Die zweite Woche des Festivals beginnt mit dem Spielfilm Eine flexible Frau (D, 2009, 97 Min.) der die Geschichte von Greta M. erzählt, einer Architektin, die nach ihrer Entlassungen die Niederungen des Prekariats kennenlernen muss. Vom Architekturbüro geht es bis ins Callcenter.
Auf die Erfolgsspur hat die Architektin Greta M. nie so ganz gefunden. Mit 40 verliert die allein erziehende Single-Mutter ihre Arbeit. Das Büro hat Pleite gemacht und zuerst werden die freiberuflichen Mitarbeiterinnen entlassen.
Greta M. ist jetzt arbeitslos, aber sie kann und will die Erwartungen, die an sie gestellt werden nicht erfüllen. Sie ist nicht bereit, die für sie vorgesehenen Rolle einzunehmen: die einer willigen und billigen Arbeiterin, die einer flexiblen Frau.
Der Film wird mit Untertiteln für Hörgeschädigte gezeigt. Sehbehinderten können auf Empfangsgeräte für die Audiodeskription zurückgreifen. Nach der Vorführung steht Volker Hertenstein (Caritasverband Vorpommern) als Gesprächspartner zur Verfügung.
Die Greifswalder Stadtverwaltung bemüht sich zum Beginn des Wintersemesters darum, dass möglichst viele Neuankömmlinge ihren Hauptwohnsitz in die Hansestadt verlegen und prämiert diese Entscheidung seit einigen Jahren mit einer einmaligen Zahlung von 150 Euro. Bis zum 14. Oktober befindet sich deswegen eine vorübergehend eingerichtete Außenstelle des Einwohnermeldeamts im Rathaus. Der weite Weg in die Spiegelsdorfer Wende ist dieser Tage also vermeidbar.
Zur Abwicklung dieses bürokratischen Akts sind ein gültiges Personaldokument und eine Studienbescheinigung, Immatrikulation oder ein Ausbildungsvertrag vorzulegen — das Geld gibt es als Scheck unmittelbar vor Ort. Der Antrag auf Umzugsbeihilfe kann schon zuhause ausgefüllt werden. Mit der Unterzeichnung des Formulars bestätigt man unter anderem, dass man seinen Hauptwohnsitz bis zum Ende des Jahres in Greifswald behalten wird.
Die Stadtverwaltung hat für diese Umzugshilfe im laufenden Jahr 275.000 Euro eingeplant, von denen bislang 73.000 Euro abgerufen wurden. Es wurden also über 480 Ummeldungen erreicht. Die Prämie wird nicht nur an Erstsemester gezahlt, sondern an alle, die ihren Hauptwohnsitz nach Greifswald verlegen. Wer sich also mit geringem zeitlichen Aufwand einem warmen Geldregen aussetzen und gleichzeitig der Stadt etwas Gutes tun will, ist hier an der richtigen Adresse.
Die temporäre Meldestelle ist täglich von 8.30 bis 12 Uhr und von 13 bis 16.30 Uhr (außer freitags) geöffnet.
Heb nur die Hand / dann bist du frei / Lass ihn nicht rein / verschließ die Tür und grab dich ein / im Eigenheim / Zieh den Stecker raus / zieh die Vorhänge zu / Mach das Licht aus / und bleib stumm / Sei nicht traurig / das letzte Hemd hat keine Taschen / Sei nicht traurig / da ist immer noch genug Pfand auf den Flaschen / Man kann nem nackten Mann nicht in die Tasche greifen / nem nackten Mann nicht in die Tasche greifen.
Der goldene Altweibersommer klingt dieser Tage aus und sollte unbedingt dazu genutzt werden, in der wärmenden Nachmittagssonne warmes Bier zu trinken, im Park oder auf einer der Open-Air-Veranstaltungen, nach denen man sich umhören sollte.
WIR ERKLÄREN DIESEN SOMMER FÜR BEENDET!
Für ausgelassene Unterhaltung am Nachmittag werden in wenigen Stunden die Greifswalder Offbeat-Opas Krach sorgen. Wie schon im vergangenen Jahr wird die Band im Greifswalder Museumshafen den Sommer für beendet erklären.
Als Bühne dient wieder der Traditionssegler Ernestine, während das Publikum auf den Ryckterrassen herumflegeln wird. Umsonst, draußen und für alle!
(Foto: Krach)
Fakten: 01.10. | 16:00 | Museumshafen
ARME PHOBIE
In der Kulturbar öffnet am frühen Abend eine Gemeinschaftsausstellung von Anett Dinse und Katja Anke. Die Vernissage trägt den Titel armophob und wird in den ersten Minuten von einer Soundcollage begleitet.
Arm. Phobie. Armphobie? Arm mit Phobie? Phobie gleich Angst. Angst vor Spritzen? Angst vor Nadeln? Hier ziehen Nadel und Faden ihre Bahnen. Hinterlassen Spuren. Narben? Dort erhebt sich Gips zu eigentümlichen Bildlandschaften. Gips für Arm? Angst vor Gips? Angst vor Arm? Phobie. Arm.
Fakten: 01.10. | 19.30 | Kulturbar
MIT DEM KOPF GEGEN DIE WAND FLIEGEN
Schnell, melodisch und kompromisslos ist der Sound der Berliner Hardcore-Punkband We will fly, die heute Abend bereits zum zweiten Mal in Greifswald spielen wird. Das geht durch Mark und Bein, das geht nach vorne, das geht mit dem Kopf durch die Wand!
