„Wissen lockt. Seit 1456.“ Die maximal verdichtete Werbebotschaft der Universität Greifswald ist seit Ende Mai Geschichte. Die Hochschule wird demnächst mit einem neuen Slogan und überarbeiteter Kampagne um Studierende werben.
1528 Vorschläge sollen eingegangen sein, als im März nach einem neuen Slogan für die Universität Greifswald gefragt wurde, mit dem eine frische Werbekampagne für ein Studium in der Hansestadt gestartet werden soll. Das inzwischen etwas in die Jahre gekommene „Wissen lockt“ hat offenbar an Glanz verloren und wird nun wegaktualisiert. Die alten Zöpfe kommen ab und womöglich verblasst damit auch irgendwann die Erinnerung an eine der peinlichsten Plakatserien, die es an der Universität Greifswald jemals gegeben hat.
(Plakat zur 550 Jahrfeier der Universität Greifswald 2006, ein weiteres Motiv findet man hier, Fotos: Fleischervorstadt-Blog)
Fairerweise muss zu dieser Serie ergänzt werden, dass die Kampagne, deren Sexismus sich nur noch mit größter Mühe überbieten lässt, noch aus der Zeit vor der 2008 erfolgten Amtsübernahme des aktuellen Pressesprechers, Jan Meßerschmidt, stammt. Heute, knapp zehn Jahre später, steht der Greifswalder Alma Mater mit Prof. Dr. Johanna Eleonore Weber eine Rektorin vor und eine vergleichbare Kampagne wäre nur schwer vorstellbar.
An der Presse- und Informationsstelle der Universität Greifswald wird demnächst eine volle Mitarbeiterstelle besetzt, die auf zwei Jahre befristet ist.
Zu den Hauptaufgaben der Tätigkeit gehört die Umsetzung des Stipendienprogrammgesetzes, das von der Bundesregierung im Sommer 2010 verabschiedet wurde und private Geldgeber in die Spitzenförderung an deutschen Hochschulen miteinbeziehen soll.
Demnach soll der Bund Studierenden ein monatliches Stipendium von 150 Euro zahlen, wenn die jeweilige Hochschule den gleichen Betrag von privater Seite einwirbt. Konkret wird die Entwicklung eines Marketingkonzeptes und die Akquise von Förderinnen für das Stipendienprogramm erwartet. Außerdem soll ein Online-Portal für zielgruppengerechte Alumniarbeit umgesetzt und redaktionell betreut werden.
Von den Bewerbern wird ein abgeschlossenes Hochschulstudium, vorzugsweise in den Fächern BWL, Kommunikations- oder Politikwissenschaften erwartet. Neben den üblichen Motivationen und Sozialkompetenzen wird ein sicherer Umgang mit moderner Büro- und Mediengestaltungssoftware und Kenntnisse im webbasierten CMS erwartet.
Die volle Stelle wird bei Vorliegen der persönlichen und tariflichen Voraussetzungen nach Entgeltgruppe 13 TV-L Wissenschaft vergütet. Wichtig ist noch eine Einschränkung, die für einige Interessenten problematisch sein kann:
„Die Befristung der Tätigkeit erfolgt ohne Sachgrund gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Bewerberinnen und Bewerber, die bereits zuvor in einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber Land Mecklenburg-Vorpommern (in einer Dienststelle des Landes) gestanden haben, können daher nicht in das Auswahlverfahren einbezogen werden.„
Außerdem werden Frauen und Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt. Die Bewerbung ist bis zum 11. Februar bei der Personalverwaltung der Universität Greifswald einzureichen. Die Adresse ist in der Stellenausschreibung zu finden.
Hat Greifswald ein weiteres historisches Gebäude verloren? In den frühen Morgenstunden des heutigen Tages ist im alten Institut der Chemie ein Großbrand ausgebrochen, der den hölzernen Dachstuhl des Gebäude zerstörte und einen Totalschaden verursachte.
