Matthias Bahner wird aus der Piratenpartei ausgeschlossen. So lautet das Urteil des Bundesschiedsgerichts der jungen Partei, die damit einen schon mehr als sechs Monate andauernden Konflikt beendet.
Bahner, der als einziger Pirat im Kreistag Vorpommern-Greifswald sitzt, sorgte im Herbst 2011 für Wirbel, als kurz nach der für ihn gut gelaufenen Wahl bekannt wurde, dass der Student früher Mitglied bei der NPD war.
Pikanterweise verschwieg Bahner seine NPD-Vergangenheit, als er vor der Wahl auf dem Landesparteitag und der Mitgliederversammlung nach seiner politischen Vorgeschichte befragt wurde.
SCHWERER SCHADEN DURCH ERHEBLICHEN VERSTOß GEGEN DIE GRUNDSÄTZE DER PARTEI
Das wurde als Vertrauensbruch wahrgenommen und hatte ein Parteiausschlussverfahren zur Folge, das im März 2012 vor dem Landesschiedsgericht scheiterte. Gestern enschied nun das Bundesschiedsgericht über den Fall und gab der Berufung des Landesvorstands statt: Bahner wird aus der Partei ausgeschlossen.
Das Schiedsgericht stellt in einer Kurzbegründung fest:
Wissentlich wahrheitswidrige Angaben bei einer Kandidatenbefragung stellen einen erheblichen Verstoß gegen die Grundsätze der Piratenpartei dar. Sie rechtfertigen, sofern daraus ein schwerer Schaden für die Partei entsteht, einen Parteiausschluss.
Matthias Bahner wollte vor Monaten noch an seinem Mandat festhalten, um sich „durch ehrliche und gute Arbeit für die Piratenpartei rehabilitieren“ zu können. Bleibt Bahner dabei, sitzt er als fraktions- und parteilloses Mitglied im Kreistag. Gibt er sein Mandat ab, rückt ein anderer Pirat nach. Außerdem steht Bahner noch die Möglichkeit offen, gegen das Urteil des Bundesschiedsgericht Einspruch einzulegen.
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Antrag auf Parteiausschluss abgelehnt — Matthias Bahner bleibt weiterhin Pirat (Fleischervorstadt-Blog, 12.03.12)
Nun schweigt es still, das alte Haus / Mir aber ist’s als schritten / Die toten Väter all‘ heraus / Um für das Haus zu bitten.*
Die Greifswalder Masterstudentin M. Kardinal lädt heute Abend zu ihrer Abschlussausstellung Segmente der Wirklichkeit. Wer vorherigen Einladungen der Künstlerin folgte und zum Beispiel die Ausstellungen Shima, Il diario di bambola oder den Hortus Conclusus in ihren privaten Räumen in der Erich-Böhmke-Straße besuchte, für den ist es nur logisch, dass auch ihre Abschlussarbeit wieder in das eigene Wohnumfeld führen wird.
Alles steht auf Abbruch
Waren die Ausstellungen im eigenen Schlafzimmer anfangs vielleicht noch prekäre Notlösung, so wuchs mit jeder weiteren Veranstaltung der Stellenwert des immerhin 108 Jahre alten Gebäudes für Werk und Wirken der Künstlerin — für ihre Segmente spielt das alte Haus nun endlich die zentrale Rolle, die es verdient, ein Ende ist in Sicht.
Das Gebäude Zeuge gesellschaftlicher Umbrüche und überdauerte die grundlegenden Veränderungen in der Fleischervorstadt stoisch, doch die Glocken zur letzten Stunde haben bereits geschlagen. Der Erinnerungsort wird umfassend saniert, den Mietern wurde gekündigt oder sie wurden mit der Ankündigung horrender Kostensteigerungen hinauskomplimentiert. Alles steht auf Abbruch, die staubigen Vorboten sind kaum zu übersehen.
In den ausgestellten Arbeiten beschäftigt sich Kardinal mit den Themen Ort, Projektion und Erinnerung. Sie besteht aus einer Serie von Gleichbild-Aufnahmen, einer Sequenz fotografischer Selbstporträts und aus Segmenten von Laufbildern.
Altes Haus: Bis zur Geiserhaftigkeit durchdrungen
Hier lässt sich bereits erahnen, dass nicht nur die Künstlerin als letztverbliebene Bewohnerin dem Haus Leben einhaucht, sondern auch, wie sehr sie selbst vom vergangenheitsschwangeren Bau durchdrungen ist, „geisterhaft darin aufgeht“, wie es im Katalog heißt, der für die Ausstellung angefertigt wurde. Segmente der Wirklichkeit verspricht, eine der momentan besuchenswertesten Vernissagen zu werden. Noch steht das alte Haus!
Die Ausstellung ist nach der Vernissage am 21.04. und 22.04. von jeweils 15 bis 18 Uhr geöffnet.
