Neues von der NPD-Demo: 1000 Polizisten, Videos aus dem Archiv, Fortschritte beim Bündnis und Angriffe auf Antifaschisten

Wie die Schweriner Volkszeitung berichtet, sollen bei der angemeldeten NPD-Demonstration am 1. Mai in Greifswald 1000 Polizeibeamte im Einsatz sein, um „Krawalle zu verhindern“. Die Beamten werden dabei unter anderem von einer Hundertschaft sächsischer Bereitschaftspolizisten unterstützt.

Gewaltfreie Sitzblockaden

Die Zeitung zitiert den Sprecher des Landesinnenministeriums, Olaf Seidlitz: „Aufgrund der im Internet kursierenden Blockadeaufrufe und den Erfahrungen mit so genannten antifaschistischen Versammlungen gehen wir davon aus, dass auch gewaltbereite Linksextremisten versuchen werden, an den Protesten teilzunehmen.“ Der Himmel wird sich verdunkeln und die Gewalttäterinnen werden auf schwarz-roten Rössern herangeprescht kommen – fürchten Sie sich auch schon?

Im folgenden Video vom 14.1.2001 kann man einen Eindruck davon gewinnen, wie  sogenannter „gewaltbereiter Linksextremismus“ und Blockaden gegen NPD-Demonstrationen zusammenhängen. Am Anfang des Videos ist übrigens der von Arthur König angeführte Demonstrationszug zu sehen, der sich auf seiner ganz eigenen Route den Neonazis „entschieden in den Weg stellte“, während der NPD-Zug tatsächlich an völlig anderer Stelle temporär aufgehalten wurde.

Sie werden marschieren — wir werden (friedlich) blockieren!

nazis blocken!Trotz des vom Greifswalder Oberbürgermeister ausgesprochenen Verbotes ist damit zu rechnen, dass die geplante Demonstration stattfinden wird. Die Universität wirbt dafür, dass die Uni-Mitglieder und alle, die sich mit ihr verbunden fühlen, sich um 8:45 Uhr am Rubenow-Denkmal treffen, um von dort gemeinsam auf den Marktplatz und weiter zum Demokratiefest am Trelleborger Weg zu laufen.

Das Bündnis Greifswald Nazifrei ruft im Gegensatz dazu auf, die NPD-Demonstration tatsächlich zu blockieren und sich den Nazis in den Weg zu stellen beziehungsweise zu setzen. Mit Gewaltbereitschaft hat das nichts zu tun, sondern mit Zivilcourage! Der gemeinsame Aktionskonsens bringt das auch zum Ausdruck:

  • Wir leisten zivilen Ungehorsam gegen den Naziaufmarsch.
  • Von uns geht dabei keine Eskalation aus.
  • Unsere Massenblockaden sind Menschenblockaden.
  • Wir sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern.

Dass so eine Blockade erfolgreich verlaufen kann, zeigt dieses Video des zweiten Greifswalder Nazi-Aufmarsches im Jahr 2001. Gut erkennbar beteiligten sich an dieser Aktion nicht nur die vom Landesinnenministerium und der Schweriner Volkszeitung herbeiorakelten „gewaltbereiten Linksextremisten“, sondern ein milieuübergreifender Teil der Gesellschaft – bunt und friedlich.

„Ich blockiere, weil sich so gut wie alle anderen Aktionsformen als unwirksam erwiesen haben“

Das Bündnis rechnet ebenfalls fest mit einer Genehmigung der verbotenen NPD-Demonstration und vermeldete, dass es inzwischen bereits eine Sanitäterinnen- und eine Volxküchencrew gäbe: Veggie-Burger statt Gesicht-zeigen-Bratwurst!

Beeindruckend sind auch die landesweiten Mobilisierungsveranstaltungen, die in den kommenden Tagen nicht nur in Greifswald, sondern auch in Neubrandenburg,  Rostock, Burg, Wismar, Schwerin, Berlin, Ribnitz-Damgarten und Potsdam stattfinden werden. Organisiert werden sollen auch einige Busse, die auswärtige Demonstrierende nach Greifswald bringen sollen.

Eine schöne Idee ist außerdem das Einrichten der neusten Rubrik auf dem Blog des Bündnisses: Ich blockiere weil…. Dort sind alle dazu eingeladen, mit einem Statement die eigene Intention, sich an der Blockade zu beteiligen, zu erklären.