Die Pressestelle der Universität reagierte umgehend und informiert auf ihrer Homepage über den Brand: „Nach Informationen der Berufsfeuerwehr Greifswald meldete gegen 6.30 Uhr der Wachschutz der Universität starke Rauchentwicklung auf dem Dach eines Gebäudes in der Soldmannstraße unweit des Bahnhofes. Als die Feuerwehr wenige Minuten später eintraf, seien aus dem Dachstuhl der ehemaligen Chemie bereits meterhohe Flammen geschlagen. Die Berufsfeuerwehr wurde durch die Freiwilligen Feuerwehren Greifswald und Dersekow unterstützt.
Am Vormittag konnte das Feuer unter Kontrolle gebracht werden. Kurze Zeit später konnten mit dem Löschen von Glutnestern begonnen werden. Die Feuerwehr wird eine Brandwache einsetzen. Die Brandursache ist noch unklar. Die Polizei ermittelt. Die Schadenssumme muss noch ermittelt werden. Die Universität geht derzeit von einem Totalschaden aus.“
Zuvor berichtete allerdings der webMoritz in atemberaubender Geschwindigkeit über das Feuer und terminierte den Ausbruch des Brandes auf „kurz nach 5 Uhr“. Die dort veröffentlichten Fotos sind noch eindrucksvoller als die der Pressestelle, denn das Flammenmeer züngelte zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme vor der düsteren Kulisse des grauenden Morgens.
Das Gebäude stand seit vier Jahren leer, die Chemikerinnen sind damals an den Beitz-Platz gezogen. Die Veräußerung der Immobilie gestaltet sich aufgrund ihrer chemischen Belastung schwierig. Insofern dürfte das Feuer für die Universität nicht unbedingt ungelegen kommen, wenngleich sich auch hier das schadstoffroutinierte und ewig obdachlose Studententheater hätte unterbringen lassen können.
Bleibt zu hoffen, dass jetzt nach dem wahrscheinlichen Abriss keine buntbalkonigen Wohnheime in der Soldmannstraße entstehen.
*Update*
Inzwischen hat der NDR einen kurzen Radiobeitrag veröffentlicht, der auf der Seite des Senders oder hier gehört werden kann.
Wie bereits gestern angemerkt, rauscht die Nachricht vom Verbot des Tragens von Kleidung der als rechtsextremistisch gebrandmarkten Modemarke “Thor Steinar” durch den deutschen Blätterwald.
Sehr viele Zeitungen druckten die dpa-Meldung oder veröffentlichten Artikel zum Thema in ihren Online-Ausgaben, das ging von der WELT über das Hamburger Abendblatt, von N24 über die ZEIT bis hin zu Spiegel Online. Die Nachricht erreichte sogar die italienische Presse.
Provokationserfahrene Lehrkraft am rechten Rand
Der Modifizierung der Universitätshausordnung ist eine Debatte über den inzwischen höchst umstrittenen Professor Ralph Weber vorausgegangen. Der Jurist fiel in der Vergangenheit nicht nur durch seine Symphatiebekundungen gegenüber Thilo Sarrazin (erste „Affäre“) und Jörg Haider auf, er erregte auch den Missmut verschiedener Studierenden durch frauen- und fremdenfeindliche Ressentiments während seiner Lehrveranstaltungen und soll provokationserprobt auch in Textilien von Thor Steinar aufgetreten sein.
(Foto: Endstation Rechts)
Der Abtreibungsgegner schrieb vor seiner Berufung nach Greifswald einen offenen Brief an den Innenminister Mecklenburg Vorpommerns, Lorenz Caffier, und beschwerte sich über das geplante Verbot der NPD. Mit deren Funktionär Udo Voigt soll sich Weber getroffen haben, um über die Gründung einer neuen rechten Partei zu beraten. Ausführlich zum Fall Weber berichtete der webMoritz. „Alle blicken nach Greifswald: Thor Steinar an der Uni verboten“ weiterlesen →
Auf der Vollversammlung im Juni 2009 forderte eine überwältigende Mehrheit der 1200 teilnehmenden Studierenden die Ablegung des kontrovers diskutierten Universitätsnamens Ernst Moritz Arndt.
