Rechte Trümmertruppe IBG zerlegt sich noch vor konstituierender Bürgerschaftssitzung

Bei der zurückliegenden Greifswalder Kommunalwahl konnten drei rechte beziehungsweise rechtsextreme Gruppierungen und Parteien insgesamt zehn Mandate für die Greifswalder Bürgerschaft erringen. Dazu gehört neben der AfD (7 Sitze) auch die „Allianz der Bürgerlichen Mitte“ (1 Sitz) aus dem Dunstkreis des Rechtsextremisten Thomas Kerl sowie die rechte Wählerinitiative IBG (2 Sitze), die seit dem Bürgerentscheid gegen die Unterbringung Geflüchteter 2023 mit provokativen Auftritten und inszenierten Grenzüberschreitungen bei Bürgerschaftssitzungen von sich Reden macht.

Doch die Freude über den Wahlerfolg wurde alsbald von internen Machtkämpfen überschattet. Und so zerlegt sich die rechte Trümmertruppe noch vor der konstituierenden Bürgerschaftssitzung am 1. Juli 2024 und liefert eine anschauliche Provinzposse. Den Rechten ist der rechtsextreme Flügel zu radikal. Den Rechtsextremen sind die Rechten zu bürgerlich. Es ist ein Pos(t)senspiel, das aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass sich an den politischen Einstellungen der einzelnen Protagonisten nichts geändert hat.

Entsprechend unglaubwürdig ist auch die Erklärung des neuen Bürgerschaftsmitglieds Andreas Winter, die IBG würde sich von Leonard und Nehmzow aufgrund deren radikaler Ansichten distanzieren. Als missachte die gesamte Initiative nicht seit Monaten demokratische Gepflogenheiten und kollegialen Respekt gegenüber den anderen ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang unter anderem an den inszenierten Eklat Eva Nehmzows vor der Bürgerschaft, der mit einem Platzverweis endete. Wer wie Andreas Winter, Gamal Khalil oder Grit Wuschek mit dieser Truppe 2024 in den Wahlkampf zog, der wusste genau, dass er sich auf Fackeln und Forken einließ.

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Grit Wuschek möchte IBG-Pressemitteilung unterdrücken

Die Rechtsextremen gingen nun gegenüber den Rechten am 27. Juni in die Offensive und führende, eine Woche zuvor ausgeschlossene IBG-Mitglieder wie Ralf Leonard und Ex-Sprecherin Eva Nehmzow, verbreiteten in sozialen Medien und via WhatsApp eine Pressemitteilung, in der sie die von einer Zweidrittelmehrheit beschlossene IBG-Auflösung bekanntgaben. In dem Schreiben deuten sie weiterhin formale Fehler wie fehlende Mitgliedsanträge und Anwesenheitslisten an und stellen in Frage, ob diese Wählerinitiative überhaupt zur Kommunalwahl hätte zugelassen werden dürfen. Leonard findet dazu auf seiner Facebook-Seite deutliche Worte: „Ich kann und werde nicht mit Leuten zusammen arbeiten, die irgendwelche Gelder verschwinden lassen“.

Daraufhin intervenierte Grit Wuschek, seit 2019 parteiloses Bürgerschaftsmitglied und das bekannteste Gesicht der IBG. Sie bestritt postwendend im Namen der aufgelösten Initiative deren Auflösung. Die IBG sei selbstverständlich nicht aufgelöst, habe weder 20 Mitglieder, noch seien diese oder auch nur die Hälfte der Mitglieder anwesend gewesen. Ist eigentlich noch genug Popcorn im Schrank?

Ihre Intervention bewehrt Wuschek mit juristischen Drohungen gegen ihre früheren Mitstreiter. Sie kündigt an, „selbstverständlich alle rechtlichen Wege nunmehr gegen die betreffenden Personen, sowohl strafrechtlich als zivilrechtlich“ in die Wege zu leiten. Doch damit nicht genug, Wuschek teilt darüber hinaus mit, „gegen alle Personen, die diese durchs Netz kursierende PM vom 27.06.2024 „Bekanntgabe der Auflösung Initiative Bürgerentscheid Greifswald (IBG)“ weiterverbreiten, rechtliche Schritte“ einzuleiten.

Grit Wuschek bezieht sich dabei auf diese Pressemitteilung:

Pressemitteilung IBG Greifswald
IBG-Pressemitteilung zur Auflösung der IBG vom 27.06.2024 (Screenshot Facebook)

Woher rührt die Panik? Wuschek geht es um die Zählgemeinschaft mit der CDU. Diese ist jedoch auch unter den Christkonservativen umstritten und nicht von allen gewollt. Während Fraktionsvorsitzender Axel Hochschild (CDU) keine Berührungsschwierigkeiten mit den rechten Gruppierungen hat und sie im Interview mit der Ostsee-Zeitung als „verantwortungsbewusste Menschen aus der Mitte der Gesellschaft mit hoher sozialer Kenntnis und Kompetenz“ verharmlost, plädiert das Lager um Madeleine Tolani (CDU), die die meisten Stimmen auf sich vereinen konnte, für eine deutliche Abgrenzung und gegen eine Zählgemeinschaft auf dem Ticket der CDU. Ganz offensichtlich spaltet die IBG nicht nur sich selbst.

