Verfassungsschutzbericht 2012 veröffentlicht — wo lauert nun die größte Gefahr?

Gestern präsentierte Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) den aktuellen Verfassungsschutzbericht für Mecklenburg-Vorpommern. Im Vergleich zum Bericht des Vorjahres, der nach einem längeren Rechtsstreit zwischen dem Innenministerium und drei alternativen Vereinen nur noch in stellenweise geschwärzter Fassung verbreitet werden darf, hat sich nicht viel verändert

Die rechtsextreme Szene bleibt ein Problem, der sogenannte „Linksextremismus“ soll das Potenzial dazu haben; der Islamismus ist — gleich nach der Punkband Feine Sahne Fischfilet — die größte Gefahr für unsere Sicherheit und schlussendlich bedrohen Spione einheimische Technologieunternehmen.

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Verfassungsschutzbericht: IKUWO gewinnt auch in zweiter Instanz gegen das Innenministerium

Vor einer Woche wies das Oberverwaltungsgericht Greifswald eine Beschwerde des Innenministeriums zurück und entschied, dass das IKUWO sowie das Peter-Weiss-Haus und der Awiro e.V. aus Rostock auch weiterhin nicht im Verfassungsschutzbericht 2011 genannt werden dürfen. Damit bestätigte das OVG Greifswald das Urteil des Schweriner Verwaltungsgerichts aus erster Instanz, das im Januar 2013 zu dem Schluss kam, dass der Verfassungsschutzbericht 2011 nicht mehr in seiner ursprünglichen Form verbreitet werden dürfe.

KRIMINALISIERUNG LINKSALTERNATIVER VEREINE STATT AUFKLÄRUNG DER NSU-VERBRECHEN IN MV

Der Bericht für das Jahr 2011 erschien in seiner ursprünglichen Form erst im Oktober des vergangenen Jahres. Wer über einen Zusammenhang zwischen dieser Verspätung und den inzwischen bekanntgewordenen Erkenntnissen zum rechten Terrornetzwerk Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), das unter anderem für die Ermordung von Mehmet Turgut in Rostock sowie zwei Banküberfälle in Stralsund verantwortlich war, spekulierte, wurde jedoch enttäuscht — das NSU-Kapitel fiel denkbar dürftig aus.

Verfassungsschutzbericht 2011

Sehr viel umfangreicher berichtete der Verfassungsschutz indes über die Band Feine Sahne Fischfilet, deren Eilverfügung gegen ihre Erfassung im VS-Bericht ebenfalls vor einer Woche vom OVG Greifswald verhandelt und abgewiesen wurde. Als nachteilig soll sich in diesem Fall ein humoristischer Dankesgruß der Band an die Behörde ausgewirkt haben (mehr dazu im unten verlinkten ND-Artikel).

Kritik am Innenministerium gab es jedoch nicht nur für den Bericht selbst, sondern auch für die Entscheidung, die Beschwerde gegen das Urteil des Schweriner Verwaltungsgerichts nicht den Hausjuristen zu überlassen, sondern damit die Anwaltskanzlei Latham & Watkins zu beauftragen. Diese vertrat 2008 in den USA die ebenfalls von den deutschen Verfassungsschutzbehörden beobachtete Sekte Scientology. Die Landesregierung teilte in Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Grünen mit, dass das Innenministerium über die fragwürdige Mandantenschaft der beauftragen Kanzlei Bescheid wusste. Allein für die Erstellung des Beschwerdeschriftsatzes sollen Latham & Watkins dem Innenministerium 11.391,90 Euro in Rechnung gestellt haben. Ein Antrag der Grünen, das Verfahren gegen die drei Vereine und die Zusammenarbeit mit dieser Kanzlei einzustellen, wurde abgelehnt.

„WIR HOFFEN, AUCH ANDERE EMANZIPATORISCHE VEREINE ERMUTIGEN ZU KÖNNEN, SICH GEGEN REPRESSION ZU WEHREN“ 

Das IKUWO tauchte im Verfassungsschutzbericht 2011 übrigens an zwei Stellen auf. So hat dort im März 2011 im Rahmen des „Tags des politischen Gefangenen“ eine Vortragsveranstaltung mit Aktivisten aus Belarus stattgefunden, die über die anarchistische Bewegung in ihrem Land erzählten. Sie klärten dabei über die aktuelle politische Situation auf und berichteten über die massiven staatlichen Repressionen des Lukaschenko-Regimes, mit denen politische Aktivisten konfrontiert werden.

Weiterhin soll die Gruppe Antifaschistische Aktion Greifswald (AAG) neben anderen Orten auch Räumlichkeiten des IKUWOs genutzt haben. Der AAG wird zum Vorwurf gemacht, „maßgeblich an der Bildung des Bündnisses ‘Greifswald nazifrei’ beteiligt” gewesen zu sein, das sich im Vorfeld einer NPD-Demonstration am 1. Mai 2011 in Greifswald gründete.

Der Berliner Rechtsanwalt Peer Stolle, der in diesem Verfahren alle drei Vereine vertrat, konstatierte: „Der VS hat versucht unverzichtbare Träger der Zivilgesellschaft und anerkannte Institutionen alternativer Jugendarbeit in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Dafür war er bereit die Grenzen dessen was rechtlich zulässig ist zu überschreiten. Es ist wichtig dass das OVG dem einen Riegel vorgeschoben hat“. Der Sieg vor Gericht wurde natürlich auch im IKUWO positiv aufgenommen. Dort liest man das Urteil des OVG als Mutmacher für andere, die gleichsam von der Stigmatisierung durch Verfassungsschützer betroffen sind.

