Diagonalquerung: Es geht nochmal rund

Tret ich in die Pedale, dann glühen die Reifen / ich kenn weder Skrupel, noch Zebrastreifen / Ich fahre mit dem Bonanzarad durch die Hansestadt / damit ein jeder sieht, was für’n geiles Rad ich hab.*

Am vergangenen Wochenende wurde auf der Europakreuzung auf unerlaubte Weise in den Straßenverkehr eingegriffen. Unbekannte markierten auf dem Asphalt die Wegführung der im Greifswalder Radverkehrsplan festgeschriebenen Diagonalquerung.

Am Dienstag entscheidet die Bürgerschaft über eine Beschlussvorlage von CDU, Bürgerliste und FDP, welche vorsieht, die Diagonalquerung aus diesem Konzept zu streichen. Geschieht das, so ist dieses Verkehrsprojekt gestorben. Kriegt die Vorlage keine Mehrheit, ist mit einem Bau der Diagonalquerung zwar vorerst nicht zu rechnen. Sie bleibt aber noch Bestandteil des Radverkehrsplans und könnte theoretisch später umgesetzt werden.

(Foto: Fleischervorstadt-Blog)

Heute Nachmittag findet eine Fahrraddemo für die Diagonalquerung statt, die von der Studierendenschaft der Universität Greifswald organisiert wurde. Wer hier mitradelt, sollte nicht überrascht sein, wenn die Polizei versucht, die angemeldete Demonstration abzufilmen. Entsprechende Schutzkleidung und eine gut sitzende Sonnenbrille können dieser unzulässigen und unbegründeten Maßnahme sehr erfolgreich entgegenwirken.

Kurz vor der Demo wurde außerdem ein Video produziert und dem Fleischervorstadt-Blog zugeschickt. Das hält ein paar schicke Momente mit vielen Fahrrädern auf der Europakreuzung und nächtlichen Arbeiten mit Schablonen bereit — zur Untermalung wurde passenderweise Fischmobs Bonanazarad gewählt.

Die Demonstration beginnt heute um 17.30 Uhr am Rathaus.

__________________
*aus Fischmob „Bonanzarad“

Demonstration für die Diagonalquerung

Es tut sich was in Sachen Diagonalquerung und verschiedene Gruppen und Strukturen kommen kurz vor knapp doch noch in Bewegung. Aus den — in solchen Sachen sonst eher etwas schwerfälligen — Reihen der Studierenden heraus wurde jetzt sogar eine Fahrraddemo angemeldet.

StuPa, Piraten und Grüne sind gegen die Streichung

Ursächlich dafür war ein von nicht weniger als 87 155 Personen gezeichneter Antrag, dem das Studierendenparlament am 25. April mit einer Zweidrittel-Mehrheit zustimmte. Damit sprach sich das StuPa nicht nur für die Beibehaltung der Diagonalquerung im Radverkehrsplan aus, sondern beauftrage außerdem den AStA, eine Kampagne gegen den Streichungsantrag in der Greifswalder Bürgerschaft durchzuführen. Am 15. Mai wird dort über eine Beschlussvorlage von CDU, Bürgerliste und FDP abgestimmt, die die Streichung der Diagonalquerung aus ebenjenem Konzept vorsieht.

diagonalquerung astaAber nicht nur die wichtigste Interessenvertretung der Studierenden wirbt für das Projekt, auch zwei Parteien wagen sich im kommunalpolitischen Identitätsgefecht aus der Deckung. Die Grünen organisierten am vergangenen Dienstag eine Informationsveranstaltung mit dem verantwortlichen Verkehrsplaner Gerhard Imhorst (einen ausführlicheren Bericht dazu lieferte vor wenigen Tagen daburna) und rufen ebenfalls zur Teilnahme an der Fahrraddemo auf.

Ähnlich sieht es auch im örtlichen Piratennest aus. Während eines Basistreffens — Schwarmtisch heißt das jetzt bei denen — wurde gestern Abend einstimmig für den Beschluss votiert, die Diagonalquerung im Radverkehrsplan zu belassen. Gleichzeitig fordern auch sie ihre Mitbürgerinnen auf, demonstrieren zu fahren.

Die Piraten kritisieren in einer Pressemitteilung, dass eine Streichung des Projekts aus dem Radverkehrsplan keine Vorteile brächte und offenbar aus ideologischen Gründen erfolgen solle: „die aktuelle finanzielle Situation der Stadt ist kein geeigneter Grund, um ein innovatives Konzept aus dem Plan zu entfernen – denn dort kostet es zunächst gar nichts“.

Bringt Mutti mit zur Fahrraddemo!

Es bleibt aufgrund der breiten Mobilisierung zu erwarten, dass an der angemeldeten Fahrraddemo noch mehr Menschen teilnehmen werden als bei der relativ gut besuchten Critical Mass, die Anfang März stattgefunden hat. Am Montag gegen die Streichung der Diagonalquerung aus dem Radverkehrskonzept zu protestieren, bedeutet viel mehr, als nur ein Zeichen für umweltfreundliche Mobilität zu setzen.

