Mittelmaß! „Liebe Macht Tod/Romeo und Julia“ am Theater Vorpommern

Eine Theaterkritik von Florian Leiffheidt

Plakat zu Romeo und Julia

Kaum eine Liebestragödie begeistert und berührt so sehr wie Shakespeares Romeo und Julia — die Tragödie einer Liebe, welche durch den Streit zweier reicher verfeindeter Familien zum fatalen Scheitern verurteilt ist; und dies bereits von ihrem Beginn an. Dennoch erweckt dieses Stück seit Jahrhunderten die Hoffnung und den Glauben an aufrichtige, bedingungslose Liebe bis in den Tod.

Thomas Braschs Fassung des Shakespeare’schen Dramas kleidet bereits in seinem Titel die Liebesgeschichte in ein neues, ein anderes Gewand: LIEBE MACHT TOD. Diese Fassung glänzt nicht nur durch eine „kräftigere“ Sprache, sondern auch durch ihre Konzentration auf die Macht der jeweiligen Clans und ihrer Mitglieder sowie deren Umgang mit ihr.

OBERFLÄCHE STATT TIEFGANG – STANDBILDER STATT EMOTIONEN

In der Inszenierung am hiesigen Haus, welche am Samstag Premiere feierte, gelingt es dem Regisseur und designierten Oberspielleiter Andrè Rößler leider nur, diese Begriffe — wenn überhaupt — oberflächlich zu behandeln. Trotz vieler inszenatorischer Einfälle — wobei einige das „klassische“ Greifswalder Publikum sicher einer Geduldsprobe unterzogen — gelingt es nur selten, dass die erzeugten Bilder der Inszenierung Emotionen transportieren, geschweige denn auslösen können.

romeo und julia greifswald

Allzu oft wirken Situationen wie Standbilder, wie Momentaufnahmen — man vermisst tatsächlich körperliche Aktion. Selbst bei einer Kampfszene zwischen Tybalt (wunderbar machthungrig dargeboten von Alexander Frank Zieglarski) und Mercutio (pubertär hemmungslos: Dennis Junge), in welcher Schwämme mit Kunstblut statt Schwertern zum Einsatz kommen, kann nur wenig Spannung erzeugt werden. „Mittelmaß! „Liebe Macht Tod/Romeo und Julia“ am Theater Vorpommern“ weiterlesen

Greifswalder Inszenierung „Das Fest“ gehört zu den wichtigsten Stücken 2012!

Bis zum 7. Februar ließ das Theaterportal nachtkritik.de seine Leserinnenschaft über die besten Inszenierungen des zurückliegenden Jahres abstimmen. Zur Wahl stand dabei 48 Stücke, unter anderem Ute Koschels Umsetzung des dänischen Dogma-Klassikers Das Fest. Die Inszenierung am Theater Vorpommern gehörte bei der Abstimmung, an der über 4000 Wählende teilnahmen, zu den zehn besten Stücken.

nachtkritik logoIn einem Artikel zur Auswertung der Wahl konstatiert Nachtkritiker Wolfgang Behrens einen Überraschungserfolg zahlreicher vermeintlicher Außenseiter —  zum Beispiel des St. Pauli Theaters, des Staatstheaters Nürnberg, des Theater Vorpommerns und des Theaters Biel-Solothurn — gegenüber den etablierten Schwergewichten der Branche. Die Gründe hierfür vermutet er in der engen Bindung zwischen dem Publikum und den überregional weniger beachteten lokalen Theatern. Im Fall der Greifswalder Inszenierung kommt laut Behrens diesen Bindungen aufgrund der Nichtverlängerungen vieler Ensemble-Mitglieder eine noch gewichtigere Rolle zu.

Die zehn Gewinner der Abstimmung, die damit symbolisch am virtuellen nachtkritik-Theatertreffen 2013 teilnehmen, sind:

  • Das Fest von Thomas Vinterberg und Mogens Rukov (Theater Vorpommern Greifswald)
  • Der (kommende) Aufstand nach Friedrich Schiller (Oldenburgisches Staatstheater)
  • Der Revisor von Nikolai Gogol (Residenztheater München)
  • Glaube Liebe Hoffnung von Ödön von Horváth (Wiener Festwochen, Volksbühne Berlin)
  • Immer noch Sturm von Peter Handke (Staatstheater Nürnberg)
  • Krieg und Frieden nach Leo Tolstoi (Ruhrfestspiele Recklinghausen, Centraltheater Leipzig)
  • Mit wem soll ich jetzt schweigen nach Peter Bichsel (Theater Biel-Solothurn)
  • Murmel Murmel von Dieter Roth (Volksbühne Berlin)
  • P project von Ivo Dimchev (ImPulsTanz Wien, HAU Berlin)
  • The King’s Speech von David Seidler (St. Pauli Theater Hamburg)

