Heute beginnt in Greifswald das einwöchige „festival contre le racisme“, eine bundesweit stattfindende Kampagne gegen Rassismus, Xenophobie und Ausländerfeindlichkeit.
Seit 2003 wird die in Frankreich geborene Kampagne „festival contre le racisme“ jährlich auch an deutschen Hochschulen durchgeführt, in diesem Jahr zum ersten Mal an der Universität Greifswald. Im Rahmen des Festivals werden verschiedene antirasstische Projekte, Vorträge und Partys organisiert und gemeinsam mit unterschiedlichen lokalen Initiativen, Vereinen und Hochschulgruppen durchgeführt.
Die Greifswalder Ausgabe des „festival contre le racisme“ beginnt heute Nachmittag mit einem von elektronischer Musik begleiteten Umzug („Bass ist Muss! ROSA gegen Rassismus!“) durch die Stadt und endet am kommenden Sonntag mit einem Länderstammtischbrunch im Garten des Stadtteilzentrums Schwalbe. Dazwischen finden unter anderem ein Begegnungstag im Willkommenszentrum Mole, ein Grillen mit den Landtagskandidaten der demokratischen Parteien sowie eine Filmvorführung („Die Kriegerin“) statt.
Besonderes gespannt sein darf man auf drei Vorträge — zum einen berichten Greifswalder Flüchtlingshelfer von ihrem Engagement in Griechenland im Frühjahr 2016, zum anderen lädt der Greifswalder Bildungsverein verquer am Donnerstag zu einem Vortrag über Populismus, Rassismus und die neue Rechte in Deutschland ein und schließlich wird der antifaschistische Fotojournalist Sören Kohlhuber am Wochenende über seine Arbeit berichten. Für Musik, Tanz und Zerstreuung wird beim Aktionstag im Klex sowie auf den beiden Partys im Mensaclub gesorgt.
Seit etwa einer Woche ist die Alternative für Deutschland (AfD) offiziell mit einem Kreisverband in Vorpommern-Greifswald vertreten — herzlichen Glückwunsch zum neuen Freundeskreis!
VON KOPF BIS FUSS AUF WAHLKAMPFMODUS EINGESTELLT
Zur Erweckungsveranstaltung kamen die 50 seit Parteigründung im Frühjahr beigetretenen Mitglieder und Förderer. Man traf sich im Heringsdorfer Hotel Wald und See — der seebädischen Alternative zu Greifswalder Tagungsorten — und schmiedete Zukunftspläne. Die frisch gekürte Vorsitzende Stefanie Voigt gibt sich in einer wenig später herausgegebenen Pressemitteilung optimistisch: „Euroskepsis erreicht endlich Vorpommern — alte Naive für Deutschland gründen Kreisverband“ weiterlesen →
Ich möchte eine Welt, in der Würmer und Insekten endlich wieder schmecken. Ich möchte eine Welt in der ich aus einer Toilette trinken kann, ohne Ausschlag zu bekommen.
Danke, dass ihr bei diesem Wetter nicht wie normale Menschen am Strand herumflegelt, sondern stattdessen unsere schöne Stadt von Aufklebern und Paste-Ups reinigt. Friede den Lütten, Krieg den paar Resten!
Herrlich! Nachdem sich zum Abschluss der vergangenen Woche die Ostsee-Zeitung mit dem Graffiti-Thema beschäftigte, sind inzwischen die ersten Reaktionen zu verzeichnen.
HOCHSCHILD: „DIE ERDE IST NUN MAL KEINE SCHEIBE“
Axel Hochschild, seines Zeichens stets zum Poltern bereiter Fraktionsvorsitzender der CDU Greifswald, schrieb flugs einen Online-Leserbrief an die Ostsee-Zeitung und nutzte die willkommene Gelegenheit, sowohl die Grüne Ulrike Berger als auch alle anderen Atomgegnerinnen in Misskredit zu bringen:
„Wenn Frau Berger nun meint, dass diese illegalen Sprayer nicht in den Reihen der Gastortransportgegner [sic!] zu finden seien, scheint sie wohl auf dem linken Auge blind zu sein. Die Erde ist nun mal keine Scheibe und der Gutmensch sollte mal zurück in die Realität finden.
Ich empfehle ihr doch mal das Buch Achtung, Gutmenschen von Dietmar Bittrich zu lesen.“ (OZ-Leserbrief)
Am heutigen Dienstag, also drei Tage später, erschien dieses Lebenszeichen auch nochmal in der Printausgabe. Die Redaktion muss Hochschilds Kommentar wohl für relevant genug erachtet haben, um ihn nochmal einer größeren Leserschaft vorzusetzen. Nebenbei: Das empfohlene Buch trägt den Untertitel Warum sie uns nerven. Womit sie uns quälen. Wie wir sie loswerden.
