Fraktionsvorsitzender, Malermeister, Castorbefürworter, Vizepräsident des Bundesverbandes Farbe, Gestaltung, Bautenschutz: Axel Hochschild (CDU) ist ein vielbeschäftigter Mann, dem „unsere schöne Stadt“ so sehr am Herzen liegt, dass er entschlossen gegen deren „Verschandelung“ vorgeht.
Zumindest, wenn diese durch Aufkleber im öffentlichen Raum hervorgerufen wird, deren Präsenz bekanntlich einen deutlich negativeren Einfluss auf die Lebensqualität bewirkt als zum Beispiel ein Steinkohlekraftwerk im benachbarten Lubmin.
DRASTISCH: VERFALL DER POLITISCHEN SITTEN IN GREIFSWALD
Seit einigen Tagen zieren nun neue Aufkleber die Laternenmasten dieser Stadt, auf denen Saubermann Hochschild für seinen Malerbetrieb wirbt und seine Dienste anbietet.
Um dem Eindruck entgegenzuwirken, dass er sich jetzt plötzlich selbst der stickerklebenden Verschandelungszunft angeschlossen hätte, meldet sich das kommunalpolitische Schwergewicht pünktlich zum Wochenende zu Wort und erklärt, dass diese Werbeaufkleber nicht von ihm autorisiert seien.
IDENTITÄTSDIEBSTAHL 1.0
Axels „persönliche Erklärung“ soll als Exempel und Lehrstück kommunalpolitischer Kommunikation vollständig wiedergegeben werden:
Im Stadtbild Greifswalds sind Aufkleber aufgetaucht, die den Eindruck erwecken, als wenn es sich hierbei um Werbung für mein Malerunternehmen handelt. Dies wird insbesondere durch ein Foto meiner Person suggeriert, welches auf den Aufklebern abgebildet ist.
Diese Aufkleber stammen nicht von mir. Auch habe ich die Verwendung dieser ehemaligen Werbematerialien, insbesondere meines Bildes, nicht erlaubt. Die Verwendung der Materialien durch unbekannt Dritte ist illegal. Entsprechende Reaktionen werden eingeleitet.
Ich stelle fest, dass diese Art der Diffamierung wieder einmal drastisch den Verfall der politischen Sitten in unserer Stadt aufzeigt. Es ist unverkennbar, dass diese Aktion im Zusammenhang mit dem politischen Ziel der CDU-Bürgerschaftsfraktion steht, die Stadt von unzähligen Aufklebern, die im Kontext zu den Demonstrationen gegen die Castor-Transporte auftauchten, säubern zu lassen. Dies zeigt die Absurdität, gerade mir eine Verschandelung unserer Stadt, anhängen zu wollen.
Axel Hochschild
Schon an anderer Stelle wurde darüber spekuliert, ob der Malermeister nicht – einem zündelnden Feuerwehrmann gleich – sogar selbst aktiver Teil der Greifswalder Streetart-Szene ist. Und beim Verfall der politischen Sitten in Greifswald kommt doch unweigerlich die bittere Erinnerung daran wieder hoch, als Hochschild vor nicht einmal einem Jahr die Mitglieder der Jungen Union zu mobilisieren versuchte, die von der Ostsee-Zeitung durchgeführte Abstimmung zur Diagonalquerung zu manipulieren („Eine mehrmalige Abstimmung ist auch möglich“).
Anderntags gab es während einer Bürgerschaftssitzung einen häßlichen Verbalausfall gegenüber einem Kommunalpolitiker der Grünen-Fraktion („Den Steiger soll man lieber aus der Stadt jagen!“), der von genau den politischen Sitten zeugt, deren Niedergang Hochschild nun befürchtet.
Die gefakten Aufkleber hätte der Malermeister als werbewirksamen und augenzwinkernden Fingerzeig humorvoll zur Kenntnis nehmen sollen, anstatt wieder den konservativen Poltergeist zu mimen und um sich zu beißen. Auf Nachahmungstäterinnen darf man gespannt sein!