Pop am Wochenende: PL8 feat. Ali Baba „Zur Party!“

Die Reihe “Pop am Wochenende” versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden.

EIN BISSCHEN MUNKELN UND RICHTIG INS KLO GREIFEN

Die großen, kurzzeitig durchs Internet getrieben, viralen Selbstläufer stammen normalerweise nicht aus Ostvorpommern. Das könnte sich gerade ändern, denn seit einigen Tagen amüsieren sich Tausende über das Ergebnis eines Demminer Schulprojekts, das der Wahlgreifswalder Ali Baba aka Ali der Rapper aka Das Original aus Schönwalde II gemeinsam mit Schülern einer achten Klasse durchführte.

ali der rapper

Ali Baba, der auch in Greifswald als eine Art Raplehrer arbeitet, nahm mit den Schülern den Song Zur Party auf, der von den ausgehhungrigen Phantasien der Jugend von heute in der nordöstlichen Provinz erzählt. Dazu wurde ein fetzig zusammengeschnittenes Video gedreht und alsbald im Internet veröffentlicht.

Schon wenige Tage danach erfreute sich das Schaffenswerk reger und vor allem unkontrollierbarer Weiterverbreitung und Zugriffszahlen im unteren fünfstelligen Bereich — kein Wunder, denn das Fremdschampotenzial des freizeit-pädagogischen Machwerks ist himmelschreiend. Dagegen nützt dann auch das Löschen des Originals wenig.

Kinder, die in der Provinz Ostvorpommerns aufwachsen müssen, haben ja bekanntlich nicht unbedingt die rosigsten Aussichten auf eine rundum erfüllte, breit inspirierte und wild-romantische Jugend. Dass sie da noch einen Raplehrer benötigen, der nicht mal die unangeschlossene E-Gitarre richtig herum halten kann, darf getrost bezweifelt werden. Wohin wollt ihr alle heute Abend? Natürlich tsu Party!

(Foto: Filmstill)

*Update*

Die Gitarre wird nicht von Ali Baba falsch gehalten, sondern von einem der beteiligten Schüler. Danke für den korrigierenden Hinweis!

Öffentliches Frühstück zum Castor-Prozess: „Gerichte sind zum Essen da!“

Am Montag wird vor dem Amtsgericht Greifswald der Einspruch zweier Robin-Wood-Aktivistinnen wegen den gegen sie verhängten Geldstrafen in Höhe von jeweils 3.600 Euro verhandelt. Im Dezember 2010 verzögerten die beiden Atomgegner kurz vor Lubmin  mit einer medienwirksamen Ankettaktion einen Castor-Transport um fast sechs Stunden.

Die beiden betroffenen Aktivistinnen sprachen am vergangenen Freitag auf einer Informationsveranstaltung über den ihnen gemachten Prozess und beklagten den in ihren Augen überzogenen und ungerechtgfertigten Strafbefehl von 120 Tagessätzen á 30 Euro, der für die beiden Umweltschützer neben der finanziellen Belastung auch einen Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis bedeutet. Sie verstehen diesen Prozess als politisch und haben das Gefühl, dass an ihnen abschreckendes Exempel statuiert werden soll.

Castor Lubmin Robin Wood

(Foto: chris grodotzki)

Um regelmäßig über die Aktion und vor allem deren Folgen zu berichten, wurde eigens ein Blog eingerichtet. Wer sich partout nicht mehr an den winterlichen Castortransport 2010 erinnern kann, sei auf diese Nachrichten-Kompilation öffentlich-rechtlicher Medien verwiesen.

Die Verhandlung soll am Montag um 9 Uhr beginnen. Um die beiden mutigen Aktivisten auch im Gerichtssaal zu unterstützen und gleichzeitig den vorbeilaufenden Passanten nahezubringen, um was es morgen geht, soll vor dem Amtsgericht ein öffentliches Frühstück stattfinden, zu dem ab 8 Uhr alle Leute eingeladen sind. Um die Mitnahme von Lebensmitteln und Esswerkzeugen hierfür wird gebeten.

Kommt, schafft eine Atmosphäre der Unterstützung und passt auf, dass das kleine Rabauke nicht alles alleine verspeist!

