Der Polenmarkt 2010 beginnt

Seit nunmehr zwölf Jahren findet in Greifswald der Polenmarkt statt und mit ihm hält wieder eine Fülle von Konzerten, Ausstellungen, Lesungen, Filmvorführungen und Partys in der Stadt Einzug.

Ähnlich dem Nordischen Klang richtet auch dieses Festival seinen Blick auf eine Region, einen Kulturraum, und versucht nach eigener Aussage „eine avangardistische und inspirierende Visitenkarte des Nachbarlandes zu kreieren“.

PROGRAMMATISCHE VIELFALT – VIELFÄLTIGE PROGRAMMATIK

polenmarkt greifswald coverWie dieses Anliegen in der Praxis gelingt, darüber gibt das wunderbar illustrierte und liebevoll gestaltete Programmheft Aufschluss, das auch in digitaler Form dargereicht wird.

Die Veranstaltungen sind auf viele Kulturräume der Stadt verteilt und der diesjährige Polenmarkt wird abwechselnd von der Medienwerkstatt, dem Pommerschen Landesmuseum, dem IKUWO, dem Antiquariat Rose, der Tschaika, dem St. Spiritus, dem Fallada- und dem Koeppenhaus beheimatet. Zwei Programmpunkte finden sogar in Stralsund statt.
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Die programmatische Vielfalt reicht dabei vom Pianisten mit Weltruhm, Andrzej Jagodziński, über die Punkbands Dead Yuppies und Narkolepsja aus Wrocław bis zum Electro-Ethno-Dancehall-Kombinat Masala aus Warszawa oder den aus Szubin stammenden Jazz-Freigeistern Contemporary Noise Sextet.

Neben Kulturveranstaltungen im klassischen Sinn wird es aber zum Beispiel auch eine Art Informationsbörse für Interessierte, die an einer polnischen Universität studieren wollen, geben. Und ganz gewiss wird auch dezidiert auf das Polonicum, ein vor kurzem eingerichtetes, zweisemestriges Zusatzstudium, hingewiesen werden.

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Daneben werden insgesamt acht Filmvorführungen offeriert, unter anderem der in der Kategorie Bester Dokumentarkurzfilm für den Oscar nominierte Berliner Mauerhasen, der von Kaninchen handelt, die in der unmittelbaren Nähe der Berliner Mauer lebten; Parallelen zur DDR-Bevölkerung werden in der „brilliant geschmiedeten Allegorie“ offenkundig.

Polenmarkt Cartoon

Noch nie war ein Polenmarkt so lang – ganze sechzehn (!) Tage wird Greifswald von den vielversprechenden Veranstaltungen beseelt werden, die einen sehr gelungenen Mix aus verschiedenen Regionen und Szenen erwarten lassen und unbedingt als „eine avangardistische und inspirierende Visitenkarte“ Polens funktionieren. Dafür ist dem Team hinter dem Polenmarkt schon vorab ein großes Dankeschön und Respekt für die bis hierher geleistete Arbeit auszusprechen.

Ab Donnerstag wird der Polenmarkt auch auf dem Fleischervorstadt-Blog das Thema schlechthin sein. Hier werden die wichtigsten Veranstaltungen angekündigt und wenn möglich auch dokumentiert. Ab morgen heißt dann also die Devise an den Tresen dieser Stadt Tyskie statt Lübzer oder Becks, in diesem Sinn: Na zdrowie!

PolenmARkT: Bilder der Grünen Gans

Am 29.11. feierte Stuthe im Rahmen des PolenmARkTes mit Die Grüne Gans Premiere. Die Inszenierung fußte dabei auf die Vorlage Konstanty Ildefons Gałczyńskis und wurde von den sechs Akteuren lebhaft umgesetzt.

Besondere Anerkennung verdient der komplexe und eindrucksvolle Bühnenaufbau: Eine Art riesenhaftes Passepartout umrahmte den Blick auf das Geschehen, während alles andere in tiefes Schwarz gehüllt war. So auch die Schauspieler und Schauspielerinnen, die auf diese Weise und je nach Lichtstimmung im schwarzen Raum verschwanden oder aus ihm heraustraten.

Der lange Applaus des zahlreichen Publikums bezeugte die Wirkung des Stückes und der darstellerischen Leistung. Hier und da wurden sogar Premierengeschenke überreicht. An die erfolgreiche Premierenvorstellung werden weitere Aufführungen anknüpfen, so dass auch diejenigen, die nicht mehr ins IKUWO passten, noch zukünftig in den Genuss der Grünen Gans kommen können.

PolenmARkT: Kabarett „Die Grüne Gans“

Das polnische Kulturfestival neigt sich dem Ende zu. Heute Abend wird das Greifswalder Studententheater (StuThe) mit dem Stück Die Grüne Gans im IKUWO Premiere feiern und das bisher offerierte Kulturangebot um ein Kabarett ergänzen.

die grüne gans

Das Kleintheater „Die Grüne Gans“ genießt in Polen Kultstatus und begeistert durch einen intelligenten Humor, Ironie und poetische Sprache. Obwohl die absurden Theaterstücke von Konstanty Ildefons Gałczyński vor über 70 Jahren das Licht der Welt erblickt hatten, bestechen sie immer noch durch ihre zeitlose Aktualität.

Bürgerlicher Kleinmut, politischer Großmut, die Zuckungen von Kunstschaffenden oder Evas Biss in den Apfel – die breite Palette menschlicher Existenz findet sich in ausgesuchten Kurzstücken wieder, die eigentlich nie für die Bühne gedacht waren.

