Vortrag und Swingparty: Leipziger Jugendkulturen gegen das NS-Regime

Morgen findet im IKUWO der Auftakt einer Veranstaltungsreihe statt, die mit Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl im September und den zu befürchtenden Wiedereinzug der NPD eine eigene, vielseitige Auseinandersetzung mit rechten Umtriebigkeiten anbieten wird.

Meuten, Gangster und Swingkids gegen das Naziregime

Den Anfang markiert ein Blick zurück in die NS-Zeit, konkret wird es hierbei um Jugend- und Subkulturen und vor allem deren Widerstand gegen das Naziregime gehen. Dabei soll der Fokus nicht auf die bekanntesten Gruppen wie die Weiße Rose oder die Edelweißpiraten gelegt werden. Stattdessen wird am Fallbeispiel Leipzig aufgezeigt, wie vielfältig die jugendliche Opposition gegen die Nazis aufgestellt war, die sich aus  Broadway-Gangstern, Jungkommunisten, Swingkids, Bündischen,  Pfadfindern und den Meuten rekrutierte.

Swingkids

Die Leipziger Meuten waren Ende der Dreißiger Jahre mit bis zu 1500 Mitgliedern die damals größte oppositionelle Jugendbewegung Deutschlands. „HJ-Heime wurden überfallen, Flugblätter verteilt, über ein Deutschland ohne Nazis diskutiert. Und an den Wochenenden ging es wandern in die Natur. Bis nach Berlin zeigten sich NS-Funktionäre und Juristen verunsichert. Es folgten Massenverhaftungen, Prozesse vor dem Volksgerichtshof und die Errichtung eines KZ-ähnlichen Jugendlagers.“

Für den Vortrag konnte der Historiker und Autor Sascha Lange gewonnen werden, der zum Thema Jugendwiderstand im Leipzig der NS-Zeit promovierte. 2010 erschien im Böhlau Verlag seine Untersuchung Meuten – Broadway-Cliquen – Junge Garde. Leipziger Jugendgruppen im Dritten Reich.

Neben seinen wissenschaftlichen Tätigkeiten ist Lange außerdem als Autor aktiv wie produktiv und veröffentlichte 2007 mit DJ Westradio. Zwischen Playmobil und Perestroika (Aufbau-Verlag) ein Buch über Jugendkultur in der DDR. Ende Februar dieses Jahres wird seine roadmovieske Wendekomödie Das wird mein Jahr. Vom Abhauen und Ankommen. (Aufbau-Verlag) in den Buchhandel kommen.

Swing Tanzen erwünscht: Antifaschistischer Jazz-Karneval

Nach dem Vortrag dirigiert Plattenunterhalter Pehle (Zonic/ Leipzig) mit Original Swing & Hot Jazz den antifaschistischen Jazz-Karneval bis in die Nacht. Swing tanzen ist hier ausdrücklich erwünscht!

Wer bereits zum Vortrag kommt, zahlt für Edukation und Tanzvergnügen nur 3 Euro. Die Party wird gegen 22.30 Uhr beginnen — wer dann erst auftaucht, muss 4 Euro berappen.

Fakten: 26.02. | 21 Uhr | IKUWO | 3 / 4 EUR (nach dem Vortrag)

Der Widerstand gegen den Castor geht auf die Straße

Wie bereits Anfang Januar angekündigt, wird in der nächsten Woche wieder Atommüll ins sogenannte Zwischenlager bei Lubmin transportiert werden. Hierbei sollen fünf Castorbehälter aus Karlsruhe überführt werden, die insgesamt 140 Glaskokillen enthalten.

Zweite Großdemonstration binnen dreier Monate

Lokale Anti-Atom-Aktivistinnen mobilisieren seit Wochen zu Protest und Widerstand gegen diesen Transport und rufen dazu auf, sich an der morgigen Demonstration zu beteiligen. Es ist der zweite große Anti-Atom-Protest in Greifswald binnen drei Monaten, denn schon im Dezember 2010 gingen über 2000 Menschen auf die Straße.

