Pop am Wochenende: Jan Degenhardt „Le Déserteur“

Die Reihe „Pop am Wochenende“ versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden.
degenhardtIn den vergangenen Jahren ist es um den Liedermacher Jan Degenhardt ruhig geworden. Der Sohn des berühmten 68-Singer-Songwriters Franz-Josef Degenhardt erreichte im Jahr 2000 den zweiten Platz im Wettbewerb Deutscher Folkförderpreis, der  inzwischen zum Deutschen Weltmusikpreis verwandelt wurde und jährlich beim Rudolstädter Tanz- und Folkfest vergeben wird.

Der Fachanwalt für Familienrecht war von 1990 bis 1993 als Dozent an der Universität Greifswald tätig und hat sich 1992 mit einer Kanzlei in der Hansestadt niedergelassen.

Sowohl sein Vater als auch sein Bruder Kai sind noch immer als Musiker aktiv und veröffentlichen stetig. Kai Degenhardt, seines Zeichens ebenfalls Liedermacher, ist heute Abend im St. Spiritus zu Gast.

degenhardt-kaiPolitische Lieder, Montagetechnik und „eigener Sound“ Kai Degenhardt zählt seine Musik zu dem Genre, das die Anglo-Amerikaner „Singer-Songwriter“ nennen und das bei uns unter „Liedermacherei“ läuft. Natürlich macht er politische Lieder – was auch sonst. Er schreibt und singt von sich und Gott und Welt und wie das alles zusammenhängt. Im landläufigen -sabinechristiansigen- aber ist seine Musikabsolut unpolitisch. Weder die Pendlerpauschale noch die Föderalismusreform werden von ihm auch nur im Ansatz textlich oder musikalisch behandelt.

Er bedient sich aus dem musikalischen Material der zeitgenössischen U-Musik, von Folk bis „Clicks’n Cuts“. Die verschiedenen Stilrichtungen benutzt er dabei für seine Zwecke. Das verdeutlicht er, indem er Ihnen Ihre musikalischen Sättigungsbeilagen entzieht. Der dabei mitunter entstehende musikalische Verfremdungseffekt gefällt ihm.

Fakten: 13.02. | 19.30 Uhr | St. Spiritus | 10 EUR / 8 EUR (erm.)

JAN DEGENHARDT „LE DÉSERTEUR“

Anbei ein Coverversion Jan Degenhardts von Boris Vians skandalösen Le déserteur, einem französischen Chanson, das seine militärkritische Stimme zur Zeit des französischen Algerien-Engagements erhebt. Es wurde 1955 von den Pariser Behörden zensiert.

Projekt „klein stadt GROSS“ geht in die nächste Runde

Im Oktober 2009 wurde der Sampler klein stadt GROSS, der neben verschiedenen Greifswalder Musikern auch neun bildende Künstler und Künstlerinnen präsentierte und später auch miteinander vernetzte, veröffentlicht. Die CDs sind inzwischen beinahe ausverkauft.

schlagzeugDerweil kündigt die Projektgruppe eine neue Veröffentlichung an und bittet dafür um Mithilfe, um abermals sowohl als künstlerische Plattform als auch als lokalkulturelles Sammelbecken dienen zu können.

Dieses Mal soll Filmkünstlern die Gelegenheit gegeben werden, ihre Arbeiten zu präsentieren. Im April wird daher statt einer CD eine DVD erscheinen, auf der Kurzfilme, Animationen und sonstige denkbare Varianten von bewegten Bildern zu sehen sein werden. Dazu sind alle Interessierten der Stadt aufgerufen, ihr Filmmaterial einzureichen. Inhaltlich sind dem künstlerischen Geist keine Grenzen gesetzt, denn auch diese Kompilation soll von Diversität und Individualität geprägt sein. Die besten Einsendungen werden dann in das DVD-Programm integriert.

Filmische Beiträge, ganz gleich, ob es sich dabei um Kurzfilme, Animationen oder etwas anderes handelt, sind bis zum – kein Witz – ersten April einzureichen. Die postalischen und elektronischen Kontaktmöglichkeiten findet man auf der KSG-Internetpräsenz.

Was wird außerdem auf der DVD sein? „Projekt „klein stadt GROSS“ geht in die nächste Runde“ weiterlesen

Pop am Wochenende: Plattattack “Die Alte Nummer 19 (AJZ)“

Die Reihe „Pop am Wochenende“ versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden.

Passender geht es kaum. Gerade sind die letzten Beats des rauschhaften Finales der Gedenkwoche We remember Café Quarks! verklungen, wurde auch das letzte Glas geleert und sieben Tage des inzwischen abgerissenen Freiraums kollektiv erinnert.

SPRATTELN FÜR DEN FREIRAUM

Bereits am Dienstag Abend wurde mit einer vom Wahlgreifswalder DJ Lofi Deluxe musikalisch begleiteten Vernissage die Ausstellung zum verlorenen Freiraum im IKUWO eröffnet. Ganz überraschend bereicherte Holler dort die Veranstaltung mit einer spontanen Prise Sprechgesang. Das vorgetragene Stück Die alte Nummer 19 (AJZ) entstand nach der Räumung des Hauses am Karl-Marx-Platz.

Bemerkenswert, dass die Räumung des AJZ/Café Quarks popkulturelle Outputs im weitesten Sinn provozierte, denn erst vor wenigen Wochen wurde das Stück An der Zeit veröffentlicht;  Antriebskraft war hier der Abriss des Gebäudes.