An diesem Abend steht nicht nur der Sinn für Humor auf dem Prüfstand, sondern auch die dezente Berührung mit der polnischen Vergangenheit. „Alois Kuckuck“, „Professor Bączyński“ oder gar „Fafik“, der sprechende Hund, empfehlen sich und ihre Zeitgenossen in „Kleinkariertem Schwarz und Weiß“.

Durch den umfangreichen Bühnenaufbau ist die Zahl der Sitzplätze stark begrenzt, pünktliches Erscheinen ist also anzuraten.

Fakten: 29.11. | 21 Uhr | IKUWO | 3 EUR

Cukunftsmusik und Polska Rootz im IKUWO

Am 25. November spielte die energetische Warschauer Klezmer-Band Cukunft im IKUWO. Davor, danach und auch irgendwie dazwischen schob der polnische DJ Lenart – vermittels eines Bassverstärkers ein Grammophon simulierend – verschrobene und vor allem sehr alte Goldstücke aus seiner Sammlung.

Der PolenmARkT hat damit sein Bergfest hinter sich und das Ende des Kulturfestivals rückt in greifbare Nähe. Am Sonnabend wird ein PolenmARkT-Markt stattfinden, ebenfalls im IKUWO. Dort werden Kulinaria, Bücher, Plakate und Tonträger aus dem östlichen Nachbarland angeboten.

Das händlerische Treiben wird ab 20 Uhr von Trickfilmen für Erwachsene begleitet: „Anknüpfend an die goldene Zeit polnischer Animationskunst präsentieren wir an diesem Abend besondere Filmbeispiele aus den 50er- und 60er-Jahren. Skurrile Geschichten, nicht selten mit einer versteckten Kritik an den damaligen politischen und sozialen Zuständen gespickt, offenbaren sich in Form von avantgardistischen Zeichnungen, begleitet von einer abstrakt nach Jazz anmutenden Musik.“

Anschließend laden dann DJ Mariusz von der polnischen Postergalerie Pigasus in Berlin und Selekta PEhLE vom Zonic Magazin zur Polska Rootz Party.

Polska Rootz. Beats, Dubs, Mixes & Future Folk from Poland ist eine von Zonic zusammengestellte Compilation auf dem Berliner Label Eastblok Music, die einen Einblick versucht in den Umgang mit Roots-Kulturen in Polen: „Vom Folk aus den Masuren oder den Tatra-Bergen, der mittels Elektronik, Dub-Reggae oder Drum´n´Bass ins Jetzt katapultiert wird, über Mutant Klezmer Sounds bis zu weltmusikalischen Adaptionen, wo zum eigenen Erbe globales Kultur-Material tritt, das man sich offensiv angeeignet, zu eigen macht – zu neuen Traditionen, neuen Roots.“

Da verschmelzen urbane Sounds des Hier&Heute mit divers tradierten Klangformen, erwachsen frische Bastard-Formen und bringen sich neu in den weltweiten Klangkosmos ein. Versprochen wird jedenfalls hochprozentiger und hochenergetischer Osteuropatanztumult bis in die Früh!

Etliche der auf dem Sampler vertretenen Bands spielten in den vergangenen Jahren auch in Greifswald, zum Beispiel Zywiolak, Psio Crew, das Joint Venture Soundsystem oder Vavamuffin.

Fakten:
28.11. | 20 Uhr (Trickfilme & Markt) | IKUWO | Eintritt frei
28.11. | 22.30 Uhr Polska Rootz Party | IKUWO | 4 EUR

PolenmARkT: Überall ist es besser, wo wir nicht sind

Der PolenmARkT lädt in Zusammenarbeit mit dem Filmclub Casablanca zur Vorführung von Überall ist es besser, wo wir nicht sind (BRD 1989) ein. Beim anschließenden Filmgespräch wird der Regisseur Michael Klier zugegen sein.

Entweder ist das Gras grüner, oder die Häuser sind höher, oder die Sonne ist wärmer! Warschau 1988. Jerzy will in den Westen. Sein Ziel ist Amerika. Aber sein Geld reicht erst einmal nur für Berlin.

besser-wo-wir-nicht-sindDort trifft er Ewa wieder, die er an seinem letzten Tag in Polen kennen gelernt hat. Die beiden kommen sich näher. Sie nehmen alle Jobs an und haben wenig Zeit für einander. Dennoch gibt es einige Momente des Glücks, bis Ewa verschwindet, ohne eine Adresse zu hinterlassen…
Polnische Flüchtlinge revidieren ihre Utopien vom Westen, West-Berlin erweist sich als Durchgangsstation. Auf beiläufige, dabei fast visionäre Weise nimmt der Film Entwicklungen globaler Migrationsbewegungen vorweg.

[youtube CsoR6R-dr_4]

Fakten: 26.11. | 20 Uhr | Pommersches Landesmuseum | 3 EUR

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Erste Bilder vom PolenmARkT

Am vergangenen Wochenende spielten die nicht nur in Polen legendären Armia im IKUWO. Die im Rahmen des PolenmARkTes eingeladene Formation wurde vor über 24 Jahren gegründet und spielt  eigenwilligen Art Rock. Ihren druckvollen Sound verdichten Armia auf eindrucksvolle Weite mit einem Waldhorn. Mystisch statt monoton spielte sich die Band derart in Trance, dass  Sänger Tomasz Budzyński auch noch nach dem Konzert im Backstage-Bereich seinen Auftritt zwischen „…Dampfwalze, Raserei und poetischem Gottesdienst“ nicht beendete.

Einige Fotos der Veranstaltung sind in der folgenden Galerie zu sehen.