Es wird an allen Ecken und Enden gespart. Jetzt hat es auch den Greifswalder Sportteil der Ostee-Zeitung erwischt.
Im nebenstehenden Bild sind zwei Fotos zweier verschiedener Basketball-Spiele gegenübergestellt. Das rechte Fotos stammt angeblich von der Partie Greifswalder SV 04 gegen die Berliner Central Hoops am 20. Februar 2010. Das Foto auf der linken Seite soll beim am 6. März 2010 ausgetragenen Spiel vom Greifswalder SV 04 gegen BG Zehlendorf aufgenommen worden sein.
Zu beachten seien die frappierenden Ähnlichkeiten zwischen den Kameraperspektiven, den Schiedsrichtern, den blonden Frauen am Spielfeldrand, den Position der Schweißbänder Michael Buses und nicht zuletzt der schwarz-weißen Trikots der jeweiligen gegnerischen Mannschaften.
Entwickeln sich halblange Lockenfrisuren gerade zum Trend im Basketball und ähneln sich die Kontrahenten der Greifswalder deshalb? Die Frage, ob hier vielleicht für zwei verschiedene Sportartikel Bilder des gleichen Spiels verwendet wurden, kann vermutlich nur Fotograf Ronald Krumbholz beantworten.
Wie passen die erste Greifswalder Fight Night, das im Landtag angestrebte Verbot von Mixed Martial Arts, der Greifswalder Auftritt von Egon Krenz und die Bemühungen der Wohnungsgenossenschaft WGG um Gewaltprävention zusammen? Eine vorsichtige Annäherung an ein kontroverses Thema.
In der vergangenen Woche veröffentlichte die Ostsee-Zeitung einen längeren Artikel über Freefight/Mixed Martial Arts (MMA) und stellte das MMA-Team-East aus Greifswald vor. Die im Beitrag portraitierten Kämpfer Philip Groß und Eric Bluhm sehen ihr Hobby zu Unrecht in der Kritik und präsentierten sich als verantwortungsbewusste Sportler.
„Wir wollen keine Gewalt verherrlichen, lieber ausgepowert auf der Matte liegen als die Aggressionen auf der Straße lassen“ wird Bluhm zitiert. Aber was hat es mit der neuerlichen Diskussion auf sich?
LANDTAG MV WILL MIXED MARTIAL ARTS VERBIETEN
Am 04.11.2009 stellten die Landtagsfraktionen von SPD und CDU einen Antrag, der die Landesregierung dazu aufforderte, „rechtliche Hinweise zur Untersagung von Mixed Martial Arts-Veranstaltungen zu erarbeiten“ und ein entsprechendes Verbot vorzubereiten. In der Begründung des Antrages heißt es: „MMA ist im Wesentlichen ein Mix aus verschiedenen Kampfsportarten, wobei auch am Boden liegende Gegner geschlagen und getreten werden dürfen.
Die Gegner treten ohne jegliche Schutzkleidung gegeneinander an. Unter dem Deckmantel des Sports verherrlicht MMA extremste Gewalt. Dies können und dürfen wir in Deutschland nicht gesellschaftsfähig werden lassen.“
Da der Antrag von den beiden größten Landtagsfraktionen gestellt wurde – sie haben gemeinsam über 45 der 71 Sitze inne – ist er wenig überraschend angenommen worden. Das geplante Verbot bewegt die deutsche Freefight/MMA-Szene, die sich mit der Aufgabe konfrontiert sieht, den Kampfsport mit viel Lobbyarbeit aus der Schmuddelecke zu holen. Als solche ist auch der Artikel in der Ostsee-Zeitung zu bewerten.
Zunächst bleibt festzustellen, dass der Antrag im Landtag MV einige inhaltliche Fehler, die medial häufig kolportiert werden, aufweist, denn „ohne jegliche Schutzkleidung“ agieren die Kämpfer nicht, Tief- und Handschutz sind vorgeschrieben. Und selbst unter Profis ist beim Kämpfen nicht alles erlaubt. So ist es zum Beispiel nicht gestattet, einem am Boden liegenden Kontrahenten gegen den Kopf zu treten oder dessen Haupt mit Knien und Ellenbogen zu malträtieren. Faustschläge dagegen gelten als regelkonform.
Der größte deutsche Verband, die FFA (Free Fight Association) hat im Oktober 2009 ein Regelwerk für ihre Kämpfe entwickelt.