Versuchter Angriff auf Nazi-Gegnerinnen

Bei Indymedia tauchte gestern die Meldung auf, dass eine Gruppe Jugendlicher beim Plakatieren in der Nacht zum 18. April nur knapp einem offensichtlich neonazistisch motivierten Angriff am Hafen entgehen konnte. Dort heißt es: „Es war bereits früh geworden, als sich drei Männer einer Personengruppe näherten, die unterwegs waren, um Plakate zu verkleben.  Gegen zwei Uhr morgens trafen im Stadthafen die beiden Personengruppen aufeinander. Einige Meter entfernt begannen die Angreifer sich zu vermummen. Geistesgegenwärtig entschloss sich der Plakatiertrupp zur sofortigen Flucht. Die drei nun vermummten Männer eilten ihnen hinterher. Mit den Worten „Scheiß Antifa“ und „Wir kriegen euch“ dürften sowohl Absicht und Motiv erkennbar werden.“

Ob es angesichts eines solchen Ereignisses klug ist, die Proteste gegen den Greifswalder Naziaufmarsch als „gewaltbereit“ zu diskreditieren, darf bezweifelt werden. Der Landesverband der NPD reagierte auf das Demonstrationsverbot siegesgewiss und kündigte an, dass am 1. Mai „die volkstreue Bewegung Mecklenburg [sic!] und Pommerns in Greifswald ihren Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse, für die Freiheit und das Wohl des Volkes auf die Straße tragen“ würden. Das könne durch „König, Dembski und Co“ nicht verhindert werden.

In diesem Punkt darf der NPD ausnahmsweise wirklich zugestimmt werden: König und Dembski werden mit einem Demokratiefest keine Demonstration verhindern. Entscheidend wird also sein, wie viele Menschen gewillt sind, persönlich Platz zu nehmen, damit Greifswald der NPD eine klare Absage erteilt.

Protest gegen geplante NPD-Demo formiert sich

Wie bereits am 22. März angekündigt, beabsichtigt die NPD, am 1. Mai in Greifswald eine Demonstration unter dem Motto Unsere Heimat – unsere Arbeit. Fremdarbeiterinvasion stoppen durchzuführen.

In den vergangenen Wochen fanden mehrere Treffen verschiedener Gruppen statt, die mit unterschiedlichen Aktionen ihren Protest dagegen zum Ausdruck bringen wollen  beziehungsweise gewillt sind, den Aufmarsch der Nazis zu blockieren.

GREIFSWALD IST BUNT – KEIN ORT FÜR NEONAZIS

Die Greifswalder Stadtverwaltung teilte vor wenigen Tagen via Pressemitteilung mit, dass sich rund 70 Vertreterinnen von unterschiedlichen Initiativen, Verbänden, Vereinen, Einrichtungen und Unternehmen im Rathaus zu einer „ersten großen Abstimmungsrunde“ trafen und sich darüber verständigten, wie man den Nazis entgegentreten könnte.

Oberbürgermeister Arthur König (CDU), der bei früheren Protesten gegen NPD-Stände in Greifswald darauf verzichtete, Gesicht gegen Nazis zu zeigen, und stattdessen amtshelfend der Polizei ermöglichte, aus dem Rathaus heraus die spontan initiierte Gegendemonstration zu fotografieren oder sich in unmittelbarer Nähe von Journalisten als Oberhaupt der Fahrradstadt Greifswald ablichten ließ, resümierte das Treffen wie folgt:

Die Runde hat gezeigt, dass diese Ereignisse bei vielen noch gegenwärtig sind. So ist beispielsweise geplant, das schon lange vorbereitete Fest der Demokratie mit anderen Aktionen zu verbinden und die Stadtteile Schönwalde I und II mit einzubeziehen. Dort wird die angemeldete Route der NPD entlangführen. Alle sind sich einig, dass die Aktionen friedlich ablaufen sollen. Gemeinsam rufen wir alle Greifswalder auf, sich einzubringen.