GRÜNE: „MISSACHTUNG DER UNSCHULDSVERMUTUNG“
Nun reagiert auch der Kreisvorstand von Bündnis 90/Die Grünen mit einer Pressemitteilung, erklärt die „Missachtung der Unschuldsvermutung“ für „nicht hinnehmbar“ und fordert die Stadt auf, die „haltlosen Anschuldigungen zurückzunehmen“. Willkommen in der Welt der schriftlichen Auseinandersetzung:
„Die Versuche der Stadt Greifswald, eine Verknüpfung zwischen Graffiti an Greifswalder Gebäuden und den jüngsten Anti-Atom-Protesten herzustellen, sind vollkommen haltlose Anschuldigungen. Wir fordern die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung auf, ihre Äußerungen entweder zu belegen oder zurückzunehmen. Die bisherigen Vorwürfe müssen schlicht als Verleumdung und grundlose Kriminalisierung bezeichnet werden.“ (Pressemitteilung)
Soviel zum Thema Provinzposse – eine offensichtlich ahnungslose Stadtverwaltung orakelt über die Urheberschaft eines Graffito, das in den vergangenen Wochen vielleicht ein Dutzend mal gesprüht wurde. Der CDU-Fürst Axel Hochschild kriegt in der Lokalzeitung seine Bühne und darf nochmal das aussprechen, was viele Leserinnen nach dem Lesen des Artikels gedacht haben und die Angegriffenen wehren sich mit einer Pressemitteilung – spannend geht anders.
SORGT MALERMEISTER HOCHSCHILD FÜR AUFTRÄGE?
Interessant wird es, denkt man in die gegenteilige Richtung: Dieser Tage wird in Nordwestmecklenburg eine Brandstiftungsserie aufgeklärt und wie so häufig bei gezielten Brandstiftungen ist der Täter wahrscheinlich ein Feuerwehrmann. Der Verdacht, dass ein Malermeister für die Graffiti verantwortlich ist, liegt zumindest in diesem Fall näher als die Vermutung, dass Atomgegner sprühten.
Immerhin hätte er erstens die entsprechende Berufserfahrung und zweitens ein handfestes Motiv. Denn zeigte sich, dass die ABS nicht fähig wäre, der Lage Herr zu werden, müsste die Stadt die dafür notwendige Kompetenz einkaufen und hierfür wäre der Malermeisterbetrieb Hochschild die erste Adresse. Damit auch dessen Nachttischchen nicht leer bleiben muss, sei an dieser Stelle die Lektüre von Frank Ungers und Richard Fabers Populismus in Geschichte und Gegenwart wärmstens empfohlen. Gute Nacht.
Manchmal kann man einfach nur noch den Kopf schütteln. Das geht dann von links nach rechts und wieder zurück. Diese Choreographie des Missmuts wiederholt sich einige Male und verebbt dann schließlich; zurück bleiben gerunzelte Stirn und bedrückte Mimik. Von Zeit zu Zeit und bei besonderen Tölpeleien will das Kopfschütteln, das in diesen Situationen eher einem Umherwerfen der Denkzentrale gleicht, partout nicht aufhören.
Liberale holten im politischen Niemandsland zum großen politischen Wurf aus
Dieses Gefühl ist vermutlich allgemein bekannt. Wer sich aber in experimentierfreudiger Nachempfindsamkeit üben möchte, wirft einen kritischen Blick auf diese weltfremde Pressemitteilung der Liberalen Hochschulgruppe aus Greifswald.
Der Vorsitzende Patrick Kaatz resümiert hier den Tag der deutschen Einheit und wie er ihn in Anklam bei einem Demokratiefest verbrachte. Bis hierhin scheint noch alles in Ordnung zu sein, aber dann wird offenbar, dass Kaatz entweder in einer anderen Stadt war oder die Zeichen der Zeit fehldeutete:
„Wir bezogen unseren Stand, eine von der Stadt gestellte Holzbude, zwischen Sozialdemokraten und der Linkspartei. Dort luden wir interessierte Bürger dazu ein, unliebsame Dinge, wie “Linksextremismus” oder “Hartz IV” beim Dosen werfen einfach mal “abzuwerfen”.
Für jeden Teilnehmer gab es anschließend ein Grundgesetz und für die Kleinen dazu noch Malbuch. Schnell sammelte sich eine kleine Traube von Menschen vor unserem Stand und den einen oder anderen Besucher durften wir im Verlauf des Tages häufiger begrüßen.
Außerdem zeigte sich Anklam an diesem Tag von seiner schönsten Seite. Neben strahlenden Sonnenschein blieben auch Besuche von Links- oder Rechtsextremisten größtenteils aus und es blieb für die Beteiligten ein schönes Volksfest.“
Populistisch gegen Populismus
Es gibt in Anklam wohl dringendere Probleme als den „Linksextremismus“ – in diesem Punkt sollte eigentlich ein Konsens bestehen. Und wenn ich schon nichts besseres zu tun habe, als Leibesübungen in Sachen Demokratie zum Rummelplatz-Spektakel zu degenerieren, dann nehme ich doch lieber die Dose mit der Aufschrift Populismus aus der Wurfbahn und sehe zufrieden und reinen Gewissens dabei zu, wie sich die Leute weiter auf Ziele wie Oskar Lafontaine, Kreisgebietsreform oder eben „Linksextremismus“ einschießen.
Die Förderung demokratischer Kultur ist sicher nirgendwo auf der Welt fehl am Platze, erst recht nicht in Anklam. Aber so platten Aktionismus, wie ihn die Liberale Hochschulgruppe hier beschreibt, braucht dort wirklich niemand und bringt die Peenestadt auch nicht weiter. Und die Sache mit dem Malbuch für die Kleinen kennen die Leute dort doch von ihren Kinderfesten, so diese nicht rechtzeitig verboten werden konnten.
Die Stirn ist runzelig, die Mimik bedrückt und mein Blick wandert immerfort von links nach rechts und wieder zurück.