Greifswalder Haushaltswunder: Bürgerschaft wehrt Geldverschwendung vorerst ab

Das ist ja gerade nochmal gut gegangen: die Pläne zum innovativen Verkehrsprojekt Diagonalquerung sind bis auf weiteres abgeschmettert! Gut, damit kommt zwar erstmal auch keine neue Lichtsignalanlage an die Europakreuzung (ca. 25.000 EUR), aber dafür haben wir unterstrichen, wer hier der Kuchen und wer die Krümel sind.

SCHLUSS MIT DEM GEZAUDER, JETZT ÜBERNEHMEN WIR!

Ein wenig ins Straucheln kamen wir schon, als das Meinungsbild der OZ-Umfrage nicht mehr so klar gegen das Projekt ausfiel wie noch im Juni 2010, sondern stattdessen die Mehrheit für die Diagonalquerung votierte. Doch wir konnten alle Zauderer, die schon in Gedanken versunken mit der Idee der Fahrradhauptstadt flirteten, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringen.

Dafür mussten wir nicht mehr tun, als bei jeder Möglichkeit auf die exorbitant hohen Kosten des Projekts hinzuweisen, ohne dabei die Zuhörer mit Details zu übersättigen, wofür dieses Geld ausgegeben wird und welche Verkehrsteilnehmerinnen davon profitieren werden.

Am erfolgreichsten waren wir aber mit der Strategie, die verschiedenen Interessen gegeneinander in Stellung zu bringen: Autofahrer gegen Radfahrer, Fußgänger gegen Radfahrer, Kindergarten- und Schulkinder gegen Radfahrer und schließlich sogar Radfahrer selbst gegen Radfahrer, echt clever, oder? Und bei einem Haushaltsdefizit von sechs Millionen Euro muss sich auch niemand rechtfertigen, wenn kleinere Investitionen zurückgestellt werden.

HIER WERDEN SIE VERHOHNEPIPELT 

Zugegeben, wir sind mächtig stolz auf unseren Coup — und den muss uns erstmal jemand nachmachen! Erst reden wir der Öffentlichkeit ein, dass die Diagonalquerung mit kalkulierten Kosten von 185.000 Euro zu teuer sei, und wenige Wochen später schlagen wir vor, in der Rathenaustraße einen Radfahrerübergang zu bauen, für den 100.000 Euro bereitgestellt werden — freilich erst, nachdem ein seit Monaten vorliegendes Konzept jetzt nochmal geplant wird und die Bürgerschaft zu überzeugen weiß. Kostenpunkt für diese Planung: 12.000 Euro.

Wenn die Planung des bereits geplanten Verkehrsprojekts abgeschlossen ist und dieser Fahrradübergang zur Abstimmung kommt, haben wir sicher wieder einen guten Einfall, diesen Mumpitz zu verhindern. Verlassen sie sich da mal auf uns!

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  • Greifswald wirft 12.000 Euro im Radverkehr zum Fenster raus (daburna, 22.02.12)
  • Haushaltsrede Oberbürgermeister Arthur König (pdf-Dokument (39KB), 20.02.12)
  • Haushaltssatzung Greifswalds für 2012 beschlossen (webMoritz, 21.02.12)

Einwohnerinnenversammlung zur Umgestaltung der Wiesenstraße

Die Umgestaltungspläne der Fleischervorstadt betreffen nicht nur die Gützkower Straße — auch in der Wiesenstraße soll es ebenfalls bald anders aussehen. Auch hierfür lädt die Stadtverwaltung alle interessierten Bürger zu einer Versammlung ins Rathaus ein, wo sie mit Hinweisen und Ideen auf die geplante Sanierung Einfluss nehmen können.

wiesenstrasse greifswaldÄhnlich wie bei der Versammlung zur Sanierung der Gützkower Straße werden wieder Stadtbauamtsleiter Thilo Kaiser und Vertreter des beauftragten Planungsbüros Merkel Ingenieur Consult das Gesamtprojekt vorstellen und dabei über die Erneuerung der Fahrbahn, die Errichtung eines beidseitigen Gehweges, neue Parkplätze und eine neue Begrünung, sowie Regen- und Schmutzwasserleitungen informieren.

