Landtagsabgeordneter Ratjen (FDP) war Kunde bei Thor Steinar

Unmittelbar vor dem Jahresende fand in Berlin der 26. Chaos Communication Congress statt. Hier fand sich ein „gemischtes Publikum von Tausenden von Hacker[n], Wissenschaftler[n], Künstler[n], und Utopisten aus aller Welt“ ein. Es wurden Workshops und Vorträge zu sehr vielen Themen angeboten.

Sehr häufig zeigen einzelne Vertreter dieser illustren Runde Sicherheitslücken in zumeist fremden Computersystemen auf, am Rande des Kongresses kommt es auch immer wieder zu gezielten Angriffen auf rechtsradikale Internetseiten.

Über 54.400 Einträge aus der Kundendatenbank veröffentlicht

Am 30. Dezember des vergangenen Jahres wurde die Nachricht, dass die Kundendatenbank der rechten Modemarke Thor Steinar gehackt wurde, im Netz publik. Über 54.400 Einträge aus der Datenbank wurden als Datei veröffentlicht und in rasanter Geschwindigkeit verbreitet.

thor steinar verteilungDie nebenstehende Karte wurde bei Indymedia veröffentlicht und zeigt das Verhältnis von TS-Kunden und Bevölkerung. Die neuen Bundesländer kommen dabei – wie erwartet – nicht gut weg.

In der Hauptstadt Berlin wird inzwischen eine konsequente Vorgehensweise gegen rechten Lifestyle in den eigenen Angestelltenreihen an den Tag gelegt. Im März 2009 erließ der Präsident der Berliner Polizei, Dieter Glietsch, eine neue Kleiderordnung, mit der das Tragen von zehn verschiedenen Kleidungsmarken im Dienst untersagt wurde. Sie seien nach Auffassung der Polizei „Erkennungszeichen für die Zugehörigkeit zur rechten Szene“ und unter ihnen findet sich selbstverständlich auch Thor Steinar. Glietsch selbst äußert sich dazu in einem Interview gegenüber der taz: „Ich kann nicht kontrollieren, was ein Beamter in seinem Kleiderschrank hat. Aber ich dulde es nicht, wenn im Dienst oder in der Freizeit Sachen getragen werden, die in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, dass der Beamte dem Rechtsextremismus nahesteht.“

Greifswalder Kunden bei Thor Steinar „Landtagsabgeordneter Ratjen (FDP) war Kunde bei Thor Steinar“ weiterlesen

Comic-Held Andi gegen Extremismen

Das Innenministerium Nordrhein-Westfalen hat mit seinem Comic für Demokratie und gegen Extremismus (CODEX) ein Glanzstück in Sachen gelungener Agitation und Propaganda abgeliefert. Mittlerweile wurden schon drei verschiedene Ausgaben herausgebracht.

Im Erstling (Andi #1) geht es um Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit, während das zweite Heft (Andi#2) die Islamisten aufs Korn nimmt. Die dritte Ausgabe (Andi#3) ist dem deutschen Linksextremismus gewidmet. Die Comics sind wirklich hervorragend illustriert und in dem Projekt muss ungeheuer viel Geld stecken. Die Urheberschaft der Publikation wird kaum deutlich, das Magazin wurde inzwischen massenhaft an Schulen in NRW verteilt. Nach Angaben des Innenministeriums habe der erste Band mittlerweile eine Auflage von 380.000 Exemplaren erreicht. Vom zweiten Band seien immerhin schon 200.000 gedruckt worden.

Comic gegen Extremismus, Andi

Ich habe damit gerechnet, dass die linke Szene die gelungenen Motive von Andi#3 aufnehmen wird und zum Beispiel bei der Gestaltung von Flyern verwendet. Durch den Ginseng-Blog bin ich nun aber auf einen Andi-Remix-Wettbewerb gestoßen, der auf der linken Informationsplattform Indymedia stattfindet. Hier wird eine Datei zum Download angeboten, die sich mit dem freien Grafikprogramm Gimp öffnen läßt und die es möglich macht, seine eigene Vorstellung von Andi umzusetzen. Die ersten Entwürfe lassen sich dort auch schon begutachten.

Offen bleibt jetzt natürlich noch die Frage, welche Gruppierung Thema des vierten Andi sein wird: gewalthungrige Fußballfans,  Raubkopierer oder doch Wirtschaftsspione, um bei der Agenda der Verfassungsschutzberichte zu bleiben?

Pop am Wochenende: Leonard Las Vegas „No Need For Wires“

Die Reihe „Pop am Wochenende“ versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden.

