Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #22

Lieber gar nicht aufstehen, als in den Ausguss sehen / Lieber weiter dämmern, langsam sollte was gehen / Weiß noch nicht wie ich geht, wie es so um mich steht / wie man sich aus dem Schlaf stiehlt und will es auch nicht. / Das kleine Einmaleins, das große Einmaleins / ich kenne leider keins, das jetzt schon zu mir passt / Ich bin noch nicht bereit für die innere Uhr / ich spüre nur dass irgendwas mit Zeigern nach mir schmeißt / Wenn ich nur vorbei flieg / muss ich da nicht landen / bleib ich in der Luft und lass mich nicht darauf ein.

kurze wege lange nächteGreifswald befindet sich in der Schläfrigkeit der vorlesungsfreien Zeit. Wer nicht gut genug vernetzt ist, um private Sausen zu feiern, muss mit dem überschaubaren öffentlichen Kulturangebot vorliebnehmen. Das kann dann zum Beispiel die 80er/90er-Disko im IKUWO sein, das flotte Punkbesteck im Klex, die Premiere des Dogma-Klassikers Das Fest oder die szenische Annäherung an die Jugend von Patti Smith. „Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #22“ weiterlesen

Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #20

Du magst also auch Musik, was? / Ja, ich liebe Musik / Auf was für Musik stehst du? / Alle Sorten / Also ich mag Easy-Listening / Ja, ich auch, Easy-Listening ist echt geil / Wohnst du hier in der Gegend / Ja, praktisch um die Ecke, ist ne gute Gegend zu wohnen / Ich mag es / Ich auch / Apropos, ich heiße Thomas / Hallo Thomas, ich bin Stefan / Nett dich kennenzulernen / Auch nett dich kennenzulernen*

kurze wegeIm Klex feiert die Indiebar eine nächtliche Wiederauferstehung, ehe an gleicher Stelle am nächsten Abend die Hamburger Oi!-Punkband Eight Balls die Menge anschreien wird. Vorher jedoch guckt unter anderem Popkultur-Experte Thomas Meinecke mal wieder vorbei und liest im Koeppen Koeppen. Theaterfreunde müssen sich zwischen einer Premiere und einer Dernière entscheiden und Frühaufsteher können Sonnabend auf der Afterhour im Roten Salon nach dem Rechten sehen. Ein Überblick. „Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #20“ weiterlesen

Intendantenwechsel: Wenn die Angst in das Theater zieht

Mit Kritik am Greifswalder Theater wird selten gespart: es sei provinziell, die schauspielerischen Leistungen seien selten vorzeigbar und die Inszenierungen einfach nicht radikal genug. Einige dieser — zumeist zugezogenen — Theaterkritiker haben das Schauspielhaus sogar schon von innen gesehen. Doch wer dachte, dass die Zustände am Theater zementiert seien, kann sich derzeit eines Besseren belehren lassen. Vor zwei Wochen sorgte die Meldung, dass der neue Intendant Dirk Löschner einen Großteil des Ensembles austauschen würde, für helle Aufregung und wilde Spekulationen.

„GEHEN SIE DOCH NACH STENDAL, DA IST JETZT EIN PLATZ FREI!“ (PETER MULTHAUF)

Möglich wird diese Frischzellenkur dadurch, dass die Arbeitsverträge der Schauspielerinnen branchenüblich befristet sind und auf Intervention Löschners hin nicht verlängert werden sollen. Nichtverlängerungen lassen sich aus künstlerischen Gründen oder wegen eines Intendantenwechsels aussprechen, wobei der durch den Wechsel des Intendanten bedingte Verlust des Arbeitsplatzes keine negativen Auswirkungen auf die Vita der betroffenen Schauspieler entfalte, wie Löschner bei der gestrigen Sitzung des Kulturausschusses versicherte.

dirk löschner(Foto: 17vier)

Ausschussmitglied Peter Multhauf (DIE LINKE) wollte das nicht glauben und meinte, dass mit Löschners Erscheinen „die Angst im Theater eingezogen“ sei. Soziale Härten will der designierte Intendant bei seinen Personalentscheidungen zwar berücksichtigt haben, jedoch seien Löschners Einschätzung zufolge dadurch bei niemandem „nicht zu handlende“ Nöte entstanden. Multhauf  dachte laut darüber nach, wie Löschner die Einzelgespräche mit den Nichtverlängerten kommentiert haben könnte: „Gehen Sie doch nach Stendal, da ist jetzt ein Platz frei!

