wildenhagen vorstellen. Darin sind zwischen 1997 und 2006 entstandene Reportagen versammelt, die die Schicksale von zwölf Menschen beider Seiten der deutsch-polnischen Grenze zwischen 1945 und heute betrachten. „Er zeigt dabei, wie schwer es immer noch für Deutsche und Polen ist, mit ihren traumatischen Erinnerungen umzugehen.“

Während der Lesung und dem sich anschließenden Autorengespräch wird eine professionelle Übersetzung angeboten. Danach wird ein Buffet offeriert, das musikalisch von Selecta PEhLE untermalt wird. Man dürfe „polnischen Tango aus den 20er und 30er Jahren sowie Jazz und Beat der 60er und 70er Jahre“ erwarten, verrät das Programmheft.

Fakten: 19.11. | Krupp-Kolleg | 20 Uhr | Eintritt frei

Hausbesetzung, Punk & Arbeitskampf

Im IKUWO wird der Blick nicht auf die Hoch-, sondern die Subkultur gerichtet. Dort sprechen Aktivisten der Anarchistischen Föderation Poznań über die Situation der anarchistischen Bewegung zwischen Fahrraddemos, Suppenküchen, Arbeitskampf und Hausbesetzungen. Außerdem informieren sie über eines der bekanntesten und heiß umkämpften Häuser Polens – das Rozbrat Squat in Poznań.

Polenmarkt Greifswald

(Foto: wikipedia.pl)

Nach der sich anschließenden VoKü steht dann Punkrock mit zwei Bands aus Wroclaw und dem Debüt einer Greifswalder Formation auf dem Programm. Die Dead Yuppies werden als beispielhaft für die junge Punk-Generation, die das honorierte Erbe ihrer Vorgänger antritt und mit „Frisch-Wut versorgt“, angekündigt.

2004 aus der Wroclawer Band Balkanskaja Zvezda entstanden, coverten sie zwar anfangs Klassiker wie Misfits, The Clash oder Buzzcocks, das nach und nach entstandene eigene Material jedoch lässt viel mehr polnische Größen der 80er nachvibrieren, Bands wie Dezerter, Karcer oder die frühen Deuter.

Nach Eigenveröffentlichungen in alter DIY-Manier erschien ihre Debüt-LP 2008 beim polnischen Thrashcore- und Crust Punk-Vertrauenslabel Trujaca Fala und entsprechend explosiv schlägt ihr melodiöser Punkrock auch ein. Mal zum Mitsingen, dann zum Durchdrehen, während es inhaltlich mit politischen und sozialkritischen Themen weit übers „Yuppie Bashing“ hinausgeht.

Ebenfalls aus Wroclaw kommt die relativ neue und unter anderem mit zwei 80er-HC-Veteranen besetzte Band Narkolepsja. Davor gibt es das Bühnendebüt der Greifswalder Neuband T.C., die bislang konsequent unter dem Radar schwebte. „Apokalyptischer Punkrock in rauester Offenbarung wird hier versprochen. Ein polnisch-vorpommerscher Pogo-Abend: hey ho, let´s go, go, go, go!“

Über Greifswalder Konzerte in Sachen Punk- und Hardcore informiert übrigens inzwischen regelmäßig der Blog justidiots, ein Linktip also für Freundinnen des Genres. Lastfm-Nutzer finden die Veranstaltung hier.

Fakten: 19.11. | 19/21 Uhr | IKUWO | 4 EUR

Durch-die-Nacht-Jazz im Koeppen

Am späten Abend wird schließlich die letzte Polenmarkt-Veranstaltung des heutigen Abends beginnen. Im Café Koeppen ist mit dem Kołłątaj Jazz Trio um Namensgeber und Drummer Krzysztof Kołłątaj sowie seinen Mitstreitern Krzysztof Ciesielski am Kontrabass und Tasteninstrumentalist Mariusz Smoliński, facetten- und variantenreiches Jazz-Ambiente zu erwarten.

Die Musik des Trios zeichnet sich insbesondere durch ihre Virtuosität des Spiels aus und verzaubert mit einem sanften und gefühlvollen Clubjazz. Neben bekannten Jazzstandards werden eigene Kompositionen präsentiert.

Nach dem offiziellen Konzert ist das Publikum zu einer offenen Jam-Session eingeladen.

Fakten: 19.11. | 23 Uhr | Koeppen | 8 EUR (5 erm.)

Programmatische Highlights in Sachen Jazz

In wenigen Stunden beginnt ein wirklich Highlight für Jazzfreundinnen. Mit dem Zentralquartett wird eine der wichtigsten DDR-Jazzbands die Bühne vor der eindrucksvollen Kulisse der Klosterruine Eldena betreten.

al di meolaAnschließend wird Ausnahmegitarrist Al Di Meola mit seinem New World Sinfonia auftreten. Diesem Konzert fieberte ich bereits Mitte April entgegen, denn war Di Meola, der 1981 gemeinsam mit den beiden Gitarristen Paco de Lucia und John McLaughlin eines der berühmtesten Live-Akustik-Alben der Musikgeschichte aufnahm, Friday Night in San Francisco.

Am Sonnabend wird neben der Bigband des NDR auch Klaus Doldinger im Verbund mit seiner Backingband spielen.

Bereits gestern fand in der Galerie des IPP die Vernissage zur Ausstellung Jazz Meets Fine Arts statt. Zwanzig Jahre Jazz Evenings in Greifswald waren für die beteiligten zehn Künstler Anlass genug, sich dem Thema von Seiten der bildenden Kunst zu nähern. Was dabei herausgekommen ist, kann man bis zum 25.08. in der IPP-Galerie begutachten.

