Staunen, feiern, jubilieren – der Bildungslogger Lovis darf in der kommenden Woche auf sein zehnjähriges Bestehen zurückblicken und lädt aus diesem Anlass zu einer vielseitigen Kulturoffensive ein.
SEGELTÖRN BIS NACH SPITZBERGEN
Die Lovis hat eine bewegte und bewegende Geschichte hinter sich. Sie wurde 1897 als Dampfschiff gebaut und etwa einhundert Jahre später von dem eigens dafür gegründeten Verein BÖE mit dem Ziel gekauft, ein Schiff zu unterhalten, das nicht allein der Fortbewegung auf See dient.
Nach langer Reise wurde die Lovis schließlich bis Greifswald geschleppt und zwei Jahre Bauzeit später konnte sie im März 2000 als zweimastiges Segelschiff den Betrieb aufnehmen. Fast die gesamte Ostseeküste konnte seitdem erkundet werden. Die Fahrten führten aber auch zu den britischen Inseln und bis Spitzbergen.
(Foto: Lovis)
EINE MISCHUNG AUS REISEN UND AKTIONSFORMEN
Einem utopistischen Ideenmix aus Selbstbestimmung, Ökologie und Aktionismus anhängig, bot der Verein mit der Lovis nun Raum für Gruppen und Initiativen und es entstand eine „Mischung aus sehr verschiedenen Reisen und Aktionsformen“, wie es in der Selbstdarstellung des Projekts heißt, die die Lovis auch als „sozialen Experimentierraum“ beschreibt.
Wie sich Schiffe für umweltpolitische Aktionen nutzbar machen lassen, wurde beim Klimagipfel in Kopenhagen sichtbar, als die Klimapiraten mit mehreren Booten in die dänische Hauptstadt segelten.
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FILME, WERFTFEST & PODIUMSDISKUSSION
Die Lovis liegt jetzt im Greifswalder Museumshafen und lädt diese Woche täglich zu Veranstaltungen ein. So wird zum Beispiel heute Abend Jacques Cousteaus Schweigende Welt (1956) gezeigt – der erste Dokumentarfilm, der in Cannes die Goldene Palme gewann. Auch für Dienstag wird ein umweltpolitischer Film in Anwesenheit der Regisseurin angekündigt.
Am Mittwoch gastiert Kapitän Stefan Schmidt im Koeppenhaus. Sein Name ist untrennbar mit dem Schiff Cap Anamur und den 2004 in Seenot geratenen afrikanischen Flüchtlingen verknüpft. Einen Tag später wird im Pommerschen Landesmuseum eine Podiumsdiskussion über bürgerschaftliches Engagement in Greifswald stattfinden, bis die Jubiläumswoche schließlich mit einem rauschenden Werftfest am Sonnabend endet.
BILDUNGSOFFENSIVE MIT DEM LOVIGURATOR
Abschließend sei eine besondere Anwendung auf der Lovis-Homepage hervorgehoben. Wer kann schon spontan Fliegerstag und Großdirk auf dem Schiff verorten? Dem allgemein verbreiteten Unwissen über Segelschiffe wird hier ganz hervorragend entgegengearbeitet. Mithilfe des Lovigurator genannten Werkzeugs lassen sich die einzelnen Teile des Schiffes spielerisch und per Klick erschließen. Das so erworbene Wissen darf dann beim Open Ship am Mittwoch mit eigenen Eindrücken des Schiffes ergänzt werden.
Damit sind die wichtigsten Programmpunkte des zehnjährigen Jubiläum aufgezeigt und man darf auf interessante Veranstaltungen gespannt sein. Staunen, feiern, jubilieren – zehn Jahre Lovis und alle klatschen mit.
Vor einigen Tagen veröffentlichte der webMoritz als Aufmacher einen sehr kritischen GrIStuF-Rückblick und sorgte damit ganz bestimmt für getrübte Stimmung im Festivalteam. Bedenklicherweise steht dieser Artikel seit nunmehr vier Tagen unkommentiert und unwidersprochen an exponierter Stelle. Der folgende Text ist als Antwort darauf zu verstehen, als eine mit Binnenperspektiven angereicherte Kritik an der Kritik in epischer Breite.