Damit auch Mutti und die anderen Verwandten von dieser Ausfahrt Wind bekommen können, wurde bei Facebook eine Veranstaltung erstellt, die zu teilen es sich lohnt. Liebe Ritter und Ritterinnen, tretet Montag mal in die Pedalen!
Fakten: 14.05. | 17.30 | Rathaus

Auf zum letzten Tanz: Fakten und Informationen über die Diagonalquerung

Der unsäglich geführten Debatte über die Diagonalquerung droht eine Versachlichung. Das im kommunalen Radverkehrsplan verankerte Verkehrsprojekt sorgt seit einiger Zeit für hitzige Auseinandersetzungen und zeigt die Schokoladenseiten der Greifswalder Debattenkultur auf.

BEHAUPTETE REPRÄSENTATIVITÄT WIRD ZUM SELBSTLÄUFER

Am 15. Mai, wird die Idee Diagonalquerung mit großer Wahrscheinlichkeit beerdigt. Dann wird nämlich die Greifswalder Bürgerschaft über eine Beschlussvorlage von CDU, Bürgerliste und FDP abstimmen, deren Inhalt vor allem darüber Auskunft gibt, wie Debatten und öffentliche Meinung in der Stadt funktionieren.

Dazu gehört auch eine in der Beschlussvorlage zitierte Umfrage, die vor einigen Wochen von der Ostsee-Zeitung in Auftrag gegeben wurde. Die war zwar nicht repräsentativ, doch die fortwährend behauptete Repräsentativität des telefonisch eingefangenen Stimmungsbildes wurde zum Selbstläufer und dominierte irgendwann die öffentliche Auseinandersetzung.

Einen lebhaften Eindruck davon, wie auf diese Art Einstellungen geformt werden können, geben wahlweise die Leserbriefspalten der Ostsee-Zeitung, die Wortmeldungen lokaler Akteure wie dem Seniorenverband oder schließlich die angesprochene Beschlussvorlage von CDU, FDP und Bürgerliste, in der es unter anderem heißt: „Nun hat die Firma Marktforschungsservice Dukath im Auftrag der Ostesee-Zeitung eine repräsentative Umfrage in Greifswald durchgeführt, die bestätigt, dass die Greifswalder Bevölkerung mit 73% gegen das Projekt der Diagonal Querung [sic!]  ist“

Über die zuvor durchgeführte Onlineumfrage der gleichen Zeitung, bei der fast zehnmal soviele Stimmen abgegeben wurden und sich 58% der Teilnehmenden für die Querung aussprachen, redet längst niemand mehr.

VERKEHRSPLANER AM PRANGER

Von öffentlichen Angriffen betroffen war zuletzt auch der verantwortliche Verkehrsplaner Gerhard Imhorst, nicht zuletzt, weil die einseitige mediale Berichterstattung suggerierte, dass er dieses Projekt gegen den — noch immer unbekannten — Willen der Greifswalder Bevölkerungsmehrheit durchsetzen wolle. Am Tag der Befreiung wird nun die vermutlich letzte Informationsveranstaltung zum innovativen Verkehrsprojekt stattfinden, bei der Imhorst nochmal die geplante Umgestaltung der Europakreuzung vorstellen wird und anschließend für weiterführende Fragen zur Verfügung steht.

Vielleicht ist das auch die Gelegenheit, Imhorst dafür zu danken, sich für das Projekt eingesetzt und damit Unbill der irregeführten Öffentlichkeit und einiger Lokalpolitiker auf sich genommen zu haben. Allen flinkfedrigen Leserbriefschreibern, Seniorenbeiratssprechern und strukturellen Debattenverkürzern sei der Besuch dieser Veranstaltung wärmstens empfohlen, etwas Schlimmeres als eine Versachlichung der Diskussion ist nicht zu befürchten.

Fakten: 08.05. | 19 Uhr | Bürgerschaftssaal (Rathaus)

Greifswalder Haushaltswunder: Bürgerschaft wehrt Geldverschwendung vorerst ab

Das ist ja gerade nochmal gut gegangen: die Pläne zum innovativen Verkehrsprojekt Diagonalquerung sind bis auf weiteres abgeschmettert! Gut, damit kommt zwar erstmal auch keine neue Lichtsignalanlage an die Europakreuzung (ca. 25.000 EUR), aber dafür haben wir unterstrichen, wer hier der Kuchen und wer die Krümel sind.

SCHLUSS MIT DEM GEZAUDER, JETZT ÜBERNEHMEN WIR!

Ein wenig ins Straucheln kamen wir schon, als das Meinungsbild der OZ-Umfrage nicht mehr so klar gegen das Projekt ausfiel wie noch im Juni 2010, sondern stattdessen die Mehrheit für die Diagonalquerung votierte. Doch wir konnten alle Zauderer, die schon in Gedanken versunken mit der Idee der Fahrradhauptstadt flirteten, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringen.