Gehört „Das Fest“ zu den zehn wichtigsten Inszenierungen des vergangenen Theaterjahres? Nachtkritik bittet zur Wahl

Die nachtkritik, eines der bedeutendsten deutschen Internetportale in Sachen Theater, ruft  ihre Leserinnenschaft zum virtuellen Urnengang auf und bittet  zur Abstimmung über die zehn wichtigsten Inszenierungen der vergangenen zwölf Monate.

Im Vorfeld verständigten sich Korrespondenten und Redakteure der Plattform demokratisch auf 48 Inszenierungen, die ihnen wichtig erschienen und auf die nun bei der Abstimmung bis zu zehn Stimmen verteilt — und nicht kumuliert — werden können. Zur Wahl steht dabei auch die Umsetzung des Dogma-Klassikers Das Fest, den Gastregisseurin Uta Koschel im Frühjahr 2012 in Greifswald inszenierte.

Katja Klemt Hannes Rittig Das Fest Uta Koschel(Vincent Leifer, Theater Vorpommern)

Nachtkritikerin Juliane Voigt sah bei der Premiere einen „finalen Gipfelsturm des durch den designierten Intendanten gekündigten Personals an diesem Haus“ — es war der letzte große gemeinsame Streich der Ensemble-Mitglieder, deren Arbeitsverträge vom neuen, nach Frischwind jagendem Intendanten Dirk Löschner nicht verlängert wurden. Die Abstimmung von nachtkritik läuft bis zum 7. Februar und ist hier zu finden. Mitwählen darf jeder, eine Registrierung ist dafür nicht notwendig. Die Ergebnisse werden am darauffolgenden Tag bekanntgegeben.

Eine wirklich lesenswerte Besprechung des Stückes schrieb Gastkolumnist Ferdinand Fantastilius im März 2012  für den Fleischervorstadt-Blog. Sie erschien unter dem Titel Familien, Feste und Verdrängung: Uta Koschel inszeniert “Das Fest” am Theater Vorpommern.

Party im Theater — schlanke Damen ohne Scheu gesucht!

statisten greifswald theater

Mit einer Mitteilung auf der hauseigenen Facebook-Seite hält das Theater Vorpommern nach Statistinnen für das Stück Romeo und Julia — Liebe Macht Tod Ausschau.

Gesucht werden „junge, schlanke Frauen“, die sich auf der Bühne wohlfühlen und „keine Scheu haben, etwas mehr Haut zu zeigen.“ Sie sollen einer Partyszene etwas Schwung verleihen und werden für ihre Auftritte mit einer Gage bedacht.

Vorstellungen von Romeo und Julia — Liebe Macht Tod sind für März (2., 5., 6., 9., 17., 30), April (5., 8., 9., 14.), Mai und Juni geplant.

Partymaustaugliche Bühnenstars von morgen sollen ihre Bewerbung um die Statistinnenrolle per E-Mail an dramaturgie[aet]theater-vorpommern.de  senden und werden gebeten, dabei ihre Telefonnummer anzugeben.

(Montage: Fleischervorstadt-Blog)

Tanz auf dünnem Eis: Die Gebrüder Löschner stellen sich ihrem Publikum

Am Theater Vorpommern hat die neue Spielzeit  begonnen, es ist die erste unter der Führung des Intendanten Dirk Löschner, der sich im vergangenen Jahr mit seiner Entscheidung, die Verträge eines Großteiles des Ensembles nicht zu verlängern, einen satten Vorschussmalus in der Stadt sicherte.

GEWACHSENE GRÄBEN STATT ABFLAUENDER AUFREGUNG 

Bis heute ist keine Ruhe im Haus eingekehrt, denn Wut und Unverständnis des Greifswalder Publikums verschwanden nicht, sondern führten dazu, dass die Arbeit der beiden Löschners — Bruder Sascha wurde als  Chefdramaturg und schauspielerischer Leiter aus Stendal mitgebracht — von Anfang an und alles andere als unvoreingenommen beäugt wurden. Unter den kritischen Blicken der Kleinstädter, die auf Löschners Provinzialitätszuschreibungen empfindlich reagierten und auf den neuen Wind gespannt waren, liefen die ersten Premieren, die nicht nur für geteiltes Echo bei den Zuschauern, sondern auch für kommunalpolitische  Zwistigkeiten sorgten.