Für den webMoritz blickte Marco Wagner auf das vor einer Woche ausgeklungene Greifswald International Students Festival (GrIStuF) zurück und zog ernüchtert Bilanz. Der Titel des Beitrags versprach „Viel Lob und ein wenig Kritik“ – ein Versprechen, das der Autor seiner Leserschaft leider bis zum Ende des Artikels schuldig blieb.
Was folgte, war eine unvollständige Aufzählung von Pannen und organisatorischen Problemen – vermutlich aufgeschnappt bei einer der zahllosen Feedbackrunden gristufscher Art, an deren Rande womöglich auch Philip Wagner interviewt wurde. Mit lobenden Worten wurde dagegen gehadert.
KLEINKARIERT FORMULIERTE KRITIK
Gejammert wurde viel, zum Beispiel darüber, dass der von MoritzTV produzierte Trailer nicht verwendet wurde, dass sich der Beginn einzelner Veranstaltungen verzögerte, Eintrittspreise zu hoch waren, Workshops ausfielen, die englischsprachigen Programmhefte zu spät eintrafen, es anfangs zu „Engpässen bei der Versorgung aller Gäste mit Unterkünften“ kam und schließlich beim Finale am Strand das Bier zwischenzeitlich ausverkauft war – „für viele ein unverzeihlicher Lapsus“.
Die kleinkarierte Penibilität, die aus dieser Problemsammlung spricht, setzte sich in der Bebilderung des Artikels fort. Wenn mit nur drei Fotos das zurückliegende Festival erzählt wird, sollte die Auswahl wohlüberlegt erfolgen. Wieso dann die Unordnung vor dem GrIStuF-Büro hierfür herhalten muss, bleibt unklar.
Wohlgemerkt ist das Bild nur einen Tag nach dem Open Air in Eldena entstanden, auf der man so gut wie alle aktiven Vereinsmitglieder in der arbeitsamen Betriebsamkeit ihrer zwanzig – in manchen Fällen auch über dreißig – Stunden andauernden Schichten beobachten konnte. Ist das nachbarschaftliche Verhältnis zwischen Moritz Medien und GrIStuF, die sich ein Gebäude in der Wollweberstraße teilen, so angespannt, dass man sich subtil über ein paar Sofas und Pavillons mokiert, die den Weg zum Hof blockieren?
BERECHTIGTE VORHALTUNGEN
Die von Wagner formulierte Kritik entbehrt in den meisten Fällen nicht ihrer Grundlage, das ist klar. Wenn das Bier vorzeitig ausgetrunken und in den Mündern derjenigen, die mehrheitlich keinen Gast aufnahmen und sich auch nicht als Helfer am Festival beteiligten, verschwunden ist, sind die Planungsfehler in Sachen Barbetrieb offenkundig.
Aber wenn die Veranstalterinnen noch in der gleichen Nacht aus den Hallen eines Stralsunder Getränkehändlers Nachschub heranschaffen können, gewinnt man eine Vorstellung des Improvisations- und Organisationsgeschickes, das während des Festivals sehr häufig zutage trat.
Um es nochmal zu wiederholen: Kritik an GrIStuF ist toll und die Finger wollen in die Wunden gesteckt werden, solange sie noch bluten. Aber hier blieben so wichtige Leistungen des Vereins unerwähnt, deren Nennung vielleicht das sparsame und undeutliche Lob ein wenig kompensiert hätte.
So war es zum Beispiel wirklich famos, das die Halle am Bahnhof von GrIStuF okkupiert werden konnte. Ein neuer Veranstaltungsort fällt gerade in Greifswald so schwer ins Gewicht. Ob webMoritz-Redakteur Marco Wagner überhaupt einmal nachts dort war?
