Im Vorfeld des Neonazi-Aufmarschs in Demmin kam es zu polizeilichen Behinderungen der Anreise von Greifswalder Gegendemonstranten.
Am Tag der Befreiung veranstalten NPD-Mitglieder und Kameradschaften wie jedes Jahr einen sogenannten Trauermarsch und besetzen das Gedenken an die deutschen Kriegsopfer nach dem Rückzug der Wehrmacht aus der Kleinstadt zwischen Peene, Trebel und Tollense. Der Fackelmarsch zählt zu den wichtigsten Demonstrationen der nordöstlichen Neonazi-Szene und zieht naturgemäß viele Gegendemonstranten an, die nach Demmin reisen, um dort gegen den auf die Straße getragenen Geschichtsrevisionismus zu protestieren. Auch aus Greifswald fuhr ein durch die Straze organisierter Bus nach Demmin, an dem die Landespolizei ein besonderes Interesse entwickeln sollte.
Nach den Protesten gegen die zweite Mvgida-Demonstration in Stralsund, an denen sich gestern Abend auch zahlreiche Aktivistinnen aus Greifswald beteiligten, kritisiert der Ermittlungsausschuss (EA) das Vorgehen der Polizei und Schlampereien bei den Ordnungsbehörden.
Mahnwachen gegen Mvgida verboten, weil Anmeldung im Spamordner gelandet sein soll
So seien mehrere Protestmahnwachen im Versammlungsgebiet der Nazis kurzfristig und ersatzlos verboten worden, weil deren rechtzeitige und ordnungsgemäße Anmeldungen nicht zur Kenntnis genommen wurden und im Spamordner des Ordnungsamts gelandet sein sollen, wie der NDR auf Twitter meldete. „EA Greifswald kritisiert Polizei nach Mvgida-Demonstration in Stralsund“ weiterlesen →
Unmittelbar vor Beginn der Greifswalder Antifa-Demonstration seien an dieser Stelle nochmal die wichtigsten Informationen zusammengetragen. Wie verläuft die Route? Wo finden Redebeiträge statt? Welche Gegenstände lasse ich lieber zuhause und welche sollten unbedingt eingesteckt werden? Und gibt es auch dieses Mal einen Twitter-Ticker?
VOM SÜDBAHNHOF ZUR MENSA: DIE ROUTE
Die Demonstration soll um 13 Uhr am Südbahnhof beginnen. Von dort geht es nach der üblichen Wartezeit durch Schönwalde I und II über die Rathenau-Straße bis zur Mensa, wo am Gedenkstein für den von Neonazis ermordeten Obdachlosen Eckhard Rütz die Abschlusskundgebung stattfinden wird. Drei weitere Redebeiträge werden unterwegs gehalten, und zwar am Ärztehaus (Thälmann-Ring) und an der Kiste (Makarenkostraße und in der Wolgaster Straße.
(Grafik: J.Wenzel für die OZ)
TICKERST DU NOCH GANZ RICHTIG? ECHTZEIT-INFOS FÜR ALLE!
Bei den letzten größeren Ereignissen hat sich der Twitter-Hashtag #nazishgw bewährt und als nützliches Schlagwort etabliert, unter dem alle Twitter-Nutzerinnen ihre Tweets in einen gemeinsamen Nachrichtenstrom einspeisen konnten, der für alle abrufbar ist. Auf diese Weise kann eine Informationsquelle mit vielseitigen Blickwinkeln entstehen, die auch hier auf dem Fleischervorstadt-Blog abgerufen werden kann (Java aktivieren!).
VONNÖTEN, VERBOTEN, VERHAFTET
Die relativ lange Route und die vier Redebeiträge werden dafür sorgen, dass der heutige Spaziergang nicht nach einer Stunde vorbei sein wird. Daher ist es empfehlenswert, dem Rat der Veranstalterinnen zu folgen, und sich warm anzuziehen. Eine Thermoskanne mit heißem Tee verhindert nicht nur Frösteleien, sondern taugt auch dazu, sich bei anderen Protestlern beliebt zu machen.
Bestimmte Gegenstände sollten allerdings besser nicht mitgeführt werden, dazu zählen zum Beispiel Waffen und Drogen. Es kann passieren, dass Vorkontrollen seitens der Polizei durchgeführt werden. Im Klassiker Was tun wenn’s brennt?, der seit Jahr und Tag von der Roten Hilfe herausgegeben wird, sind die wichtigsten Verhaltensregeln auf Demonstrationen zusammengefasst, inklusive Handlungsanleitungen für den Fall einer Verhaftung.
