Gestern Abend ist der Chefredakteur des studentischen Moritz Magazins, Alexander Müller, mit sofortiger Wirkung und aus „persönlichen Gründen“ (webMoritz) zurückgetreten. Erst vor zwei Wochen wurde der Student der Germanistik und Politikwissenschaft zum zweiten Mal in die Position gewählt, die er bereits ab Mai 2009 ein langes Jahr lang bekleidete. Wieso der plötzliche Rücktritt?
BÖSE WORTE STATT KÜHLES BIER
Der webMoritz tickerte unmittelbar vor dem Beginn der gestrigen StuPa-Sitzung den Rückzug des Chefredakteurs:
Eine Rücktrittserklärung ist kurz vor der StuPa-Sitzung eingegangen. Alexander Müller, der vor zwei Wochen erneut zum Chefredakteur des moritz Magazins gewählt wurde, ist mit sofortiger Wirkung aus persönlichen Gründen zurückgetreten. Heute hätte eigentlich eine Personaldebatte um ihn stattfinden sollen. Grund hierfür: Sein Verhalten bezüglich AStA-Referenten Maximilian Willmann während der 24-Stunden-Vorlesung. (webMoritz)
Das klingt einigermaßen harmlos, aber in den Kommentaren zum Ticker wurde deutlicher, was am Rande der vom AStA organisierten 24-Stunden-Vorlesung, die am vergangenen Wochenende stattfand, passiert sein soll. Dort habe Alexander Müller den Referenten für Kultur, Sport und Erstsemesterwoche, Maximilian Willmann, massiv beleidigt. Den Ausfällen vorausgegangen sei, dass dem alkoholisierten Chefredakteur weiteres Bier verweigert worden wäre.
(Foto: Moritz Medien)
„DU CREMST DIR DOCH DIE STIRN EIN“
Über Twitter und in den Kommentaren des webMoritz wurden seit gestern von verschiedenen Nutzern Beleidigungen wie „Homofürst„, „Schwuchtel„, „Arschlecker“ oder „Du cremst dir doch die Stirn ein“ zitiert, die Müller an den homosexuellen Referenten adressiert haben soll.
Um einer Personaldebatte im Studierendenparlament zu entgehen, hat der Chefredakteur nun die Flucht nach vorn angetreten und sich selbst seines Amtes entledigt. Der webMoritz umschifft das Thema so gut es geht, editiert entsprechende Kommentare und ist vielleicht auch ein bisschen froh darüber, wie alle anderen Gäste der gestrigen StuPa-Sitzung von der Aussprache zur 24-Stunden-Vorlesung ausgeschlossen worden zu sein.
Denn so erspart man sich eine allzu deutliche Positionierung, wird die zuweilen an Corpsgeist grenzende Loyalität innerhalb der Moritz-Gemeinde nicht ernsthaft gefährdet. Jetzt bleibt normalerweise nur noch, auf eine Pressemitteilung des AStA zu warten, in der man die ‚Empörung‘ und ‚Erschütterung‘ über den Vorfall kommuniziert. Und das war es dann dazu.
MÜLLER MUSS SICH ÖFFENTLICH ENTSCHULDIGEN
Dabei wäre der ambitionierte Jungjournalist, dem es sicher an vielem, aber gewiss nicht an Selbstbewusstsein mangelt, gut damit beraten, sich öffentlich für die homophoben Beschimpfungen zu entschuldigen und sich nicht auf diese Weise aus der Verantwortung zu stehlen. Als ehemaliger Chefredakteur sollte er doch beste Verbindungen in die eigene Redaktion haben, um einer derartigen und vor allem gedruckten Entschuldigung die angemessene Öffentlichkeit zu verleihen. Das wäre Rückgrat!
Vielleicht liegt der Hund aber auch an anderer Stelle begraben und Alexander Müller bereut nicht die geäußerten Beleidigungen und deren zugrundeliegende Denkmuster, sondern allenfalls die Konsequenzen, die seine bierselige Unbeherrschtheit schlussendlich hervorriefen. Dabei hätte er es besser wissen können, denn nur eine Wand trennt die Redaktionsräume des Printmagazins von denen der Fernsehverantwortlichen, die gestern gleich drei kurze Clips zu Homophobie und Sexismus veröffentlichten:
CORPS MORITZ SCHWEIGT, SCHMOLLT ODER DREHT KURZFILME FÜR DEN ASTA
Der Printmoritz ist also wieder auf der Suche nach einer vollständigen Chefredaktion, denn ohne Müller dürfte die Arbeit nicht weniger werden, entsprechende Verärgerung wird sich dort ob der gewachsenen Belastungen breitmachen. Die Online-Kolleginnen haben sich bislang mit deutlichen Positionierungen zurückgehalten und sind vermutlich durch die beschriebenen Loyalitäten wenig beweglich.
Moritz TV dreht antihomophobe Kurzfilme und leistet damit erste Beiträge zu den vom AStA organisierten Aktionstagen gegen Homophobie und Sexismus, dessen schwuler Referent Willmann wiederum vom Moritz-Chefredakteur homophob verunglimpflicht wurde. So arbeiten sich alle aneinander ab.