NPD in der Krise: „Provozieren für den Wahlerfolg“

Gestern Abend wurde im Deutschlandfunk der Beitrag Provozieren für den Wahlerfolg – Schwere Zeiten für die NPD gesendet, dessen Autorinnen Claudia van Laak, Christina Selzer, Almuth Knigge ihre Zuhörerschaft gleich zu Beginn nach Greifswald führen.

Dorthin, wo am 30. Juli 2011 etwa 170 Menschen und ein antifaschistischer Platzregen eine Kundgebung der rechtsextremen Partei untergehen ließen.

„DER ZUSTAND DER NPD IST DESOLAT“ 

Von Greifswald ausgehend, wird ein thematischer Streifzug unternommen: von der bevorstehenden Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern geht es weiter nach Bremen und Bremerhaven bis zum Bundesvorsitz. Im Unterschied zur DVU sei bei der NPD der Grat zwischen Rechtschaffenheit und Rechtsradikalismus unverhohlen übertreten.

Nach Einschätzung der Autorinnen befände sich die NPD in einer Krise und brauche dringend einen Wahlerfolg:

deutschlandradio

Wie die Partei im Nordosten abschneidet, ist auch entscheidend für die Ausrichtung der Partei. Pastörs hat Ambitionen auf den Parteivorsitz, er und die NPD in Mecklenburg-Vorpommern stehen für einen gewaltbereiten Kurs und eine enge Zusammenarbeit mit den Kameradschaften, die in einigen Teilen des Landes bereits die Meinungshoheit errungen haben.

Der Zustand der NPD sei desolat. Es fehle an Geld, attraktivem Personal und Wahlerfolgen. Dennoch wird davor gewarnt, das „Problem zu schnell als erledigt zu betrachten“.

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Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #9

„Ich mag den Weg / ich mag das Ziel / den Exzess, das Selbstexil / Ich mag erschaudern / und nicht zu knapp / ich gebe jedem etwas ab /… / Ich mag die Spiegelung der Luft / und wenn die Sehnsucht nie verpufft / den Glanz des Lebens in einem Tag / Ich mag den Zweifel, der an mir nagt / wenn meine Angst mich schnell verlässt / Ich mag den Tanz, das Idiotenfest / Wenn wir irren nachts im Kreis / eine Bewegung gegen den Fleiß!“

kurze wege lange nächte

Der Hochsommer bleibt dieses Jahr aus und verdrossen oktobert sich das Wetter durch die Mitte des Kalenders. Ein Gutes hat es ja: die gemächliche Sommerpausenruhe wird geschwänzt — wer keine Sonne abgekriegt hat, braucht bekanntlich auch nicht früh ins Bett. Wo man sich stattdessen herumtreiben kann, wird hier in Kurzform empfohlen und notiert. „Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #9“ weiterlesen

Von faulen Äpfeln und rechten Hohlbirnen: NPD-Schlappe Reloaded

Das hatte sich der NPD-Männerverein sicher anders vorgestellt: Das knappe Dutzend Wahlkämpfer der Nationalpartei ging gestern auf dem Fischmarkt in gellendem Pfeifkonzert unter. Der angemeldete Infostand wurde relativ zügig von etwa 120 Protestierenden umkreist, ausgepfiffen und mitleidig belächelt.

PROPAGANDA AUS DER KONSERVE

Aus den Lautsprechern des in Berlin gemeldeten Wahlkampffahrzeugs Flaggschiff dröhnten die ewiggleichen aufpeitschenden Reden, unterbrochen nur hin und wieder von selbstgesprochenen Beiträgen, welche allerdings durch den lautstarken Protest zur Unverständlichkeit verdammt waren.

holger apfel greifswaldSogar Sachsens NPD-Fraktionsvorsitzender Holger Apfel war mit von der Partie. Sein Vormittag in Greifswald dürfte allerdings wenig vergnüglich gewesen sein. Nach nicht einmal zwei Stunden wurde eingepackt und sich provokativ langsam gen Stralsunder Straße bewegt – natürlich nicht, ohne noch einmal die Propagandakonserve zu bemühen. Spontan versicherten sich daraufhin cirka 70 NPD-Gegnerinnen, dass die Neonazis auch wirklich abzogen und nicht  – wie schon einmal in der Vergangenheit – einen spontanen Infostand an anderer Stelle aufzubauen versuchten.