Die Baumaßnahmen in der Wiesenstraße sollen noch 2012 umgesetzt werden. Die Arbeiten werden hierfür in drei Bauabschnitte strukturiert. Die Arbeiten sollen zeitgleich an den Abschnitten Gützkower Straße/Wachsmannstraße und Lange Reihe/Bleichstraße stattfinden. Nachdem diese Arbeiten fertiggestellt sind, soll es mit dem Abschnitt Lange Reihe-Gützkower Straße weitergehen.

(Foto: JuliaL49 via Flickr, CC-Lizenz)

Fakten: 23. 02. | 18 Uhr | Rathaus

Rote Hilfe Greifswald kritisiert mutmaßlichen Einschüchterungsversuch durch die Polizei

Die Greifswalder Dependance der linken Rechtshilfeorganisation Rote Hilfe macht auf einen Zwischenfall aufmerksam, in dessen Verlauf eine Person aufgrund ihrer vermuteten politischen Einstellung mit der Polizei in Kontakt gekommen sein soll.

Nach den Schilderungen der Roten Hilfe sei am vergangenen Freitagnachmittag eine Verkehrskontrolle wegen Ver­stoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz durchgeführt worden, die sich als haltlos erwiesen habe. Anschließend versuchten die Beamten erfolglos, die Person in ein Gespräch zu verwickeln.

polizei überwachung(Abbildung: Fleischervorstadt-Blog, Foto: Joaquin Wolf)

„DER VERFASSUNGSSCHUTZ MACHT DA JA NE GANZ GUTE ARBEIT“ 

Soweit nichts Außergewöhnliches, doch einer der Beamten wusste offenbar schon vor der Identitätsüberprüfung über die betroffene Person Bescheid.

Der kontrollierende Polizist wusste vor der Überprüfung der Identität durch die Kollegin, was an Datensätzen über die nicht vorbestrafte Person gespeichert ist. Eine Zuordnung der Person über das Autokennzeichen im Vorfeld der Kontrolle, kann ausgeschlossen werden, da dieses nicht auf die Person zugelassen ist.

Im weiteren Verlauf der Kontrolle wurde versucht die Person einzuschüchtern. So kom­mentierte der Beamte das Verlangen nach einem Beleg über die negative Kontrolle mit den Worten: „das ist so nen Antifa-​Scheiß, den ihr euch aus­denkt“. Auf Rückfrage, wie der Beamte zu dieser Behauptung komme, er­widerte der Beamte: „der Verfassungsschutz macht da ja ne ganz gute Ar­beit“.

Die Rechtshilfeorganisation kritisiert das Vorgehen der Beamten und deutet die Äußerungen als Einschüchterungsversuch. Außerdem wirft sie die Frage auf, ob im vorliegenden Fall „ein be­hördenübergreifender illegaler Informationsaustausch“ stattgefunden hätte, der politisches Engagement kriminalisiere.

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Umgestaltungspläne der Gützkower Straße online

Am 2. Feburar wurden auf einer öffentlichen Versammlung die Umgestaltungspläne für die Gützkower Straße vorgestellt; dabei waren ungefähr 50 Anwohner zugegen. Bereits in der letzten Woche zeichnete sich ab, dass die Fahrradverkehrswege wieder als Zankapfel taugen. Diskutiert wird über die Frage, ob die Radler in der umgestalteten Gützkower Straße zukünftig auf eigenen Fahrradwegen oder neben dem motorisierten Verkehr auf der — durch Radschutzstreifen geteilten — Straße fahren sollten.