Auch für die heutige Demo gibt es einen Ermittlungsausschuss (EA), dessen Nummer schon mal vorsorglich aufgeschrieben werden sollte (0151-237 458 08). Der Arbeitskreis Kritischer Jurist_innen (AKJ) wird als Beobachter der Versammlung unterwegs sein und später einen Bericht schreiben.
NO CAMERA NO PROBLEM?
Bei den Protestaktionen am 1. Mai fotografierten Neonazis, unter anderem Marcus G., die Demonstrierenden ab und veröffentlichten später die Fotos auf der Internetseite der Nationalen Sozialisten Greifswald (NSG). Auch heute ist damit zu rechnen, dass Neonazis versuchen, am Rand der Demonstration oder von Balkonen zu fotografieren. Wer das nicht gut findet, kleidet sich witterungsgemäß, bindet sich einen Schal um und hat im Idealfall auch noch eine Sonnenbrille dabei, um nicht bei plötzlicher Wetterverbesserung geblendet zu werden.
Die Veranstalterinnen der Demo haben unbedingt einzuhaltende Presserichtlinien veröffentlicht, die sich insbesondere mit Bildaufnahmen befassen:
Keine Nahaufnahmen, auf denen Gesichter zu erkennen sind
Bei Veröffentlichung von Fotos darauf achten, dass niemand erkennbar ist bzw. diese Personen ggf. unkenntlich machen
Den Anweisungen der Ordner_innen ist unbedingt Folge zu leisten.
Schlussendlich sei noch allen geraten, auf dem Hin- und Rückweg vorsichtig zu sein und sich in Bezugsgruppen zu bewegen. Zieht euch warm an und setzt ein lustvolles, kreatives und starkes Zeichen gegen Rechtsextremismus!
Seit gestern häufen sich Meldungen, dass Leute, die bei den erfolgreichen Blockaden gegen die NPD-Demonstration am 1. Mai von der Polizei fortgetragen wurden, Post gekriegt haben. Die betreffenden Personen werden in diesen Schreiben zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Ihnen werden die Störung der Versammlung und der Verdacht der Nötigung vorgeworfen.
Derzeit beraten Gruppen mit Sachverstand darüber, wie am besten damit zu verfahren ist. Wichtig ist, dass die Betroffenen nichts übereilen und sich noch einen Moment Zeit nehmen, bevor sie eventuell dieses Schreiben beantworten. Eine handlungsanleitende Empfehlung in dieser Sache soll demnächst folgen.
Wer sich unsicher fühlt, kann schon jetzt die Greifswalder Gruppe der Roten Hilfe via E-Mail kontaktieren (greifswald [ät]rote-hilfe.de), um dort beraten werden.
Wichtig: Die Rote Hilfe bittet alle Menschen, die einen entsprechenden Brief erhalten haben, sich auf obenstehender E-Mail-Adresse zu melden, um einen möglichst genauen Überblick der Strafverfolgsungslage gewinnen zu können.
*Update* 11.05.
Ein Kommentar von retmarut soll der besseren Sichtbarkeit wegen hier als Update eingefügt werden:
„Es handelt sich bei diesen Schreiben um Anhörungsbögen. Die sehen zwar ziemlich beeindruckend aus, sind aber lediglich eine Bitte seitens der Polizei, der niemand Folge leisten muss. Ihr könnt die also, ohne rechtliche Nachteile erwarten zu müssen, irgendwo zuhause abheften (was ich empfehle). Ihr müsst euch da also auch nicht “abmelden” oder ähnliches. Das Ding hat rechtlich keinerlei Bindung und dient nur dazu, Einlassungen zu bekommen, um damit die derzeitigen polizeilichen Ermittlungen zu “erhärten”. „Aus aktuellem Anlass: Sitzblockierer kriegen Post von der Polizei *2x Update*“ weiterlesen →
Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat am Donnerstagabend das Verbot der NPD-Demonstration in Greifswald aufgehoben.
