„Die CDU-Fraktion hat auf ihrer letzten Sitzung sehr deutlich gemacht, dass das Schmücken des Tannenbaums auf dem Weihnachtsmarkt vor dem Totensonntag nicht hinnehmbar ist. Wir sollten uns alle mehr auf unsere christlichen Werte zurückbesinnen. Der Totensonntag ist ein gesetzlich anerkannter Feiertag, der der Ehrung der Verstorbenen gilt. Daher ist es vollkommen unpassend, vor diesem Feiertag, auf dem Greifswalder Markt die Weihnachtszeit beginnen zu lassen“. (CDU-Fraktionsvorsitzender Axel Hochschild)
Blühende Landschaften, rosige Aussichten, frohe Weihnacht. Bist du schon aktiv?
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird am 16. Dezember ein Castortransport durch Greifswald rollen. Mehr Informationen zum Thema Atomkraft, eine E-Mail-Liste und ein Spendenkonto gibt es auf der web0.9-Seite der Anti-Atombewegung MV. Außerdem werden ein Twitter-Account und eine Facebookpräsenz unterhalten.
*Update 14 Uhr*
Das nenne ich mal angemessene Wahl der Mittel, oder um gerd zu zitieren, der das bei daburna veröffentlichte Bild kommentierte: „Danke für die fotos. ohne die hätte ich nicht geglaubt das die cdu die feuerwehr (FEUERWEHR!!) ruft um den baumschmuck zu entfehrnen. tagelang stehen naziparolen an öffentlichen plätzen in der stadt wie der mensa und vor dem audimax aber wenn die hippies kreativen protest üben wird die feuerwehr gerufen…ach lasst das haus mal brennen wir sind grad im einsatz für die stadt unterwegs….“
In den Morgenstunden des 26.10. wurde das seit Jahren leerstehende Institutsgebäude der Chemie durch einen Großbrand total beschädigt. Der hölzerne Dachstuhl ist abgebrannt, die dritte Etage eingestürzt. Aufgrund des vielen Löschwassers ist das Haus durchnässt.
Die Polizei gibt inzwischen erste Erkenntnisse zur möglichen Brandursache bekannt:
„Er stellte fest, dass sich Unbekannte in der Vergangenheit über die hintere Front des Gebäudes Zutritt verschafft und sich in einigen Räumlichkeiten über kurz oder lang aufgehalten haben müssen. Dafür sprechen auf den Fußböden vorgefundene zumeist abgebrannte Kerzen bzw. Teelichter, die letztendlich wegen der fehlenden Kontrolle zum Brand geführt haben könnten. Daher wird eine fahrlässige Brandstiftung nicht ausgeschlossen. Hinweise, die vermuten lassen, dass Personen im Gebäude genächtigt haben, wurden nicht gefunden. Die Ermittlungen dauern an.“ (Pressemitteilung der Polizei)
Demnach waren in der Vergangenheit — so unkonkret diese Zeitangabe auch sein mag — Menschen in dem Gebäude, dessen Fenster und Türen laut Uni-Pressesprecher Jan Meßerschmidt „in der unteren Etage mit massiven Holzplatten verschlossen“ waren. „Zusätzlich war das Gebäude durch einen Bauzaun gesichert“, heißt es in der Mitteilung der Uni-Pressestelle weiter. Außerdem seien „Medien wie Strom und Gas“ getrennt worden.
Institutstourismus zwischen Beschaffung und Nostalgie
Verschiedenen Medienberichten zufolge musste sich die Feuerwehr mit Motorsägen Zutritt zum Gebäude verschaffen. War das Objekt also zugänglich oder nicht?
In den vergangenen Jahren etablierte sich in der alten Chemie eine Art Institutstourismus und unbemerkt wurden eine ganze Menge Mobiliar und Dinge mit devotionalem Potential aus dem Gebäude entwendet. Nicht zu unterschätzen ist die Zahl derer, die in das Gebäude eindrangen, um dort zu fotografieren. Einer dieser Institutstouristen konnte sich noch sehr gut an „blinkende Elektrokästen“ erinnern. Wann genau das Gebäude von Strom und Gas abgetrennt worden sei, ist nicht bekannt, auf jeden Fall noch nicht seit Jahren.
(Foto: Kevin Neitzel)
OZ: Die Satanisten waren das!
Die Ostsee-Zeitung präsentiert in ihrer heutigen Ausgabe bereits das Ergebnis ihrer teuflisch investigativen Recherchen und lässt Erinnerungen an die gute alte Zeit der Hexenverbrennung aufkommen.