Eine im Juli eingesetzte Kommission — bestehend aus verschiedenen Dozenten und zwei Studierenden – wird dazu eine wissenschaftliche Anhörung verschiedener Akademiker und Akademikerinnen durchführen. Anfangs monierte die Initiative Uni ohne Arndt noch die Mitgliedschaft dreier Arndt-Befürworter in der Kommission und wies auf das Fehlen mehrerer Historiker der Greifswalder Uni hin. Inzwischen sieht die Lage brenzliger aus, als damals angenommen. Jetzt sind es nur noch drei Tage bis zur ersten Anhörung, die am Freitag, dem 11. Dezember, stattfinden wird.
Die Pressestelle schweigt und hört sich selbst an
Die sonst so aktive Pressestelle der Universität schweigt zum Thema und ohne die Initiative der Arndt-Gegnerinnen hätte man auch kaum von dem Termin erfahren. Der Gruppe wurden sowohl Termin als auch die Namen der eingeladenen Wissenschaftler zugespielt. Die Auflistung sorgt für drei Überraschungen:
Erstens wurden mit Prof. em. Reinhart Staats (Univ. Kiel/Kirchengeschichte) und Dr. Jörg Echternkamp zwei externe Arndt-Befürworter zur Anhörung gebeten. Letzterer arbeitet für das Militärgeschichtliche Forschungsamt der Bundeswehr.
Zweitens gelang es, den Vorsitzenden der Ernst-Moritz-Arndt-Gesellschaft e.V., Prof. em. Karl-Ewald Tietz, zu gewinnen. Drittens plant die Kommission offensichtlich, sich selbst zuzuhören, denn drei der eingeladenen – Dr. Irmfried Garbe (Kirchengeschichte), Dr. Reinhard Bach (Romanistik) und Prof. Dr. Kyra Inachin – sind gleichzeitig Kommissionsmitglieder, die beiden Erstgenannten befürworten klar die Beibehaltung des umstrittenen Namens.
Als einziger Arndt-Kritiker wird Prof. Dr. Thomas Stamm-Kuhlmann anwesend sein; das Verhältnis zwischen Namensbefürwortern und -gegnern ist damit relativ eindeutig festgelegt worden. Aber es bleibt interessant, blickt man von den Zusagen auf die Absagen. Dazu stellt die Initiative Uni ohne Arndt fest: „Was die Absagen der Arndt-Kritiker verursacht hat, wissen wir im Einzelnen nicht. Es fällt jedoch auf, dass nur Arndt-Kritiker absagten. Eine/r sagte uns jedoch, dass er/sie eine Anhörung durch eine Kommission ablehne, von denen einige Mitglieder auch für den unwissenschaftlichen Text auf der Uni-Homepage verantwortlich sind. Eine Bewertung durch Personen, die sich selbst im wissenschaftlichen Betrieb derart disqualifiziert hätten, lehne man ab. Zudem lehne er/sie den nicht-öffentlichen Charakter der Veranstaltung ab. Die Debatte gehöre in die Öffentlichkeit, nicht hinter die verschlossenen Türen einer intransparenten Kommission.“
Wer wird schlimmer: Die Wissenschaftler oder die Greifswalder Bürger?
Schlimm wird es mit Sicherheit auch werden, wenn bei der zweiten Anhörungsrunde im Januar Greifswalder Bürger zum Namenspatron befragt werden sollen.
Die in OZ-Leserbriefen laut gewordenen Pöbeleien und Diffamierungen einzelner Greifswalder und Greifswalderinnen gegenüber den Arndt-KritikerInnen waren beschämend. Man kann sie sich auszugsweise hier zu Gemüte führen. Die Initiative Uni ohne Arndt hat ein wesentlich umfangreicheres Sammelsurium von Bedrohungen und Beschimpfungen veröffentlicht, das leider ein wenig an dem hohen Anteil auf der rechtsextremen Internetseite Altermedia veröffentlichter Kommentare krankt. Die Leserbriefe aus der Ostsee-Zeitung empfinde ich als viel alarmierender, weil sie aus der vermeintlichen Mitte der Gesellschaft kommen und weil die Leute ihre Beschimpfungen sogar mit ihrem Namen unterschreiben.
