Knapp 40 Radfahrer verabredeten sich gestern gegen 18 Uhr zu einer sogenannten Critical Mass, und fuhren gemeinsam als „geschlossener Verband“, weil die Straßenverkehrsordnung mindestens 15 Radelnden in dieser Konstellation das Recht einräumt, zu zweit nebeneinander die Fahrbahn zu benutzen.
Die kritische Masse bewegte sich von der Mensa durch die Innenstadt und bildete auf dem Markt einen kreisförmigen Fahrradkorso. Anschließend fuhr sie durch die Fleischervorstadt bis zur Europakreuzung, folgte der Wolgaster Straße bis zum Karl-Liebknecht-Ring und bewegte sich dann über die Anklamer Straße, die Mehring-Straße und die Osnabrücker Straße zurück in die Innenstadt.
Von der Critical Mass waren die meisten Teilnehmerinnen hörbar begeistert und freuten sich über einen huckelfreien Straßenbelag unter ihren Reifen. Auch viele motorisierte Individualverkehrsteilnehmer bekundeten mit zustimmendem Gehupe ihre Sympathie für diese Aktion. Aktivisten der Bürgerinitiative Diagonal ist besser nahmen die Fahrraddemo zum Anlass, mit Flyern über das kontroverse Querungsprojekt der Europakreuzung zu informieren.
Der Tag der Befreiung wurde heute auch in Greifswald zum Thema gemacht. Gegen Mittag setzte sich ein etwa 30 Personen zählender Demonstrationszug am Rubenow-Platz in Bewegung und lief durch die Innenstadt bis zur Mensa, um Passanten und Mensagäste auf das historische Datum der Befreiung vom deutschen Faschismus hinzuweisen und diesen Jahrestag gemeinsam zu feiern.
Sekt und Soundsystem sorgten für ausgelassenes Ambiente, außerdem wurde Werbung für einen Vortrag über die Befreiung der Hansestadt Greifswald gemacht, der am Donnerstag im IKUWO stattfinden wird. Darin sollen jene Aspekte vordergründig herausgearbeitet werden, die für Greifswald während der nationalsozialistischen Herrschaft prägend waren, zum Beispiel die Verfolgung von Juden und Antifaschisten, Zwangsarbeit und Kriegsgefangenschaft sowie die Verwandlung von der Universitäts- zur Garnisonsstadt.
Etwa 180 Menschen folgten heute Nachmittag in Greifswald dem Aufruf zur Teilnahme an der weltweit stattfindenden Aktion One Billion Rising und protestierten gegen Gewalt gegen Frauen.
Den frostigen Temperaturen begegneten die Initiatorinnen mit einer Art Public Learning israelischer Volkstänze, für das sich zahlreiche Männer und Frauen erwärmen konnten, während anderen dieses Demonstrationsformat weniger zugänglich war.
In den Redebeiträgen wurde verdeutlicht, wie allgegenwärtig Gewalt gegen Frauen ist und dass diese auch heute noch überall stattfindet. Deswegen sind Institutionen wie das bedrohte Greifswalder Frauenhaus, für dessen Unterstützung gleichsam geworben wurde, traurigerweise noch immer notwendig.
Der V-Day in Greifswald war zwar ein sichtbares Signal, doch das Problem mit gegen Frauen gerichteter Gewalt ist damit keineswegs gelöst. Beim Frauenhaus könnte man schon mal anfangen und die Symptome lindern!
Am Donnerstag findet zum 15. Mal der V-Day statt. Der internationale Aktionstag soll über alle Grenzen hinweg Gewalt gegen Frauen problematisieren und wird weltweit begangen. Auch in Greifswald wird es im Rahmen der globalen Demonstration One Billion Rising Aktionen geben.
Weltweit wird jeder dritten Frau im Laufe ihres Lebens Gewalt angetan
Die Idee des „Aufstands der Milliarde“ ist, dass am 14. Februar eine Milliarde tanzender Frauen in einem Akt grenzüberschreitender Solidarität die Erde zum Beben bringen werden, um “ ins öffentliche und ins individuelle Bewusstsein zu rufen, womit Frauen sich tagtäglich auseinandersetzen müssen.“ Das sind leider sehr häufig Gewalterfahrungen, die jeder dritten Frau im Laufe ihres Lebens widerfahren!
Unter dem Motto Steht auf! Streikt! Tanzt! sollen sich am V-Day alle „Töchter, Mütter, Großmütter, Schwestern, Liebende und Freundinnen“ zum One Billion Rising erheben. Frauen und Männer sollen auf den Straßen aller Länder ein unübersehbares „Nein!“ zur Gewalt gegen Frauen und Mädchen tanzen. Im hochgradig amerikanischen Mobilisierungsvideo wird der Impuls, der um die Erde gehen soll, filmisch überdeutlich umgesetzt. Die Botschaft ist klar.
Achtung, die erste Hälfte des Kurzfilms ist relativ heftig!
