Fahrraddiebstadt Greifswald: Stehenbleiben, angucken, weitergehen

Eine Fahrradstadt in jeder Hinsicht: Mehr als tausend Velos wechseln jedes Jahr in Greifswald ungefragt ihre Besitzer. „Chat von gestern Nacht“ liefert einen Erklärungsversuch für die velophilen Eigentumsdelikte. 

Lange Finger, dünne Schlösser und dann ist das heißgeliebte Fahrrad von Opa plötzlich nicht mehr da. Die Rückseite der fahrradstädtischen Medaille ist von schweren Verlusten gezeichnet: Zwar ist die Zahl der Fahrraddiebstähle in Greifswald in den vergangenen Jahren auf weniger als die Hälfte gesunken und es wird codiert, bis die Fräse glüht, aber trotzdem ist die Hansestadt neben Rostock landesweiter Brennpunkt dieser perfiden Attacken auf den nichtmotorisierten Individualverkehr. Bicycle Theft Culture wäre das mit noch mit Inhalten aufzupumpende Stichwort für die Polizeisoziologen unter uns, die eine Gesellschaft danach befragen sollten, wie sich ihre Mitglieder in Sachen Radraub zueinander verhalten. Wie funktioniert ein System, in dem die Entführung unserer Liebsten geduldet und zugelassen wird — ob am helllichten Tag oder in finsterer Nacht? Die Antwort gab unlängst anekdotenhaft der „Chat von gestern Nacht“: erstaunlich reibungslos.

fahrraddiebstahl greifswald

(Screenshot: facebook.com/chatvongesternnacht)

Lesung: Andrea Röpke über Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern

In ihrem Buch Gefährlich verankert analysierte Rechtsextremismusexpertin Andrea Röpke im vergangenen Jahr die vielen Facetten rechtsextremer Strömungen in Mecklenburg-Vorpommern. Am Donnerstag wird die Autorin das Buch im St. Spiritus vorstellen und ihre Befunde diskutieren.

Die durch ihren regionalen Fokus einzigartige Analyse Gefährlich verankert – Rechtsextreme Graswurzelarbeit, Strategien und neue Netzwerke in Mecklenburg-Vorpommern gibt einen differenzierten Überblick über unterschiedliche Milieus und soziale Gruppen mit rechtsextremen Bezügen und Verbindungen, die von Bürgerwehren und Rockern über Siedlergemeinschaften bis zu Autonomen Nationalisten reichen. In dem Buch tauchen auch mehrere Vorfälle, Personen und Strukturen aus Greifswald auf.

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Greifswald wehrt sich: „Jetzt gibt’s auf die Fresse!“

Mit einer handfesten Drohung kehrte die Gruppe „Greifswald wehrt sich“ heute Nachmittag aus ihrer Versenkung zurück und kündigte auf Facebook körperliche Übergriffe an.

Die unselige Geschichte der Greifswalder Pegida-Metastase FFDG begann am 21. September 2015 mit einer unangemeldeten Demonstration der Gruppe „Greifswald wehrt sich“. Etwa 150 Personen zogen damals durch die Innenstadt, skandierten Parolen wie „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“ und legten damit den Grundstein für eine bis heute andauernde Serie besorgtbürgerlicher Demonstrationen. Die wurden von der alsbald gegründeten, islamfeindlichen Gruppe FFDG — eine Abkürzung des irreführenden Titels „Frieden, Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit“ — organisiert, angemeldet und durchgeführt. „Greifswald wehrt sich: „Jetzt gibt’s auf die Fresse!““ weiterlesen

Anwohnerversammlung zur Flüchtlingsunterkunft Brandteichstraße

Zur geplanten Flüchtlingsunterkunft in der Brandteichstraße findet am Mittwoch eine Anwohnerversammlung statt. Derweil schürt die rechte FFDG im Internet Bedrohungsszenarien und träumt von Angstschweiß und Eskalation. 

