Arndt-Debatte: Senat wird erneut über den umstrittenen Namenspatron abstimmen

Die Debatte um Ernst Moritz Arndt, den umstrittenen Namenspatron der Greifswalder Universität, geht in die nächste Runde. Hier erklärt Senatsmitglied Timo Neder, warum er sich an dem neuerlichen Antrag für eine Ablegung des Namens beteiligt.  

Im Januar sorgte eine Abstimmung des Akademischen Senats für ein überraschendes Ergebnis: Das seit vielen Jahren kontrovers diskutierte Namenspatronat der Greifswalder Hochschule sollte abgelegt werden. Was folgte war ein wochenlanger Furor in der Stadt in seiner häßlichsten Fratzenhaftigkeit. Dazu zählten Drohungen und Verwünschungen, die sich an Arndt-Gegner im Allgemeinen sowie gegen die an der Abstimmung beteiligten Senatsmitglieder im Besonderen richteten. Dazu zählten Demonstrationen und Aktionen von rechten und rechtsextremen Gruppen wie der Identitären Bewegung, der Provinz-Pegida FFDG oder der AfD, für die unter anderem die einschlägig verortbaren Mitglieder Holger Arppe und Ralph Weber öffentlich sprachen. Dazu zählte aber auch der öffentliche Pranger, den der CDU-Frontmann Axel Hochschild auf dem Marktplatz veranstaltete, um aus der akademischen Debatte einen kommunalpolitischen Vorteil zu ziehen.

Plakat eines Arndt-Anhängers bei der Menschenkette in Greifswald

Plakat bei der Pro-Arndt-Menschenkette (Foto: Fleischervorstadt-Blog, 02/2017)

Schlussendlich scheiterte die im Januar mit Zweidrittel-Mehrheit beschlossene Trennung von Namenspatron Arndt an formellen Fehlern des Prozederes, die dazu führten, dass das Bildungsministerium des Landes der beschlossenen Änderung nicht zustimmte. Wie der webMoritz berichtet, soll der Antrag über den Namen der Universität nach erfolgter Klärung rechtlicher Fragen und dem Beheben der Mängel in der Grundordnung demnächst erneut zur Abstimmung kommen. In einer Stellungnahme erklären die studentischen Senatsmitglieder, dass die Beschlussvorlage vom Januar aus formellen Gründen nicht zu Ende gebracht wurde und sie daher noch immer aktuell sei. Die studentischen Senatoren fühlen sich diesem Antrag nach wie vor verpflichtet und wollen das Verfahren sachgemäß beenden. 

Antragsteller zum neuerlichen Votum über Namenspatron Arndt

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AfD-Chats: Causa Holger Arppe ist kein Einzelfall

Die Veröffentlichung der Chat-Protokolle führender AfD-Vertreter aus Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass die Causa Holger Arppe kein Einzelfall ist. Die Gespräche dokumentieren weiterhin die Verbindungen zwischen AfD, Identitärer Bewegung und MVGIDA.

„Da muss man einfach ausrasten und erstmal das ganze rotgrüne Geschmeiß aufs Schafott schicken. Und dann das Fallbeil hoch und runter, dass die Schwarte kracht!“ „Du weißt aber schon das dieses Rotgrüne Geschmeiß trotz ihrer Abartigkeit nur willfähige Erfüllungsgehilfen sind.“

Einzelfall Holger Arppe

Zitate von Holger Arppes Chat-Partnern (Alle in diesem Artikel enthaltenen Zitate werden in unveränderter Originalschreibweise wiedergegeben)

Dies ist der Ausschnitt einer geleakten Chat-Konversation der beiden späteren Landtagsabgeordneten Holger Arppe und Thomas de Jesus Fernandes (beide AfD), über die in den vergangenen drei Wochen ausführlich berichtet wurde. Auf die Recherchen von taz und NDR reagierte Holger Arppe umgehend mit einem Rückzug aus Fraktion und Partei — auch, um Schaden von der AfD abzuwenden. Von seinem Landtagsmandat trennte sich Holger Arppe jedoch bislang nicht. „AfD-Chats: Causa Holger Arppe ist kein Einzelfall“ weiterlesen