Atom Widerstand Greifswald

(Foto: Feldweg)

Am Sonnabend beginnt um 14 Uhr auf dem Markt die Auftaktdemo, die über die Lange Straße, den Karl-Marx-Platz und die Bahnhofstraße durch die Goethestraße, die Anklamer- und Brinkstraße schließlich über den Hansering und die Bachstraße zurück zum Ausgangspunkt führen wird.

Redebeiträge sind von Nadja Tegtmeyer (Anti-Atom-Bündnis NordOst), Holger (Nachttanzblockade Karlsruhe), Simone Leuning (AG Schacht Konrad), Pfarrer Matthias Gürtler (Ev. Kirchengemeinde) und Renate Backhaus (BUND) angekündigt, für einen musikalischen Beitrag sollen die Stormbirds sorgen. Es wurde auch eine Google Map eingerichtet, auf der neben der Route auch Parkplätze und die Orte der Zwischenkundgebung und des Abendprogramms vermerkt sind.

Aktionstag als Warm-up für den Castor

Die ganze Veranstaltung wird mit Sicherheit wie beim letzten Mal von einem Großaufgebot der Polizei begleitet und es ist nicht auszuschließen, dass von Seiten der Polizei der Protest gegen Atomkraft wieder gefilmt wird. Außerdem ist zu erwarten, dass Presse und Fernsehen bildreich berichten und viele Menschen zusätzlich private Aufnahmen machen werden. Wer darauf keine Lust hat, sei an dieser Stelle nochmal daran erinnert, an diesem Tag die für solche Bedenken anzuratende Kollektion aufzutragen. „Der Widerstand gegen den Castor geht auf die Straße“ weiterlesen

Rückblick: Polenmarkt im Splitscreen

Theda Schillmoeller lässt den knapp drei Monate zurückliegenden Polenmarkt Revue passieren und präsentiert eine filmische Zusammenfassung des Spektakels, dass prägend war für den Greifswalder November – zumindest aus (sub)kultureller Sicht.

In Splitscreen-Ästhetik, die Freundinnen der amerikanischen Fernsehserie 24 einen wohligen Schauer verpassen dürfte, geht es nochmal Abend für Abend durch das Programm. Den Soundtrack zu dieser Erinnerungsreise liefert die Band Małe Instrumenty mit der Interpretation eines Stückes von Julian Józef Antonisz. Die virtuosen Kleininstrumentalisten waren damals auch vor Ort und wussten im IKUWO zu begeistern.

Polenmarkt 2009

Der Film unterscheidet sich deutlich vom Beitrag des NDR, hat fast alle Veranstaltungen festgehalten und offeriert eine weitere Präsentationsform. Prädikat: gelungen!

Bildergalerien existieren vom Abend mit den drei Punkbands Narkolepsja, Dead Yuppies und Tesla Cessna, sowie von der energetischen Indian-Ambient-Dancehall-Show mit Masala.

Festgehalten: Edukation zum Mitbeben!

Am vergangenen Wochenende stand mit der Jenaer Band Feindrehstar eine ungewöhnliche Besetzung auf der Bühne.

Neben Schlagzeug, Bass und Rhodes wurde die Instrumentierung durch Percussion, einen zweiköpfigen Bläsersatz und einen mit Sampler und Kaos-Pad bewaffneten Vinyl-DJ komplettiert.

Dann beginnt ein musikalischer Genre-Marathon, in dessen Verlauf nach kurzen Worldbeatausflügen nicht nur in regelrecht jazzige Gefilde abgehoben, sondern vor allem ausdauernd und durch monoton-technoide Sequenzen der Brückenschlag zwischen Live-Konzert und Elektro-Party vollzogen wird. Edukation zum Mitbeben!

Feindrehstar sind auch in der virtuellen Musikgemeinschaft unterwegs und haben dort zwei Livemitschnitte veröffentlicht, die dort hörbar sind auch zum kostenlosen Download angeboten werden. Das aktuelle Album heißt Vulgarian Knights.

IKUWO-Jubiläumssause mit Feindrehstar

In diesen Wochen kreuzen sich einige subkulturelle Zeitlinien dieser Stadt: In fünf Tagen jährt sich die Räumung des AJZ/Café Quarks zum elften Mal, das WBS 70 ist seit Mitte Januar endgültig abgerissen. GrIStuF musste nach nicht einmal vier Jahren das Büro in der inzwischen liebgewonnenen Wollweberstraße wieder verlassen und am Dienstag ist das IKUWO zehn Jahre alt geworden.