MARTIALE INSZENIERUNGEN VON GEWALT UND IHRE ZWEIFELHAFTEN ANHÄNGER
Grundsätzlich sprechen Kritiker den MMA den Sportsgeist ab und betonen die Inszenierung von Gewalt und Brutalität, während Fürsprecher nicht müde werden, vom gegenseitigen Respekt und der Fairness zwischen den Kontrahenten zu sprechen. Im Gegensatz zum Boxen werden die Kämpfe nicht im Ring, sondern bevorzugt in einem Käfig ausgetragen.
Das schütze angeblich die Sportler vor dem Herausstürzen aus der Kampfzone und die runde Form vermeide es, dass jemand in die Ecke getrieben würde. Nebenbei sieht es ungeheuer martialisch aus und suggeriert, dass nur der Gewinner des Kampfes den Käfig wieder verlassen dürfe.
Einen Eindruck dessen kann vielleicht diese amerikanische Knockout-Kollektion vermitteln.
Die in der Ostsee-Zeitung kommunizierte Handlungsmaßgabe des neuen Leiters der Greifswalder Lokalredaktion, Benjamin Fischer, ist eigentlich eindeutig. Er solle „die Umstrukturierung der Redaktion und die Online-Aktivitäten weiter voranbringen“.
In der gestrigen Ausgabe erschien ein von Redakteur Gerald Kleine Wördemann geschriebener unterzeichneter Artikel über Mixed Martial Arts. Ich beschäftige mich schon seit einigen Tagen mit dem Thema, daher kam mir der Text aus der nebenstehenden Infobox ungewohnt vertraut vor. Wenige Stunden später twitterte kaiderChef dann auch die im Artikel nicht angegebene Quelle, aus der großzügig kopiert wurde.
WÖRDEMANN GOES HEGEMANN
Wördemann Die Greifswalder Lokalredaktion übernahm für den Infokasten unverändert ganze Sätze aus der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia. Die übernommenen Passagen habe ich – der Anschaulichkeit wegen – rot eingefärbt.
HINTERGRUND
Mixed Martial Arts (zu deutsch „Gemischte Kampfkünste“) oder kurz MMA ist eine eigenständige, relativ moderne Art des Vollkontakt-Wettkampfes. Die Wurzel dieses Sportes ist das Pankration im Griechenland zur Zeit der ersten Olympischen Spiele. In Deutschland wurden die ersten MMA-Kämpfe Anfang der 90er-Jahre als sogenannte Mix-Fight-Galas organisiert. Dabei werden verschiedene Kampfstile ausgetragen, beispielsweise drei Boxkämpfe gefolgt von drei Kickboxkämpfen und dazwischen drei MMA-Auseinandersetzungen. Die Sportart steht oft in der Kritik, weil die Kämpfe auch am Boden noch weitergeführt werden können. Studien aus den USA zufolge ist das Verletzungsrisiko bei MMA nicht höher als bei konventionellen Box-Kämpfen.
(Ostsee Zeitung, 05.03.2010)
Hier wird nicht nur abgeschrieben und kopiert, sondern auch noch desinformiert. Wenn ich schon Wikipedia zu Recherchezwecken nutze, dann bitte mit Quellenangabe und korrekter Wiedergabe der übernommenen Informationen, beispielsweise handelt es sich bei den falsch übernommenen „Studien aus den USA“ nur um eine einzige Studie.
Hätte Wördemann die Redaktion nicht für einen Zeitungsartikel, sondern für eine universitäre Hausarbeit plagiiert, hätte er sie übrigens entsprechende Konsequenzen, vom endgültigen Nichtbestehen bis hin zur Exmatrikulation, riskiert.
FRAGLICHE ANGABEN ALS WAHRHEIT VERKAUFT
Der Wikipedia-Artikel zu den Mixed Martial Arts wurde von mehreren Nutzern editiert. Er trägt die Kennzeichnung
Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (bspw. Einzelnachweisen) ausgestattet. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf bitte der Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst. Bitte entferne zuletzt diese Warnmarkierung.
und sollte deswegen mit besonderer Vorsicht genossen werden. Wer hingegen die Wiki-Schnipsel in der Ostsee-Zeitung liest, nimmt das Geschriebene womöglich für bare Münze.