Die Ideen reichen, so die Pressemitteilung weiter, „von einem Bündnis der Schulen, über Plakataktionen und Konzerten hin zu Stadteilfesten, Menschenketten und einer Gegendemo“. Ursprünglich war angedacht, ein Demokratiefest auf dem Marktplatz zu veranstalten.

npd demo greifswald route

(Foto Arthur-König-Plakat: daburna)

AUFRUF ZUR BLOCKADE: BITTE SETZEN SIE SICH…

Neben diesem Reaktivierungsversuch der zwischenzeitlich ruhenden Freitagsrunde hat sich außerdem unter dem Namen Greifswald Nazifrei ein Bündnis alternativer und zivilgesellschaftlicher Initiativen, Vereine und Einzelpersonen gegründet, das das Ziel verfolgt, den Naziaufmarsch am 1. Mai zu verhindern. Es will deutlich machen, dass Nazis und ihre Ideen „weder in Greifswald noch anderswo erwünscht sind oder geduldet werden“ und kündigt an, mit „friedlichen, aber entschlossenen & massenhaften Menschenblockaden den Naziaufmarsch in Schönwalde“ zu verhindern.

Unter dem Motto Nazis blockieren! … bitte setzen ruft dieses Bündnis dazu auf, sich an den Blockadeaktionen zu beteiligen. Der Aktionskonsens dieser Gruppe wird in vier Punkten zusammengefasst:

  • Wir leisten zivilen Ungehorsam gegen den Naziaufmarsch
  • Von uns geht dabei keine Eskalation aus
  • Unsere Massenblockaden sind Menschenblockaden
  • Wir sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern.
nazis blocken!

Das Bündnis mobilisiert inzwischen für eine möglichst massenhafte Beteiligung an der Blockade und funkt dabei auf allen Kanälen. So wurde inzwischen zum Beispiel ein eigener Account beim Microblogging-Dienst Twitter eingerichtet, dem insbesondere am 1. Mai eine wichtige Rolle zuteil werden wird – hoffentlich unter dem Hashtag #nazishgw. Die Devise auf dieser Plattform heißt follow and retweet!

Auch beim größten sozialen Netzwerk Facebook ist das Bündnis zugange und hat eine eigene Seite für die Blockade des Naziaufmarsches eingerichtet. Hier werden die aktuellsten Informationen zum Protest gegen die NPD-Demonstration geteilt und vor allem wird breit für den Widerstand mobilisiert. Like and share sind die Zauberwörter dieser Plattform und zur genannten Facebook-Seite geht es hier.

GREIFSWALD IST KEIN PLATZ FÜR NAZIS!

Dieses Bündnis wurde gegründet, um sich dem Naziaufmarsch entgegenzustellen, beziehungsweise entgegenzusetzen. Um dieses Ziel in einer Gegend umzusetzen, in der die Straßen breit und die Umleitungsmöglichkeiten vielgestaltig sind, braucht es vor allem viele Aktivistinnen, die sich an diesem Protest beteiligen und die Bratwurst aus der Hand geben.

In diesem Sinne sind alle – ob jung oder alt – dazu aufgerufen, sich an den Blockaden zu beteiligen, für sie zu werben und zu mobilisieren, um zu zeigen, dass in Greifswald kein Platz für Nazis ist. Tragt es weiter, teilt und retweetet, bis die Drähte glühen! Bringt eure Klassenkameraden, die Oma, ja, den ganzen Sportverein mit! Lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen und zeigen, dass Greifswald kein ruhiges Pflaster für die NPD ist!

Tag der Arbeit in Greifswald: NPD-Demo blockieren!

Der NPD-Landesverband will wie in den vergangenen Jahren den Tag der Arbeit vereinnahmen und hat für den 1. Mai eine Demonstration mit 500 Teilnehmenden in Greifswald angemeldet.

Sie marschieren wieder

Nach Angaben der Greifswalder Stadtverwaltung sollen die beiden NPD-Landtagsabgeordneten Tino  Müller und Udo Pastörs als Redner auftreten. Pastörs wurde 2010 wegen Volksverhetzung zu einer Haftstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt. Eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung  sprach davon, dass sich der Widerstand gegen die Nazi-Demo erst formiere und entsprechende Aktionen bereits in Planung seien.

Einem anonymen Hinweis zufolge, soll die Demonstration am Greifswalder Südbahnhof beginnen und über die Beimler- und Hertzstraße zur Lomonossow-Alle führen. Von dort geht es über den Dubna-, Thälmann- und Liebknechtring durch die Krullstraße zurück auf die Beimlerstraße und schließlich wieder zum Südbahnhof.

