Greifswald im Fokus der Identitären Bewegung (?)

Ein Gastbeitrag von Michael Kemplin

Am Samstag versuchten Mitglieder der sogenannten „Identitären Bewegung“ eine Veranstaltung an der Universität Greifswald zu stören – und liefen dabei komplett auf. Diese und vergangene Aktionen der vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierung weisen aber darauf hin, dass Greifswald verstärkt ins Zentrum der Rechtsextremen rückt.

So hatte sich Dr. Eric Wallis seinen Vortrag auf der 24h-Vorlesung an der Universität Greifswald sicherlich nicht vorgestellt. Kurz nachdem er den anwesenden Zuhörern etwas zum Thema „Gehirne Waschen – Framing gegen Fremdenfeinde“ erzählte, betraten mehrere Personen den Saal. Mit raschen Schritten begaben sie sich in die erste Reihe und zogen einen der Zuhörenden heraus, den sie lautstark aus dem Saal führten. Einige der Akteure trugen polizeiähnliche blaue Westen, auf denen die Aufschrift „Linker Terror“ genäht worden war. „Greifswald im Fokus der Identitären Bewegung (?)“ weiterlesen

Aufruf zu vielfältigen Protesten gegen die AfD-Demo am 10.11.2018 in Greifswald

Für den 10. November 2018 planen die AfD und deren Sympathisanten in Greifswald eine Kundgebung und Demonstration unter dem Titel „Nein zum globalen Migrationspakt“. Beginn soll um 16 Uhr am Nexö-Platz sein. Wir rufen alle auf, denen Solidarität und Nächstenliebe mit den Schwachen, den Benachteiligten, den Geflüchteten wichtig sind; alle, die miteinander friedlich und ohne rassistische Hetze, Verleumdungen und Bedrohungen leben möchten

Zeigt, dass der Tag, an dessen Morgen vor 80 Jahren der Schrecken der Reichspogromnacht sichtbar wurde, erst recht kein Tag für die Verbreitung von altem und neuem Hass gegen Menschen ist. Wir rufen auf zum vielfältigen, friedlichen Protest gegen die AfD-Veranstaltung in unserer Stadt. Zeigen wir, dass Greifswalds Straßen nicht dem Hass und der Hetze gehören. Lasst uns Rostock mit einem breiten Bündnis aus allen Teilen der Gesellschaft und einer Vielzahl von Gegendemonstranten als gutes Vorbild nehmen. 

In der Zeit von 14 Uhr bis 16 Uhr ist eine Demonstration in der Innenstadt geplant, um der AfD die Straßen nicht allein zu überlassen. Während der AfD-Demo sind eine zentrale Kundgebung auf dem Markt und mehrere Mahnwachen angemeldet (ab 16:00 Uhr). Nähere Informationen hierzu folgen. Alle, die für ein weltoffenes und solidarisches Greifswald einstehen, sind aufgerufen, sich zu beteiligen.

Gegendemo gegen AfD in Greifswald


Erstunterzeichner*innen: Bündnis ‚Greifswald für alle‘, DGB Vorpommern, Theater Vorpommern, Pommerscher Evangelischer Kirchenkreis, Evangelische Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald, Christine Deutscher,, Flüchtlingsbeauftragte (Pommerscher Evangelischer Kirchenkreis), Evangelische Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald, Evangelische Christus-Kirchengemeinde Greifswald, Imam-Jonas Dogesch, Sprecher des Sprecherrates der MIGRANET MV, DIE LINKE. Greifswald, Linksjugend [’sds] Greifswald, Linksjugend [’solid] M-V, Bürgerschaftsfraktion Bündnis’90/Die Grünen – Forum 17.4, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Vorpommern-Greifswald, SPD Greifswald, Jusos MV, Alternative Liste Vorpommern-Greifswald, Greifswald hilft e.V., Seebrücke-MV, Pro-Bleiberecht MV e.V., GrIStuF e.V., Aktionsbündnis 8.Mai Demmin, Rostock nazifrei, Lüneburger Netzwerk gegen Rechts, Anne Wolf (Greifswald), Dr. Ulrich Rose (Greifswald), Gregor Kochhan (Greifswald), Ernst-Ludwig Iskenius, Arzt (Rostock), Felix Willer (Greifswald), Dr. Mignon Schwenke (Greifswald, 2. Vizepräsidentin des Landtages M-V), Marion Heinrich (Greifswald, Stellv. Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. in Greifswald), Nadine Voigt (Greifswald), Wilhelm Vagt (Rostock)

