Nach der Überraschungsdemo vor einer Woche mussten Asylgegner und Neonazis heute in Greifswald eine empfindliche Schlappe hinnehmen. Nur drei Dutzend Personen folgten dem Aufruf und wurden auf dem Markt von einer lautstarken Menge übertönt.
Vielleicht war das Motto der Versammlung dann doch zu subtil, um die wutbürgerliche Klientel in Greifswald auf den Marktplatz zu bewegen, jedenfalls folgte so gut wie niemand dem Aufruf der Facebook-Seite „Greifswald wehrt sich“, um gemeinsam “gegen Atomwaffen auf DEUTSCHEN BODEN!” (sic!] zu demonstrieren. Das einzige Banner auf Seiten der Rechten ging leider am offiziellen Thema der Demonstration vorbei.
Auch nach einer Stunde kaum Zulauf bei den Rechten (Foto: Fleischervorstadt-Blog)
Zu der Versammlung, die von einer ortsfremden Person aus dem Mvgida-/ MV.Patrioten-Umfeld angemeldet wurde, fanden sich um 19 Uhr nur etwa dreißig Personen ein. Später wuchs die Gruppe auf 35 Personen an. Wurde die rassistische Demonstration vor einer Woche noch von vielen Auswärtigen unterstützt, zeigten sich am Montagabend erste Ermüdungserscheinungen: In den vergangenen Tagen demonstrierten Asylkritiker, Rassisten und Neonazis gemeinsam in Boizenburg, Greifswald, Stralsund, Wismar, Ueckermünde und Demmin. Nicht wenige sind hierfür auch in andere Städte gereist, doch heute war wohl bei vielen Demonstrationstouristen die Luft raus.
Vielleicht war das verklausulierte Motto nicht eindeutig genug (Screenshot: Greifswald wehrt sich, FB)
Die rechte Versammlung, an der unter anderem ein Mitglied der Burschenschaft Rugia sowie Maik Spiegelmacher, ein Greifswalder Neonazi der ersten Stunde, teilgenommen haben, ertrank zwischenzeitlich in den Sprechchören der etwa 250 Gegendemonstranten, so dass selbst das noch nach mehreren Bier umsetzbare „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ in einer antirassistischen Geräuschkulisse unterging.
Gegen 19.50 Uhr bewegten sich die Gegendemonstranten geschlossen in die Marktmitte, wo sich kurz zuvor vier Personen aus dem Umfeld der Montagsmahnwachen mit einem Friedensbanner zwischen beiden Gruppierungen postiert haben. Daraufhin bewegten sich mehrere Beamte der mit relativ vielen Kräften angerückten Polizei zwischen beide Demonstrationen und sicherte den friedlichen Verlauf der Veranstaltung ab. Zu einer Eskalation kam es auch dann nicht, als Antifaschisten plötzlich das Banner der Rechten entwendeten und unter dem johlenden Applaus der Masse damit verschwanden.
250 Gegendemonstranten versammelten sich friedlich am Rathaus (Foto: Fleischervorstadt-Blog)
Wenige Minuten nach 20 Uhr löste sich die rechte Versammlung auf und zog über die Lange Straße in Richtung Europakreuzung ab. Kurz darauf zerstreuten sich auch die Teilnehmenden der Gegendemonstration, die den Verlauf des heutigen Abends als Erfolg bewerten können. Bei den Asylkritikern, Rassisten und Neonazis dürfte das Resümee dagegen zerknirscht ausfallen, denn in Greifswald wurde heute sichtbar, dass die Zivilgesellschaft glücklicherweise in der Überzahl ist und rassistische Umzüge nicht unwidersprochen hinnimmt.