Pressesprecherin Nadja Tegtmeyer hofft, „dass wir mit dem erfolgreichen Verfahren auch weitere emanzipatorische Vereine und Gruppen ermutigen können, sich gegen Repressionen durch den Verfassungsschutz zu wehren und ebenfalls dagegen zu klagen.“

(Montage: Enrico Pense)

Für das Jahr 2012 liegt bislang noch kein Bericht vor, seine Veröffentlichung ist für den Sommer angekündigt. Dann darf man auf eine Retourkutsche des Innenministeriums gespannt sein.

Pressespiegel:

  • VS-Bericht: Linke Vereine gewinnen auch in der zweiten Instanz (Kombinat Fortschritt, 11.06.2013)
  • OVG bestätigt Schweriner Urteil zum Verfassungsschutzbericht (Ostsee-Zeitung, 11.06.2013)
  • Verfassungsschutzbericht bleibt geschwärzt (NDR, 11.06.2013)
  • Schlappe für Schweriner Schlapphüte: Verfassungsschutz darf drei linke Initiativen nicht mehr erwähnen (Endstation Rechts, 12.06.2013)
  • Gericht bestätigt Niederlage für den Verfassungsschutz MV (Demokratie braucht uns, 12.06.2013)
  • VS-Bericht weiter unter Verschluß (junge Welt, 13.06.2013)
  • Präsentkorb als Bumerang (Neues Deutschland, 15.06.2013)

Arte Tracks über Feine Sahne Fischfilet

Ein Fernsehtipp für die sonntägliche Prokrastination: Arte Tracks berichtet in einem ausführlichen Beitrag über Feine Sahne Fischfilet und bringt die Jugend vom Lande auf den Kulturkanal.

arte logo

Das Portrait der Band wird durch Kommentare von Publikative-Blogger Patrick Gensing ergänzt und wurde unter anderem im IKUWO aufgenommen. Es geht um die Kriminalisierung alternativer Jugendkultur durch den Verfassungsschutz, um neonazistische Angriffe auf Kulturzentren, um den Umgang mit Angst und um die Klärung der Frage, wer diese Band hören sollte und wer nicht. Arte, Hallo?!

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Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet “Mit Dir”

Die Reihe “Pop am Wochenende” versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden. 

Feine Sahne Fischfilet drehten nochmal am Rad und veröffentlichten heute ihr zweites Video zum Album Scheitern und Verstehen, das im November 2012 bei Audiolith erschien. „Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet “Mit Dir”“ weiterlesen

Pop am Wochenende: Lumières Claires „point éphémère“

Die Reihe “Pop am Wochenende” versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden.

Ende Dezember des vergangenen Jahres erblickte das Video zu point éphémère das Licht der Netzöffentlichkeit. Das herbstige und wollwarme Stück erschien bereits knapp vier Jahre zuvor auf dem leider einzigen Album der Greifswalder Band Lumières Claires: Please Don’t Focus On My Mistakes. Please Don’t Focus On My Mistakes.

Ganz im Geiste des Albums wurde das Video mit einer Super 8-Kamera aufgenommen und nimmt uns mit in die verlassenen Hallen am südlichen Ryck-Ufer, die gleichsam der Band heute nicht mehr existieren. Die Protagonisten sind bereits vor Ort: der Lesende, die Liebenden, der Existenzialist, die Ballerina und das Kind. Auf halber Strecke des Wegs wird in den Reverse-Mode geschaltet und die verzweifelungstaumelige Zerstörungswut, die sich immer wieder Bahn bricht, verwandelt sich zurück in lämmerne Unschuld. Jedem Ende wohnt ein Zauber inne.

Nachdem Lumières Claires im Herbst 2012 noch eine wohlkompilierte Remix-Version von Please Don’t Focus On My Mistakes. Please Don’t Focus On My Mistakes. veröffentlichten, haben sie mit diesem Video nun endlich auch das letzte Kapitel ihres Projekts würdevoll zum Abschluss gebracht!

Mehr Lumières Claires:

Feine Sahne Fischfilet bedanken sich beim Verfassungsschutz

Und da sage mal noch jemand, dass das nicht artige Jungs wären! Heute früh guckte eine Delegation von Feine Sahne Fischfilet und ihrem Label Audiolith im Innenministerium vorbei, um sich für die vorbildliche Öffentlichkeitsarbeit zu bedanken, die der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern mit Bravour für sie erledigte.

Dank des ministerialen Beistands lief die Promotion für das am 9. November veröffentlichte Album Scheitern und Verstehen wie geschmiert.

feine sahne fischfilet verfassungsschutz(Foto: Audiolith)

Ob bei Spiegel Online, der Süddeutschen oder der taz — den bandrezensistischen Seitenhieb auf die Verfassungsschutzbehörde, die  der Punkband in ihrem Bericht mehr Platz einräumte als dem NSU, ließen sich viele nicht entgehen. Die amtlich geprüfte „gefährlichste Band Vorpommerns“ wußte sich bei ihrem Besuch in Schwerin heute zu bedanken und überreichte dem Pressereferenten des Innenministeriums einen reichlich gefüllten Präsentkorb, garniert mit der aktuellen Ausgabe des Antifaschistischen Infoblattes (Titel: „V-Leute und Aktenvernichter“), einer Dankeskarte und dem neuen Album.

  • Präsentkorb für den Verfassungsschutz (PM Audiolith, 13.11.12)

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