NPD Demo Route Greifswald

Das Spiel mit der Angst des kleinen Mannes

Das Motto der Demo, Unsere Heimat – unsere Arbeit. Fremdarbeiterinvasion stoppen, steht ganz im Zeichen des Migrationsmagneten Greifswald, wo sich der Ausländeranteil in den vergangenen fünf Jahren auf einem konstant niedrigen Niveau zwischen 3,1% (2010) und 3,3% (2008) bewegt – von einer „Invasion“ also gar keine Rede sein kann. Die NPD zielt wie so oft auf existentielle Nöte der Bevölkerung, schürt Angst vor „Überfremdung“ und dem Verlust der Lohnarbeit.

Die Stadtverwaltung teilt unterdessen mit, sich der Demo „auf breiter Front entgegenstellen“ zu wollen. Oberbürgermeister Dr. Arthur König kündigt an, in Zusammenarbeit mit der Polizei versammlungsrechtliche Schritte prüfen zu wollen: „Dabei wird auch entschieden, ob Voraussetzungen für ein Versammlungsverbot vorliegen. Sollte die Chance bestehen, die Demo zu verbieten, werden wir diese natürlich nutzen. Parallel dazu sind alle Greifswalder aufgerufen, sich gemeinsam der NPD entgegenzustellen. Wir wollen den menschenverachtenden Parolen mit bunten und vielfältigen Aktionen antworten. Dazu sind die Ideen aller Demokraten gefragt.“

Oberbürgermeister König verklärt den Protest gegen die NPD

Am Montag soll sich das erweiterte Präsidium der Bürgerschaft zusammenfinden, um „über Parteigrenzen hinweg eine gemeinsame Strategie zu finden. Darüber hinaus lädt der Oberbürgermeister für die kommende Woche Vereine, Verbände, Initiativen und Einrichtungen ins Rathaus ein, um Ideen zu entwickeln und gemeinsame Aktionen zu planen.“ König kündigt an, bei den Vorbereitungen auf die Erfahrungen von 2001 zurückgreifen zu wollen, als sich „7000 Greifswalder erfolgreich dem letzten NPD-Aufmarsch entgegenstellten“. Dass die bürgerliche Demonstration damals einer völlig anderen Route folgte, unterschlägt er leider genauso wie den brutalen Polizeieinsatz gegen jene, die sich tatsächlich den Nazis in den Weg stellten.

Zum damaligen Protest hier ein Auszug eines Demoberichts:

„Zu der offiziellen Gegendemonstration kamen, für viele sehr überraschend, über 7000 Leute zusammen. Da diese Demo an keiner Stelle in die Nähe der NPD-Demo langführte, hielten sich viele Menschen in der Nähe der NPD auf. Etwa 50-60 Menschen versuchten, die Straße zu blockieren, um den Nazi-Aufmarsch aufzuhalten. Die Polizei, sichtlich kopflos und unprofessionell, räumte die Blockade mit einer absolut überraschenden Brutalität. Auch zwei weitere Blockadeversuche einige Meter weiter wurden sofort und brutal abgeräumt. Dabei wurden einige Teilnehmerinnen verletzt und insgesamt zwölf Menschen verhaftet. Von der Reaktion der Polizei überrascht kamen keine weiteren Sitzblockaden mehr zustande und die Nazis konnten ihren Aufmarsch (unter phantasievollem Protest) zu Ende führen. Trotzdem gelang es einigen Leuten noch, Pferdemist auf der Straße zu verteilen.

Im Nachhinein wurde in der regionalen Presse der Tag sehr überbewertet und als grandioser Erfolg gefeiert. Glücklicherweise war die Wahrnehmung der Presse so differenziert, daß die Blockadeversuche als absolut gewaltfrei und der Polizeieinsatz als sehr brutal dargestellt wurde.“

Bis zum 1. Mai sind es noch fast sechs Wochen – Zeit genug, für einen überregionalen und effektiven Widerstand zu werben und die Nazis am Tag der Arbeit erfolgreich zu blockieren. Die Stadtverwaltung will gemeinsam mit verschiedenen Einrichtungen ein Demokratiefest auf dem Markt veranstalten. Ob man mit dieser Art von Aktionismus einen Naziaufmarsch verhindern kann, bleibt zu bezweifeln. Ein Hauch Dresden liegt in Luft. Tag der Arbeit — es gibt viel zu tun!

Vortrag und Swingparty: Leipziger Jugendkulturen gegen das NS-Regime

Morgen findet im IKUWO der Auftakt einer Veranstaltungsreihe statt, die mit Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl im September und den zu befürchtenden Wiedereinzug der NPD eine eigene, vielseitige Auseinandersetzung mit rechten Umtriebigkeiten anbieten wird.