Am 3. Februar wurde offiziell bekanntgegeben, dass in der Brandteichstraße eine Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 500 Flüchtlinge entstehen soll. Das leerstehende Gebäude, in dem die Umbau- und Sanierungsarbeiten bereits begonnen haben, soll im Zeitraum April bis Mai bezogen werden.

gemeinschaftsunterkunft brandteichstrasse greifswald

(Foto: Fleischervorstadt-Blog)

Wie angekündigt, findet nun eine Versammlung statt, bei der die unmittelbaren Anwohner von Verwaltung und Landkreis über die Unterkunft informiert werden und Fragen stellen können. Hierfür wurden an über 500 Haushalte, die im Umkreis von 400 Metern zur geplanten Unterkunft liegen, Einladungen für das Treffen in der Sporthalle der Beruflichen Schule verschickt. Weiterhin wurden die Vorstände der anliegenden Kleingartenvereine, anliegende Unternehmen sowie der Vorsitzende des Ortsrates Innenstadt, Erich Cymek (CDU), zu der Versammlung eingeladen. Es werden dort Einlasskontrollen angekündigt, um sicherzustellen, dass alle eingeladenen Personen an der Veranstaltung teilnehmen können.

FFDG-Stellvertreter: „Dem Bürgermeister muss beim Verlassen dieser Sprechstunde der Angstschweiß auf der Stirn stehen“

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Hochheim verzichtet auf Berufung, Fassbinder bleibt Oberbürgermeister

Jörg Hochheim geht nach der sieglosen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Greifswalder Oberbürgermeisterwahl nicht in Berufung. Der Grüne Gemeinschaftskandidat Stefan Fassbinder bleibt im Amt.

„Ich habe ich mich entschieden, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald keine Rechtsmittel einzulegen.“ Ist das der Anfang vom Ende eines quälend langen Schauspiels, dessen Unterhaltungsradius im vergangenen halben Jahr weit über die Stadtgrenzen hinausreichte und bundesweit für Unterhaltung sorgte? In dem geschachert und spekuliert wurde wie in einer vorpommerschen Mikroausgabe der Politikserie House of Cards, nur halt ohne U-Bahn-Tote?

OB-Wahl Greifswald Hochheim

(Montage: Fleischervorstadt-Blog, Fotos: Fleischervorstadt-Blog, Media Rights Capital,
Trigger Street Productions)

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Bankgeheimnis: Gelegenheit macht Liebe

Von der kalten Schulter des Kapitalismus kann keine Rede sein — in Greifswald musste am Sonntagvormittag eine Bankfiliale kurzerhand als Liebesnest herhalten.

„Bitte nicht nachmachen!“ lautet der erste Satz in der Polizeimitteilung, die sich mit einem amourösen Zwischenfall in Greifswald beschäftigt. An dem Ort, der sonst höchstens für Zahlungsverkehr berühmt ist, hat sich am Sonntagvormittag ein junges Paar einander hingegeben und es sich in der innerstädtischen Bankfiliale zwischen den Geldautomaten gemütlich gemacht. Das teilte die Polizei mit, nachdem sie die Aufnahmen der Überwachungskamera eingesehen hat. Grund für die polizeiliche Ermittlung dürfte dabei vor allem die Sachbeschädigung an einem Teil des Diskretionssegels zwischen den Geldautomaten sein, der auf das Konto der Frau gehen soll, die sich nach dem Liebesakt vergriffen hätte.

geldschein liebe (Foto: Benjamin Klack  / pixelio.de)

Für die Polizei in Greifswald sind solche Aufnahmen bislang noch Neuland und die Auswertung des gesamten Filmmaterials steht noch aus. Dem Pärchen raten die Beamten aber, sich wegen der Sachbeschädigung unverzüglich bei der Polizei zu stellen. Für ihr Vergehen sollen sich die Beteiligten nicht schämen müssen — die Kameras haben keine Tonspur aufgenommen und das Liebesspiel wurde nur als Stummfilm festgehalten. Das Bankgeheimnis ist auch nicht mehr das, was es mal war.

  • Was alles so in einer Bank passiert (PM Polizei, 08.02.2016)