Fakten: 20.04. | 18 Uhr | Böhmke
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*(aus Das Alte Haus, Friedrich Hebbel)
Vor kurzem hat das Sommersemester begonnen und die Universitätsstadt Greifswald füllt sich langsam wieder mit Leben und jungen Studierenden. Gefüllt mit Erwartungen und neuen Eindrücken, erkunden die Neuankömmlinge ihre Hochschule und ihren Studienort. Nichts ahnen sie von der kräftezehrenden Debatte, die vor fast genau zwei Jahren ein unrühmliches Ende nahm, nachdem sie zuvor die Studierendenschaft bewegte, entzweite und entnervte.
„DAS ERGEBNIS DER DEMOKRATISCHEN ABSTIMMUNG MUSS NUN AKZEPTIERT WERDEN“
Denn der Streit um den Namenspatron der hiesigen Universität Ernst Moritz Arndt und das rational nicht zu erklärende Festhalten der Hochschulleitung am rassistischen Namensgeber, haben zwar Spuren in der Medienlandschaft hinterlassen und Einzug in Fachliteratur gehalten — nur an der Universität in Greifswald selbst ist man weit davon entfernt, sich weiterhin mit diesem unliebsamen und beschämenden Thema auseinanderzusetzen.
Wieso auch, schließt doch der Senatsbeschluss zur Beibehaltung des Namens Ernst-Moritz-Arndt-Universität mit dem beinahe schon patzigen Satz „Dem Senatsvorsitz ist bewusst, dass die Beibehaltung des Namens in der Öffentlichkeit umstritten sein wird. Das Ergebnis der demokratischen Abstimmung muss nun jedoch akzeptiert werden.“
Dass Demokratie von der beständigen Auseinandersetzung, von Meinungspluralismus, Reflektion und Kritik lebt, scheint sich hier noch nicht rumgesprochen zu haben. Die Diskussion um Arndt und die Art, wie sie geführt wurde, brachte Hochschule und Stadt sogar einen Eintrag in die Deutschen Zustände (Folge 9) ein — jenes Buch, das Jahr für Jahr Demokratiefeindlichkeit wissenschaftlich ergründet. Doch damit nicht genug der hochnotpeinlichen Preise, die man für diesen Namenszusatz zahlen muss.
DIE UNIVERSITÄT UND DER NATIONALSOZIALISTISCHE UNTERGRUND
Die Alma Mater Gryphiswaldensis begibt sich mit ihrem Klammern an Arndt und seinem Vermächtnis in denkbar schlechte Gesellschaft. So berief sich der sogenannte Thüringer Heimatschutz, aus dem sich bekanntlich die Mördergruppe des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) rekrutierte, ebenfalls auf Ernst Moritz Arndt und sein Vaterlandslied.
Die ersten Verse des nationalistischen Gedichtes, das sich in erster Linie durch einen propagandistischen und nahezu blutrünstigen Sprachduktus auszeichnet, sind dabei nicht selten als Fronttransparent vor Demonstrationszügen der selbsternannten Heimatschützer und Neonazis hergetragen worden.
Befragt man Wikipedia zum Vaterlandslied von Arndt, bekommt man die Information, dass das Lied besondere offizielle Pflege im ersten Weltkrieg und zu Zeiten des Nationalsozialismus erfuhr. Ein verirrter Dichter, dessen Werk besonders von jenen beklatscht wurde, die Todesfabriken bauen ließen und Weltkriege entfachten, taugt im einundzwanzigsten Jahrhundert noch als Leitfigur einer Hochschule?
EINE FRAGE DER DEUTUNGSHOHEIT
Längst ist die entscheidende Frage geworden, wer die Deutungshoheit über Arndt und seine Hinterlassenschaften besitzt.
Betrachtet man die Umstände der Namensverleihung und wirft einen Seitenblick auf die erwähnten Fronttransparente des Thüringer Heimatschutzes oder bemerkt, dass die Greifswalder Neonazis Arndts Konterfei auf ihrer Internetseite zum Markenzeichen politischer Verirrung erhoben haben, wird klar: am leichtesten fällt die Wiedererkennung in Arndt jenen, die rassistischen Wahn, Völkerhass und Antisemitismus als politische Notwendigkeit ansehen.
(Titelgrafik Nationale Sozialisten Greifswald)
Eine offensive und kritische Auseinandersetzung mit dem Nazi-Idol Arndt und seinen Schriften wäre bei der getroffenen Senats-Entscheidung absolut notwendig gewesen und von einer Universität als Hort der Wissenschaft auch irgendwie zu erwarten, doch das Gegenteil ist der Fall. Die Hochschule ging vielmehr verschämt aus der Debatte und verharrt in dieser geduckten Haltung, die sie gegenüber einigen besonders laut jaulenden grauen Wölfen eingenommen hat — bis heute. Dabei hätte die Universitäts- und Hansestadt, der „Leuchtturm der Region“ (CDU), noch einiges an Strahlkraft gewinnen können.
