Nach den Gremienwahlen: gemäßigt linke Hegemonie

Ein Gastbeitrag von Peter Madjarov 

So links haben die Greifswalder Studierenden schon lange nicht mehr gewählt: Die Solidarische Universität erringt 11 von 12 Sitzen im Senat und die Hochschulgruppen, die sich als „progressiv“ verstehen und oft gemeinsam agiert haben, dominieren das Studierendenparlament. Dieses ist zwar sicher nicht so radikal wie an anderen Universitäten, wurde aber bei den Wahlen in seinem gemäßigt linken Kurs bestätigt.

Die linksdominierten studentischen Gremien verbanden im letzten Jahr administrativen Pragmatismus mit linken Herzensthemen, gegen welche die Konkurrenz kaum ankommen konnte. Dieser Kurs wurde nun bei den Wahlen bestätigt. Die ehemals starken konservativen Gruppen spielen keine Rolle mehr. Als Korrektiv zu dieser Hegemonie ist die PARTEI-Hochschulgruppe entstanden, die jedoch auch linksoffen ist.

DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG LIEGT IN DER VERGANGENHEIT

Stimmenauszählung nach der Greifswalder GremienwahlHochschulpolitik spielt sich zu einem Großteil in der universitären Selbstverwaltung ab. Und Verwaltung ist immer irgendwie bürokratisch, weshalb sie wohl auch nie ihr graues Image wird ablegen können. Trotzdem beschäftigte sich das StuPa im letzten Jahr insbesondere nach dem Ausscheiden des satzungsversessenen Christoph Böhm weit weniger mit Paragraphenreiterei als früher. Die dominierende lose Allianz der Hochschulgruppen von SDS bis Piraten („Progessive“) setzte Satzungsfragen zudem meist ans Ende der Tagesordnung und beschäftigte sich zuerst mit Themen außerhalb des eigenen Gremiums. Und diese waren oft erstaunlich politisch: Aufrufe und Unterstützung für linke Demos, ein antimilitaristischer Aktionstag oder Kritik an Burschenschaften. „Nach den Gremienwahlen: gemäßigt linke Hegemonie“ weiterlesen

#Swag nicht aufgedreht: Gremienwahlen interessieren kaum jemanden

Ein Gastbeitrag von Franz Küntzel 

Jedes Jahr das gleiche spannende Prozedere: Die Jünger der Greifswalder Hochschulpolitik werben um die Gunst ihrer Kommilitonen. Von Freibeutern über Comic-Helden bis hin zu Kommunisten hat der hochschulpolitische Dunstkreis so einiges zu bieten, aber augenscheinlich hat es mal wieder keinen der 11.700 wahlberechtigten Studenten interessiert — in der vergangenen Woche verirrten sich nur etwa 10 Prozent von ihnen in die Wahllokale.

(Montage: Fleischervorstadt-Blog, Original: Disney)

Während sich die Liste der Solidarischen Uni am Mittwoch mit ihren beiden Hauptakteuren von Malottki und Rodatos schon vor dem Wochenende hart abfeierte, kann man jetzt einen nüchternen Blick auf die Ergebnisse werfen: Obwohl die Soli-Liste 11 von 12 Sitzen holte, bleibt abzuwarten, inwieweit man nun „progressive Politik“ überhaupt umsetzen kann und will.

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Herrlicher Klamauk trotz Anlaufschwierigkeiten — „Charleys Tante“ am Theater Vorpommern

Eine Theaterkritik von Florian Leiffheidt 

Was soll man als Student aus reichem englischen Hause tun, wenn man für ein Rendezvous eine Aufsichtsperson — ja gar eine Anstandsdame — benötigt und ebenjene nicht anwesend ist? Was soll man tun, wenn die Gelegenheit für eine Verabredung nur einmal greifbar ist? Eine ebenso unterhaltsame wie skurrile Antwort auf diese Fragen liefert derzeit die Inszenierung  von Brandon Thomas‘ Bühnenklassiker Charleys Tante, welche am vergangenen Samstag in Greifswald vor nahezu ausverkauftem Haus Premiere feierte.

SKURRILE IDEE SORGT FÜR KOMIK UND KONFUSION „Herrlicher Klamauk trotz Anlaufschwierigkeiten — „Charleys Tante“ am Theater Vorpommern“ weiterlesen

Gut gebrüllt, Löwe! Klaus Gehre inszeniert „Surrogates — mein zweites Ich“ am Theater Vorpommern

Eine Theaterkritik von Florian Leiffheidt

Wer am Sonntag der Premiere von Klaus Gehres Inszenierung des Hollywood-Blockbusters Surrogates — mein zweites Ich am Theater Vorpommern beiwohnte, konnte erleben, dass man für spannungsgeladene, actionreiche Handlungen keinesfalls ein Feuerwerk an Spezialeffekten oder gar ein großes Budget benötigt. Ganz im Gegenteil: Gerade bei dieser Produktion zeigte sich das Reizvolle an sogenannten Low-Budget-Produktionen.