INNENANSICHTEN ALS WORKSHOPLEITER
Ich begegnete dem Festival schon immer mit einer reichlichen Portion Skepsis. Dieses Jahr habe ich gleich an zwei verschiedenen GrIStuF-Ebenen angedockt.
Die Leitung des Workshops ”Reality and responseability of media focussing on gender related questions and sexuality“ (Einige der Inhalte, mit denen wir uns beschäftigten, wurden während des Festivals auf dem eigens ins Leben gerufenen Blog veröffentlicht.) ermöglichte mir engen Kontakt zu einigen Teilnehmern des Festivals und zum organisationalen Apparat von GrIStuF. Ich sah Tabellenprofis, Kalkulationsjunkies und vor allem schnelle und effektive Problemlösungen.
Es gibt und gab in Greifswald keinen ehrenamtlichen Verein mit einer vergleichbar modernen Organisations- und Kommunikationsstruktur. Das Zitat einer Aktiven spricht für sich: „Ich weiß nicht, wie die früheren GrIStuF-Generationen das Festival ohne ihr Wiki organisiert haben.“
UNERMÜDLICHKEIT HINTER DEN KULISSEN
Neben dem Workshop war ich auch als Techniker in beinahe alle Kulturveranstaltungen involviert. Die logistische Mammutaufgabe des Festivals bleibt den meisten verborgen. Deswegen soll nochmal herausgestellt werden, wie kompetent und unermüdlich die Aktiven dieses Vereins arbeiten.
Nach diesen zehn Tagen kann man sich zwar über eine Stunde Verspätung beschweren oder bemängeln, dass der Eintrittspreis für die Abschlussveranstaltung zu hoch war, es sollte aber nicht unerwähnt bleiben, was in Wirklichkeit geleistet wurde, vor und vor allem hinter den Kulissen!
(Foto: Fleischervorstadt-Blog)
Als persönlicher Ratschlag für all jene, denen 10 Euro Eintritt für das Open Air als zu teuer erschienen, gebe ich die Empfehlungen mit auf den Weg, beim nächsten Mal den Vorverkauf zu nutzen (8 Euro) oder sich als Gastgeber („Host„) am Festival zu beteiligen (4 Euro).
NIE WIEDER WORKSHOP!
Nach all den Jahren gepflegter GrIStuF-Skepsis konnte ich insbesondere durch meinen Workshop sehr tief in das mit Leidenschaft kritisierte Festival eintauchen. Aller guten Erfahrungen, aller emotionalen Momente und aller gewonnen Erkenntnisse zum Trotz wird es der erste und letzte Workshop für mich gewesen sein, denn das Studentenfestival ist überspitzt gesagt eine Begegnung der Privilegierten. Je weiter die außereuropäischen Herkunftsländer von Greifswald entfernt sind, desto oberschichtiger fallen die Teilnehmerinnen aus, zumindest tendentiell.
Wenn die Flugreisekosten einer philipinischen Teilnehmerin nach Deutschland und zurück etwa soviel betragen wie das durchschnittlichen Jahreseinkommen eines Filipinos, dann heißen wir hier die jungen Eliten willkommen, reichen jenen vernetzend die Hand, die ohnehin einen priviligierten Zugang zu Ressourcen innehaben und zementieren beziehungsweise reproduzieren Systeme, die von Ungleichheit und Ungerechtigkeit gekennzeichnet sind.
Folge ich diesem Gedanken, so wird plötzlich das U-Rope-Festival — eine mit GrIStuF vergleichbare und vom gleichen Verein einmalig in der Vergangenheit organisierte Veranstaltung, deren Adressatenkreis sich allerdings nur auf Europa beschränkt — für mich überraschend attraktiv.
Es waren nicht zuletzt die überschaubaren Reisekosten, die in diesem Jahr für sozial wesentlich heterogenere Delegationen aus Osteuropa sorgten, allein aus der Ukraine stammten über zwanzig Teilnehmerinnen. Ob und inwiefern dieser Verein in der Lage ist, ein System zu entwickeln, dass der Ungleichheitsproblematik entgegenwirkt, ist nicht abzusehen.