Eruptionen bis nach Vorpommern!
Allein in Deutschland sollen am 14. Februar in über 190 Städten im Rahmen des One Billion Rising Aktionen stattfinden, mit denen das Ende dieser Gewalt gefordert wird. Am V-Day kann man sich natürlich auch in Greifswald beteiligen und gemeinsam mit anderen diese globale Demonstration unterstützen, auf dass die verstärkten Eruptionen bis nach Vorpommern spürbar sind! Treffpunkt ist am Donnerstagnachmittag auf dem Fischmarkt, alles Weitere wird man sicher schon dort mitkriegen.
Als naheliegender Protest- und Aktivierungssong muss an dieser Stelle natürlich auf das Stück One Billion hingewiesen werden, mit dem sich unlängst die Berliner Rapperin Sookee, die vor eineinhalb Jahren auch im IKUWO auftrat, für den V-Day stark machte. Mehr Infos über One Billion Rising gibt es hier.
Mit dem Titel Sportskanone des Jahres werden besonders außergewöhnliche und hervorhebenswerte sportive Leistungen aus Greifswald gewürdigt. Wurde dabei 2010 mit dem Freestyle-Fußballer Ralf Dörn noch eine Einzelperson ausgezeichnet, so ging der Titel im Folgejahr an die Glockenschlägertypen der Burschenschaft Markomannia, die mit gazellenartiger Eleganz und stolzem Anmut keinen Zweifel daran aufkommen ließen, diese Auszeichnung wirklich verdient hätten.
POLIZEI ÜBERWINDEN
Auch in diesem Jahr wird die Anerkennung nicht einer Einzelkämpferin, sondern einer ganzen Mannschaft zuteil. Die Zeiten werden härter und für Aktivistinnen dabei nicht unbedingt angenehmer. Für sie gab es in Greifswald und Umgebung im vergangenen Jahr leider viel zu tun. So galt es zum Beispiel, die beiden Neonazi-Aufmärsche am Tag der Befreiung in Demmin und am Tag der Reichspogromnacht in Wolgast zu blockieren – ein couragiertes Vorhaben, das leider auch immer wieder die Polizei auf den Plan ruft, notfalls gewaltsam das Versammlungsrecht der Neonazis durchzusetzen.
Um diesem Wahnsinn etwas entgegensetzen zu können, braucht es nicht nur Willen und Entschlossenheit bei jedem Einzelnen, sondern vor allem eine gehörige Portion Vertrauen unter den Mitstreitern – heute nennt man so etwas Teamfähigkeit oder so. Dass geteilter Teamgeist und ein klares Ziel selbstbestimmter Individuen dem Co(r)psgeist gut ausgerüsteter Polizisten überlegen sein kann, wissen wir spätestens seit der erfolgreich angewandten 5-Finger-Taktik während des G8-Gipfels in Heiligendamm, als tausende Demonstranten an der Polizei und ihren Straßensperren vorbei- beziehungsweise durch sie hindurchflossen.
Am 8. Mai in Demmin waren natürlich weit weniger Beamte im Einsatz. Aber auch die versuchten zu verhindern, dass Gegendemonstranten sich den Neonazis in den Weg setzen um deren angemeldete Route zu blockieren. In einem Video des Youtube-Nutzers Georgenrone, das den Tag zusammenfasst, wurde ein hervorragendes Beispiel für den oben erwähnten Kooperationswillen festgehalten.
WIE AUF DEM PLANBRETT EINES FUSSBALLSTRATEGEN
NPD-Gegnerinnen eilen durch eine Straße und versuchen, einen Blockadepunkt zu erreichen, während die zahlenmäßig weit unterlegenen Polizeibeamten sich ihnen in den Weg stellen. Eine Demonstrantin schiebt im Laufschritt einen mit einem Soundsystem aufgerüsteten Kinderwagen vor sich her, bis ein Polizist die Lücke versperrt. Mit erhobenem Arm kann er die junge Frau zwar aufhalten, doch den Kinderwagen, der mit einem kurzen Ruck nach vorne gestoßen wird, kriegt er in der hektischen Situation nicht mehr zu fassen.
Wie auf dem Planbrett eines Fußballstrategen wird die vierrädrige Beschallungsanlage von einem dritten Beteiligten übernommen und entschlossen an seinen Bestimmungsort gekarrt. Diese perfekt umgesetzte Staffelübergabe ist in dem Video leider nur für Sekundenbruchteile zu erkennen, doch langsam und rückwärts abgespielt, entpuppt sich der schnöde Durchbruch als genialer Spielzug, der die Frage nach der außergewöhnlichsten sportlichen Leistung im Jahr 2012 mit einem wohlgelaunten Augenzwinkern zu beantworten weiß.
Bis die ersten ausführlichen Demoberichte vorliegen, wird noch etwas Zeit vergehen. Über die unheimlich vielen Tweets des heutigen Tages lässt sich aber schon ein erster Eindruck gewinnen.
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