Hinter dem glücksspielaffinen Namen steckt der mittlerweile in Würzburg lebende Berliner Wahlgreifswalder Alexander Leonard Stöckigt, der hier vier Jahre lang studierte und als Sänger und Keyborder der Band Jet Pilot auf sich aufmerksam machte. Soviel zur topographischen Verortung des Musikers. Noch in Greifswald mündete seine schier unerschöpfliche musikalische Produktivität im Soloprojekt Leonard Las Vegas, das es seit nunmehr fast vier Jahren gibt.

leonard las vegas

Sechs Veröffentlichungen später kann er mit blackjack illuminist nicht nur sein eigenes Label vorweisen, seit 2007 veröffentlichte Leonard Las Vegas  auch bei den Berlinern Record 1fourFIVE, die sich inzwischen vom reinen netlabel zur Plattform für physische Tonträger entwickelt haben. Das aktuelle Album Lightspeed Your Body, We’re Going Downtown ist also problemlos im Laden zu bekommen.

blackjack illuminist macht Leonard natürlich trotzdem und mit voller Überzeugung weiter, da erhierbei jeder CD ne eigene Note verpasse und das ganze im heutigen Zeitalter die Antithese zum Downloadwahn und zur Austauschbarkeit darstellt.

Seine Tour im Mai 2009 führte ihn bis Amsterdam, vor zwei Monaten trat er im Rahmen der Release-Woche des lokalen Samplerprojektes klein stadt GROSS in der Kiste auf. In der damaligen Veranstaltungsankündigung wurde auf den emotionalen Tourtrailer der Band hingewiesen, der unbedingt angesehen werden sollte.

Im Livebetrieb läßt sich der My Bloody Valentinsche Shoegaze-Sound des Ein-Mann-Projekt nur schwer umsetzen, daher scharte Leonard Las Vegas eine Band um sich, die ihn auf den Konzerten unterstützt und so die atmosphärischen Postrock-Kulissen livefähig macht.

Zur Ergänzung sei auf das von kid Atari produzierte Video des Stückes No Need for Wires des Albums Naked Feet On Highway Darkness verwiesen.

Ist das Aus für das Steinkohlekraftwerk noch nicht besiegelt?

Das Gejubel über den angekündigten Rückzug des dänischen Energiekonzernes DONG aus dem Projekt Steinkohlekraftwerk Lubmin war groß und unüberhörbar.

kein steinkohlekraftwerk lubminEtwas stutzig wurde ich allerdings, als ich vor wenigen Tagen eine Pressemitteilung zu Gesicht bekam, in der es hieß, dass die Projektgesellschaft Dong Energy Kraftwerke Greifswald & Co. KG (DKG) ihre Anträge zum Bau eines Steinkohlekraftwerks in Lubmin vorerst nicht zurückzöge.

Und erst hier begann ich zu begreifen, dass nicht DONG Energy den Antrag für den Bau des Kraftwerkes stellte, sondern die Projektgesellschaft Dong Energy Kraftwerke Greifswald & Co. KG (DKG):

Der dänischen Staatskonzern hält derzeit 74,9 Prozent der Anteile an der Projektgesellschaft. 25,1 Prozent liegen bei der WV Energie AG Frankfurt/Main, an der neben der Wintershall AG mehrere kommunale Versorgungsunternehmen beteiligt sind, darunter Stadtwerke in Berlin und München.

Auf dem Blog der Greifswalder Grünen wird verlautbart, dass der Unternehmerverband Mecklenburg Vorpommern nach einem Nachfolger für DONG und damit nach einem neuen Investor suche. Da man der Ostsee-Zeitung wie gewohnt diesbezüglich nichts informatives entnehmen kann, möchte ich auf den Ostsee-Zeitung-Blog verweisen. Dort wird Arndt Müller, Naturschutzexperte des BUND und Bearbeiter des Genehmigungsverfahrens zitiert:

„Wir verstehen nicht, woher die verbliebenen Investoren ihren Optimismus nehmen. Das jahrelange Hin und Her, die fortwährenden Nachforderungen der Behörden an DONG Energy und die Ablehnung … Angesichts dieser Ansage der Investoren führen auch wir selbstverständlich unsere Arbeit weiter und erwarten die angekündigten Unterlagen.“

Von der Bürgerinitiative Rügen heißt es:

steinkohlekraftwerk lubmin„Bei uns hat sich noch keiner zur Ruhe gelegt. Wir werden nicht nachlassen und arbeiten bis zum dem Tag, an dem einem Kohlekraftwerk Lubmin endgültig der Totenschein ausgestellt wird. Entgegen der Äußerungen der Projektgesellschaft Dong Energy Kraftwerke Greifswald GmbH sei auf  Nachfrage auch in den Stadtwerken München, dem größten kommunalen Unternehmen Deutschlands, keine Beteiligung am Kraftwerksprojekt Lubmin vorgesehen.“

Es bleibt also zu hoffen, dass die Bemühungen des Unternehmerverbandes und der Projektgesellschaft das letzte Aufbäumen darstellen und nicht als zweite Runde zu betrachten sind.