Judith Schalansky – Verzeichnis einiger Verluste

Ein Gastbeitrag von Martin Hiller

Die in Greifswald geborene Schriftstellerin Judith Schalansky wird immer auch über ihre Arbeit als Buchgestalterin wahrgenommen. Der Schriftsatz, die Haptik des Buchumschlags, die Steifigkeit und Laufrichtung des Papiers und sicher auch das die Lesenden umfangende, sonderbare Gefühl der Teilhabe an der – Blatt um Blatt sich fortstrickenden – Aufschlüsselung und Belebung des auf Buchseiten in Glyphen und Zeichen festgehaltenen Textwerts – all das ist für Judith Schalansky gleichwertig zum Textkörper als Speicher aneinandergereihter Chiffren.

Für Judith Schalansky erscheint das Buch, so schreibt sie im Vorwort zu „Verzeichnis einiger Verluste“, als „vollkommenstes aller Medien“. Seine vermeintliche Limitiertheit in der Umrahmung durch zwei Buchdeckel, sieht sie als seine eigentliche Qualität, seinen sinnlichen Vorteil den körperlosen Medien gegenüber. Ein Buch, „in dem Text, Bild und Gestaltung vollkommen ineinander aufgehen“, sei als Kunstform und Medium in der Lage, „wie kein anderes die Welt zu ordnen, manchmal sogar zu ersetzen“.

In dem nun im Suhrkamp Verlag erschienenen „Verzeichnis einiger Verluste“ beschäftigt sich Schalansky mit nicht weniger als Allem und Nichts; mit dem großen Ganzen und – das liegt in der Natur der Sache – auch dem kleinen Bruchstückhaften. Das was als Verlust festgestellt wird, muss schließlich irgendwann mal da gewesen sein, in graduellen Abstufungen für manche mehr, für manche eben weniger.

Judith Schalansky

Judith Schalansky (Foto: Jürgen Bauer / Suhrkamp Verlag)

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Themenabend Demmin: Artur & Band und „Über Leben in Demmin“

In der Brasserie Hermann wird heute Abend der Dokumentarfilm „Über Leben in Demmin“ gezeigt, der von einer traumatisierten Stadt erzählt. Danach spielen Artur & Band aus Greifswald ein Unplugged-Konzert.

Themenabend „Demmin“ in der Brasserie Hermann. Die Veranstaltung heißt natürlich anders, der Ort zieht sich dennoch unübersehbar durch das Programm des Abends.

Über Leben in Demmin Artur und Band

Zunächst wird ab 18.30 Uhr der Dokumentarfilm „Über Leben in Demmin“ (2018) von Martin Farkas gezeigt. Der Film spürt dem kollektiven Trauma nach, das seit dem Massenselbstmord 1945 auf der Geschichte der Peenestadt liegt. „Über Leben in Demmin“ verbindet die leidlich aufgearbeitete Geschichte des Ortes mit dem alljährlichen „Gedenkmarsch“ der regionalen Neonazi-Szene und den gegen sie gerichteten Protesten. 

Nach dem Film geht es mit einem Akustikkonzert von Artur & Band weiter. Die Formation um Artur Apinyan experimentierte in der Vergangenheit immer wieder mit anderen musikalischen Kontexten, die bis zur gemeinsamen Produktion mit einem Streicherensemble reichten.

Man mag einwenden, dass der melancholische Frohsinn, der sich durch das Repertoire von Artur & Band zieht, niemals ohne Brüche auf diesen Film folgen kann. Doch ignoriert dieser vermeintliche Gegensatz die Herkunft von Bandleader Apinyan. Der kommt nämlich gar nicht aus Greifswald, sondern ist in eben jenem Demmin mit all seinen Untiefen aufgewachsen, das Martin Farkas in seinem Film proträtiert.

Tickets können in der Brasserie Hermann telefonisch (03834 527521) reserviert werden. Am Einlass werden Snacks angeboten. 