Fakten: 07.05. | 8 Uhr | Amtsgericht Greifswald (Lange Str. 2a, Sitzungssaal 10)

Greifswalder Stadtteil-Flohmarkt 2012 mit Rekordbeteiligung

Die Nachfrage dürfte Annette Riesinger und Andreas Vojtech, den beiden Angestellten des Quartiersbüro Fleischervorstadt, runtergehen wie Öl: 66 Adressen sind auf dem Laufplan des Fleischervorstadt-Flohmarkts verzeichnet. Zusammen mit denjenigen, die sich zu spät angemeldet haben, beteiligen sich dieses Jahr insgesamt sogar über 70 Häuser an der Aktion — mehr als dreimal soviele wie noch zu Beginn vor vier Jahren.

Die angemeldeten Stände verteilen sich über die gesamte Fleischervorstadt und auch ein wenig darüber hinaus. Dabei ist — wie schon in den Vorjahren — insbesondere in der Bau- und Böhmkestraße eine spürbare Konzentration der Anmeldungen zu beobachten. Auch das IKUWO ist mit von der Partie und wird mehrere Stände beheimaten.

JUNGS HIER KOMMT DER MASTERPLAN 

Um nächsten Sonntag nicht ziellos durchs Quartier zu tapsen, ist es empfehlenswert, sich einen der Lagepläne zu besorgen, die ab dem 7. Mai druckfrisch im Quartiersbüro Fleischervorstadt (Bahnhofstraße 16) verfügbar sind und dort abgeholt werden können. Den teilnehmenden Haushalten werden darüber hinaus mehrere Exemplare dieser Übersicht zugestellt.

fleischervorstadt flohmarkt (Flohmarktplan, Quartiersbüro)

Den Plan gibt es selbstverständlich auch digital als pdf-Version in kleiner (pdf-Dokument, 0,2MB) und großer (pdf-Dokument, 5,3MB) Auflösung.

Die Devise für den nächsten Sonntag lautet dann: Zeitfenster öffnen, Geld einpacken und sich durch die Fleischervorstadt schachern — viel Vergnügen!

Fakten: 13.05. | 13-18 Uhr | Fleischervorstadt

Erneuter Angriff auf das IKUWO

Der Verein Soziale Bildung (SoBi) veröffentlichte heute Nachmittag das Foto einer eingeworfenen Fensterscheibe des Rostocker Peter-Weiss-Hauses und kommentierte lakonisch: „Wer Nazis ein Dorn im Auge ist, macht alles richtig … Move on“. Der Grund für diese Erkenntnis war ein zuvor verübter Anschlag auf das Zentrum, für dessen Urheberschaft Neonazis verantwortlich gemacht werden.

ikuwo graffito

Die Bilanz der vergangenen Nacht macht frösteln, denn nicht nur in Rostock wurde ein Ort angegriffen, der sich deutlich gegen Rechts positioniert — auch der Anklamer Demokratieladen und das Greifswalder IKUWO waren von Farb- und Buttersäureattacken betroffen, die konzertiert in derselben Nacht verübt wurden.

Dort, in der Goethestraße, wurden gegen 4 Uhr zwei Vermummte gesehen, die mit Hilfe eines Feuerlöschers die Hausfassade des IKUWOs großflächig mit rotbrauner Farbe bedachten und im Eingangsbereich des Hauses Buttersäure verteilten. Außerdem wurde — bezugnehmend auf die regionale Band Feine Sahne Fischfilet — der Vorbau des Gebäudes beschmiert. Nach den Beschreibungen von Augenzeugen werden die Täter im Umfeld der Nationalen Sozialisten Greifswald (NSG) vermutet. Laut der Beobachtung eines Gastes sei das IKUWO bereits vor der Tat von einer dritten Person, die ebenfalls dem Umfeld der NSG zugeordnet wird, ausgespäht worden.

Fehlt der Polizei das Interesse an Aufklärung? 

Die Polizei schließt einen rechtsextremen Hintergrund nicht aus und ist sich noch nicht sicher, ob die Tat in Zusammenhang mit den Vorkommnissen in Rostock und Anklam steht. Es wurde Anzeige erstattet, doch das Vertrauen in Aufklärungsfähigkeit und -willen der Behörde ist gedämpft, nachdem die polizeilichen Ermittlungen zum Brandanschlag, der vor einem Jahr auf das internationale Kulturzentrum verübt wurde, ergebnislos im Sande verliefen.

In einer Pressemitteilung erklärt eine Sprecherin des IKUWO dazu: „Wir fragen uns, ob die Neonaziszene in Greifswald wirklich so groß ist, dass die Polizei jeglichen Überblick verliert, oder ob sie kein Interesse an der Aufklärung der Taten hat“. Der Kulturbetrieb des Hauses wird trotz des Angriffs uneingeschränkt weiterlaufen: „Solche Vorfälle können uns nicht einschüchtern, sondern bestärken uns in dem Engagement gegen Neonazi-Aktivitäten“.