Auf der Titelseite des Greifswalder Lokalteils werden die potenziellen Tatwerkzeuge der Brandstiftung, drapiert auf einem verkohlten Holzrest, abgebildet: vier Teelichter und sechs abgebrannte Streichhölzer. Wer das Foto genau betrachtet, sollte feststellen, dass die Teelichter kaum fünf Minuten gebrannt haben dürften und neu sind.
Im Artikel wird ein Polizeibeamter zitiert, der davon spricht, dass bereits im Sommer „abgedunkelte Fenster und große schwarze Decken […], die auf dem Fußboden und den Tischen ausgebreitet waren“, in einem Nebengebäude entdeckt worden sein. Demnach sei es denkbar, „dass in der Nacht vor dem Brand eine Schwarze Messe in dem Gebäude abgehalten wurde“, so der Beamte weiter.
Hintergrundplagiate aus Wikipedia
Die Ostsee-Zeitung ihrerseits prahlt mit Informationen, dass „an der Universität eine Gruppe Studenten existieren [soll], die sich gern mysteriösen Rollenspielen hingibt und dem Okkultismus frönt“. Das Unbekannte war schon immer gefährlich und vermutlich spielen diese Studierenden auch noch Killerspiele. Die Redaktion stellt einmal mehr ihre Unkenntnis zur Schau und wirft wahllos und vor allem undifferenziert völlig unterschiedliche Themen zusammen. Aber wer hat die alte Chemie denn nun angezündet? Rollenspieler, Satanisten, Okkultisten oder alle zusammen in Personalunion?
Reich an gut recherchiertem Hintergrundwissen, implementiert die Redaktion auch einen Infokasten in den Artikel, der mal wieder aus dem ersten Absatz eines Wikipedia-Eintrags zusammenkopiert wurde. Dieser Redaktion und ihren geheimen Informationsquellen glaube ich doch alles! Ist es denn so problematisch, die Quellenangabe unter die Infobox zu setzen? Zur Veranschaulichung dessen, was an manchen Universitäten mit Exmatrikulation bestraft wird, sei hier eine Gegenüberstellung der Wikipedia-Quelle und des OZ-Infotextes aufgeführt:
Dass diese Art des Plagiats in der Redaktion nicht zum ersten Mal vorkommt, habe ich bereits an dieser Stelle, als es um das Thema Freefight ging, dokumentiert.
Wem nützt dieser Brand eigentlich?
Soll sich die Öffentlichkeit mit diesem Verdachtsmoment zufrieden geben, dass im abgesperrten Gebäude eine schwarze Messe stattgefunden hätte und die rollenspielenden Satanisten mit Teelichtern einen Brand ausgelöst hätten, den sie nicht mehr kontrollieren konnten? Entsteht so ein derart gewaltiges Feuer?
Wer profitiert eigentlich von der Totalbeschädigung eines versicherten Gebäudes, das vielleicht nicht unter Denkmalschutz stand, aber aufgrund der nicht unbeträchtlichen chemischen Verseuchung durch seine frühere Nutzung nur schwer verkäuflich ist? Was hätte eine umfassende Dekontaminierung der alten Chemie gekostet?
Ist dieses Objekt nicht durch seine abgelegene, dunkle und ruhige Lage für eine Brandstiftung prädestiniert? Entsteht so ein großer und sich derartig schnell ausbreitender Brand durch einen Unfall mit Teelichtern, oder bedarf es dafür weiterer Vorbereitungen? Werden Ermittlungen bezüglich einer organisierten Brandstiftung nicht durch das Vorhandensein chemischer Reststoffe erschwert?
Alles eine Frage der Spekulation
Diese Fragen lassen sich wohl kaum innerhalb von drei Tagen beantworten. Aber ist es nicht noch zu früh für den okkulten Tatverdacht und die präsentierten Teelichter? Entschlossene Ermittlungen und vor allem eine investigative Lokalredaktion sehen irgendwie anders aus. Es bleibt also abzuwarten, was mit dem zerstörten Objekt passieren wird, wer dieses Gebäude kauft und in Zukunft nutzen wird. Dann darf weiter spekuliert werden, aber bis dahin warten wir doch noch besser mit der Jagd auf Rollenspieler und blasse Messdiener!
Hat Greifswald ein weiteres historisches Gebäude verloren? In den frühen Morgenstunden des heutigen Tages ist im alten Institut der Chemie ein Großbrand ausgebrochen, der den hölzernen Dachstuhl des Gebäude zerstörte und einen Totalschaden verursachte.
Die Pressestelle der Universität reagierte umgehend und informiert auf ihrer Homepage über den Brand: „Nach Informationen der Berufsfeuerwehr Greifswald meldete gegen 6.30 Uhr der Wachschutz der Universität starke Rauchentwicklung auf dem Dach eines Gebäudes in der Soldmannstraße unweit des Bahnhofes. Als die Feuerwehr wenige Minuten später eintraf, seien aus dem Dachstuhl der ehemaligen Chemie bereits meterhohe Flammen geschlagen. Die Berufsfeuerwehr wurde durch die Freiwilligen Feuerwehren Greifswald und Dersekow unterstützt.