ZUKUNFTSVISION ALS DÜSTERE VIDEO-SOUND-LIVE-PERFORMANCE

Die Bühne gleicht einem wohlorganisierten, kreativen Chaos aus Hand- und Barbiepuppen, Körperteilen, einem Löwenkopf und vielerlei anderen Utensilien nebst einer Vielzahl von Videokameras. Emsig werden letzte Teile geschraubt, wird Holz den Sicherheitsanweisungen entsprechend glattgeschliffen. Es folgen letzte Absprachen, dann gibt Ronny Winter das entscheidende Kommando: „Action!“ „Gut gebrüllt, Löwe! Klaus Gehre inszeniert „Surrogates — mein zweites Ich“ am Theater Vorpommern“ weiterlesen

Mehr als nur Krawall und Remmidemmi

 Ein Gastbeitrag von Hubertus Ass

Seichte Unterhaltung und Klamauk ist ja nicht so meins. Zwar hab ich in meinem Leben auch schon mal gelacht, aber das meiste, was der Allgemeinheit als lustig gilt, ertrage ich lieber in grenzdebilen Zuständen und verbinde dies mit der innigen Hoffnung, vom süßen Schlaf erlöst zu werden.

Sommertheater Koeppen

Manchmal kommt man jedoch nicht umhin, sich der Komödie – in diesem Fall eher der Tragikomödie – zu stellen. So geschehen am letzten Wochenende, als mein Chef wieder seiner wahren Berufung folgte und sich beim Sommertheater zum Henry machte. Im Hof des Café Koeppen wurde auch bei der zweiten Aufführung jede Sitzgelegenheit von einem sehr gemischten Publikum in Beschlag genommen, um sich Die geheimen Leben von Henry und Alice anzusehen.

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Menschen – Tiere – Sensationen: Circus Berolina

Ein Gastbeitrag von Nasti van der Weyden

Zirkus ist Magie. Artisten, Glitzer, Feuer – das lässt die Zuschauer in einen Strudel von Anziehungskraft und Bewunderung eintauchen. Zirkus mit Tierdressur ist Tierquälerei. Elefanten, Bären, Kamele – sie führen vor uns ein antrainiertes, freundliches Schauspiel auf, welches nichts von Tierfolter und Misshandlung vermuten lässt.

EIN BLICK HINTER DAS ZIRKUSZELT

Wilde, exotische Tiere sind faszinierend, vor allem für Kinder. Der Elefant wurde unter Schlägen und Stichen so dressiert, dass er mit dem Rüssel in die Menge winkt. Es geht um diesen Kontrast von Vorder- und Hinterbühne, die im Zirkus mit Tierdressur völlig verschieden sind, gar keine Ähnlichkeit zueinander aufweisen. Ein Bewusstsein dafür muss bei Eltern, Familien, Kindern und auch bei jedem, der das hier liest und sich noch nicht damit beschäftigt hat, wachsen.

Ich finde es unfassbar, dass ein Zirkus, der mit Tierdressur wirbt, hier in Greifswald gastiert. Drei Tage Show, mit Elefanten, Bären, Zebras – ist das alles etwas, was die Leute sehen wollen? Ich bin nicht der Meinung, dass „die Leute“ das sehen wollen. Sie wissen nicht, wie diese Tierfolter aussieht und was der Besuch eines solchen Zirkus anrichtet. Die breite Akzeptanz kann nur durch Unwissenheit begründet sein.

Ein Beispiel: Bei der Dressur von Elefanten werden zu deren Bestrafung und Kontrolle spezielle „Elefantenhaken“ verwendet. Das sind lange Stäbe mit einer Spitze, an der ein oder zwei scharfe Dornen sind. Der Stab kann dazu eingesetzt werden, den Dickhäuter mit dem Dorn zu stechen – was bei der empfindlichen Haut eines Elefanten für diesen sehr qualvoll ist. Man kann das Tier aber auch mit der Breitseite schlagen – bis es schreit. Das ist grausame Tierquälerei! Es gibt weitere Beispiele, wie die Transport- und Pflegebedingungen, die unnatürlichen Bewegungen, die die Tiere dem Publikum vorführen sollen, der Mangel an Freiheit und Bewegung, die ständige Gewalt oder die Isolation.

Der in Greifswald gastierende Circus Berolina ist als „Prügel-Zirkus“ bekannt. Die Elefanten, Kamele, Bären dieses Zirkus sind die leidenden, zur Dressur geschlagenen Tiere, die wir uns am Wochenende unter dem Motto „Menschen – Tiere – Sensationen“ hier in Greifswald ansehen sollen. Zirkus fasziniert – nicht ohne Grund! Artistische und sportliche Leistung, die so fernab des Alltags wunderschön inszeniert wird. Und so sieht für mich Zirkus aus: Menschen, die ganz besondere Leistungen darstellen. Und keine Menschen, die Tiere in Kostüme hüllen, zur Dressur schlagen, quälen und einsperren. Das ist nicht Zirkus, das ist Tierfolter.

(Ausschnitt aus dem Film Earthlings)

  • weitere Infos zu Wildtieren im Zirkus (Peta)
  • Prügel-Zirkus Berolina: Wieder Elefant gestorben (Peta, 06.12.2011)

(Foto: Circus Berolina)

Das Thema hat mich so eingefangen, dass ich meine nächste Ausstellung für das Kunstprojekt TRASH&ART „Zirkustier“ nennen werde. Dieses Projekt soll aufklären, die Ästhetik der Tiere einerseits und ihre Verwahrlosung im Zirkus andererseits illustrieren. TRASH&ART braucht noch künstlerische Unterstützung. Wer daran interessiert ist, sich an einer Ausstellung und Vernissage mit seinen Ideen, Installationen oder Bildern zu beteiligen, kann mir unter post[ät]trashandart.de schreiben.