Zu den Befürwortern des Namens gehört auch Sebastian Ratjen (FDP), der zeitungsöffentlich wie freimütig verlauten ließ, dass er natürlich kein Arndt-Spezialist sei. Wen also bei der Bürgerrunde befragen? Und wem ist mit einem möglichen Ergebnis gedient? Die Antwort auf diese Frage wird vielleicht noch viel mehr über die Gesinnung der Kommission verraten, als es die Anhörung der mehrheitlich für Arndt positionierten Wissenschaftler tut.
Unterdessen veröffentlichte gestern das Hamburger Abendblatt einen Artikel über die Initiative Uni ohne Arndt. Damit griff nach der ZEIT und SPIEGEL ONLINE nun ein weiteres großes Medium dieses Thema auf. Man darf gespannt sein, wie sich der Disput entwickelt, mein Höhepunkt wird mit Sicherheit die Bürgerbefragung werden.
Gestern wurde hier noch auf die vollmundig angekündigte ZDF-Sendung WISO hingewiesen, die am Beispiel Greifswald das Studieren in den neuen Bundesländern präsentieren sollte und ermüdend lange mit Bildern der Hansestadt auf sich warten ließ.
Das im kaum 90 Sekunden dauernden Kurzbericht gefällte Urteil über die Raumbedingungen („Die Hörsäle sind eher klein, man findet immer einen Platz”) war anfangs ein wenig grotesk, da so gut wie alle Studierenden das Gegenteil bezeugen könnten.
Die im Laufe des Tages abgegebenen Kommentare und das Erscheinen eines Beitrages zum gleichen Thema beim Kollegen daburna lassen die Sendung in einem anderen, ja fahleren Licht erscheinen. Unschöne Details und beinahe perfide PR-Tricks zeigen, wie es der Presse- und Informationsstelle der Universität unter der Leitung von Jan Meßerschmidt gelungen ist, das Drehteam vom ZDF auszutricksen und bessere Zustände vorzugaukeln.
Freute ich mich anfangs noch darüber, die von der Kamera begleitete Studentin persönlich zu kennen, wich dieses Gefühl einem Manipulationsverdacht, als bekannt wurde, dass diese als studentische Hilfskraft in der Presse- und Informationsstelle arbeitet. Da ist es tatsächlich gelungen, dem ZDF eine Angestellte als Beispielstudentin zu verkaufen. Ein kritisches Wort über die Situation ist dann natürlich nicht zu erwarten.
Aber es kommt noch absurder, denn daburnas Beitrag kommentierte ein gewisser Dyskobol und ergänzt anekdotisch:
„Witziger Fakt: Ich habe Herrn Meßerschmidt am Tag der Aufnahmen gesehen, wie hektisch durchs Hörsaalgebäude rannte und nach einem Hörsaal suchte der nicht so voll ist. Mich hat er auch gefragt, wie voll die Vorlesung wohl werden würde, in die ich gerade gehe. Letztlich kam er dann am nächsten Tag nochmal wieder und promt [sci!] wieder in den Hörsaal, in dem ich saß. Der hatte dann wohl die richtige Teilnehmerzahl.“
So macht man gute PR und das ist Meßerschmidts Aufgabe. Der gebürtige Thüringer war früher übrigens selbst Journalist und hat inzwischen offenbar erfolgreich das Lager gewechselt. Es muss eine Genugtuung sondergleichen für ihn gewesen sein, die neunzig Sekunden im Öffentlich-Rechtlichen zu wissen. Die grundsätzliche Haltung der Verantwortlichen, ein möglichst gutes Bild der hiesigen Zustände zu präsentieren, erinnert ein wenig an die Organisation und Durchführung der Stippvisiten von Spitzenpolitikern vor 1989. Damals wurden ja wenigstens noch die Fassaden frisch gestrichen.