Eine Hochschule, die sich nach fast 80 Jahren von ihrem rassistischen und judenfeindlichen Namenspatron löst, den ihr die Nazis 1933 aufgezwungen haben, das hätte mit Sicherheit viel positives Echo gegeben, zumal doch die hiesige Region schon lange als Hochburg der Rechtsextremen gilt.
ES GING NIE NUR UM ARNDT
Tatsächlich lässt sich jedoch die These aufstellen, dass es in all den Debatten der letzten 20 Jahre nie nur um Arndt ging. Es ging nie wirklich darum, ob Arndts Werk tauglich ist, identitätsstiftend für junge Menschen in der akademischen Ausbildung zu wirken. Natürlich taugt es dazu nicht, diese Frage wurde schon früh relativ schnell beantwortet. Es ging in erster Linie auch immer darum, progressiven Entwicklungen Einhalt zu gebieten, den Jungen, den vermeintlich Fremden, den imaginierten Linken den Kampf anzusagen.
Die Art und Weise wie Sebastian Jabbusch, Initiator von Uni ohne Arndt, in der Debatte vor zwei Jahren an den medial-öffentlichen Pranger gestellt wurde, war unwürdig und demaskierend zugleich. Plötzlich wurde die Ebene der sachlichen Argumentation, die so oft von der Uni-ohne-Arndt-Gruppe eingefordert wurde, mit Leichtigkeit verlassen. Plötzlich ging es nicht mehr um Ernst Moritz Arndt, den angeblichen Bauernbefreier und Kampflieddichter, plötzlich ging es um Sebastian Jabbusch, den angeblichen Ausschläfer und Langzeitstudenten.
Ein Stop-Motion-Film über die Entstehung eines großflächigen Penses für die Doppelausstellung EIN BUNT WEIß von Katja Anke und Enrico Pense bei Art Cube. Die Ausstellung endete am 30. März mit einer Finissage.
Im Pommerschen Landesmuseum wird am Sonntag eine Sonderausstellung eröffnet, die anlässlich des 100. Geburtstags des in Szczecin geborenen Surrealisten Mac Zimmermann (1912-1995) stattfindet.
BEDEUTENDER TEL DES NACHLASSES NACH GREIFSWALD VERSCHENKT
Vor anderthalb Jahren erhielt das Museum einen bedeutenden Teil des Zimmermann-Nachlasses von von der Witwe des Künstlers, Renate Zimmermann, als Schenkung. Neben diesen 20 Gemälden und 80 Grafiken werden in Mac Zimmermann – surreal fünf weitere Gemälde gezeigt, die aus der Neuen Nationalgalerie Berlin, dem Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg sowie aus privatem Besitz stammen.
Die Ausstellung wird von einer begehbaren Biographie in der gläsernen Museumsstraße begleitet, die Zimmermann-Schüler Valentin Rothmaler gemeinsam mit Studierenden der Fachhochschule Wismar konzipiert und gestaltet hat. Objekte und Installationen sollen dort Stationen aus dem Leben des Künstlers veranschaulichen.
Die Ausstellung wird vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert und bleibt bis zum 5. August im Pommerschen Landesmuseum, ehe die Werke im Nationalmuseum Szczecin gezeigt werden. Zur Ausstellung erscheint außerdem ein Katalog.
Während die Sonderausstellung ab Montag immerhin 6 Euro Eintritt kostet, ist der Eintritt während der Eröffnung kostenlos. Hier wird Prof. Dr. Christa Lichtenstern aus Berlin einen einführenden Vortrag mit dem Titel Mac Zimmermann – Ein deutscher Surrealist unter dem weiten Himmel des romantischen Idealismus halten, außerdem wird die Witwe des Malers anwesend sein.
Wie bereits angekündigt, wird die auch in diesem Jahr wieder die Idee eines Stadtteilflohmarkts in der Fleischervorstadt verwirklicht. Das große Trödeln findet am 13. Mai statt.
Der Fleischervorstadt-Flohmarkt hat sich etabliert
Im Fernsehbeitrag des Regionalsenders Greifswald TV erzählt Andreas Vojtech, der für das Quartiersbüro arbeitet und an der Organisation der letzten Flohmärkte maßgeblich beteiligt war, wie sich diese Idee vor Ort etablierte. Er ist zuversichtlich, dass die Flohmärkte auch dann, wenn die Quartiersmanagerinnen irgendwann ihre Arbeit einstellen müssen, selbstorganisiert weitergeführt werden. Wenn er sich da mal nicht verhebt.
Wer einen eigenen Stand anmelden möchte, muss diesen bis zum 13. April anmelden, um auf dem Laufzettel vertreten zu sein. Mehr dazu im Beitrag Zuschlagen und verkloppen!
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