Populärmusik aus Federau

übernommen mit freundlicher Genehmigung von Brycke

Es geschah wenige Stunden nach dem deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest (ESC) 2017, den die weithin unbekannte Sängerin Levina gewann. Die Schwerinerin Petra Federau schickte am Sonntag im Rahmen einer Greifswalder Großdemo unter dem Motto „Das ist unser Ernst!“ einen weiteren Beitrag ins Rennen. Dieser, so die ESC-Jury, kann aufgrund des verpassten Einsendeschlusses jedoch nicht mehr für den Wettbewerb berücksichtigt werden.

Auf der unpolitischen Veranstaltung intonierte die nach eigenen Angaben untalentierte Bardin kurz nach den Redebeiträgen der Parteikameraden Kramer, Weber und Arppe das ihr bis unlängst nicht bekannte Stück „Sag mir, wo die Blumen sind“. Ein laut Experten dickes Brett, an dem schon in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts Millionen gitarrenbegleitete Freizeitmusikanten an den Lagerfeuern der Republik gnadenlos gescheitert sind.

Petra Federau (AfD) singt in Greifswald

Petra Federau (AfD), daneben Moderator Norbert Kühl (FFDG) (Foto: Endstation Rechts)

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Wie alte und neue Rechte auf den Arndt-Zug aufspringen

Seitdem der Akademische Senat der Universität Greifswald mit deutlicher Mehrheit für die Abschaffung des umstrittenen Namenspatronats stimmte, buhlen mehrere Bürgerinitiativen um die Unterstützung der Arndtbefürworter. Die sollten bei aller Enttäuschung jedoch aufpassen, nicht unfreiwillig auf einer rechtsextremen Veranstaltung zu landen.

Die Arndt-Debatte zieht sich wie ein Graben durch die Stadt. Nach der Senatsentscheidung gegen den Namenspatron am 18. Januar 2017 wurde die Tiefe dieses Grabens sichtbar. Seitdem kommen die Gemüter nicht zur Ruhe: Die CDU ist bereits von Anfang an auf Wahlkampf programmiert und versucht, sich als Kümmerer um die vorpommersche Identität nicht nur gegenüber der AfD zu exponieren. Ehemalige Professoren schreiben sich die Finger wund und drohen, mit juristischen Schritten gegen die Mehrheitsentscheidung des Senats vorzugehen. Aktivisten der rechtsextremen Identitären Bewegung platzieren einen Gedenkfindling mit ihrem Logo auf einem Gullideckel vor dem Hauptgebäude.

Gruppenbild nach Aktion der Identitären Bewegung in Greifswald

„Eifrige Handwerker haben sich gestern um den lieben Ernst Moritz Arndt bemüht.
Wir finden es toll, dass sich in unserer modernen und schnellebigen Zeit noch junge Menschen zusammenfinden, um gemeinsam zu tüfteln und zu basteln!
(Text und Montage: Hipster Antifa Greifswald)

Und dann ist da noch die Arndt-Protestwoche. Unter diesem Label findet ein Teil der Veranstaltungen statt, die die Arndtbefürworter in den kommenden Tagen auf die Beine stellen werden. Man muss dazu wissen, dass es derzeit nicht ganz einfach ist, bei den konkurrierenden Arndt-Bürgerinitiativen den Überblick zu behalten. Die zuerst bei Facebook aufgetretene Gruppe („BI Ernst Moritz Arndt Greifswald“) entpuppte sich relativ schnell als hochschul- und heimatpolitischer Arm des rassistischen Wutbürgerbündnisses FFDG. Diese Vorbelastung der Gruppe war offenbar Anlass für die Gründung einer zweiten Bürgerinitiative, „Ernst Moritz Arndt bleibt!“, die sich von der ersten BI distanziert und bemüht ist, die Emotionen ihrer Anhänger in zivilisiertes Engagement zu kanalisieren.

AfD, Identitäre und Chargenwichser

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