Judith Zander liest in Greifswald

Die verlorene Tochter kehrt zurück. Judith Zander erntete in den vergangenen Monaten viel Beifall für ihr Romandebut Dinge, die wir heute sagten und wurde dafür  schließlich mit dem Preis der Sinecure Landsdorf 2010 ausgezeichnet. Demnächst wird die von 3sat und der FAZ bejubelte Autorin auch in Greifswald lesen.

In der Begründung der Preisverleihung wurde beinahe euphorisch davon geschwärmt, dass Zander „mit ihrem ersten Roman an diese große erzählerische Kraft des Nordens an, die durch Namen wie Uwe Johnson, Wolfgang Koeppen oder auch Brigitte Reimann repräsentiert wird“, anknüpft.

Judith Zander

Die junge Autorin wurde 1980 in Anklam geboren und studierte in Greifswald Germanistik, Anglistik sowie Mittlere und Neuere Geschichte. Danach zog es sie an das Deutsche Literaturinstitut in Leipzig. Inzwischen lebt die Autorin in Berlin. In Dinge, die wir heute sagten erzählt sie:

„von Bresekow, einem verschwiegenen Dorf in Vorpommern, von Heimat und Hölle: Die alte Frau Hanske ist gestorben, und zur Beerdigung treibt es ihre Tochter Ingrid aus dem fernen Irland nach Bresekow zurück.

Aus ›Mangel an Welt‹ hatte Ingrid ihre Heimat vor Jahren fluchtartig verlassen. Nun ändert ihr Besuch vieles im Dorf, bringt die Bewohner zum Sprechen und wirft, gerade für die Familien Ploetz und Wachlowski, alte und neue Fragen auf – Fragen über ihr derzeitiges Leben und die Verstrickungen von einst.

Bresekow, schon immer eine kleine Welt, eng, abgelegen, von Verfall bedroht, wird hier zum Brennspiegel der Gegenwart. Drei Generationen erzählen mit großer Sprachkraft von Provinz und Alltag, von Freundschaft und Verrat, vom Leben selbst.“

Ein kurzes Videoportrait stellt Judith Zander und ihren Roman vor.

Bei der Lesung handelt es sich um eine Gemeinschaftsveranstaltung des Literaturzentrums Vorpommern und der Buchhandlung Weiland. Aufgrund des zu erwartenden Ansturms empfehle ich dringend, sich vorab eine Karte zu sichern. Der Kartenvorverkauf findet im Café Koeppen, in besagtem Buchladen und in der Greifswalder Stadtinformation statt.

Fakten: 01.10. | 20 Uhr | Koeppen | 5 EUR (3 EUR ermäßigt)

Was hat die 8. Greifswalder Kulturnacht zu bieten?

Die nunmehr achte Auflage der Greifswalder Kulturnacht läutet am 17.09. das Wochenende ein. Um bei den 70 angekündigten Veranstaltungen nicht den Überblick zu verlieren, seien hier die schmackhaftesten Häppchen herausgesammelt und in Kurzform vorgestellt.

Friedrich-Zentrum und die Projektionsräume des Kinos

Wie schon beim gerade zurückliegenden Tag des offenen Denkmals, werden auch in der Kulturnacht einige Gebäude offen stehen, deren Innenansichten einem zumeist versagt bleiben. So zum Beispiel das Haus 2 des Jahn-Gymnasiums, das erstmalig seit der Sanierung zur Besichtigung einlädt. Hier sind ab 19 Uhr das Ensemble und verschiedene Solisten der Musikschule zugange. Eine „reizvolle Umgebung“ sollen Wände und Stuckdecke in den intensiven Farben von 1872 bilden. An dem Gebäude wurde jahrelang gearbeitet.

Bereits ab 18 Uhr öffnet das Caspar-David-Friedrich-Zentrum in der Langen Straße und gewährt Ein- und Ausblicke auf das geplante Caspar-David-Friedrich-Museum. Wie hat das Geburtshaus des Malers ausgesehen?

Nur wenig später beginnen Führungen im CineStar in der Dompassage. Nicht nur für Cineasten und Leute mit einem Übermaß an Technikverssenheit könnte der Blick hinter die Kulissen interessant werden. Es sollen auch die Projektionsräume gezeigt werden.