Konzert mit rechtsoffener Band Gerbenok fällt aus

Am zweiten Weihnachtstag sollte im Greifswalder Bunker das Festival If the kids are united stattfinden. Im Vorfeld des Konzertabends ist Kritik über das Booking laut geworden. So wiesen sowohl die Greifswalder Antifa als auch das Portal Oire Szene darauf hin, dass sich die angekündigten Bands Schusterjungs, Gerbenok und Mum­mys Darlings im rechtsoffenen Spektrum bewegen würden.

Hier mal ein Textauszug aus dem Stück Die neuen Hippies der Band Gerbenok:

„Das soll jetzt nicht rassistisch klingen, doch es ist nun einmal so
Irgendwelche Asylanten dealen auf dem Bahnhofsklo
Mit langem Haar und schöner Bräune stehn sie an der Litfaßsäule
Schicken Kinder auf den Strich, doch das interessiert euch nicht“

Andere, krass homophobe Textbeispiele erspare ich Euch an dieser Stelle und verweise nochmal auf die Seite der Greifswalder Antifa, wo die Zeilen veröffentlicht sind, die hier nicht stehen sollen.

Gerbenok

Dort wird gerade gemeldet, dass das geplante If the kids are united inzwischen abgesagt worden sei. Die Veranstalter entschuldigen sich: „leider müßen wir das Fest absagen, Da es Probleme mit der Lokation giebt ;( wir bedauern das sehr. würden es aber gern auf mite März verschieben.Wir wissen das es sehr kurtzfristig ist.“ Etwas mysteriös ist außerdem, dass drei verschiedene Flyer mit unterschiedlichen Line-ups kursierten. Vielleicht haben ja Bands auf ein gemeinsames Konzert mit Gerbenok verzichten wollen und zwischenzeitlich abgesagt?

Ist Greifswald jetzt nach der Absage seitens der Veranstalter ein sogenanntes Rechtsrock-Konzert erspart geblieben?

Die Organisatoren verneinen sehr eindeutig jede politische Ambition ihres Festivals und bewegen sich damit in einem OI-politischen Trend, den ich für sehr gefährlich halte und dem die Öffnung nach rechts unterstellt wird und der im fatalen Booking der Band Gerbenok seine Bestätigung erhalten hätte: „Das Fest „If The Kids Are United“ ist rein UNPOLITISCH, wir wollen keine Rechten Nazis, sowie keine Linksextremisten, Das ITKAU sieht sich verbunden mit der OI! und Punk Bewegung. Was zählt ist der Zusammenhalt gegen all den Politischen Dreck! Bleibt euch selber Treu, und geht euren eignen Weg!“

Absahnen #5 Verlosung des Fleischervorstadt-Kalenders

Es weihnachtet gerade sehr und wir alle sind mehr oder weniger starken Zwängen, Weihnachtsgeschenke zu organisieren, ausgesetzt. Vielleicht hilft dieser Beitrag bei diesem Problem weiter. Im Oktober rief das Quartiersbüro der Fleischervorstadt einen Fotowettbewerb aus, dessen zwölf besten Einsendungen in Kalenderform veröffentlicht werden sollten.

greifswald Diese Kalender sind jetzt fertig und ich verlose an dieser Stelle zwei Exemplare. Was ihr tun müsst, um das weihnachtliche Komsumproblem zu lösen, ist, bis zum 22. Dezember um 12 Uhr einen Kommentar unter diesem Beitrag abzugeben und dabei eine reale Email-Adresse zu verwenden. Diese Adresse wird anderen natürlich nicht angezeigt und dient einzig dazu, euch nach der Verlosung zu kontaktieren. Ich schicke Euch die Kalender auch gerne mit der Post, wenn ihr nicht rechtzeitig in Greifswald sein könnt.

Der Kalender ist natürlich ein Muss für Lokalpatrioten und Exil-Greifswalderinnen. Über die Qualität einzelner Fotos läßt sich streiten, aber in jedem Fall liegt eine Momentaufnahme des Viertels vor, die irgendwann auch historischen Wert haben wird.

An dieser Stelle sei auch nochmal ausdrücklich die noch bis zum 23. Januar laufende Ausstellung Rückblende: Greifswald in der Wende-Zeit im Koeppenhaus empfohlen. Die Bilder sind wirklich beeindruckend und man kriegt eindrucksvoll zu spüren, wie schnell vergangene Wahrnehmungen aus dem Bewußtsein verschwinden.

(Foto: Kevin Neitzel)

Werbung