UNOBLIGATORISCHE DANKSAGUNG
Viele werden es mit der versäumten Danksagung für das vergangene Festival und die dort geleistete Arbeit so halten wie das hier kritisierte studentische Online-Leitmedium aus Greifswald. In diesem Sinn ergreife ich die Gelegenheit, Euch, dem GrIStuF-Team, meinen ganzen Respekt zu zollen und meinen tiefsten Dank kundzutun!
Die Kolleginnen von Moritz haben ihre Juni-Sendung ganz im Sinn des Festivals produziert und glücklicherweise schon längst veröffentlicht. Lasst die besten Momente nochmal Revue passieren!
Wieder steht ein langes Wochenende mit umso kürzeren Nächten ins Haus. Am morgigen Freitag wird GrIStuF mit der letzten Countdown-Party auf das in nicht einmal einer Woche beginnende internationale Studentenfestival aufmerksam machen. Nur eine Nacht später werden Braintheft die Basswellen durch das IKUWO jagen, die Aftershow mit dem Zonic Dub Warrior PEhLE sollte ihr übriges tun.
Tofu, Tanz und Tollerei
GrIStuFs dritte und damit letzte Countdown-Party kann morgen mit einem Spaziergang verbunden werden. Am frühen Abend startet eine etwas merkwürdig anmutende Rally: Eine Schnipseljagd, die eigentlich Schnitzeljagd heißt und in tierrechtlichem Überschwang – einem ethymologischen Irrtum aufsitzend – zur Tofujagd gestutzt wurde.
Zusammen mit mobiler musikalischer Untermalung werden wir die unterschiedlichsten Aufgaben auf unserem Weg durch Greifswald bewältigen. Also packt Bademäntel, Gummistiefel, Sandschaufeln, Schwimmflügel, Trillerpfeifen, und jede Menge gute Laune, Glitzer und Seifenblasen ein und erlebt Greifswald von einer neuen Seite.
Der Glitzer und die mobile Beschallung lassen auf die Involviertheit der Greifswalder Hedonistinnen schließen. Wer an der Rally teilnimmt, soll freien Eintritt zu der sich anschließenden Open-Air-Party vor dem Geographischen Institut bekommen.
Dort werden im Innenhof werden die DJs hazelnut, elektro.indie.fresse und themarxangles ihr Vinyl auf den Tellern platzieren, während die Freunde der Nacht im Geokeller auflegen.
Die darauffolgende Nacht wartet mit einem Zeitsprung in die vergangene – aber oftmals zurückgesehnte – Greifswalder Dub-Dekade auf. Die international besetzte Formation Braintheft, die auch dieses Jahr auf der Fusion zu Gast sein wird – vermengt live gespielten Dub ganz ungrimmig mit einer gehörigen Portion Psychodelic.
Ein bassistischer Angriff auf alle Sinne, ein Groove-Gesamtkunstwerk von unten sozusagen, eine tief-frequente Resonanzmaschine zwischen Tanzzwang und elektrisierender Zurückgelehntheit. (ZONIC)
Das Fest für alle Sinne wird durch die Video-Artistin Ma.Beat komplettiert, die die Gruppe Braintheft visuell begleitet. Diese Melange kann sich dann etwa so entfalten.
http://www.youtube.com/watch?v=1dDNt_4ZFgk
Anschließend wird Selecta PEhLE von den im Leipziger Exil aus dem Boden gestampften Zonic Dub Warriorz eine mit Dubadelic Dance Derivaten bestückte Aftershow diktieren. Nebel, Nachwehen, Nostalgie!
Es ist wieder soweit, GrIStuF (Greifswald International Students Festival) steht in den Startlöchern. Im Wollweberschen Vereinshauptquartier wurde seit Monaten geplant, vernetzt und gestaltet. Nun wird es nur noch eine gute Woche dauern, bis der mondäne Reigen losbricht, sich ein Stück Welt in Greifswald versammelt.