Lesungen zwischen Erotik und Reiselust

Sehr schräg könnte es in der vornehmlich an Frauen adressierten Erotikboutique Sarabande werden, wenn Inhaberin Kerstin Strase selbst zum Buch greift und unter dem Titel Mit Haut und HaarHingabe „Kurzgeschichten von bizarren Träumen, gefährlichen Ausschweifungen, von intimen und zärtlichen Momenten“ liest. Musikalische Begleitung, Fingerfood und Blubberbrause werden ebenfalls angekündigt. „Was hat die 8. Greifswalder Kulturnacht zu bieten?“ weiterlesen

Fotoarchiv vom Greifswald der Wendezeit

Im November des vergangenen Jahres wurde im Koeppenhaus eine Ausstellung eröffnet, die sich dem Greifswald der Wendezeit und der vorhergehenden Dekade widmete.

Bis Ende Januar wurden einem interessierten Publikum Fotografien zugänglich gemacht, die Momentaufnahmen einer verstörenden Zeit des Umbruchs festhielten und vor Augen führten, wie schnell sich ein Viertel, eine Stadt oder eine Zeit verändert und wie rückstandslos die Erinnerungen versiegen.

Bildreich dokumentiert: Abbruch, Aufbruch, Umbruch

Das Koeppenhaus hat inzwischen einen Account im sozialen Foto-Netzwerk Flickr eingerichtet und macht die Bilder so einer größeren Öffentlichkeit zugänglich.

Bis auf die grandiosen Fotos von Torsten Rütz, die bedauerlicherweise nur in winzigstem Format hochgeladen wurden, stehen die meisten Aufnahmen in akzeptabler Qualität zur Verfügung: Die besetzten Häuser in der Wachsmann-Straße, die Luftaufnahme um 1980, die Greifswald aussehen lässt wie nach einem Bombenangriff; Wahlplakate, die vom Einzug eines demokratischeren politischen Systems zeugen, der mit Demonstraten gefüllte Marktplatz einer Anti-Atom-Demonstration 1992, der zum Friedensgebet bis auf den letzten Platz gefüllte Dom, eine Menschenkette in der Gützkowerstraße des Umbruchsjahres 1989; Soldatinnen, die auf dem Marktplatz zu Offizieren ernannt wurden, Rummel und Fahrgastgeschäfte auf dem Nexö-Platz und schließlich ein Schnappschuss aus einer Disko im Jahr 1992.

Nachhaltig-funktionale Ausstellung 2.0

Hier wird vorgeführt, wie eine konzipierte Ausstellung auch nach ihrem Abbau noch wirksam sein kann, wie funktional sich die Archivierung und Veröffentlichung historischer Dokumente mithilfe neuer Medien gestalten lässt und wie man die gezeigten Fotos auch jenen zugänglich machen kann, denen ein Besuch nicht vergönnt war. Jetzt fehlt nur noch das Video, das einst ausstellungsbegleitend gezeigt wurde.

Die insgesamt 89 Fotos sind auf der Flickr-Seite von Koeppenhaus abrufbar.

Mashup „Greifswald gestern und heute“

Rathaus Greifswald FischmarktAm 16. September wird übrigens in der kleinen Rathausgalerie die Fotodokumentation Greifswald gestern und heute eröffnet. Hierfür fertigte Zsolt Kemény aus Ungarn, der bis kurz vor der Wende drei Jahre seiner Kindheit in Greifswald verbrachte, Collagen aus damals entstandenen Fotos und Aufnahmen neuerlicher Begehungen der Hansestadt: „In einer ganz eigenen Art stellt er Fotos aus der Vorwendezeit aktuellen Aufnahmen gegenüber, schiebt sie übereinander, gestaltet ein neues Stadtbild.“

Das Resultat dieser Bemühungen sieht auf dem nebenstehenden Bild eher gewöhnungsbedürftig aus, aber vielleicht schlummert auch hier einiges, was sich zu entdecken lohnt.

Fakten: 16.09. – 14.10. | 8-18 Uhr (Mo-Do, Fr bis 15.30) | Kleine Rathausgalerie

Bernd Begemann & die Befreiung kommen ins Koeppen

Tolle Nachrichten für alle, die der sogenannten Hamburger Schule nahe stehen: Bernd Begemann & die Befreiung kommen nach Greifswald!

Der „elektrische Liedermacher“ wird am Mittwoch bereits zum dritten Mal in Greifswald gastieren, nachdem die letzten beiden Auftritte schon Jahre – wenn nicht sogar ein Jahrzehnt – zurückliegen. Begemann war der erste, der aus dem eigentlichen popkulturellen Quell der Hamburger Schule, Bad Salzuflen, auszog, um in Hamburg sein – auch monetarisierbares – Glück zu suchen. Dieses Ansinnen war nur teilweise von Erfolg gekrönt.