Am Vormittag konnte das Feuer unter Kontrolle gebracht werden. Kurze Zeit später konnten mit dem Löschen von Glutnestern begonnen werden. Die Feuerwehr wird eine Brandwache einsetzen. Die Brandursache ist noch unklar. Die Polizei ermittelt. Die Schadenssumme muss noch ermittelt werden. Die Universität geht derzeit von einem Totalschaden aus.“
Zuvor berichtete allerdings der webMoritz in atemberaubender Geschwindigkeit über das Feuer und terminierte den Ausbruch des Brandes auf „kurz nach 5 Uhr“. Die dort veröffentlichten Fotos sind noch eindrucksvoller als die der Pressestelle, denn das Flammenmeer züngelte zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme vor der düsteren Kulisse des grauenden Morgens.
Das Gebäude stand seit vier Jahren leer, die Chemikerinnen sind damals an den Beitz-Platz gezogen. Die Veräußerung der Immobilie gestaltet sich aufgrund ihrer chemischen Belastung schwierig. Insofern dürfte das Feuer für die Universität nicht unbedingt ungelegen kommen, wenngleich sich auch hier das schadstoffroutinierte und ewig obdachlose Studententheater hätte unterbringen lassen können.
Bleibt zu hoffen, dass jetzt nach dem wahrscheinlichen Abriss keine buntbalkonigen Wohnheime in der Soldmannstraße entstehen.
*Update*
Inzwischen hat der NDR einen kurzen Radiobeitrag veröffentlicht, der auf der Seite des Senders oder hier gehört werden kann.
Viel zu häufig wurde der einstigen Flaniermeile des alternativen Nachtbetriebs zwischen Café Pariser, Klex und dem Café Quarks nachgeweint. Drei mehr oder minder selbstverwaltete Jugendzentren auf etwa 250 Metern, das war schon sehr aufregend. Mit der Räumung des besetzten Hauses am Karl-Marx-Platz und den Veränderungen in den beiden anderen Vergnügungsstätten ging dieses Flair leider sehr schnell verlustig.
Vor wenigen Wochen wurde an der Ecke Gützkower-/Bahnhofstraße die Brasserie Hermann eröffnet und damit ein zusätzliches gastronomisches Angebot in der Fleischervorstadt geschaffen. Das Erbe, dass mit dem Lokal angetreten wird, ist kein leichtes. Seit der Schließung der Eiche – so hieß der Laden früher – blieben alle Versuche, wieder eine Kneipe zu etablieren, erfolglos.
Haus mit trauriger Berühmtheit
Das Haus erlangte traurigen Ruhm, als sich am 21.09.2000 dort ein schrecklicher Unfall mit Todesfolge ereignete. Die Ostsee-Zeitung berichtete damals über das Unglück:
Der 50-jährige Kamerad der Freiwilligen Feuerwehr, der am 21. September bei einem Unfall auf der Kreuzung Thälmannring (sic!)/Gützkower Straße schwer verletzt wurde, ist tot.
Fest steht, dass der 40-jährige Fahrer dieses Tanklöschfahrzeuges mit eingeschaltetem Sondersignal auf dem Weg zu einem Brand im Hochhaus Lomonossowallee war. Dabei hatte er bei „Rot“ die Kreuzung befahren und war mit dem Skoda seines 50-jährigen Kameraden zusammen gestoßen, der bei „Grün“ gefahren war. Der Skoda schleuderte gegen einen Toyota, der sich ebenfalls im Kreuzungsbereich befand. Die Feuerwehr raste gegen die Hauswand der ehemaligen Gaststätte „Eiche“. (OZ-Archiv)
Frischer Wind in der Fleischervorstadt
Das einer gescheiterten Vermietung folgende Pubarazzi konnte sich mit seinem Sportbar-Konzept nicht lange halten. Nun weht in der Bahnhofstraße frischer Wind und wie es aussieht, wird das auch noch eine Weile so bleiben. Die Lücke zwischen dem Café Koeppen und dem IKUWO wurde geschlossen, die Straße um eine weitere und angenehme Ausgehstätte erweitert.
Seiner Größe zum Trotz ist das Interieur des Hermann ansehnlich und gemütlich. Die Etablierung eines Mittagstisches wird sich wohl als geschickter Schachzug erweisen.
Auf die Mittagskarte, die sich bisher weniger raffinierter Küche als vielmehr amtlicher Hausmannskost verschrieb, hat man für bezahlbare 4,80 Euro Zugriff. Ein vegetarisches Gericht wird ebenfalls angeboten. Das Preisniveau der Getränkekarte bewegt sich im Rahmen Greifswalder Kneipen.