risiko logo theater

Einen Verriss der Premiere von der Ballade vom traurigen Café, der auf dem Blog der Grünen Greifswald Vorpommern veröffentlicht wurde, beantwortete der hiesige CDU-Chef und Kulturexperte Axel Hochschild — der die Premiere seinerseits “beeindruckend” fand — mit dem Vorwurf, dass dieser Text von mehreren Parteimitgliedern der Grünen geschrieben worden sei. Die konnte er nach der Vorstellung dabei beobachten, wie sie „zusammengestanden und getuschelt“ hätten. Am Ende werden die sogar noch ein Glas Rotwein in der Hand gehabt haben!

(Abbildung: modifiziertes Logo zur neuen Spielzeit, Theater Vorpommern)

DER NEUE WIND WEHT — ABER GEGEN DIE LÖSCHNERS

Doch zurück zum Ernst der Lage. Inzwischen mehren sich die negativen Reaktionen des Publikums und man spürt sowas wie einen Graben zwischen den Gästen und der Führungsriege des Theaters, der eher tiefer als flacher wird. Selten las man in so kurzer Zeit so viele negative Rezensionen über das Theater Vorpommern wie jetzt. Im Netz weht ein neuer Wind — gegen die Löschners. „Tanz auf dünnem Eis: Die Gebrüder Löschner stellen sich ihrem Publikum“ weiterlesen

Intendantenwechsel: Ein Ensemble verabschiedet sich

Vor gut einer Woche verabschiedeten sich die nichtverlängerten Mitglieder des Ensembles nach der letzten Vorstellung der Koschel-Inszenierung Das Fest von ihrer Spielstätte und vom Greifswalder Publikum. Mit dem Arbeitsbeginn des neuen Intendanten Dirk Löschner endet ihr Engagement am Theater Vorpommern.

TOSENDER BEIFALL ZUR LETZEN EHRE

theater vorpommern greifswaldDer Regionalsender Greifswald TV zeichnet in einem ungewohnt umfangreichen Portrait ihr Wirken nach. Darin sind auch die emotionalen Abschiedsszenen festgehalten, in denen nach der letzten Aufführung ein sichtlich ergriffenes Publikum „ihr“ scheidendes Ensemble — unter anderem  Eva-Maria Blumenrath, Marta Dittrich, Anke Neubauer sowie Grian Duesberg — feierte.

Diese Aufnahmen wurden mit Archivmaterial ergänzt und mit aktuelleren Interviews verwoben, in denen die Schauspieler Katja Klemt, Hannes Rittig und Christian Holm sowie die Dramaturgin Catrin Darr und Schauspieldirektor Matthias Nagatis auf ihre Arbeit in Greifswald zurückblicken, eine Prognose zur Zukunft des Schauspielhauses jedoch vermeiden und über die eigene wenig zu sagen vermögen. Willkommen in der Prekarität!

Bessere Nachrichten als das Beschäftigungsende dieser Menschen gibt es indes für die Freundinnen des TresenLesens: Die seit 2004 im Café Koeppen beheimatete Lesereihe bleibt erhalten und wird unter anderem Namen weitergeführt. Katja Klemt, Hannes Rittig, Christian Holm, Eva-Maria Blumenrath, Marta Dittrich, Anke Neubauer und Grian Duesberg bleiben dann also vorerst doch noch zu erleben sein.
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LÖSCHNER WIRD BRELIEREN

Unterdessen präsentierte das Theater Vorpommern das vom Illustratoren Michael Hahn neuentwickelte Design. Er wird ab der kommenden Spielzeit alle grafischen Arbeiten des Theaters verantworten.

Passend zur thematischen Leitlinie dieser Spielzeit, kein risiko, soll das neue Logo für einen „ebenso anspruchsvollen wie risikobereiten Umgang mit dem schwer zu bändigenden Element Feuer“ stehen. So richtig mag der Funke allerdings nicht überspringen.

kein risiko theater

Das Programm für die kommende Spielzeit steht bereits fest. Die beiden Löschners bringen mehrere Stücke aus Stendal mit — hervorhebenswert dabei der Auftritt des Intendanten selbst, der sich in seiner Rolle als Jaques Brel-Chanteur bereits in Stendal bewährte. Und wer unmittelbar nach der TanZZeiT 2013 mit Bandscheibenvorfall, einem „Abend für Leute mit Haltungsschäden“, aufwartet, beweist wenigstens Humor.

(Abbildungen: Michael Hahn, Theater Vorpommern)