Die konstituierende Sitzung der Bürgerschaft findet am 1. Juli 2024 um 18 Uhr statt. 

Die Rechtsoffenheit der Greifswalder CDU

Ein Gastbeitrag von Ramon Tobias

Schon nach der Kommunalwahl 2014 ging die Truppe um Egbert Liskow, Axel Hochschild und Sascha Ott eine Zählgemeinschaft mit der AfD ein. Und seitdem machten die hanseatischen Christdemokraten jede Rechtsdrift mit. 

Fraktionschef der Greifswalder AfD ist Nikolaus Kramer, der an den Treffen des “Flügels” der AfD um Höcke und Kalbitz teilnahm. Der Flügel gilt als der größte innerparteiliche Zusammenschluss und weist „gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ auf, so der Verfassungsschutz.

Der CDU-Fraktionschef trifft sich regelmäßig mit dem Flügel-nahen AfDler Nikolaus Kramer

Die Flügel-Vertreter werden seit März 2020 nachrichtendienstlich beobachtet. 2016 war Kramer Teilnehmer der Greifswalder „FFDG“ und bekundete dort sogar in einer Ansprache seine eindeutig positive Einstellung zu diesem besonders extremistischen PEGIDA-Ableger. 

Der FFDG-Organisator Norbert Kühl hatte bereits zuvor zutiefst rassistische und antisemitische Reden gehalten, was Kramer nur allzu gut wusste. Denn die rechtsextreme Positionierung der FFDG war ihm nicht nur über Presseberichte und soziale Medien bekannt, sondern auch in seiner Funktion als Polizist. Er begleitete nämlich vorher in dienstlichen Aufträgen die FFDG-Aufmärsche und konnte so die braunen Ausfälle Kühls direkt mitverfolgen. Offenbar animierte ihn das nur noch, erst Recht sich auch als Privatperson sowie als damaliger AfD-Landtagskandidat zur Kühlschen Agenda von Rassismus und Antisemitimsus zu bekennen. 

Petra Albrecht-Kühl und Norbert Kühl auf der rechtsextremen FFDG-Demonstration in Greifswald
Hervorgehoben im Vordergrund: Petra Albrecht-Kühl (links, FFDG-Organisatorin), Norbert Kühl (rechts, FFDG-Sprecher) (Foto: Fleischervorstadt-Blog, 10/2015)

Dass Kramer also vom Verfassungsschutz aufgrund seiner eindeutigen Positionierung und Verstrickungen nach Rechtsaußen beobachtet wird, kann angenommen werden.

Was meint die Greifswalder CDU dazu?

Kurzer Rückblick: die vorpommersche CDU gründete 2016 mit Philipp Amthor und Sascha Ott den sogenannten „Konservativen Kreis“, einen regionalen Vorläufer der Werte-Union, deren prominentestes Mitglied wiederum der Amthor-Unterstützer Hans-Georg Maaßen ist. Maaßen warb beispielsweise in Thüringen offen darum, auch mit der AfD in Sondierungsgespräche zu gehen.

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Solidaritätsdemo nach mehreren Angriffen und einem versuchten Brandanschlag auf das Klex

Am vergangenen Wochenende war das Jugendzentrum Klex in der Langen Straße Ziel mehrerer Angriffe. Dabei wurden auch Brandsätze auf das Haus geworfen. Deswegen findet am kommenden Sonnabend eine Solidaritätsdemonstration auf dem Greifswalder Marktplatz statt.

In den letzten Tagen gab es gleich mehrere Angriffe auf das Jugendzentrum Klex. In der Nacht von Freitag auf Samstag wurden mehrere Vereinsmitglieder von einer Gruppe bedroht, aus der heraus rechtsextreme Parolen gerufen und schließlich ein Fahrrad gegen die Eingangstür geworfen wurde. In der darauffolgenden Nacht von Sonnabend auf Sonntag sollen Besucher des Jugendzentrums mit Pyrotechnik beschossen worden sein.

Am Sonntagabend wiederum warfen bislang unbekannte Täter gegen 19:50 Uhr Molotowcocktails in den Eingangsbereich des Hauses, die sich aber nicht entzündeten. Aufmerksame Zeugen verständigten umgehend Polizei und Feuerwehr. Glücklicherweise ist dabei niemand zu schaden gekommen. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich mehrere Jugendliche in dem Haus. Der Staatsschutz ermittelt wegen versuchter schwerer Brandstiftung. „Solidaritätsdemo nach mehreren Angriffen und einem versuchten Brandanschlag auf das Klex“ weiterlesen