_____________________

  • Neonazis attackieren linke Läden in Mecklenburg-Vorpommern (Kombinat Fortschritt, 04.05.2012)
  • Ein Angriff auf Eine_n ist ein Angriff auf Alle! (parallaxe, 04.05.12)
  • IKuWo mit Farbe und Buttersäure angegriffen (webMoritz, 04.05.12)

Riot Grrrl Revisited: „Revolution Girl Style Now!“

Popkulturlehrstunde  mit dem testcard-Autoren Dr. Jonas Engelmann (Ventil Verlag). Es geht um Punk und Feminismus, um DIY und Selbstermächtigung, um Rebellion und Subkultur. Der Mitherausgeber des Sammelbands Riot Grrrl Revisited stellt sowohl Geschichte als auch Gegenwart dieser vor über zwanzig Jahre in den USA gewachsenen Bewegung dar.

„1990 gründeten sich Bikini Kill und Heavens to Betsy, aus denen später Sleater-Kinney hervorgingen. Damals hätte wohl keine der Beteiligten geahnt, dass 20 Jahre später eine Frau zum Superstar avancieren würde, die sich auf eben diese Bands beruft: Es gibt kaum einen Musikpreis, den Beth Ditto mit ihrer Band The Gossip in den letzten Jahren nicht bekommen hätte, kaum eine Musikzeitschrift, auf deren Cover sie nicht abgebildet war.

Riot Grrrls revisited

Höchste Zeit also, zurückzublicken und das Standardwerk zur Geschichte dieser Bewegung dem deutschen Publikum zugänglich zu machen: Riot Grrrl! erzählt die Entwicklung aus der Perspektive von Frauen, die in ihrer Wut auf den Sexismus der Punkszene und die gesellschaftlich vorgegebenen weiblichen Rollenmuster kurzerhand ihre eigene Szene gründeten – unter dem Schlachtruf: Revolution Girl Style Now!

Der durch  Filmausschnitte und Hörbeispiele ergänzte Vortrag findet in Kooperation mit dem Interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung (IZfG) statt.

Fakten: 03.05. | 21 Uhr | IKUWO | Eintritt frei

Straze: Landesamt für Kultur und Denkmalpflege lehnt Abrissantrag ab

Mitte März berichtete die Ostsee-Zeitung, dass die Greifswalder Bauaufsichtsbehörde den Abrissantrag des Petruswerks für den denkmalgeschützten Gebäudekomplex Stralsunder Straße 10/11 (Straze) abgelehnt hat. Vor wenigen Tagen entschied nun auch das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege gegen den Abrissantrag — vorerst wird das Gebäude also stehen bleiben.

stralsunder strasse(Foto: Fleischervorstadt-Blog)

Die Ablehnung des Abrissantrags wird damit begründet, dass  das Petruswerk „nicht sämtliche Möglichkeiten für den Erhalt ausreichend geprüft“ hätte und daher nicht alle Voraussetzungen für die „Beseitigung des Denkmals“ vorgelegen hätten. Dazu gehöre unter anderem der Nachweis, dass der Erhalt des Gebäudes unzumutbar sei und es außerdem keine anderen Interessenten gäbe, die dieses Objekt wirtschaftlich betreiben könnten, wie es in der Pressemitteilung der Stadtverwaltung weiter heißt.

KEIN GRUND ZUM JUBELN — GERETTET IST NOCH GAR NICHTS! 

Damit ist die Straze aber noch lange nicht gerettet, denn schon im März — nach der Entscheidung der Stadtverwaltung — kündigte das Petruswerk an, die schriftliche Begründung abzuwarten, um weitere Schritte zu prüfen. Dazu könnte auch die Beschreitung des Rechtswegs gehören, um den Abriss schlussendlich juristisch durchzusetzen.

An dieser Stelle sei auch nochmal auf die Online-Petition zum Erhalt des Gebäudes hingewiesen, die seit dem 28. März fast 400 Mal gezeichnet wurde. Das ist zwar gar nicht so wenig, aber angesichts der hohen Zahl derjenigen, die von einem funktionierenden Kulturbetrieb in der Straze profitieren würden, ein klickaktivistisches Armutszeugnis. Das Zeichnen der Petition dauert nur wenige Augenblicke und ist schnell erledigt, also ran an den Speck!