Verve in der Hansestadt
Erfahrungsgemäß werden demnächst über 200 Teilnehmer aus verschiedenen Ländern anreisen und sich – organisiert in vierzehn thematischen Workshops – mit dem Festivalmotto Response-Ability auseinandersetzen. Diese theoretischen Workshops, deren inhaltliche Mannigfaltigkeit von Ernährung und Konsum über Ethik und Klimawandel, Zivilgesellschaft und Nationalismus bis hin zu Biopiraterie, Medien und gender reicht, sind in der Regel allein den teilnehmenden participants vorbehalten.
Doch für die Sichtbarkeit des Festivals in der Stadt wurde und wird gesorgt, denn das alle zwei Jahre stattfindende Spektakel wird von einem Kulturprogramm begleitet, das mit ambitioniert noch relativ zurückhaltend charakterisiert wäre.
Ship & Chill — Dinch & Dill
Neben der Welcome Party und dem Treffen der Kontinente wird auch das Running Dinner mit einer Aftershow bedacht. Bis dato noch unbekanntere Formate wie Ship & Chill, die Kulturmeile oder das – in wortschöpferischem Übermut betitelte – Dinch werden die Nächte der Festivalwoche verkürzen, bis GrIStuF am 05. Juni mit seinem Open Air im Strandbad für abschließende Furore sorgen wird. Das sommerliche Wetter wird sein übriges tun, versprochen.
GrIStuF wird uns einen neuen Veranstaltungsort schenken, wenn auch leider nur für die Dauer des Festivals. Die Entscheidung, eine gigantische Halle in Beschlag zu nehmen, sichert nicht nur eine mehr als geräumige Ausweichvariante bei schlechtem Wetter, sie offeriert zugleich ein leider rar gewordenes Gut in der Hansestadt: locations, locationslocations!
Das Greifswalder Studententheater besteht aus mehreren Gruppen, die parallel an verschiedenen Produktionen arbeiten. Einen Eindruck dieser Vielfalt konnte man zuletzt im Juni 2009 beim von Stuthe organisierten Dein! Festival gewinnen. In dieser Woche werden nun gleich drei unterschiedliche Veranstaltungen des Studententheaters stattfinden, man ist sozusagen allerorten.
Ma ‚ma Ernst!
Die Zeiten von Stuthes Improgruppe Improsant sind offenbar vorüber, denn die — der Spontaneität verpflichtete — Gruppe hört jetzt auf den Namen Ma‘ ma ernst! und wird sich den Geboten und Anweisungen des Publikums und ihres Spielleiters ergeben. Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix..
Wer Impro-Theater mag, wird im IKUWO gut aufgehoben sein, wer es noch nie mochte, sollte den Abend vielleicht besser woanders verbringen.
Das Berliner Petruswerk hat sich in den vergangenen Monaten nicht nur Freunde in Greifswald gemacht. Zweifelhafte Berühmtheit erlangte das Berliner Unternehmen um den Immobilienspekulanten Douglas Fernando durch den Kauf der Stralsunder Straße 10, kurz Straze.
Die Bürgerinitiative zur Rettung des Hauses klagte immer wieder über Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit Fernando, der entgegen seinen Selbstdarstellungen Gespräche blockierte und auf konkrete Anfragen nicht reagierte.
Derweil leidet die Bausubstanz, das Dach wird langsam abgedeckt und auch bei einem Wasserrohrbruch wurde nicht sofort reagiert, ungeachtet der Hinweise der BI. Offensichtlich spielt hier jemand auf Zeit.
ÜBER HUNDERT NEUE ATTRAKTIVE STUDENTENAPARTMENTS
Zeitungsöffentlich wurde Fernandos Bauvorhaben heute nochmal aktualisiert und die OZ frohlockt, dass Greifswald bald um 110 attraktive Studentenapartments reicher werden könne. Die Lokalzeitung orakelt weiter, er hätte „das geschichtsträchtige Haus auf Wunsch der Universität vor zwei Jahren gekauft“.