Während im Mittelalter unliebsame Personen und Kriminelle noch an den Pranger gestellt werden mussten, initiieren das die Meister der Selbstbloßstellung heute eigenständig. Der Regionalsender Greifswald TV berichtete bereits gestern Nachmittag über die blamable Vormittagsvorstellung der Partei.

DIE MEISTER DER SELBSTBLOSSSTELLUNG

In Schönwalde wurden die Neonazis nachmittags bereits zwei Stunden lang erwartet, ehe sie mit großzügiger Verspätung schließlich doch eintrafen. Durch die insgesamt 80 Polizisten von Wählern wie Gegnern abgeriegelt, konnte aber auch in diesem Teil der Stadt nicht viel gewonnen werden. Etwa 50 Leute — vorwiegend über soziale Netzwerke mobilisiert — störten lautstark die NPD-Show, bis das glücklose Dutzend irgendwann abzog.

Aus Sicht der NPD muss der 10. August eindeutig als vergeudeter Tag bewertet werden, der die aktive Teilnahme an solchen Veranstaltungen für Neonazis kaum attraktiviert haben wird. Angefeindet, ausgelacht und abgepfiffen segelte die NPD gestern wohl zu hart am Wind.
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Weitere Beiträge zu den beiden NPD-Ständen:

  • NPD-Wahlkampf in Greifswald erneut gescheitert (webMoritz, 10.08.2011)
  • Greifswald: NPD – Blamage Teil II (Tim Krugfelch/Indymedia, 10.08.2011)
  • NPD: Erste Vorstellung enttäuscht – laute(r) Buhrufe *Update* (daburna, 10.08.2011)




Landtagswahlkampf: Hilfe, die Spitzenpolitiker kommen!

Nicht einmal drei Wochen sind es mehr bis zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern. Inzwischen hat die sogenannte heiße Phase begonnen und man darf nun mehr oder weniger gespannt den Auftritten der Spitzenpolitikerinnen entgegenfiebern, von deren Besuch sich die jeweiligen Parteien einen Impuls für den Wahlkampf vor Ort erhoffen.

Gregor, Cem und die Gesine 

Die LINKE durfte schon vor zwei Tagen Gesine Lötzsch empfangen und damit die zweite Visite der Wegbereiterin zum Kommunismus binnen zweier Monate veranstalten. Ende August guckt auch Gregor Gysi nochmal vorbei. Bei den GRÜNEN vertraut man auf bewährte Konzepte und freut sich auf  Cem Özdemir, der sich bereits morgen mit der Ludwigsburger Bürgerinititative Huhnfrei trifft. Außerdem schaut Reinhard Bütikofer im August nochmal rein.

Kaffee, Kuchen und „uns Erwin“

Die Sozialdemokraten setzen dagegen ganz auf ihr amtierendes Personal: Gemeinsam mit Sozialsenator Ulf Dembski wird morgen Manuela Schwesig (Ministerin für Soziales und Gesundheit in MV, stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende) im St. Spiritus bei einem Bürgerforum zugegen sein. Montag zuvor servierte die SPD am Fischmarkt Kaffee und Kuchen  — das ließ sich auch Ministerpräsident Erwin Sellering nicht nehmen und rief zum Bürgertalk.

Im Wettbewerb um Politprominenz kann die FDP eine Veranstaltung mit Wirtschaftsminister Philip Rösler ins Feld führen — der frühere Bundeswehr-Stabsarzt wird am 19. August in Greifswald sein. Die CDU trumpft wie in den Vorjahren mit Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, die nur fünf Tage später auf dem Marktplatz auftreten wird.

Alle sind sie da, alle kommse lang – die heiße Phase hat begonnen!

NPD-Stand in Greifswald: Ein guter Grund, früh aufzustehen

Die NPD schickt sich morgen erneut zu einer Wahlkampfaktion in Greifswald an. Für die Zeit von 9 – 12 Uhr wurde ein Infostand auf dem Fischmarkt angemeldet, Gerüchten zufolge ebenso in Schönwalde.

mahnwache npd-stand (Fotogrundlage: Greifswald wird Grün)

Im November, bei der letzten NPD-Aktivität dieser Art, kam es gar nicht erst zur angemeldeten NPD-Veranstaltung, weil zahlreiche Protestlustige bereits pünktlich vor Ort waren. Die Neonazis fuhren unentwegt durch die Stadt, wirklich Fuß fassen konnten sie dabei allerdings nicht.