HIP-HOP NIEDERDEUTSCHER ZUNGE

Die alte Nummer 19 (AJZ) fällt aber eigentlich aus dem Rahmen des zugehörigen Albums Plattattack, denn das eigentümliche an der Veröffentlichung ist die Sprache. Wer rappt schon auf Plattdüütsch? Wie gut aber Hip-Hop niederdeutscher Zunge funktionieren kann, beweist das Stück Schicksal, das sich eher in Richtung Hamburg als nach Ostvorpommern aufmacht. Unbedingt anhören und einen festen Platz in der Playlist reservieren!

Schicksal (128 kBit/s)

Das komplette Album in wesentlich besserer Qualität (320 kBit/s) wurde von Holler zum kostenlosen Download freigegeben. Ein kurzer Videomitschnitt von der Vernissage steht ebenfalls zur Verfügung. Achtung Live!

Heute Abend Meinecke-Mitschnitte auf 98eins

Wie jeden Donnerstag wird heute Abend zwischen 20 und 22 Uhr auf radio 98eins die ZONIC-Radioshow ausgestrahlt. Das Format hat sich inzwischen durch den Weggang Alexander Pehlemanns in zwei Divisionen gespalten und seit geraumer Zeit hört man in Greifswald die Nordversion aus dem ZONIC-Hauptquartier, aufbereitet und moderiert von Martin Hiller.

zomicIn der heutigen Sendung werden Mitschnitte der Lesung von Thomas Meinecke über den Äther gejagt. Der Popliterat und der eigenen Einschätzung nach feministische Autor Meinecke las am 13. Januar aus seinem Roman Jungfrau und begeisterte ein interessiertes Publikum.

Vorabausschnitt der Sendung

Nach der Lesung legte Meinecke im Café Koeppen Jazz von Jutta Hipp und Mary Lou Williams auf. Beide Musikerinnen spielen auch in seinem Roman eine Rolle und Stücke von ihnen werden heute Abend auch unter den Worten des Popliteraten auftauchen.

Thomas Meinecke live

Auf seinem Blog geht Martin Hiller nochmal dezidiert auf Jungfrau ein und stellt dem Fleischervorstadt-Blog freundlicherweise vorab einen dreiminütigen Ausschnitt der Lesung zur Verfügung.

Ausschnitt der Meinecke-Lesung

(ein Klick auf den Link sollte ein flashbasiertes Abspielprogramm öffnen)

Hier geht es zum Livestream von radio 98eins, wo von 20 bis 22 Uhr die ganze Sendung zu hören sein wird.

Popkulturkenner Thomas Meinecke liest im Koeppen

Der Popliterat und Musiker Thomas Meinecke wird morgen nach Greifswald kommen und im Koeppenhaus aus seinem jüngsten Buch lesen. Der geborene Hamburger ist Gründungsmitglied der 1980 entstandenen Avantegarde-Band F.S.K., mit der er sogar beim legendären John Peel zu Gast sein durfte. Hier als Hör- und Augenschmaus das Video zum Stück Move on vom 1983 veröffentlichten Album Ca C’est Le Blues.

Das sich der Lesung anschließende Autorengespräch wird von Prof. Dr. Eckhard Schumacher begleitet werden, der damit der schon an anderer Stelle gehegten Vorfreude auf seine Präsenz Nahrung gibt. Er hat den Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literatur und Literaturtheorie an der Universität Greifswald inne und kann mehrere Publikationen im thematischen Kosmos Popkultur vorweisen. „Popkulturkenner Thomas Meinecke liest im Koeppen“ weiterlesen

Pop am Wochenende: RohlexXx „Halt deine Fresse“

Die Reihe „Pop am Wochenende“ versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden.

Um eine Woche voller politisch korrekter Fingerzeige würdig abzuschließen, werden diese Woche bei Pop am Wochenende ausnahmsweise weder Greifswalder Bands abgefeiert noch mittlerweile aufgelösten Projekten mit einer Träne im Knopfloch hinterhergeweint. Heute geht es um die düsteren Schattenseiten der Stadt.

Vor zwei Tagen veröffentlichte der Greifswalder Rapper RohlexXx das Album Zwischen Ordnung und Chaos und stellt darauf nicht nur geballte textliche Intellektualität zur Schau, sondern präsentiert zugleich das gefährliche Leben in der Gangsta-City Greifswald. Für das offizielle Video von Halt deine Fresse hat der selbsternannte Star des Greifswalder HipHop-Untergrundes auch gleich noch eine ganze Crew Gleichgesinnter hinter sich postiert, die – ihre Kaugummis im Rhythmus des faden Beats bearbeitend – neben einer gesunden Portion Furcht auch eine Menge Respekt einzuflößen vermag.

RohlexXx macht das survival of the fittest in den Ghettos der Hansestadt – gekennzeichnet von Jugendkriminalität, illegalem Waffenbesitz und Drogenkonsum – erfahrbar und veranschaulicht eindrucksvoll jene abgründige Welt, die hinter den bürgerlichen Fassaden Greifswalds steckt. Das Meisterwerk kann man zum sagenhaften Schnäppchenpreis von 5€ direkt und per Email beim gefährlichsten Musiker der Stadt bestellen.

Mütter und Väter, behütet eure Kinder!