Am Montagabend fanden in Greifswald mehrere Demonstrationen und Mahnwachen statt, die weitestgehend störungsfrei verliefen. Die rechten Asylgegner sammelten mit ihrem unfreiwilligen Spendenlauf insgesamt 450 Euro für die Greifswalder Flüchtlingshilfe.
Die beiden rechten Gruppierungen FFDG und „Greifswald wehrt sich“ veranstalteten am Montagabend eine Demonstration unter dem Motto „Deutschland unser Vaterland“. Bereits ab 18 Uhr versammelten sich etwa 180 Gegendemonstrierende an insgesamt vier Mahnwachen in unmittelbarer Nähe zum FFDG-Treffpunkt, um gegen die Fremdenfeindlichkeit und den Rassismus von der gegenüberliegenden Straßenseite zu protestieren. Auf der größten Mahnwache vor dem DLZ positionierte sich Rektorin Prof. Dr. Weber in einer kurzen, aber eindringlichen Rede gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus — Einstellungen, die mit einem universitären Wissenschaftsstandort unvereinbar seien. Im Laufe des Abends wurden weitere Redebeiträge gehalten, unter anderem von Jörg Kasbohm (Die Linke) und Anne Wolf (Alternative Liste). Dazwischen sorgte Greifsmusic dankbarerweise wieder für ein abwechslungsreiches Live-Programm.
Rektorin Prof. Dr. Weber erklärt Universität und Fremdenfeindlichkeit für unvereinbar (Foto: Fleischervorstadt-Blog)
Am 26. Oktober stellte die Autorin Anne Wizorek ihr Buch „Weil ein #Aufschrei nicht reicht. Für einen Feminismus von heute“ im Koeppenhaus vor. Im anschließenden Gespräch spricht die Feministin über die Sendung „Hart aber Fair“, antifeministische Backlashs, rassistische Instrumentalisierungen von Frauenrechten sowie über ihre persönlichen Strategien im Umgang mit Hass im Internet.
FVB: Anne Wizorek, wie wohl fühlst du dich mit dem Begriff „Netzfeministin“?
AW: Das schwankt. Ich finde es in dem Momentan unpassend, wo es als Label benutzt wird, um das abzuwerten, was Menschen tun, die vorwiegend im Internet aktiv sind, anstatt zu verstehen, dass da immer eine Verschränkung zwischen offline und online stattfindet. Es ist eben kontextabhängig: Zu markieren, dass Leute in meinem Umfeld und ich besonders netzaktiv sind, finde ich ok – als Abwertung ist es aber fehlgeleitet.
FVB: Ist dieser Begriff eine Fremdzuschreibung oder hast du ihn zuerst selbst verwendet?
AW: Ich selbst sage eigentlich immer, dass ich Feministin bin, insofern ist das eher eine Fremdzuschreibung. Aber ich reagiere darauf, wenn andere Leute mich so bezeichnen, erkläre, was für mich hinter diesem Begriff steckt und versuche, auch da wieder klarzumachen, dass es nicht den einen Netzfeminismus gibt, sondern – genauso wie offline – verschiedene Strömungen zusammenfinden und mit dem Internet einen Ort haben, an dem sie sichtbar werden.
Anne Wizorek im Gespräch mit Prof. Eva Blome bei der Lesung im Koeppenhaus (Foto: Fleischervorstadt-Blog)
FVB: Du hattest im März einen heftig diskutierten Fernsehauftritt bei „Hart aber Fair“, der von mehreren Frauenverbänden kritisiert wurde. Zwischenzeitlich wurde der Beitrag depubliziert, später wieder online gestellt. Im September wurde die Sendung in fast identischer Besetzung wiederholt. Empfandest du das als angemessene Reaktion des WDR?„Im Gespräch mit Anne Wizorek“ weiterlesen →
Das neu gegründete Bündnis „Greifswald für alle“ ruft heute Abend zum friedlichen Protest gegen die rechte FFDG-Versammlung auf dem Greifswalder Markt auf.
Seit nunmehr vier Wochen gehen in Greifswald „besorgte Bürger“, Rassisten und Neonazis zusammen auf die Straße, um gegen Flüchtlinge sowie die Flüchtlings- und Außenpolitik der Bundesregierung zu protestieren. Nach der ersten unangemeldeten Demonstration entstand die Gruppe FFDG (Frieden, Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit), deren trügerischer Name ihre politische Verortung verdeckt und die nach anfänglicher Starthilfe durch einen Stralsunder Aktivisten aus dem Mvgia/MV.Patrioten-Umfeld inzwischen für Anmeldung und Durchführung der Versammlungen verantwortlich zeichnet.