Nun würde er es erst für den doppelten Kaufpreis (600.000 Euro) veräußern. Involvierte sprechen bei dieser Summe sogar vom Dreifachen des Kaufpreises. Das Preisgefälle begründet Fernando mit Planungs- und Entwicklungskosten von über 300.000 Euro. Das ist ganz schön viel.
Auf der Internetseite des Unternehmens wird die selbstgestellte Frage, was das Petruswerk einzigartig mache, freimütig beantwortet: „Es ist die soziale Verantwortung, der wir uns verpflichtet fühlen. Unser Ja zum Menschen.“
Fernando bietet dem aus der Bürgerinitiative hervorgegangenem Verein Kultur- und Initiativenhaus an, den Saal in der Straze zu mieten, während im restlichen Teil des Hauses Studentenwohnungen installiert werden.
Es ist natürlich klar, dass sich so schallschutzbedingt weder ein Konzerthaus noch eine Theaterspielstätte etablieren kann. Die Vorwürfe, den Abriss des denkmalgeschützen Hauses beantragt zu haben, wies Fernando zurück: „Das war anfänglich nur kurz im Gespräch“
AKADEMIEPARK KOMMT – MIRA MUSS GEHEN
Das Petruswerk ist allerdings auch an anderer Stelle in der Stadt unternehmerisch aktiv. In der Anklamer Straße haben die Berliner ein etwa 9500m² großes Grundstück gekauft. Dazu gehört auch der Gründerbau Ecke Stellingstraße, dessen Keller das mira beheimatet, das sich nun nach einem neuen Standort umsehen muss.
Die Entwürfe auf der Internetseite des Unternehmens sind nicht aufregend und erinnern eher an die architektonischen Albträume von Youniq denn an schönes Bauen.
Laut webMoritz sollen dort 400 Studentenwohnungen, „vor allem Einzimmer-Appartements, aber auch Wohnungen für Paare, für Behinderte und für Wohngemeinschaften, entstehen“.
WIE GEHTS WEITER?
Das Petruswerk pokert in der Stralsunder und schafft Tatsachen in der Anklamer Straße. Es bleibt zu hoffen, dass der Verein Kultur- und Initiativenhaus es doch noch irgendwie schaffen kann, die Immobilie vor dem Tod durch Sanierung zu bewahren und ein neues sozio-kulturelles Zentrum zu schaffen. Aber das wird eine schwierige Aufgabe.
Ein Blick auf die Liste der Gruppen und Initiativen, die früher in der Straze Arbeits- und Lebensraum gefunden haben, mag erhellend dazu beitragen, den Sinn eines sozio-kulturellen Zentrums zu erkennen. Zu den Nutzern des Hauses vor dem Verkauf zählten: das Caspar-David-Friedrich-Institut (Ateliers), das Historische Institut, der Hochschulsport, das Studententheater, GrIStuF, radio 98eins, Greenpeace, HSG UniGryps, die Tanzgruppe „Laribundus“, die Moritz-Gruppe, die BUND-Ortsgruppe, AK Ökologie, die BI Kernenergie und ein Kinderzirkus.
Einige der Gruppen sind heute quasi obdachlos, andere sind in Gebäuden untergebracht, deren Nutzung aus baupolizeilichen Gründen terminiert ist (z.B. Moritz Medien und GrIStuF in der Wollweberstraße).
Der Bedarf für ein Zukunftprojekt Straze besteht offenkundig, eine Betriebsstruktur wurde geschaffen und Gelder für den Immobilienkauf sind akquiriert worden. Jetzt müssten sich nur noch Douglas Fernando und das Petruswerk ihrer sozialen Verantwortung verpflichtet fühlen.
(Bildquellen: Feldweg via Flickr, Petruswerk, BI Straze)