Meuten, Gangster und Swingkids gegen das Naziregime

Den Anfang markiert ein Blick zurück in die NS-Zeit, konkret wird es hierbei um Jugend- und Subkulturen und vor allem deren Widerstand gegen das Naziregime gehen. Dabei soll der Fokus nicht auf die bekanntesten Gruppen wie die Weiße Rose oder die Edelweißpiraten gelegt werden. Stattdessen wird am Fallbeispiel Leipzig aufgezeigt, wie vielfältig die jugendliche Opposition gegen die Nazis aufgestellt war, die sich aus  Broadway-Gangstern, Jungkommunisten, Swingkids, Bündischen,  Pfadfindern und den Meuten rekrutierte.

Swingkids

Die Leipziger Meuten waren Ende der Dreißiger Jahre mit bis zu 1500 Mitgliedern die damals größte oppositionelle Jugendbewegung Deutschlands. „HJ-Heime wurden überfallen, Flugblätter verteilt, über ein Deutschland ohne Nazis diskutiert. Und an den Wochenenden ging es wandern in die Natur. Bis nach Berlin zeigten sich NS-Funktionäre und Juristen verunsichert. Es folgten Massenverhaftungen, Prozesse vor dem Volksgerichtshof und die Errichtung eines KZ-ähnlichen Jugendlagers.“

Für den Vortrag konnte der Historiker und Autor Sascha Lange gewonnen werden, der zum Thema Jugendwiderstand im Leipzig der NS-Zeit promovierte. 2010 erschien im Böhlau Verlag seine Untersuchung Meuten – Broadway-Cliquen – Junge Garde. Leipziger Jugendgruppen im Dritten Reich.

Neben seinen wissenschaftlichen Tätigkeiten ist Lange außerdem als Autor aktiv wie produktiv und veröffentlichte 2007 mit DJ Westradio. Zwischen Playmobil und Perestroika (Aufbau-Verlag) ein Buch über Jugendkultur in der DDR. Ende Februar dieses Jahres wird seine roadmovieske Wendekomödie Das wird mein Jahr. Vom Abhauen und Ankommen. (Aufbau-Verlag) in den Buchhandel kommen.

Swing Tanzen erwünscht: Antifaschistischer Jazz-Karneval

Nach dem Vortrag dirigiert Plattenunterhalter Pehle (Zonic/ Leipzig) mit Original Swing & Hot Jazz den antifaschistischen Jazz-Karneval bis in die Nacht. Swing tanzen ist hier ausdrücklich erwünscht!

Wer bereits zum Vortrag kommt, zahlt für Edukation und Tanzvergnügen nur 3 Euro. Die Party wird gegen 22.30 Uhr beginnen — wer dann erst auftaucht, muss 4 Euro berappen.

Fakten: 26.02. | 21 Uhr | IKUWO | 3 / 4 EUR (nach dem Vortrag)

Braune Volkszähler? NPD mobilisiert zum Zensus 2011

Deutschland wird gezählt. Am 09. Mai 2011 ist Stichtag für die hierzulande wohl größte Volksbestandsaufnahme seit 1987.

Der damaligen Bevölkerungsinventur gingen energische Proteste einer breiten, bis zur FDP-Jugend reichenden, sozialen Bewegung voraus, die zum Boykott der Zählung aufrief und aus Sorge um Datenschutz und die Einschränkung von Bürgerrechten massenhaft auf die Straße ging.

Die Geburt der informationellen Selbstbestimmung

Noch 1983 leitete das Bundesverfassungsgericht im sogenannten Volkszählurteil das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 1 der Menschenrechte ab. Vier Jahre später sollte die bis dato letzte Volkszählung vorgenommen werden. Nun ist es wieder soweit und die Vorbereitungen für den sogenannten Zensus 2011 laufen auf Hochtouren.

Volkszählungen

Die von der Europäischen Union eingeforderten Pflichtmerkmale beinhalten neben Adresse, Namen und Geburtsdatum auch Fragen zu Bildungsniveau, Profession, Wohn- und Lebensverhältnissen. Über diesen Fragenkatalog hinaus erhebt die Bundesregierung konfessionelle Angaben und erfasst Daten zu Migrationshintergründen. Diese ergänzenden Auskünfte sind allerdings freiwillig.