Zu diesem Konzert hat die Gruppe Just Idiots eingeladen, die als zweite Band des Abends Nervöus — ebenfalls hauptstädtisch verwurzelt — präsentiert. Im Video zu scales (We will fly) offenbart sich schon, dass hier alle auf ihre Kosten kommen werden, die etwas mit Skatepunk amerikanischer Prägung anfangen können.
Die erste Woche des Filmfestivals Ueber Mut endet mit der amerikanischen Dokumentation Monica und David (USA, 2009, 68 Min), die das erste Ehejahr eines Paares mit Down-Syndrom begleitet.
(Ausschnitt Filmplakat)
Monica und David heiraten. Die Zeremonie ist romantisch, wie aus einem Hochzeitsmagazin. Dass die junge Frau und ihr Freund sich das Jawort geben, ist außergewöhnlich: Beide haben das Down-Syndrom, und Menschen mit dieser Behinderung heiraten selten. Die Cousine der Braut, Alexandra Codina, hat einen Film über das erste Ehejahr der beiden gedreht. Sie begleitet das Paar bei der Jobsuche und beim Umzug, dokumentiert Monicas Ordnungsfimmel und Davids Eifersucht auf ihren Ex. Ein intimes, unverkrampftes Porträt zweier Menschen, die ihr eigenes Leben gestalten – auch wenn sie immer auf fremde Hilfe angewiesen sein werden.
Wie bei allen Veranstaltungen des Festivals wird besonderes Augenmerk auf Barrierefreiheit gerichtet. So sind die Filme mit Untertiteln für Hörgeschädigte unterlegt und es werden Empfangsgeräte für eine Audiodeskription angeboten, um auch Sehbehinderten den Film zugänglich machen zu können.
Die Suptras Rostock und der Vorpommern Mob meinen es gut mit Greifswald und Umgebung: Würde ich meinen Tag in Hashtags fassen, würden zweifellos #ostseestadion #allesfuerdenfch und #suptrasrostock zu meinen Top-Tweets gehören. Während des Wartens an einer Ampel oder bei einem Spaziergang über den Schießwall – die Suptras Rostock begleiten mich in Form von Stencils, Tags oder bekrizzelten Postaufklebern auf Schritt und Tritt.
„Ich mag’s, wenn sich die Wut entfacht“
Ob stolz dreinblickender Wikinger oder Sprüche wie „Alles für den FCH“, dies scheint mir nicht nur ausgeprägte Nachwuchswerbung zu sein. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass sich dahinter ein ungezügelter Markierungsdrang verbirgt. Die Kombination mit Gewaltexzessen zwischen verfeindeten Fußball-Fans versprüht gleichzeitig auch den strengen Duft einer männlich-heroischen Attitüde.
Die massenhaft verbreiteten kreativen Umsetzungen sprechen ihre eigenen Sprache: Street-Art bis zur bedingungslosen Hingabe für den Rostocker Fußballverein. Alles für den FCH eben.
So rasant, wie die kreativen Kennzeichnungen verstreut wurden, so schnell vergeht mir auch die Lust, mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Vielleicht handelt es sich bei den Klebereien um ein Geltungsbedürfnis, das die Suptras und der Vorpommern Mob befriedigen wollen. Also doch nicht nur Werbung?
„Wenn der Wahnsinn flammend grüßt“
Dafür spricht nicht nur das oben beschriebene Phänomen: Sind es doch auch unter anderem Pyrotechnik und physischer Kampf, über die sich die Suptras, Wolgastä oder der Vorpommern Mob identifizieren. Um dem erhöhtem Drang nach Aufmerksamkeit nachzugeben, kommt es nicht selten zu Eskalationen. Bestes Beispiel dafür ist das Auswärtsspiel gegen Eintracht Frankfurt Mitte September. Hier zeigte sich die volle Kraft der Fan-Unterstützung. Oder zumindest das, was die pyromanischen Ballsportfreunde darunter verstehen. „Aber hier kleben – Nein, danke!“ weiterlesen →
Laura Bari macht einen sechsjährigen Blinden zum Protagonisten ihres Films Antoine (CAN, 2008, 80 Min.), in dessen Verlauf der Junge die Grenzen seiner eingeschränkten Sinne überschreiten und eine Parallelwelt entdecken wird.
Mit einem portablen Mikrofon ausgestattet, erkundet Antoine Houang seine Umgebung und konserviert diese Wahrnehmungen. Auf diesen Aufnahmen basiert auch der Soundtrack des Films, der mit deutschsprachiger Synchronisierung über der französischen Originalsprache gezeigt werden wird.
Antoine malt, übt Korbwürfe und fährt Schlittschuh. Ob eine Bewegung sitzt, muss der Sechsjährige fühlen oder hören. Er ist von Geburt an blind, aber er besucht eine normale Schule, wo ihn Lehrer und Mitschüler unterstützen. Auch die Regisseurin Laura Bari fordert Antoine heraus. Sie macht ihn zum Co-Autor ihres Films. Gemeinsam treiben sie die Idee auf die Spitze, dass ein blinder Junge das Gleiche tun kann wie ein Sehender. Privatdetektiv Antoine braust mit dem Auto über die Landstraße, auf der Suche nach der mysteriösen Madame Rouski, die sich beim Duschen in tausend Tropfen aufgelöst hat. Die Botschaft des verspielten Abenteuers: Was die Sinne nicht wahrnehmen, ersetzt die Fantasie.
Als Referent wird Bernd Uhlig vom Blinden- und Sehbehindertenverein Greifswald auftreten. Wie bei allen Veranstaltungen des Festivals ist der Film mit Audiodeskription versehen und für das anschließende Gespräch ist eine Gebärdensprachdolmetscherin vor Ort.