Ob man im Rostocker Verlagshaus mit dem „Voranbringen der Online-Aktivitäten“ wirklich meinte, Teil einer Copy&Paste-Kultur im Hegemannschen Sinn werden zu wollen, bleibt zu bezweifeln. Peinlich ist es für eine Redaktion allemal. Darüberhinaus blieben im Artikel die in meinen Augen spannenden Fragen ungestellt.
In den nächsten Tagen wird zum selben Thema auch ein Beitrag auf dem Fleischervorstadt-Blog erscheinen. Zum Wikipedia-Plagiat äußerte sich ebenfalls Ulrich Meyke auf seinem kritischen Ostsee-Zeitung-Blog.
Gerald Kleine Wördemann bat mich, diesen Beitrag zu löschen, da die Google-Suche nach seinem Namen zuerst auf diese Seite führt. Aus Gründen der Glaubwürdigkeit komme ich dieser Bitte nicht nach, mache aber nochmal ausdrücklich auf seinen Kommentar unter diesem Beitrag aufmerksam, in dem er darauf hinweist, dass nicht er, sondern die Greifswalder Lokalredaktion bei Wikipedia abgeschrieben hätte:
Oh, da haben Sie uns wohl offenbar auf dem falschen Fuß erwischt. Zu meiner Verteidigung möchte ich noch erwähnen, dass der beanstandete Hintergrund-Kasten überhaupt nicht von mir ist. Ursprünglich war der Artikel für einen anderen Zeitungsteil vorgesehen. Der Text wurde dann aber nur in Greifswald gedruckt und dabei entstand wohl auch der Kasten, der letztlich nur ein zusätzliches, erklärendes Element zum Haupttext ist.
Schon seit Monaten stand das Gerücht im Raum, dass in naher Zukunft ein Wechsel in der Chefetage der Greifswalder Lokalredaktion der Ostsee-Zeitung bevorstünde. Heute wurde die Nachricht zeitungsöffentlich und die Umbesetzung ist erfolgt.
Die Ära Amler, und nach einer achtundzwanzigjährigen Tätitkeit darf man beruhigt von einer Ära sprechen — ist gestern zu Ende gegangen.
Das Ende einer Ära
Dieser Satz klingt unwirklich, schließlich begleitete mich Amlers Arbeit seitdem ich Lesen kann. Nicht viele Jobs bieten so viele Potentiale, eine Stadt zu prägen und vielleicht sogar zu verändern, wie die Anstellung als Redaktionsleiter der einzigen lokalen Zeitung.
In dem im Dezember 2009 von Dirk Mellies und Frank Möller herausgegebenen Buch Greifswald 1989: Zeitzeugen erinnern sich erfährt der geneigte Leser mehr über den Menschen und Redakteur Reinhard Amler und seine persönlichen Wahrnehmungen der Greifswalder Wendezeit.
Wer mit der Ostsee-Zeitung unserer Zeit hart ins Gericht geht, kommt nicht umhin, beim Lesen des folgenden Zitates den tiefen Graben zwischen Amlers Anspruch und der Wirklichkeit zu registrieren. „Wechsel bei der Ostsee-Zeitung: Amler geht“ weiterlesen →
Im Greifswalder Lokalteil der gestrigen Ostsee-Zeitung ist ein sehr erhellender Artikel von Anke Lübbert über das Petruswerk erschienen. So habe sich Erzbischof Georg Maximilian Kardinal Sterzinsky für das Verhalten des hier schon häufig kritisierten Unternehmens entschuldigt.
In einem Brief des Kirchenvertreters an die grüne Bürgerschaftsfraktion heißt es:
„Mit Bedauern nehmen wir den Projektverlauf in Greifswald und für die Stadt Greifswald zur Kenntnis. […] Den Imageschaden, den ein solches Geschäftsgebaren des Petruswerkes mit sich bringt, insbesondere durch die Annahme, es handle sich um eine kirchliche beziehungsweise Bistumseinrichtung, beobachten wir mit Sorge“.
Die Entschuldigung des Erzbischofs mag zwar nur einen geringfügigen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des Hauses in der Stralsunder Straße haben, aber die Demaskierung des Petruswerkes und seines Geschäftsführers Douglas Fernando ist schon eine Menge wert. Der vollständige OZ-Artikel ist leider nur Abonnenten vorbehalten und hier zu finden.
Das Hausieren mit christlichen Werten, das Spekulieren mit denkmalgeschützten Häusern und andere — auch das Mira betreffende — Immobiliengeschäfte in Greifswald sind Inhalt eines Beitrages, der hier vor etwa sieben Monaten veröffentlicht wurde und auf den ich nochmals hinweisen möchte.