Dafür mussten wir nicht mehr tun, als bei jeder Möglichkeit auf die exorbitant hohen Kosten des Projekts hinzuweisen, ohne dabei die Zuhörer mit Details zu übersättigen, wofür dieses Geld ausgegeben wird und welche Verkehrsteilnehmerinnen davon profitieren werden.

Am erfolgreichsten waren wir aber mit der Strategie, die verschiedenen Interessen gegeneinander in Stellung zu bringen: Autofahrer gegen Radfahrer, Fußgänger gegen Radfahrer, Kindergarten- und Schulkinder gegen Radfahrer und schließlich sogar Radfahrer selbst gegen Radfahrer, echt clever, oder? Und bei einem Haushaltsdefizit von sechs Millionen Euro muss sich auch niemand rechtfertigen, wenn kleinere Investitionen zurückgestellt werden.

HIER WERDEN SIE VERHOHNEPIPELT 

Zugegeben, wir sind mächtig stolz auf unseren Coup — und den muss uns erstmal jemand nachmachen! Erst reden wir der Öffentlichkeit ein, dass die Diagonalquerung mit kalkulierten Kosten von 185.000 Euro zu teuer sei, und wenige Wochen später schlagen wir vor, in der Rathenaustraße einen Radfahrerübergang zu bauen, für den 100.000 Euro bereitgestellt werden — freilich erst, nachdem ein seit Monaten vorliegendes Konzept jetzt nochmal geplant wird und die Bürgerschaft zu überzeugen weiß. Kostenpunkt für diese Planung: 12.000 Euro.

Wenn die Planung des bereits geplanten Verkehrsprojekts abgeschlossen ist und dieser Fahrradübergang zur Abstimmung kommt, haben wir sicher wieder einen guten Einfall, diesen Mumpitz zu verhindern. Verlassen sie sich da mal auf uns!

__________________

  • Greifswald wirft 12.000 Euro im Radverkehr zum Fenster raus (daburna, 22.02.12)
  • Haushaltsrede Oberbürgermeister Arthur König (pdf-Dokument (39KB), 20.02.12)
  • Haushaltssatzung Greifswalds für 2012 beschlossen (webMoritz, 21.02.12)

Umgestaltungspläne der Gützkower Straße online

Am 2. Feburar wurden auf einer öffentlichen Versammlung die Umgestaltungspläne für die Gützkower Straße vorgestellt; dabei waren ungefähr 50 Anwohner zugegen. Bereits in der letzten Woche zeichnete sich ab, dass die Fahrradverkehrswege wieder als Zankapfel taugen. Diskutiert wird über die Frage, ob die Radler in der umgestalteten Gützkower Straße zukünftig auf eigenen Fahrradwegen oder neben dem motorisierten Verkehr auf der — durch Radschutzstreifen geteilten — Straße fahren sollten.

RADSCHUTZSTREIFEN, BEGRÜNUNG UND VERWEILPLÄTZE 

Die Umgestaltung betrifft allerdings nicht nur die Fahrradfahrer, sondern reicht über Parkplätze und die Begrünung mit Bäumen bis zur Straßenbeleuchtung. Im Bereich der Litfaßsäule Burgstraße sollen sogar „Verweilplätze“ eingerichtet werden.

umgestaltung gützkower strasse(Abbildung: Umgestaltungskonzept, Merkel Ingenieur Consult)

Die Sanierungsmaßnahmen sollen in drei Teilbauabschnitten umgesetzt werden, mit denen voraussichtlich im Spätherbst 2012 begonnen wird. Der Anfang wird dabei mit dem Anschluss der Entwässerung an den Stadtgraben gemacht. Die weiteren Bauabschnitte sollen im Frühjahr 2013 begonnen werden und Ende 2013 in Höhe der Pestalozzistraße beendet sein.

Die 14-seitige Präsentation zur Umgestaltung der Gützkower Straße wurde inzwischen veröffentlicht und kann hier heruntergeladen und eingesehen werden.

Umfrage: Die Diagonalquerung und mögliche Alternativen

Eigentlich wurde hier jetzt wirklich genug zur Diagonalquerung geschrieben, doch der Leser FBM warf gestern in einem Kommentar die Frage auf, ob es nicht eine Alternative zum kontroversen Verkehrsprojekt gäbe. Er interessiert sich für die Meinung der „tendenziell velophilen“ Nutzerinnen des Fleischervorstadt-Blogs, voilà!

diagonalquerung greifswald

Wie groß ist die Unterstützung für das 185.000 Euro teure Projekt, wenn statt der Diagonalquerung der Europakreuzung andere Maßnahmen, die das Radfahren in Greifswald attraktivieren könnten, mit diesen Mitteln finanziert werden würden? Und wie könnten solche Maßnahmen aussehen?

Soll die Diagonalquerung auf der Europakreuzung gebaut werden?

  • Ja (53%, 143 Votes)
  • Die Baukosten sollten in andere Projekte für Radfahrer investiert werden (25%, 69 Votes)
  • Nein (22%, 60 Votes)

Total Voters: 272

Wird geladen ... Wird geladen ...