Greifswald erobert DIE ZEIT

In der ZEIT vom 29.10.2009 ist der ausführliche Artikel Die kleine Einheit von Christoph Dieckmann erschienen, der sich auf städtepartnerschaftliche Spurensuche begibt. Derlei Verbindungen zu anderen Städten kann Greifswald reichlich vorweisen: zum Beispiel nach Kotka (FI), Lund (SWE), Hamar (NOR), Newport News (USA) und schließlich auch nach Osnabrück.

Dieckmann skizziert die Entwicklungen Greifswalds und Osnabrücks in den zurückliegenden 21 Jahren, so alt ist inzwischen die Partnerschaft zwischen der drittgrößten Stadt Niedersachsens und Greifswald. Er erwähnt auch die mittlerweile zum Mythos gewordene friedliche Übergabe Greifswalds durch Rudolf Petershagen an die Rote Armee 1945.

Dazu kommt eine Prise friedliche Revolution 1989, ein Bissen Bürgermeistergeschichte und ein längerer Absatz zum in letzter Zeit etwas ins Straucheln geratenen Chef der HanseYachts AG, Michael Schmidt. Schließlich werden wichtige Ereignisse, wie zum Beispiel die Übergriffe auf Andersdenkende und Ausländer in den 1990ern oder die Greifswalder CDU-Spendenaffäre sehr verkürzt aneinandergereiht:

„Wir hörten von Siemens-Schmiergeldern pro CDU, vom altbundesdeutschen »Eliten«-Import und einem Milieu namens Osnabrück-Filz, von zweifelhaften Grundverkäufen, von Protesten gegen das geplante Kohlekraftwerk bei Lubmin, von den dunklen neunziger Jahren, als Asylbewerberheime und ausländische Studenten angegriffen wurden. Stetig wuchs die rechte Szene. Im Jahr 2000 wurde ein Obdachloser totgeschlagen, worauf Oberbürgermeister von der Wense — Wessi, CDU — verfügte, es sei genug. Am 14. Januar 2001 vereinte die Demo gegen Rechts 7000 Greifswalder. „

Lesenswert ist der Artikel auf jeden Fall, insbesondere was die Verquickungen mit Osnabrück betrifft. Sogar Ernst-Moritz Arndt und der Widerstand gegen den kontroversen Namenspatron der Universität werden erwähnt. Die Stadtgeschichte Greifswalds wird zusammengerafft und in Relation zu den Niedersachsen gestellt. Hier gibt es einiges zu erfahren — auch für jene, die behaupten, schon alles zu kennen.

Pressestelle der Uni narrt das ZDF

Gestern wurde hier noch auf die vollmundig angekündigte ZDF-Sendung WISO hingewiesen, die am Beispiel Greifswald das Studieren in den neuen Bundesländern präsentieren sollte und ermüdend lange mit Bildern der Hansestadt auf sich warten ließ.

Das im kaum 90 Sekunden dauernden Kurzbericht gefällte Urteil über die Raumbedingungen („Die Hörsäle sind eher klein, man findet immer einen Platz”) war anfangs ein wenig grotesk, da so gut wie alle Studierenden das Gegenteil bezeugen könnten.

gauklerDie im Laufe des Tages abgegebenen Kommentare und das Erscheinen eines Beitrages zum gleichen Thema beim Kollegen daburna lassen die Sendung in einem anderen, ja fahleren Licht erscheinen. Unschöne Details und beinahe perfide PR-Tricks zeigen, wie es der Presse- und Informationsstelle der Universität unter der Leitung von Jan Meßerschmidt gelungen ist, das Drehteam vom ZDF auszutricksen und bessere Zustände vorzugaukeln.

Freute ich mich anfangs noch darüber, die von der Kamera begleitete Studentin persönlich zu kennen, wich dieses Gefühl einem Manipulationsverdacht, als bekannt wurde, dass diese als studentische Hilfskraft in der Presse- und Informationsstelle arbeitet. Da ist es tatsächlich gelungen, dem ZDF eine Angestellte als Beispielstudentin zu verkaufen. Ein kritisches Wort über die Situation ist dann natürlich nicht zu erwarten.

Aber es kommt noch absurder, denn daburnas Beitrag kommentierte ein gewisser Dyskobol und ergänzt anekdotisch:

„Witziger Fakt: Ich habe Herrn Meßerschmidt am Tag der Aufnahmen gesehen, wie hektisch durchs Hörsaalgebäude rannte und nach einem Hörsaal suchte der nicht so voll ist. Mich hat er auch gefragt, wie voll die Vorlesung wohl werden würde, in die ich gerade gehe. Letztlich kam er dann am nächsten Tag nochmal wieder und promt [sci!] wieder in den Hörsaal, in dem ich saß. Der hatte dann wohl die richtige Teilnehmerzahl.“

So macht man gute PR und das ist Meßerschmidts Aufgabe. Der gebürtige Thüringer war früher übrigens selbst Journalist und hat inzwischen offenbar erfolgreich das Lager gewechselt. Es muss eine Genugtuung sondergleichen für ihn gewesen sein, die neunzig Sekunden im Öffentlich-Rechtlichen zu wissen. Die grundsätzliche Haltung der Verantwortlichen, ein möglichst gutes Bild der hiesigen Zustände zu präsentieren, erinnert ein wenig an die Organisation und Durchführung der Stippvisiten von Spitzenpolitikern vor 1989. Damals wurden ja wenigstens noch die Fassaden frisch gestrichen.