„KLEIN ANFANGEN UND DANN MAL SCHAUEN, WAS GEHT“ (DIRK LÖSCHNER) 

Löschner, der in der Schauspielsparte einen kompletten Neuanfang plant, möchte die Altersstruktur ändern und hier in Greifswald seine eigenen Vorstellungen von Theater umsetzen, die so neu erstmal gar nicht klingen: Theater müsse sich durch gesellschaftliche Relevanz auszeichnen, soziale Themen aufgreifen, und dürfe dem Publikum nicht hinterherlaufen. Seine Antworten auf die ihm gestellten Fragen nach dem künstlerischen Konzept der Zukunft fielen unspektakulär und ausweichend aus. Überrascht wirkte keiner der Anwesenden — wirklich zufrieden war allerdings auch niemand. „Intendantenwechsel: Wenn die Angst in das Theater zieht“ weiterlesen

Absahnen #11: Urlaub in Polen

Stuthe vergibt noch freie Plätze für die Teilnahme an einem Theatertreffen im partnerstädtischen Goleniów. Dort finden vom 26. bis zum 30. Juni Workshops statt, ehe am 1. Juli das Festiwal Hanzeatycki beginnen wird.

hanse festivalDas Hanse-Festival findet alle zwei Jahre statt und verspricht drei kulturell aufgeladene Tage. Das Theaterprojekt wird vom renommierten Teatr Brama organisiert und die Ergebnisse der Workshops können auf dem Festival in einem deutsch-polnischen Straßentheater gezeigt werden. Sieben Tage lang werden sich junge Leute aus Deutschland und Polen begegnen, kennenlernen und zusammen Theater spielen.

Für die Teilnahme an diesem Projekt werden noch deutsche Teilnehmende gesucht, die entweder gemeinsam mit der ersten Gruppe am 26. Juni oder mit der zweiten am 1. Juli gen Goleniów fahren. Die Anreisekosten werden rückerstattet, für Verpflegung und Unterkunft wird ebenso gesorgt werden. Theatervorkenntnisse sind nicht vonnöten, die Interessenten sollten aber zwischen 16 und 26 Jahre alt sein.

theater polen

(Foto: Stuthe)

Mehr Informationen und Details zur Anmeldung erhält man von Ulrike Kurdewan (Stuthe) entweder per E-Mail (ulrike[at]stuthe.de) oder telefonisch (0176-64288368).

Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #2

Ob nun Stuthes Klappe Spezial in der Brasserie Hermann, die Ska-Reggae-Band Yellow Umbrella im IKUWO, der kanadische Singer/Songwriter Colin Moore im Koeppen oder die zweieinhalb Aufführungen vom Phantom – die wichtigsten Veranstaltungen laufen dieses Wochenende in der Fleischervorstadt. Ein Überblick.

STUTHE OKKUPIERT DIE BRASSERIE HERMANN

Stuthe feiert sich gewissermaßen selbst und lädt zu einer Klappe Spezial in die Brasserie Hermann ein. Dort sollen Ausschnitte einzelner Produktionen des Studententheaters präsentiert werden. Angekündigt werden Fragmente aus Homo Pilicrepus – der ballspielende Mensch, Ein Nachmittag im Herbst und dem Phantom. Außerdem wird die Stuthe-Improgruppe auftreten.

Auf einer zweiten Bühne wird zuerst Inselsucht spielen, eine bandgewordene Gottfried-Benn-Vertonung. Danach geben sich mit den Hanselunken zwei alte Bekannte die Ehre. Abschließend wird DJ Lofi Deluxe den Weg in die Nacht weisen.

inselsucht band Fakten: 27.05. | 22 Uhr | 5 / 3 EUR

SKA & REGGAE MIT YELLOW UMBRELLA IM IKUWO

Unmittelbar neben der Brasserie Hermann geht es dann mit einem Reggae-Soul’n’Ska-Nighter im IKUWO weiter – dargereicht von Big Junnan und dem jungen Mann, der sonst bei der Band Krach als Vokalist zu erleben ist.

Doch vorher lotet dort das sächsisch-französische Septett Yellow Umbrella den offbeataffinen Genrekosmos aus. Sie sind seit 1994 „eine stetig wachsende Größe in der funky Verarbeitung karibischer Erblinien von Ska über Rocksteady und Reggae bis zu Dub, angereichert in diesem spezifischen Fall gerne auch um die energetische Klangvielfalt Osteuropas von Russland bis zum Balkan“. Versprochen werden die beiden Geschwister Stil und Soul.

Aus den Händen des Umbrella-Keyboarders Jens Strohschnieder stammt auch das in Kooperation mit der kanadischen Illustratorin Manon Gauthier erschaffene Kinderbuch Der Reggaehase Booo, das sowohl zeichentrickfilmisch als auch als Hörbuch umgesetzt wurde. Hierbei agierte wiederum mit Dr. Ring-Ding eine alte Koriphäe als Sprecher. Kostprobe gefällig?

Get dressed, get mad!