Deutschland, entblättert lautet der markige Titel eines aktuellen und unbedingt lesenswerten Artikels der ZEIT. Seit Montag ist der Beitrag auch in der Online-Ausgabe einsehbar.
Die mit dem Erich-Klabunde-Preis für sozial engagierten Journalismus ausgezeichnete Redakteurin Anita Blasberg und der Wirtschaftsjournalist Götz Hamann beschäftigen sich sehr ausführlich mit der deutschen Medienkrise – so es sich um eine Krise handelt – und beschreiben die problematische Melange aus fehlenden Anzeigenkunden, Sparmaßnahmen, sinkender Qualität und schlussendlich einer daraus resultierenden Bedrohung des demokratischen Systems.
Neben der Süddeutschen Zeitung geht es unter anderem um die Ostsee-Zeitung und den Nordkurier, um das seit vier Jahren geschlossene OZ-Büro in Anklam und den Wandel von Journalisten zu Content-Managern. „Erst spart man an der Qualität, dann verliert man Leser, dann spart man noch mehr, um die Verluste aufzufangen, und am Ende hat man die Zeitschrift kaputtgespart.“
Fehlende journalistische Qualität weist der Ostee-Zeitung-Blog der titelspendenden Zeitung mehrmals täglich nach. In Kombination mit den dort erscheinenden Artikeln rezipiert man gewissermaßen die kommentierte Ausgabe des Regionalblattes.
Die Ostsee-Zeitung druckt Artikel von Pressesprechern
Die Greifswalder Lokalredaktion der Ostsee-Zeitung schaffte es ebenfalls in den ZEIT-Artikel, wird dort gerügt und man schämte sich fast ein wenig, im Erscheinungsgebiet zu leben, wüsste man nicht bereits um die Problematik: „Die traditionsreiche Ostseezeitung druckt Artikel von Pressesprechern wie Dirk Lenz. Unter seinem Kürzel D.L. hat der Autor über die erfolgreiche Ausbildung an der Berufsfachschule Greifswald geschrieben – ohne die Erwähnung, dass er für deren Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist.“
Einen ausführlichen und erkenntnisreichen Kommentar über die Arbeit der Greifswalder Lokalredaktion hat auch der webMoritz-Vater Sebastian Jabbusch 2008 veröffentlicht.
Darin geht es um tendenziöse Berichterstattung vor der Oberbürgermeisterwahl 2008, um den WVG-Verkauf, den BiG-Skandal, den Umgang mit Pressemitteilungen und nicht zuletzt um das anfängliche Schweigen der Redaktion zur Schelsky-Affäre, die das hiesige CDU-Netzwerk in keinem guten Licht erscheinen ließ.
Aussitzen, abwarten, ausschweigen
Das Ausschweigen und Aussitzen hat sich in den vergangenen Jahren als mehr oder weniger erfolgreiche Handlungsstrategie der Redaktion erwiesen, sieht man von den schwindenden Leserzahlen und dem demolierten Image der Lokalzeitung ab. Zuletzt verzichteten die Medienmacher aus der Bachstraße darauf, ihre Greifswalder Leser und Leserinnen darüber zu informieren, dass Mitglieder der rechten Burschenschaft Rugia nachts das IKUWO angegriffen haben. Stattdessen gelang es, auch noch den sechsten Artikel zum tragischen Schicksal der Hündin Ira zu veröffentlichen.
„Die OZ ist eher das Verteidigungsorgan der herrschenden politischen Kräfte“ wusste ein Stadtpolitiker für Jabbuschs Kommentar zu berichten und Dr. Ulrich Rose von den kommunalen Grünen ergänzte: „Das große Problem am Greifswalder politischen Diskurs ist, dass dieser nicht existiert. Daran trägt die völlig recherchefreie Berichterstattung der Ostsee-Zeitung ein gerüttelt Maß Mitschuld. Die Lokalzeitung gehört zum schwarzen Block dazu.“
Bis zur Publikation seiner Fundamentalkritik im webMoritz und dem Greifswalder Stadtblatt war Jabbusch übrigens noch freier Mitarbeiter bei der Ostsee Zeitung. Danach musste er dort sicher nicht mehr nach einem Auftrag fragen. Übrigens hat sich inzwischen auch Bloggerkollege daburna mit dem Dossier beschäftigt.