Bernd Begemann und die Befreiung

Tocotronic bei Bernd im Bademantel

Bernd Begemann vereint einen intelligenten und einzigartigen Humor mit unschlagbaren Entertainerqualitäten und einem breiten Fundus popkulturellen Wissens auf sich. Fans der Hamburger Band Tocotronic kommen nicht umhin, die 1996 erschienene  Kurzreihe Bernd im Bademantel zu kennen, die er für den NDR produzierte. Damals lud er verschiedene Künstler zu Interview und Livekonzert in sein Wohnzimmer, so auch die seinerzeit noch als Trio agierende Band Tocotronic. „Bernd Begemann & die Befreiung kommen ins Koeppen“ weiterlesen

Kulturelle Ausblicke aufs Wochenende

Die Semesterferien dauern an, aber das ist kein Grund, sich in die Wohnzimmer zu verkriechen. Eine kurze Vorstellung der heutigen Optionen des Amüsierbetriebes zwischen Synthie-Pop-Wave, Eventschiff und gediegenem Jazz aus Skandinavien.

Welle: Erdball in der Mensa

Schon seit beinahe 20 Jahre existiert die (New)Wave-Elektro-Formation Welle: Erdball, die mit einer tüchtigen Portion NDW-Feeling ins Haus bricht. Die Band ist für ihre eigenwillige und requisitenreiche Bühnenshow, für die ein Haufen Retro-Maschinen angefahren wird, berühmt. Ihr Sound verdient über alle Maße hinaus das Prädikat old-school.

welle: erdballAls Klangerzeuger tritt, neben vielen analogen Synthesizern, der Commodore 64 als vollwertiges Bandmitglied auf. Wo Künstler wie Kraftwerk, D.A.F., Grauzone oder Ideal in den 80er Jahren starteten, setzt Welle: Erdball wieder an und führt diese glorreiche Ära der deutschen Musikgeschichte weiter fort. In der Independent-Szene schon lange eine Kultband, zeigt Welle: Erdball auch auf Konzerten in ganz Europa, dass Elektronikmusik mit sehr viel Dynamik umgesetzt werden kann.

Auf dem webMoritz ist der Trailer zum Film Operation Zeitsturm verlinkt, an dem Welle: Erdball ebenfalls beteiligt sind und der in wenigen Wochen veröffentlicht wird. Hier das Video zum Stück 1000 weiße Lilien:

Nach dem Konzert laden die beiden Veranstalter (Mensaclub und Kiste) zu einer Aftershow-Party mit vier DJs auf zwei Floors. Zu erwarten sind dort dann neben Synthie Pop und Minimal Wave auch EBM, Industrial, Electro und Goth-Rock.

Augenfällig ist der grenzensprengende und exorbitant hohe Eintrittspreis. Der ist zwar nicht unbedingt sozial, aber vielleicht lernt man so hierzulande, dass Kultur ihren Preis hat. „Kulturelle Ausblicke aufs Wochenende“ weiterlesen

Heute Abend Meinecke-Mitschnitte auf 98eins

Wie jeden Donnerstag wird heute Abend zwischen 20 und 22 Uhr auf radio 98eins die ZONIC-Radioshow ausgestrahlt. Das Format hat sich inzwischen durch den Weggang Alexander Pehlemanns in zwei Divisionen gespalten und seit geraumer Zeit hört man in Greifswald die Nordversion aus dem ZONIC-Hauptquartier, aufbereitet und moderiert von Martin Hiller.

zomicIn der heutigen Sendung werden Mitschnitte der Lesung von Thomas Meinecke über den Äther gejagt. Der Popliterat und der eigenen Einschätzung nach feministische Autor Meinecke las am 13. Januar aus seinem Roman Jungfrau und begeisterte ein interessiertes Publikum.

Vorabausschnitt der Sendung

Nach der Lesung legte Meinecke im Café Koeppen Jazz von Jutta Hipp und Mary Lou Williams auf. Beide Musikerinnen spielen auch in seinem Roman eine Rolle und Stücke von ihnen werden heute Abend auch unter den Worten des Popliteraten auftauchen.

Thomas Meinecke live

Auf seinem Blog geht Martin Hiller nochmal dezidiert auf Jungfrau ein und stellt dem Fleischervorstadt-Blog freundlicherweise vorab einen dreiminütigen Ausschnitt der Lesung zur Verfügung.

Ausschnitt der Meinecke-Lesung

(ein Klick auf den Link sollte ein flashbasiertes Abspielprogramm öffnen)

Hier geht es zum Livestream von radio 98eins, wo von 20 bis 22 Uhr die ganze Sendung zu hören sein wird.