Konkurrenz oder Synergien?
Der Frühling wird zeigen, ob die verstärkte Dichte des Angebots nun abends spürbar mehr Leute in die Fleischervorstadt locken wird als früher.
Eine wirkliche Konkurrenz-Situation mit dem Café Koeppen und dem IKUWO ist wohl aufgrund des unterschiedlichen Publikums eher unwahrscheinlich. Ich sehe das Verhältnis zwischen den drei Lokalen vielmehr synergetisch und wünsche dem Hermann viel Erfolg.
Wenn in der Medienwerkstatt Jazz-Konzert ist und sich zeitgleich auch mal wieder ein Markus Kavka in den TV Club verirrt, dann geht hier in der Bahnhof-, bzw. Goethestraße einiges. Ein sanfter Hauch von Kiezgefühl umweht die Fleischervorstadt.
Die Polizeidirektion Anklam veröffentlichte heute eine der spektakulärsten Pressemitteilungen seit Wochen. Ich habe mir inzwischen angewöhnt, regelmäßig die kurzen Berichte zu lesen, und festgestellt, dass die trockene Art mancher Texte einer gewissen Humoristik nicht entbehrt.
Heute wurde über einen Unfall berichtet, der sich in den Morgenstunden des vergangenen Sonnabends zugetragen hat. Ein junger Mann fuhr durch eine Baustelle und vollführte unter dem Einfluss verschiedener Rauschmittel einen spektakulären Stunt, bei dem er sich schwer verletzte.
Sein gemietetes Gefährt ging in Flammen auf und brannte aus. Der Unfallfahrer gab gegenüber den Beamten zu verstehen, es sei „ein Abenteuer, ohne Führerschein und unter Alkohol zu fahren.“
„Die Feuerwehr und Polizei traf am Samstagmorgen, kurz nach 06:30 Uhr, auf der Baustelle an der B 105 bei Mesekenhagen ein. Da lag doch tatsächlich ein fast neuer Opel Astra brennend in einer vier Meter tiefen Baugrube. Vom Fahrer und der Fahrbahn keine Spur, denn die endete ca. 17 m davor mit einem 1 m hohen Sandberg. „Spektakulärer Stunt unter Drogeneinfluss“ weiterlesen →
Um 20 Uhr wird heute im Koeppen-Haus eine Lesung stattfinden, zu der überpünktliches Erscheinen anzuraten ist, denn eine ähnliche Veranstaltung im September 2008 zeigte, wie stark das Thema nachgefragt wird.
Christoph Ruf und Olaf Sundermeyer haben erst im März 2009 ihr Buch In der NPD: Reisen in die National Befreite Zone veröffentlicht und legen damit eine der aktuellsten Bestandsaufnahmen in Sachen Rechtsextremismus vor. Zum Buch heißt es:
„Sozial geht nur national“ – unter diesem Motto will die NPD flächendeckend in die Landtage und schon bald in den Bundestag einziehen. Zwei Jahre lang haben die Autoren dort recherchiert, wo die rechtsextremen Milieus gedeihen. Sie waren auf Europas größtem Rechtsrock-Festival und bei Aufmärschen der autonomen Nationalisten. Sie waren dort, wo die NPD Sportvereine und Feuerwehren unterwandert. Und sie haben alle maßgeblichen Vertreter der Partei getroffen – auch in den Dörfern und Kommunen, in denen der Sprung an die Macht vorbereitet wird. So unmittelbar wie Olaf Sundermeyer und Christoph Ruf hat sich bislang noch kein Journalist mit der NPD befasst.
Auch 2009 bleibt die NPD eine reale Gefahr für Andersdenkende, für Menschen mit anderer Hautfarbe, anderer Nationalität oder einer sexuellen Orientierung, die nicht dem Standard der NPD entspricht. Ob die traurigen Rekordergebnisse der Landtagswahl von 2006 wiederholbar sind, bleibt abzuwarten. Nach der Kommunalwahl 2009, wird die NPD künftig in viele Kommunalparlamente in MV zum ersten Mal einziehen können, sie profitiert von der Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde auf kommunaler Ebene. Die Kommunalwahlen 2009 zeigen in verschiedenen Bundesländern, die Partei hat sich in „ihren“ Orten etabliert, gehört zum Alltagsbild und kann auf eine Stammwählerschaft zählen. Es bleibt die Frage, wo die demokratischen Parteien mit langfristigen Strategien sind, um gegen eine Normalisierung der NPD präsent zu sein.“
Nach der Buchvorstellung wird eine Diskussion mit dem omnipräsenten Rechtsextremismus-Experten Prof. Dr. Hubertus Buchstein stattfinden.