Dieses beifallswürdige Jubiläum verlief einigermaßen unbemerkt im Hintergrund und darf nun schließlich am Wochenende ekstatisch gefeiert werden. Zur Geburtstagssause wurde die achtköpfige NuJazz-Funk’n’House-BigBand Feindrehstar aus Jena eingeladen, deren Bläsersatz von Schlagzeug, Percussions, Keyboards und einem DJ gestützt wird.

(Foto: Feindrehstar)

Nachdem die Band aus Jena schon vor einigen Jahren beim jazzanovaschen Sonarkollektiv veröffentlichte, ist im Sommer 2010 ihr aktuelles Album Vulgarian Knights bei Musik Krause, dem Schwesterbetrieb von Freude am Tanzen, erschienen. Eine genremäßige Selbstverortung wird mit der Schöpfung Krautclub vollzogen, die eigene Musik als Session-Vehikel beschrieben, das im geschwisterlichen Verbund mit den drei „Gebrothern NuJazz/Broken-Beat, Techno, House“ daherkommt.

„Feindrehstar steht tänzelnd für live gespielte Clubsounds jenseits der Genre-Schubladifizierungen auf den Bühnen der Welt und hat bis dato wohl (fast) jeden verschwitzt wie verwundert in die Rest-Nacht entlassen. Die sessionartigen Klang-Trance-Eskapaden des Oktetts verwirbeln druckvollen Funk-Bass und elegante NuJazz-Bläser mit treibendem House, Broken Beats oder fett shakendem Hip Hop zu einer Art organischem Neo-Kraut-Groove-Bastard mit historischem Bewusstsein und ultimativem Bewegungsimperativ.“

Anschließend geht es mit Funk und House in die Nacht, dirigiert von DJ Légères (Jena).

Fakten: 29.01. | 22 Uhr | IKUWO | 5-8 EUR (freiwillige Selbsteinschätzung)

Spätrömisch-dekadenter Jahreswechsel im Circus Maximus

Das Kosmische Kometenkombinat präsentiert auch in diesem Jahr wieder die Jahreswechselfeierlichkeiten im IKUWO und lädt, nachdem zuerst im intergalaktischen Raum die außerplanetarische Opposition ausgerufen wurde und man im Vorjahr in tiefste Tiefen abtauchte, in knapp zwei Wochen zu einer Zeitreise, einer Art Silwesterwelle sozusagen.

Das erste Zehntel dieses Jahrhunderts mit seiner nervigen Agenda geht endlich vorüber, Anlass genug, endlich einmal zu zeigen, was (spät)römische Dekadenz bedeuten kann. Die Spartakiade auf den zweieinhalb Floors wird von acht verschiedenen Tanztribunen diktiert, als elektronischer Liveact konnte Steffen Kirchhoff (Ki-Records) gewonnen werden und für die Visualisierungen zeichnet LUX.us.GEN.era.tor aka Chris Something (visualberlin) verantwortlich. Antik ist modern!

Die Greifswalder Hedonisten versprechen einen vom kleinen Rabauken und dem Strahlemann unterstützten Jahresrückblick, es wird im Circus Maximus reichlich aufgetafelt und pünktlich zum Wechsel mit einer Kanne Sekt angestoßen. Der Vorverkauf beginnt dieser Tage passenderweise im Antiquariat Rose und zwischen dem 28. und 30. Dezember auch im IKUWO. Aufgrund des limitierten Kartenkontingents und den Erfahrungen der Vorjahre ist vorzeitiger Kartenkauf unbedingt anzuraten.

Sei dabei beim gladiatorische Genossenschaftsgelage, erlebe den Anstand der Aufständischen und schwelge in caesarischen Genüssen. Oder um es mit fremden Worten auf den Punkt zu bringen: „Hier tanzt der Papst im Kettenhemd!

Fakten: 31.12. | 22 Uhr | IKUWO | 12 / 10 EUR (VVK)