MITRÖHREN: 1. GREIFSWALDER PUBLIC BUH-ING

Damit der NPD-Wahlkampf vor Ort genauso blamabel weitergeht, wie er vor zwei Wochen begann, wird dazu aufgerufen, sich pünktlich – und außerdem möglichst mobil – am Fischmarkt einzufinden, um dort ein unmissverständliches Zeichen gegen Neonazis zu setzen. So empfindet beispielsweise die Greifswalder Sektion der Hedonistischen Internationalen die rechtsextreme Propaganda als „ätzend“ und nimmt die eigene Abscheu zum Anlass, das 1. Greifswalder public buh-ing zu initiieren, einen Klangteppich der Verachtung für NPD-Mannschaft und -Ideen zu präsentieren.

Bringt Flüstertüten und Pfeifen mit, ölt eure Stimmbänder und zeigt den Nazis, dass Greifswald gleich Auswärtsspiel bedeutet!

MITLEIDEN: RECHTE BAJUWAREN AM MÜHLENTOR

Wer dann noch Mitleid übrig hat, ist hiermit herzlich zum Infostand der Republikaner eingeladen. Ja, die gibt’s noch! Die hierzulande inzwischen in die Bedeutungslosigkeit abgedriftete Partei befindet sich derzeit auf Sechs-Städte-Tour in Mecklenburg-Vorpommern und bringt aus Ermangelung hiesiger Strukturen ihre Wahlkämpfer einfach mit.

Die rechts-konservative Partei wird bei der Landtagswahl die Exotenrolle schlechthin spielen: kaum jemand kennt, unterstützt oder wählt sie. Entgehen lassen sollte man sich „die Wahlkampfgruppe“ allerdings auf keinen Fall und Freitag unbedingt mal vorbeischauen – echte Bajuwaren!

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Wer die NPD sieht, sich an den kollektiven Eindrücken beteiligen will oder auf der Suche nach Infos ist, sollte sich den Hashtag #nazishgw zur Brust nehmen.

Fakten:

10.08. | 9-12 Uhr | Fischmarkt (NPD-Stand)

10.08. | ab 14 Uhr | Schönwalde (NPD-Stand) *Gerücht*

12.08. |  10-14 Uhr | Am Mühlentor (REP-Stand)

Aufarbeitungspläne in Greifswald: Uni unterm Hakenkreuz

Die Schweriner Volkszeitung berichtete heute, dass an der Universität Greifswald die NS-Vergangenheit der Hochschule aufgearbeitet werden solle. Die Forschungen sollen bis 2013 am Historischen Institut stattfinden.

burschenschaften greifswald nazideutschland

Nach Auskunft des Historikers Dr. Dirk Alvermann stünden dabei „die Gleichschaltung, die sogenannte personelle Säuberung und spätere Mobilisierung der Universität durch die Nazis“ im Fokus. Herauszufinden gelte es weiterhin, welche Rolle die Hochschule im Krieg spielte, ob auch Greifswalder Wissenschaftler für die Heeresversuchsanstalt in Peenemünde arbeiteten und welchen Inhalt die 20 Aufträge hatten, die die Wehrmacht nach Greifswald delegiert habe.

Dringliche Fragen, deren Beantwortung reichlich spät in Auftrag gegeben wird.

APROPOS AUFARBEITUNG

Während der Greifswalder Debatte um Ernst-Moritz-Arndt, die im März 2010 zugunsten der Nichtablegung des Namens endete, wurde darüber nachgedacht, eine Forschungsstelle zum umstrittenen Namenspatron einzurichten, um eine differenzierte Auseinandersetzung mit seinem Werk anzustoßen, das von Arndt-Gegnern als zum Teil antisemitisch, aggressiv-nationalistisch und fremdenfeindlich kritisiert wird.

Schade, dass die Aufarbeitung in Sachen Arndt ebenso wenig in Fahrt zu kommen scheint, wie die universitätseigene Forschung zur Rolle der Hochschule in der ehemaligen DDR. Über Parteibücher, Stasi-Aktivitäten und personelle Konsequenzen in den zwei Jahrzehnten vor 1989 ließe sich genug zutage fördern, um schon heute über 2013 hinausgehende Mittel zu beantragen und Stellen zu sichern, denn bekanntlich entstehen ja erst im Blick zurück die Dinge.

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Universität Greifswald arbeitet eigene NS-Vergangenheit auf (Schweriner Volkszeitung, 08.08.2011)