„FREMDARBEITERINVASION“ ZIELT NICHT AUF DIE WÜRDE AUSLÄNDISCHER ARBEITNEHMER
In einer von den Grünen veröffentlichten Begründung dieses Beschlusses heißt es, dass der im Versammlungsmotto verwendete Begriff Fremdarbeiterinvasion „zwar in weiten Teilen der Bevölkerung mit dem nationalsozialistischen Zwangsarbeitersystem verbunden“ sei, allerdings „nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfülle“. Auch der Invasionsbegriff lasse Deutungen zu, „die nicht darauf abzielen, die ausländischen Arbeitnehmer, die nach dem 01.05.2011 in Deutschland Arbeit suchen, in ihrer Würde anzugreifen oder in anderer Weise volksverhetzend zu wirken“.
Diese Entscheidung ist für viele wenig überraschend. Dass die Stadtverwaltung diesen Schritt dennoch versucht hat, ist ihr anzurechnen. Unverständlich bleibt, dass es kaum nennenswerte Versammlungsauflagen gab und auch der Startpunkt der Route, der sich in unmittelbarer Nähe zu einem Flüchtlingsheim befindet, nicht weiter hinterfragt wurde.
Heute Nacht soll es mit dem Castortransport in Karlsruhe losgehen. Die Ankunft der mit den Glaskokillen gefüllten Behälter in Greifswald beziehungsweise Lubmin wird in der Nacht vom 16. zum 17. Februar erwartet. Die heiße Phase steht also unmittelbar bevor.
Kontrollen in der Innenstadt
Im Vergleich zum letzten Transport hält sich das Polizeiaufgebot in Greifswald derzeit noch in Grenzen, obschon viele Einsatzkräfte vor Ort sind. Eine der Pressesprecherinnen des Bündnisses teilte im gestrigen Interview mit, dass die Polizei verstärkt Personen- und Fahrzeugkontrollen durchführe. Am Thälmann- beziehungsweise Bonhoeffer-Platz in der Fleischervorstadt zeigten die Beamten schon heute Nachmittag starke Präsenz und teilten auf Nachfrage mit, dass verdächtige Fahrzeuge und Personen gemeldet und kontrolliert würden.
Ein Anti-Atomkraft-Fähnchen am Auto reiche nach Angaben der Polizisten aus, um in dieses Raster und damit auch unter einen Generalverdacht zu fallen. Reisenden Atomgegnerinnen sei also ausdrücklich empfohlen, derartige Accessoires vorerst möglichst versteckt mit sich zu führen.
Wissen kompagt — Demobroschüre und Aktionskit
Wer an den Bahnschienen zwischen Greifswald und Lubmin demonstrieren will, sollte sich im Vorfeld sehr gründlich über die Gegebenheiten informieren, die Standorte der Mahnwachen und die wichtigsten Telefonnummern mit sich führen.
Hierfür hat das Anti-Atom-Bündnis NordOst eigens ein Aktionskit herausgegeben, in dem neben diesen Informationen auch Kartenmaterial und Kontaktnummern zu Sanitätern, dem Ermittlungsausschuss, der Job-, Auto- und Bettenbörsen, den einzelnen Mahnwachen sowie den Pressesprecherinnen eingepflegt wurden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, sich für einen SMS-Ticker anzumelden, um auch ohne internetfähiges Smartphone aktuelle Informationen empfangen zu können.
Daneben ist es nicht verkehrt, den Klassiker in Sachen Demonstrationswissen gelesen zu haben – die mittlerweile in 15. Auflage von der Roten Hilfe herausgegebene Broschüre Was tun wenn’s brennt?, die natürlich auch als PDF-Dokument abrufbar ist. Dort erfährt man unter anderem, welche Gegenstände besser zuhause bleiben und welche hingegen unbedingt einpackt werden sollten. Außerdem gibt es konkrete Hinweise, wie man sich im Fall etwaiger Festnahmen verhalten sollte.
Auf dem aktuellsten Stand bleiben
Wie beim letzten Castortransport wird der Informationsdienst Twitter wohl wieder eine große Rolle spielen. Unter dem Hashtag #Lubmin sind dann hoffentlich die aktuellsten Nachrichten abrufbar und natürlich auch zu verbreiten. Es gibt seit heute wieder den Castorticker. Für die Offliner bleiben dann noch der SMS-Verteiler, für den allerdings wie gesagt eine gesonderte Anmeldung notwendig ist, sowie das Infotelefon (0170-1223239).
Die nächsten 48 Stunden werden relativ kalt – mit warmer Kleidung sollte also auf keinen Fall gespart werden. Seid wachsam, seid widerspenstig, seid kreativ!
*Update* 16.02.
Um 19 Uhr findet ein Treffen in der Museumswerft statt, auf dem über die Sitzblockade gesprochen werden wird.