Festgehalten: Die Saubermänner

Ich möchte eine Welt, in der Würmer und Insekten endlich wieder schmecken. Ich möchte eine Welt in der ich aus einer Toilette trinken kann, ohne Ausschlag zu bekommen. 

Danke, dass ihr bei diesem Wetter nicht wie normale Menschen am Strand herumflegelt, sondern stattdessen unsere schöne Stadt von Aufklebern und Paste-Ups reinigt. Friede den Lütten, Krieg den paar Resten!

(Foto: Fleischervorstadt-Blog)

Internationale Radkappen-Ausstellung eröffnet

In den Abendstunden des vergangenen Freitags wurde auf der Ryckbrücke (Stralsunder Straße) die 1. Internationale Radkappenausstellung eröffnet. Von der unbeworbenen Vernissage hat vermutlich kaum jemand etwas mitgekriegt.

Zu sehen ist eine Auswahl gesammelter Radkappen, denen mit Stencils und Farbe anderer Glanz und eine andere Funktion beigebogen wurde. Die Ausstellung ist Tag und Nacht für alle geöffnet.

Radkappenausstellung

Wie lange die Exponate in der Steinbeckervorstadt verbleiben werden, ist noch unklar. Ein Anwohner unterstrich den Lokalbezug der Werke mit seiner Beobachtung, dass in unmittelbarer Nähe zum Ausstellungsort viele Radkappen verlustig gehen würden. Er vermutet hinter dieser mysteriösen Häufung ein Zusammenwirken von Kurvenführung und Bahnschienen.

Weitere Fotos gibt es in der folgenden Bildergalerie.

(Foto: daklebtwat via Flickr)

Aber hier kleben – Nein, danke!

Eine Kolumne von Mary Celeste

kolumne 17vierDie Suptras Rostock und der Vorpommern Mob meinen es gut mit Greifswald und Umgebung: Würde ich meinen Tag in Hashtags fassen, würden zweifellos #ostseestadion #allesfuerdenfch und #suptrasrostock zu meinen Top-Tweets gehören. Während des Wartens an einer Ampel oder bei einem Spaziergang über den Schießwall – die Suptras Rostock begleiten mich in Form von Stencils, Tags oder bekrizzelten Postaufklebern auf Schritt und Tritt.

„Ich mag’s, wenn sich die Wut entfacht“

hansa rostockOb stolz dreinblickender Wikinger oder Sprüche wie „Alles für den FCH“, dies scheint mir nicht nur ausgeprägte Nachwuchswerbung zu sein. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass sich dahinter ein ungezügelter Markierungsdrang verbirgt. Die Kombination mit Gewaltexzessen zwischen verfeindeten Fußball-Fans versprüht gleichzeitig auch den strengen Duft einer männlich-heroischen Attitüde.

Die massenhaft verbreiteten kreativen Umsetzungen sprechen ihre eigenen Sprache: Street-Art bis zur bedingungslosen Hingabe für den Rostocker Fußballverein. Alles für den FCH eben.

So rasant, wie die kreativen Kennzeichnungen verstreut wurden, so schnell vergeht mir auch die Lust, mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Vielleicht handelt es sich bei den Klebereien um ein Geltungsbedürfnis, das die Suptras und der Vorpommern Mob befriedigen wollen. Also doch nicht nur Werbung?

„Wenn der Wahnsinn flammend grüßt“

Dafür spricht nicht nur das oben beschriebene Phänomen: Sind es doch auch unter anderem Pyrotechnik und physischer Kampf, über die sich die Suptras, Wolgastä oder der Vorpommern Mob identifizieren. Um dem erhöhtem Drang nach Aufmerksamkeit nachzugeben, kommt es nicht selten zu Eskalationen. Bestes Beispiel dafür ist das Auswärtsspiel gegen Eintracht Frankfurt Mitte September. Hier zeigte sich die volle Kraft der Fan-Unterstützung. Oder zumindest das, was die pyromanischen Ballsportfreunde darunter verstehen. „Aber hier kleben – Nein, danke!“ weiterlesen

Hochschildbürgerstreich: Werbeaufkleber waren nicht autorisiert

Fraktionsvorsitzender, Malermeister, Castorbefürworter, Vizepräsident des Bundesverbandes Farbe, Gestaltung, Bautenschutz: Axel Hochschild (CDU) ist ein vielbeschäftigter Mann, dem „unsere schöne Stadt“ so sehr am Herzen liegt, dass er entschlossen gegen deren „Verschandelung“ vorgeht.