RADSCHUTZSTREIFEN, BEGRÜNUNG UND VERWEILPLÄTZE 

Die Umgestaltung betrifft allerdings nicht nur die Fahrradfahrer, sondern reicht über Parkplätze und die Begrünung mit Bäumen bis zur Straßenbeleuchtung. Im Bereich der Litfaßsäule Burgstraße sollen sogar „Verweilplätze“ eingerichtet werden.

umgestaltung gützkower strasse(Abbildung: Umgestaltungskonzept, Merkel Ingenieur Consult)

Die Sanierungsmaßnahmen sollen in drei Teilbauabschnitten umgesetzt werden, mit denen voraussichtlich im Spätherbst 2012 begonnen wird. Der Anfang wird dabei mit dem Anschluss der Entwässerung an den Stadtgraben gemacht. Die weiteren Bauabschnitte sollen im Frühjahr 2013 begonnen werden und Ende 2013 in Höhe der Pestalozzistraße beendet sein.

Die 14-seitige Präsentation zur Umgestaltung der Gützkower Straße wurde inzwischen veröffentlicht und kann hier heruntergeladen und eingesehen werden.

Festgehalten: Wintertied

De klitternde Koll un de iesige Wind / kummt ut Nordoost un weiht ganz geschwind / över de Felder, de Walden un Hüs / un fegt weg dat letzte Gemüs / De Fröst lett d` Water mit Ies bedecken / Ruugfröst flüggt över Wallen un Hecken / De Bööm sünd wi verzuckert un glitzert so fein / de Luft is so klaar un duftig un rein / Nachts lüchten de Steerns un schient ok de Maan / allens is ruhig, kien Stress un kien Wahn / Ganz wied weg hört man een Motorengedrüs / de Lü sünd nu binnen in ehre warm Hüs […] / Un is de Winter dunkel, lang un ok kold / de Sünn stiggt höger un dat ok ganz bold / Dat Vörjahr kummt seker so is de Natur / kannst`d up verlaten, ik hebb so in`t Luur.*

winter greifswald ryck(Foto: grenzfrequenz via Flickr)

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* aus Wintertied, Rudi Rabe (2008)

Jetzt wird es ernst: Umzugsbeihilfe soll ausgesetzt werden

Wie schon im November 2011 befürchtet, ist die Umzugsbeihilfe für Studierende und Azubis, die ihren Hauptwohnsitz nach Greifswald verlegen, nun ernsthaft bedroht. Einer Pressemitteilung des AStA Greifswald zufolge berät aktuell die Bürgerschaft darüber, die Zahlung von 150 Euro — womit die neuen Bürgerinnen der Stadt in den vergangenen Jahren für ihren Umzug prämiert wurden — für ein Jahr auszusetzen.

asta greifswald

Die AStA-Vorsitzende Anne Lorentzen weist darauf hin, dass die Bürgerschaft mit einer Aussetzung der Umzugsbeihilfe ein in Deutschland einmaliges Pilotprojekt zum Scheitern verurteile, das die Unterfinanzierung der Universität lindern könne. Sie fordert, dass alle Beteiligten zusammenkämen, um die Zahlung der Prämie langfristig zu sichern.

Die Universität erhält eine Hauptwohnsitzprämie von 1000 Euro für jeden zweiten Studierenden, der seinen Hauptwohnsitz von einem anderen Bundesland nach Greifswald verlegt. Die AStA-Referentin für Veranstaltungen schätzt die Zahl der Studienbeginner im Wintersemester 2012 auf 3000 Studierende. Würden — bei aller Utopie — alle neuen Erstsemester ihren Hauptwohnsitz in die Hansestadt verlegen, könnte die Universität folglich 900.000 Euro nach Angaben des AStAs bis zu 1 Million zusätzlicher Geldern erhalten, die in die Verbesserung der Studienbedingungen investiert werden könnten. Die Prämie war für viele ein starker Anreiz, sich umzumelden.

hgw haeuser(Foto: grenzfrequenz via Flickr)

Mit der Umzugsbeihilfe sollen Studierende und Azubis dazu motiviert werden, sich hauptwohnsitzlich nach Greifswald umzumelden. Stadt und Kreis erhalten höhere Mittelzuweisungen, je mehr Menschen dort leben. Im vergangenen Jahr wurden bis Oktober 480 Ummeldungen registriert. Die geplante Aussetzung der Prämie wird mit einem Haushaltsdefizit im laufenden Jahr von über zwei Millionen Euro begründet.