Die Gesellschaft für deutsche Sprache macht seit 21 Jahren auf Begriffe der öffentlichen Kommunikation aufmerksam, die gegen das Prinzip der Menschenwürde oder das Prinzip der Demokratie verstoßen, die einzelne gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind. Um zu sprachkritischer Reflexion aufzufordern, kürt sie jährlich ein Unwort.
GANZE BEVÖLKERUNGSGRUPPEN WERDEN AUF EIN IMBISSGERICHT REDUZIERT
Zum Unwort des Jahres 2011 wurde der Bgriff „Döner-Morde“ gekürt, mit dem Polizei und Medien die von der rechtsextremen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) verübten Morde bezeichneten. In ihrer Begründung erklärte die Jury:
Der Ausdruck steht prototypisch dafür, dass die politische Dimension der Mordserie jahrelang verkannt oder willentlich ignoriert wurde: Die Unterstellung, die Motive der Morde seien im kriminellen Milieu von Schutzgeld- und/oder Drogengeschäften zu suchen, wurde mit dieser Bezeichnung gestützt. Damit hat Döner-Mord(e) über Jahre hinweg die Wahrnehmung vieler Menschen und gesellschaftlicher Institutionen in verhängnisvoller Weise beeinflusst.
Im Jahre 2011 ist der rassistische Tenor des Ausdrucks in vollem Umfang deutlich geworden: Mit der sachlich unangemessenen, folkloristisch-stereotypen Etikettierung einer rechts-terroristischen Mordserie werden ganze Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt und die Opfer selbst in höchstem Maße diskriminiert, indem sie aufgrund ihrer Herkunft auf ein Imbissgericht reduziert werden.
Weitere Unworte des Jahres 2011 sind „marktkonforme Demokratie“ und „Gutmensch“. „Ähnlich wie der meist ebenfalls in diffamierender Absicht gebrauchte Ausdruck Wutbürger widerspricht der abwertend verwendete Ausdruck Gutmensch Grundprinzipien der Demokratie, zu denen die notwendige Orientierung politischen Handelns an ethischen Prinzipien und das Ideal der Aushandlung gemeinsamer gesellschaftlicher Wertorientierungen in rationaler Diskussion gehören.“
JURY-MITGLIEDER AUS GREIFSWALD
Die Jury der Aktion Unwort des Jahres besteht aus dem Journalisten Stephan Hebel (Frankfurter Rundschau) und den vier Sprachwissenschaftlerinnen Prof. Dr. Nina Janich, Prof. Dr. Martin Wengeler, Dr. Kersten Sven Roth, Prof. Dr. Jürgen Schiewe — die beiden letztgenannten Mitglieder lehrten beziehungsweise lehren übrigens an der Universität Greifswald. Diesen fünf Juroren steht außerdem eine sechste, jährlich wechselnde Person zur Seite. Dieses Jahr war das Dr. Heiner Geißler.
Das Unwort des Jahres 2010 lautete „alternativlos“. Für das begonnene Jahr können bis zum 31.12.2012 jederzeit Vorschläge eingereicht werden. Die hierfür notwendige E-Mailadresse ist auf der Internetseite der Aktion zu finden.
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- Begründung Unwort des Jahres 2011 (pdf-Dokument, 0,447MB)
- Grundsätze der Aktion
- alle Unworte des Jahres seit 1991 (Wikipedia)