(Fotos: Wally Pruß, Filmplakat „Über Leben in Demmin“)

Fakten: 21.09. | 18.30 Uhr | Brasserie Hermann | 10 EUR

Pressemitteilung des IKUWO zur kleinen Anfrage der AfD an die Landesregierung

Pressemitteilung vom 09.08.2018 anlässlich der kleinen Anfrage der AfD an die Landesregierung bezüglich des internationalen Kultur- und Wohnprojekts Greifswald.

Die Hoffnung der AfD-Landespolitiker, mittels einer kleinen Anfrage an die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns das Internationale Kultur- und Wohnprojekt (IKuWo) in Greifswald als Ansammlung „linksextremistischer Straftäter“ zu diffamieren, erfuhr mit der nun erfolgten Antwort einen deutlichen Dämpfer. Die zuständigen Behörden des CDU-geführten Innenministeriums, welche im Hinblick auf die öffentliche Kriminalisierung linker Strukturen sonst sehr eifrig mit dem rechten politischen Lager kooperieren, waren anhand der vorliegenden Fakten gezwungen, den Verein ausdrücklich nicht als „extremistischen Personenzusammenschluss“ einzustufen. Im Gegenteil, die im Bericht aufgeführten Veranstaltungen verdeutlichen die offene, vielschichtige und interkulturelle Ausrichtung des Zentrums und seiner Betreiber.

Solidemo IKUWO

(Foto: Fleischervorstadt-Blog, 07/2017)

Wir kommen jedoch nicht umhin, die Landesregierung für den Umgang mit einigen Fragepunkten deutlich zu kritisieren. Unserer Ansicht nach geht sie an mehreren Stellen einseitig über ihre Informationspflicht hinaus. Nach der eindeutigen Feststellung, der Verein sei nicht kriminell, werden ungefragt mutmaßlich links-politisch motivierte Straftaten gelistet, welche allerdings keineswegs direkt mit dem Verein in Verbindung gebracht werden können. Für den Verein stellt sich die Frage, warum die Landesregierung bei ihrer Antwort auf eine Frage nach generellen Straftaten im IKuWo die zahlreichen Angriffe und Anschläge auf das Haus in den letzten Jahren außer Betracht lässt. Hierbei drängt sich der Verdacht auf, dass entgegen der Sachlage das IKuWo der Öffentlichkeit gegenüber einseitig als „Hort von linken Straftätern“ dargestellt werden soll.

Der Verein prüft derzeit ein juristisches Vorgehen. Ungeachtet der fehlenden rechtlichen Grundlage fordert die AfD in einer eigenen Pressemitteilung zur Antwort der Landesregierung nun das Verbot des IKuWo e.V.. In unseren Augen offenbart sie damit einmal mehr ihr problematisches Verständnis von rechtlichen und demokratischen Grundsätzen.

Diese Pressemitteilung wurde unverändert übernommen.

250 Personen demonstrierten gegen Kriminalisierung linker Räume

Auf der wohl heißesten Demonstration der jüngeren Stadtgeschichte protestierten gestern zahlreiche Greifswalder gegen rechte Meinungsmache und die Kriminalisierung linker Politik.

Sonntag, 14 Uhr, Marktplatz. Die Sonne brennt. Erst auf den zweiten Blick nimmt man die Personen wahr, die sich auf der Suche nach Schatten an die Rathauswand schmiegen und darauf warten, dass ihre Versammlung beginnt. Anlass der Demonstration ist die Hausdurchsuchung im IKUWO vor gut einer Woche sowie die anschließende Berichterstattung von Polizei und Presse über den Raub eines Verbindungsbandes in der Nähe des alternativen Kulturzentrums.

Trotz Ferienzeit und tropischen Temperaturen haben sich etwa 250 Personen auf dem Markt versammelt. Auf Bannern und Pappen drücken die Teilnehmenden ihre Solidarität mit dem IKUWO aus und wehren sich gegen die rechte Kampagne, mit der zuletzt CDU und AfD versuchten, aus dem Vorfall politisch Kapital zu schlagen. „250 Personen demonstrierten gegen Kriminalisierung linker Räume“ weiterlesen