Da die Organisatoren von FFDG zuletzt angekündigt haben, fortan jeden Montag in Greifswald demonstrieren zu wollen — wöchentlich changierend zwischen Marktplatz und einem anderen Stadtteil — gründete sich in der vergangenen Woche das Bündnis „Greifswald für alle“, um dieser Gruppierung nicht unwidersprochen das Feld zu überlassen. „Greifswald für alle“ steht für eine weltoffene, bunte und tolerante Hansestadt und will sich gegen Fremdenhass und Diskriminierungen einsetzen. „„Greifswald für alle“ ruft zum friedlichen Protest gegen FFDG auf“ weiterlesen →
Mvgida konnte in Greifswald bislang nicht Fuß fassen, doch hat sich in den letzten zwei Wochen mit FFDG eine neue Gruppierung gegründet, um Versammlungen für besorgte Bürger, Rassisten und Neonazis zu organisieren. Heute wird in Schönwalde demonstriert.
„Für Frieden, Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit“ ist der Leitspruch der unlängst gegründeten, gleichnamigen Gruppierung FFDG, die für den heutigen Abend eine Versammlung in Schönwalde angemeldet hat und von nun an jeden Montag an wechselnden Standorten für Unruhe sorgen will.
FFDG-Versammlung vor einer Woche: „Gott schütze unser Land vor Hunger, Pest und Brand, vor Irren, die mit Bomben schmeißen und Parteien, die Die Grünen heißen!“ (Foto: Fleischervorstadt-Blog 10/2015)
Nach der Überraschungsdemo vor einer Woche mussten Asylgegner und Neonazis heute in Greifswald eine empfindliche Schlappe hinnehmen. Nur drei Dutzend Personen folgten dem Aufruf und wurden auf dem Markt von einer lautstarken Menge übertönt.
Vielleicht war das Motto der Versammlung dann doch zu subtil, um die wutbürgerliche Klientel in Greifswald auf den Marktplatz zu bewegen, jedenfalls folgte so gut wie niemand dem Aufruf der Facebook-Seite „Greifswald wehrt sich“, um gemeinsam “gegen Atomwaffen auf DEUTSCHEN BODEN!” (sic!] zu demonstrieren. Das einzige Banner auf Seiten der Rechten ging leider am offiziellen Thema der Demonstration vorbei.
Auch nach einer Stunde kaum Zulauf bei den Rechten (Foto: Fleischervorstadt-Blog)
Zu der Versammlung, die von einer ortsfremden Person aus dem Mvgida-/ MV.Patrioten-Umfeld angemeldet wurde, fanden sich um 19 Uhr nur etwa dreißig Personen ein. Später wuchs die Gruppe auf 35 Personen an. Wurde die rassistische Demonstration vor einer Woche noch von vielen Auswärtigen unterstützt, zeigten sich am Montagabend erste Ermüdungserscheinungen: In den vergangenen Tagen demonstrierten Asylkritiker, Rassisten und Neonazis gemeinsam in Boizenburg, Greifswald, Stralsund, Wismar, Ueckermünde und Demmin. Nicht wenige sind hierfür auch in andere Städte gereist, doch heute war wohl bei vielen Demonstrationstouristen die Luft raus.
Vielleicht war das verklausulierte Motto nicht eindeutig genug (Screenshot: Greifswald wehrt sich, FB)
Die rechte Versammlung, an der unter anderem ein Mitglied der Burschenschaft Rugia sowie Maik Spiegelmacher, ein Greifswalder Neonazi der ersten Stunde, teilgenommen haben, ertrank zwischenzeitlich in den Sprechchören der etwa 250 Gegendemonstranten, so dass selbst das noch nach mehreren Bier umsetzbare „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ in einer antirassistischen Geräuschkulisse unterging.
Gegen 19.50 Uhr bewegten sich die Gegendemonstranten geschlossen in die Marktmitte, wo sich kurz zuvor vier Personen aus dem Umfeld der Montagsmahnwachen mit einem Friedensbanner zwischen beiden Gruppierungen postiert haben. Daraufhin bewegten sich mehrere Beamte der mit relativ vielen Kräften angerückten Polizei zwischen beide Demonstrationen und sicherte den friedlichen Verlauf der Veranstaltung ab. Zu einer Eskalation kam es auch dann nicht, als Antifaschisten plötzlich das Banner der Rechten entwendeten und unter dem johlenden Applaus der Masse damit verschwanden.
250 Gegendemonstranten versammelten sich friedlich am Rathaus (Foto: Fleischervorstadt-Blog)
Wenige Minuten nach 20 Uhr löste sich die rechte Versammlung auf und zog über die Lange Straße in Richtung Europakreuzung ab. Kurz darauf zerstreuten sich auch die Teilnehmenden der Gegendemonstration, die den Verlauf des heutigen Abends als Erfolg bewerten können. Bei den Asylkritikern, Rassisten und Neonazis dürfte das Resümee dagegen zerknirscht ausfallen, denn in Greifswald wurde heute sichtbar, dass die Zivilgesellschaft glücklicherweise in der Überzahl ist und rassistische Umzüge nicht unwidersprochen hinnimmt.