Fakten: 27.05. | 21.30 | IKUWO | 7 EUR

STUTHES ANTWORT AUF JACK THE RIPPER

Sowohl am Sonnabend als auch am Sonntag wird die holzschnittige Stuthe-Produktion Das Phantom im IKUWO aufgeführt. Das Stück ist nach eigener Aussage Stuthes Antwort auf Halloween, A Nightmare on Elmstreet, Jack the Ripper und Mullholland Drive in Einem.

das phantom

„Ein Mord ist geschehen. Ein Mord, wie er so noch nicht vorgekommen ist. Kommissar Moriarty und seine Kollegin Sweeney nehmen die Herausforderung an und tauchen hinab in die Schatten ihrer Welt, wo sie es mit Gegnern zu tun bekommen, die die Grenzen zum Wahnsinn verschwimmen lassen.

Bald stellt sich ihnen die Frage: Wie fängt man den Herr und Meister aller Schatten? Wie fängt man das Phantom?“

Der webMoritz hat heute einen Artikel zum Stück veröffentlicht.

Fakten: 28. / 29.05. | 20 Uhr | IKUWO | 6 / 4 EUR

BESUCH AUS KANADA: SINGER/SONGWRITER COLIN MOORE

Das Koeppen freut sich indes auf kanadischen Besuch, denn am Sonnabend wird Colin Moore dort Platz nehmen und sein aktuelles Album Leaving Home vorstellen. Wie viele Musiker der kanadischen Folkszene verweist auch Colin auf seine schwer auszumachenden Punkwurzeln. Davor spielen T.C. & Jockel aus Schleswig-Holstein und danach gehts in der Fettenvorstadt weiter!

Wer Folk im amerikanischen Singer/Songwriter-Soundgewand mag, ist Sonnabend bei der vom Cafe-Koeppen-Konzert-Team (CKKT) organisierten Veranstaltung genau richtig. Für das Vergewissern und zur Appetitentwicklung hier noch ein Video von Colin Moore.

Fakten: 28.05. | 21 Uhr | Koeppen | 8 / 5  EUR

Stalker: Zonensehnsucht und Seelenreise

Das vergangene Jahr klang für die Schauspielenden von Stuthe mit einem sehr erfolgreichen Kooperationsprojekt aus – gemeinsam mit dem Theater Vorpommern und dem Caspar-David-Friedrich-Institut wurde eine Inszenierung des russischen Kunstfilms Stalker (1979) auf die Bühne gebracht.

Regisseur Andrej Tarkowski erzählt in seinem Science-Fiction-Werk von einem als Zone betitelten, militärisch abgesperrten Gebiet, in dem sich merkwürdige Dinge ereignen sollen. In dieses Areal führt Stalker, ein Fährtenleser, der seine Ortskenntnis zur Profession entwickelte, zwei ungleiche Charaktere: Eine Wissenschaftlerin und einen Schriftsteller, die auf der Suche sind nach einem geheimen Zimmer, in dem der innigste Wunsch eines jeden Wirklichkeit werden soll. Diese Reise wird zum gefährlichen Seelentrip ins Selbst.

(Foto: Theater Vorpommern)

Die bisherigen Reaktionen auf die Umsetzung des Films waren anerkennend, positiv und regelrecht euphorisch. Die eingesetzten Gerüstkonstruktionen prägten ein ungewöhnliches Bühnenbild und fungierten gewissermaßen als Trittleiter in eine andere Dimension. Jakob Pallus resümiert im webMoritz:

plakat stalker theater

„Stalker ist kein reines Theaterstück. Vielmehr ist es ein Kunstprojekt. Als solches angekündigt, wird es tatsächlich dieser Beschreibung gerecht. Die Atmosphäre, die Tarkowski in seinem Film noch mit Hilfe von Naturaufnahmen und Wechseln in der Farbigkeit aufbaute, wird hier nun mittels Bühnenkonstruktion, Videoprojektionen und den Suchern und Wiedergängern evoziert – nicht in der gleichen Weise bildgewaltig, aber ebenso eindringlich. Beladen mit Symbolen nimmt das Stück den Zuschauer mit zum Wunschzimmer, aber auch tief in die Seelen der Akteure – und in die eigene.“ (webmoritz)

Neben mehreren Schauspielerinnen des Greifswalder Studententheaters sind in das Stück auch die hauptamtlichen Darsteller Lukas Goldbach, Hannes Rittig, Katja Klemt und Christian Holm vom Theater Vorpommern involviert.

Stalker wird an den ersten drei Märztagen im Rubenowsaal der Stadthalle aufgeführt. Am 21. und 22. März finden Vorstellungen in Stralsund statt. Karten lassen sich unter anderem über das Online-System des Theaters beziehen.