Die juristische Grundlage dieser Befragung wurde mit dem Zensusgesetz 2011 geregelt, das im Juli 2009 in Kraft trat. Neben dieser Zählung wird außerdem eine Haushaltszählung durchgeführt, durch die alle Wohnungen, ihre Lage im Haus und deren Mieter erfasst werden sollen.

Bei Auskunftsverweigerung 5000 Euro Zwangsgeld

Die Volkszählung wird zum großen Teil registergestützt ablaufen und auf Daten der Bundesagentur für Arbeit, der öffentlichen Arbeitgeber und der kommunalen Melderegister zugreifen. Nur 9,6% der Bevölkerung werden persönlich befragt, für diese aber besteht Auskunftspflicht – wer sich dem widersetzt, dem droht ein Zwangsgeld von 5000 Euro. Im Unterschied zu einem Bußgeld ist hierbei die Schuld nicht durch die Zahlung beglichen, sondern das Zwangsgeld kann so oft eingefordert werden, bis die entsprechende Person bereit ist, ihrer Auskunftspflicht nachzukommen. „Braune Volkszähler? NPD mobilisiert zum Zensus 2011“ weiterlesen

Vortrag: Saufen, Schlagen, Seilschaften

Die Gewerkschaftliche Hochschulgruppe DGB Campus Greifswald und der Geographenkeller veranstalten heute einen Vortragsabend und laden zur Beschäftigung mit und der Kritik an Studentenverbindungen ein.

Das Thema wurde in der Vergangenheit immer wieder kontrovers diskutiert. Vor mehreren Jahren waren zwei Mitglieder der als rechtskonservativ bis rechts eingeschätzten Burschenschaft Rugia immer wieder bei NPD-Veranstaltungen aktiv, vor einem guten Jahr griffen drei bewaffnete Rugianer das IKUWO an. Wenige Wochen zuvor wurde im Anschluss an eine antifaschistische Demonstration das Haus der Markomannia von zugereisten Teilnehmerinnen mit Steinen attackiert.

Greifswalder Burschenschafter

Erst gestern Abend stand ein von Alexander Schmidt gestellter Antrag im StuPa zur Diskussion, der dem AStA einerseits die Aufklärung über Studentenverbindungen untersagen sollte und andererseits durchgesetzt hätte, dass die noch verbliebenen Exemplare des bereits existierenden Aufklärungsflyers vernichtet würden (die beiden Seiten dieses Flyers sind hier und hier abrufbar). Dieser Antrag wurde nicht angenommen.

Kritischer Überblick aus antifaschistischer Sicht

Der Referent des heutigen Abends ist Jörg Kronauer, Mitautor des Buchs Studentenverbindungen in Deutschland: Ein kritischer Überblick aus antifaschistischer Sicht. Er wird unter dem Vortragstitel Saufen, Schlagen Seilschaften – zur Kritik des Verbindungs(un)wesens über die Wurzeln und den Werdegang studentischer Verbindungen referieren und ihre gesellschaftliche Bedeutung diskutieren.

„Das in den Verbindungen gepflegte Gesellschaftsbild gilt als konservativ und von einem eigenen Eliteanspruch geprägt, die Geschlechterrollen sind klar verteilt, Rituale beherrschen einen großen Teil des Zusammenlebens. Die Beziehungen, die in einer Studentenverbindung geknüpft werden, sind auf lebenslange Dauer angelegt. Häufig schaffen es Mitglieder von Verbindungen, begünstigt durch gute Kontakte ihrer „Alten Herren”, bis nach „ganz oben”, sei es in der Justiz, der Politik, der Wirtschaft oder in den Medien.

Auch wenn sich einige Verbindungen gegen den Vorwurf wehren, rechts zu sein, fanden doch viele Rechtskonservative und Nazis ihre politischen Anfänge in studentischen Korporationen. Immer wieder werden auch Angehörige von Burschenschaften im Nazimilieu aktiv. Gleichzeitig entsprechen die studentischen Verbindungen heute wieder einem gesellschaftlichen Trend zum Konservatismus und zu nationalistischer und militaristischer Ideologie. Schließlich sind die Verbindungen mitunter auch einfach durch die gemeinsamen Wohnmöglichkeiten, die sie bieten, für Erstsemester an einem neuen Studienort attraktiv.“

Der gleiche Vortrag fand bereits gestern in Rostock statt.

Fakten: 12.01. | 19.30 | Geographenkeller | Einritt frei