Berichterstattung über den Angriff auf das IKUWO

Die Ostsee Zeitung hat auch heute nicht eine Zeile zu den unerhörten Vorfällen des Wochenendes verloren. Das ist höchst bedauerlich, aber vermutlich gibt es derzeit einfach keinen Platz im Lokalblatt. Nebenbei bemerkt ist heute bereits der dritte Beitrag über das von Arik Platzek enthüllte Schicksal der eingepferchten Hündin Ira zu lesen. Alles eine Sache der Prioritäten.

Der webMoritz hat seinerseits bei der Polizei angerufen und sieht die bereits am Sonntag in einem Artikel veröffentlichten Schilderungen als bestätigt:

polizeiAuf Nachfrage bestätigte die Polizeiinspektion Greifswald die beschriebenen Geschehnisse. Gegen den Besitzer des Schlagrings werde nun wegen Verstoß gegen das Waffengesetz ermittelt. Derweil wurde in den Kommentaren der Ruf nach einer Stellungnahme der Burschenschaft Markomannia lauter – diese erreichte uns vor Kurzem.

Darauf folgt die Distanzierung der Markomannia von den Vorkommnissen des Wochenendes, die eine Nichtbeteiligung von Markomannen an der Tat herausstellt.

*Update 14 Uhr*

Gerade von der OZ via Twitter veröffentlicht:

Alle wollen lesen, wie geht’s weiter mit dem ärmsten Hund Greifswalds: http://tinyurl.com/yhfefuo Wir bleiben dran!

Scham. Schande. Scham. Schande!

Burschenschafter attackierten IKUWO

Am vergangenen Sonnabend fand im IKUWO eine Arcade Party statt. Auf Großleinwand wurde die Möglichkeit zum live tagging offeriert und alte Spielkonsolen zum Leben wiedererweckt. Leider fand die ausgelassene Stimmung ein jähes Ende, als das Haus mit mehreren Gegenständen beworfen wurde.

Die drei Angreifer flüchteten, ihnen konnte aber gefolgt werden und die Polizei wurde sofort verständigt. Die Angreifer wurden eindeutig als Mitglieder der rechten Burschenschaft Rugia identifiziert. 

Den rechten Arm zum Gruß erhoben, den Schlagring in der Tasche

Noch vor dem Eintreffen der Beamten hob einer der Angreifer an der Kreuzung Gützkower Str./Bahnhofstr. den rechten Arm und salutierte althergebracht auf deutsche Art. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was auf dem Haus der Rugia in interner Runde für Gedankengut geteilt werden mag. „Burschenschafter attackierten IKUWO“ weiterlesen

DONG zieht sich zurück

Die dänischen Experten für nachhaltige Energiegewinnung treten den Rückzug an. Wurden in den vergangenen Wochen mehrere Kraftwerksprojekte eingestellt, hielten die Dänen bis zuletzt an den Plänen für ein Steinkohlekraftwerk in Lubmin fest. Nun beginnen hoffentlich die Rückzugsgefechte.

Erinnern wir uns kurz. DONG hat sich nicht nur mit dem Versprechen, unzählige Arbeitsplätze in der Region aufzubauen, in die Herzen der Lokalbevölkerung zu schleichen versucht. Der Konzern bediente sich auch der ebenso klassischen wie perfiden Strategie, durch die finanzielle Unterstützung von Sportvereinen Sympathien zu kaufen. Diese Maßnahmen waren auch erfolgreich und so wurden die Klimasünder im Juli 2007 zum Hauptsponsor des GSV 04.

In der heutigen Ausgabe der Ostsee Zeitung wird berichtet, dass DONG Energy den Sponsorvertrag nicht verlängern wird und die Förderung somit am 31.12.09 ihr Ende findet. Sollte es

„kein Kraftwerk geben, macht es für ein dänisches Unternehmen keinen Sinn, sich für den Sport in Vorpommern zu engagieren“

So wird Dong-Sprecher Michael Deutschbein in der Lokalzeitung zitiert. Neben den Fußballern ist auch der Handballverein HSV Insel Usedom vom eingestellten Sponsoring betroffen. Die OZ erkennt darin eine unverhohlene, an die Region adressierte Drohung, den geplanten Bau zu genehmigen.

Ob Sportförderung allerdings ein wirksames Druckmittel ist, wage ich zu bezweifeln. Vielmehr taugt der Schritt des dänischen Konzerns als Indiz für einen baldigen Abzug der selbsternannten Energieexperten.

Absahnen #3 Das IZFG gestalten!

Allmählich entwickelt sich der Fleischervorstadt-Blog zum Portal für Schnäppchenjäger und Gewinnhungrige. Nach der Tombola im Rahmen von klein stadt GROSS und dem Kombipaket aus trashigem Schlechtwetterschutz und lokalpatriotischer Wandgestaltung, soll an dieser Stelle auch schon der nächste Tip für den prekären Teil der Greifswalder Bevölkerung erscheinen.

Das Interdisziplinäre Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IZFG) schreibt nämlich einen mit 300€ dotierten Preis für die Gestaltung der frisch bezogenen Räumlichkeiten in der Robert-Blum-Straße aus.

Studierende oder andere genderwissenschaftlich Interessierte werden dazu aufgerufen, ihr Konzept bis zum 23. November einzureichen. Wer sich vor Beginn des Kreativprozesses ein Bild der Lage machen möchte, ist dazu eingeladen, persönlich das IZFG aufzusuchen.