Über Greifswalder Jazzrelevanzen informiert übrigens der Blog Jazz in Greifswald.

Fakten: 02./03.07. | 20 Uhr | je 20 EUR (18 EUR erm. / Kombi: 36 EUR)

Friday Night in Eldena – Al Di Meola kommt nach Greifswald

Alljährlich finden in der Klosterruine Eldena die Jazz Evenings statt und bieten ein hochwertiges und häufig auch sehr ausgefallenes Programm an.

Dieses Jahr wird nicht nur Klaus Doldinger nach Greifswald kommen, mit Superstar Al Di Meola konnte ein wirklich renommierter Gitarrist gewonnen werden, der mit seinem World Sinfonia tourt und den musikalischen Blick auf Lateinamerika richtet.

Der Ausnahmemusiker kann auf ganze 22 Einzelveröffentlichungen und 15 gemeinsamen Platten mit anderen Künstlern  zurückblicken. Den Weg in viele Plattenschränke erspielte sich Di Meola einst an der Seite der beiden Gitarristen Paco de Lucia und John McLaughlin. Gemeinsam veröffentlichten sie 1981 eines der berühmtesten Live-Akustik-Alben der Musikgeschichte: Friday Night in San Francisco.

Man darf sich also auf das Wochenende 2./3. Juli 2010 freuen und schon mal für den Eintritt (pro Abend: 20/18 EUR) sparen. Kartenreservierungen können schon jetzt über die Seite des Greifswalder Kulturamtes erledigt werden.

Veranstaltungshinweis: The Magic Touch

Gute Nachrichten für Liebhaber von Reggae von Ska höchster Qualitätsstufe, denn heute Abend wird Genre-Prominenz in der Hansestadt gastieren.

the magic touchDas Quintett The Magic Touch aus Berlin und Leipzig ist nicht nur ein Sideproject der Bands Yellow Umbrella und The Solitos, sondern weist mit dem Sänger Don Rockshah aka Magic Roger (ex-Court Jesters Crew) auch die Stimme einer der ruhmreichsten deutschen Reggae-Bands in den eigenen Reihen auf.

Die Court Jesters Crew bereicherten die hiesige Szene von 1993 bis 2003 mit ihrem eher jazzigen Zugang zum Genre, veröffentlichte zwei Alben (Too high for low (2000) und Babylon raus. (2002)), tourte gemeinsam mit Laurel Aitken und veröffentlichte mit dem Großväterchen Ska auch ein gemeinsames Album.

Video (04:53)
[youtube LuCrPMv2LF0]

EARLY REGGAE GROOVES AUS LEIPZIG UND BERLIN

Heute Abend stehen aber nicht Court Jesters Crew auf der Bühne, sondern The Magic Touch, und die kommen ohne Bläser daher. Stattdessen sorgen Bass, Gitarre und Hammond-Orgel für Riddims alter Schule, während die einzigartige Stimme Don Rockshahs dem Bandsound einen souligen Anstrich verpasst. Diesen Auftritt sollte sich niemand entgehen lassen.

Nach dem Konzert werden Rockshah und Rimshot Selecta persönlich den sich anschließenden Allnighter betreuen und Raggae, Jamaican Ska, 50´s Rhythm´n´Blues, Rocksteady, Boogaloo und Calypso bereithalten.

Fakten: 17.04. | 21 Uhr | IKUWO | 5 EUR
Werbung

Kulturelle Ausblicke aufs Wochenende

Die Semesterferien dauern an, aber das ist kein Grund, sich in die Wohnzimmer zu verkriechen. Eine kurze Vorstellung der heutigen Optionen des Amüsierbetriebes zwischen Synthie-Pop-Wave, Eventschiff und gediegenem Jazz aus Skandinavien.

Welle: Erdball in der Mensa

Schon seit beinahe 20 Jahre existiert die (New)Wave-Elektro-Formation Welle: Erdball, die mit einer tüchtigen Portion NDW-Feeling ins Haus bricht. Die Band ist für ihre eigenwillige und requisitenreiche Bühnenshow, für die ein Haufen Retro-Maschinen angefahren wird, berühmt. Ihr Sound verdient über alle Maße hinaus das Prädikat old-school.

welle: erdballAls Klangerzeuger tritt, neben vielen analogen Synthesizern, der Commodore 64 als vollwertiges Bandmitglied auf. Wo Künstler wie Kraftwerk, D.A.F., Grauzone oder Ideal in den 80er Jahren starteten, setzt Welle: Erdball wieder an und führt diese glorreiche Ära der deutschen Musikgeschichte weiter fort. In der Independent-Szene schon lange eine Kultband, zeigt Welle: Erdball auch auf Konzerten in ganz Europa, dass Elektronikmusik mit sehr viel Dynamik umgesetzt werden kann.

Auf dem webMoritz ist der Trailer zum Film Operation Zeitsturm verlinkt, an dem Welle: Erdball ebenfalls beteiligt sind und der in wenigen Wochen veröffentlicht wird. Hier das Video zum Stück 1000 weiße Lilien:

Nach dem Konzert laden die beiden Veranstalter (Mensaclub und Kiste) zu einer Aftershow-Party mit vier DJs auf zwei Floors. Zu erwarten sind dort dann neben Synthie Pop und Minimal Wave auch EBM, Industrial, Electro und Goth-Rock.

Augenfällig ist der grenzensprengende und exorbitant hohe Eintrittspreis. Der ist zwar nicht unbedingt sozial, aber vielleicht lernt man so hierzulande, dass Kultur ihren Preis hat. „Kulturelle Ausblicke aufs Wochenende“ weiterlesen