Zumindest, wenn diese durch Aufkleber im öffentlichen Raum hervorgerufen wird, deren Präsenz bekanntlich einen deutlich negativeren Einfluss auf die Lebensqualität bewirkt als zum Beispiel ein Steinkohlekraftwerk im benachbarten Lubmin.

DRASTISCH: VERFALL DER POLITISCHEN SITTEN IN GREIFSWALD

Seit einigen Tagen zieren nun neue Aufkleber die Laternenmasten dieser Stadt, auf denen Saubermann Hochschild für seinen Malerbetrieb wirbt und seine Dienste anbietet.

Um dem Eindruck entgegenzuwirken, dass er sich jetzt plötzlich selbst der stickerklebenden Verschandelungszunft angeschlossen hätte, meldet sich das kommunalpolitische Schwergewicht pünktlich zum Wochenende zu Wort und erklärt, dass diese Werbeaufkleber nicht von ihm autorisiert seien.

Malermeister Hochschild

IDENTITÄTSDIEBSTAHL 1.0

Axels „persönliche Erklärung“ soll als Exempel und Lehrstück kommunalpolitischer Kommunikation vollständig wiedergegeben werden:

Im Stadtbild Greifswalds sind Aufkleber aufgetaucht, die den Eindruck erwecken, als wenn es sich hierbei um Werbung für mein Malerunternehmen handelt. Dies wird insbesondere durch ein Foto meiner Person suggeriert, welches auf den Aufklebern abgebildet ist.

Diese Aufkleber stammen nicht von mir. Auch habe ich die Verwendung dieser ehemaligen Werbematerialien, insbesondere meines Bildes, nicht erlaubt. Die Verwendung der Materialien durch unbekannt Dritte ist illegal. Entsprechende Reaktionen werden eingeleitet.

Ich stelle fest, dass diese Art der Diffamierung wieder einmal drastisch den Verfall der politischen Sitten in unserer Stadt aufzeigt. Es ist unverkennbar, dass diese Aktion im Zusammenhang mit dem politischen Ziel der CDU-Bürgerschaftsfraktion steht, die Stadt von unzähligen Aufklebern, die im Kontext zu den Demonstrationen gegen die Castor-Transporte auftauchten, säubern zu lassen. Dies zeigt die Absurdität, gerade mir eine Verschandelung unserer Stadt, anhängen zu wollen.

Axel Hochschild

Schon an anderer Stelle wurde darüber spekuliert, ob der Malermeister nicht – einem zündelnden Feuerwehrmann gleich – sogar selbst aktiver Teil der Greifswalder Streetart-Szene ist. Und beim Verfall der politischen Sitten in Greifswald kommt doch unweigerlich die bittere Erinnerung daran wieder hoch, als Hochschild vor nicht einmal einem Jahr die Mitglieder der Jungen Union zu mobilisieren versuchte, die von der Ostsee-Zeitung durchgeführte Abstimmung zur Diagonalquerung zu manipulieren („Eine mehrmalige Abstimmung ist auch möglich“).

identiaetsdiebstahl

Anderntags gab es während einer Bürgerschaftssitzung einen häßlichen Verbalausfall gegenüber einem Kommunalpolitiker der Grünen-Fraktion („Den Steiger soll man lieber aus der Stadt jagen!“), der von genau den politischen Sitten zeugt, deren Niedergang Hochschild nun befürchtet.

Die gefakten Aufkleber hätte der Malermeister als werbewirksamen und augenzwinkernden Fingerzeig humorvoll zur Kenntnis nehmen sollen, anstatt wieder den konservativen Poltergeist zu mimen und um sich zu beißen. Auf Nachahmungstäterinnen darf man gespannt sein!