„Bartleby – Eine Geschichte von der Wall Street“ am Theater Vorpommern

Der in den Niederlanden geborene und an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin diplomierte Regisseur Marc Wortel hat in einer spartenübergreifenden Inszenierung Herman Melvilles Bartleby, der Schreiber auf die Bühne gebracht. Der berühmte Stoff um einen Hilfsarbeiter in einer Anwaltskanzlei hatte am 30. Mai Premiere auf der Greifswalder Bühne des Theater Vorpommerns.

Eine Theaterkritik von Martin Hiller

„Ich möchte lieber nicht“ (Bartleby, 1853)

Der Plot dieses Stücks mit dem Untertitel „Eine Geschichte von der Wall Street“ ist leicht erzählt: es geht um einen jungen Mann namens Bartleby, der ein Anstellungsverhältnis als Kopist in der Kanzlei eines angesehenen New Yorker Anwalts antritt. Anfangs leistet er gute Dienste, nach und nach lässt er seine Tätigkeiten und schlussendlich auch sich selbst jedoch liegen und macht mit seiner passiven Verweigerung alle anderen wahnsinnig oder zwingt sie zumindest zur Auseinandersetzung mit sich und ihrem Gegenüber.

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Läuft bei ihm: Bartleby, dargestellt von Stefano Fossat

Bartlebys ganz und gar betonungslos vorgetragenes „Ich möchte lieber nicht“ erscheint simpel und schlüssig, macht ihn und sein Wesen dabei aber doch ungreifbar und ihn selbst schier unangreifbar. Dieser harmlos wirkende Mann mit den hängenden Schultern und dem leeren Blick — mit minimalen Mitteln herrlich weltentrückt gespielt von Stefano Fossat — ist keine Blaupause des gleichgültigen Hängertypen, der dumpf durchs Leben eiert; ebenso wenig das Paradebeispiel eines Paroli bietenden Trotzkopfs.

Bartleby begehrt nicht auf. Bartleby jammert, zetert und entrüstet sich nicht. Bartleby reckt die Faust nicht zur Revolte. Bartleby läuft nicht Sturm, er steht meistenteils einfach nur stumm und unbeteiligt herum — den Kopf in Träumereien hinterm Dienststubenfenster versunken. Wenn Bartleby etwas sagt, dann: „Ich möchte lieber nicht“. Dieser Formulierung — so forderungslos sie auch ist — lässt sich wenig entgegnen. Ein höfliches Bitten, ein harscher Befehlston, ein verzweifeltes Flehen — alles perlt ab an dem Kokon, den Bartleby mit dieser Aussage um sich spannt. Bartlebys passiver Widerstand ist so einfach wie eindeutig: er möchte lieber nicht und entkoppelt sich damit vom Gefüge und den Gepflogenheiten der (Arbeits)Welt. Man kann schließlich Niemanden zum Möchten zwingen.

„Don’t cry – work“ (Rainald Goetz, 1983)

Da ist einer, der in stoischem Gleichmut sagt: „Ich möchte lieber nicht“. Einer, der sich mehr und mehr verflüchtigt. Da ist einer, der zurücktritt — in eine Art vorwillentliches Milieu, in dem nichts drängt, in dem die Welt auch ohne eigenes Zutun existiert. Tendenziell philosophische Fragen schwingen hier mit: Was möchte man eigentlich? Wieso sollte man etwas möchten? Und warum möchten manche, dass man so und so und nicht so und andersrum etwas möchten soll? Möchte man denn immerzu etwas möchten müssen? Ich möchte, also bin ich? Bartleby scheint sich derlei Fragen nicht zu stellen, er trägt keinen Konflikt innerer Zerrissenheit aus. Bei ihm ist alles ganz einfach: er möchte lieber nicht.

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Arbeiterpuppen an erbarmungsloser Mechanik. Im Hintergrund zermürbendes Nachdenken über Bartleby.

Wie bringt man diese innere und äußere Reglosigkeit der Figur Bartlebys nun szenisch ins Rollen? Hierbei findet die Drehbühne des Theaters eine sinnvolle Anwendung: „„Bartleby – Eine Geschichte von der Wall Street“ am Theater Vorpommern“ weiterlesen

Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #44

Eine Rubrik aus dem Tiefschlaf reißen, abbilden, was noch so läuft. Kleinstadtsuffis den Weg zur nächsten Schänke weisen, sich über Gentechnik mokieren. Unter repressiven Verstimmungen leiden. In die Oper mit Einführung gehen und was Greifswald an diesem Wochenende noch so hergibt.

Wochenende in Greifswald „Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #44“ weiterlesen

Theater-Stadtprojekt „Klaus“ thematisiert Obdachlosenmord in Greifswald

Das Theater Vorpommern sucht Menschen jeden Alters und aus allen sozialen Schichten, um gemeinsam und in einem ergebnisoffenen Prozess das Theater-Stadtprojekt „Klaus“ umzusetzen. Das Projekt soll sich mit der Ermordung des Greifswalder Obdachlosen Klaus Dieter Gerecke auseinandersetzen.

Gedenkstein Klaus Dieter Gerecke(Foto: Fleischervorstadt-Blog)

Der damals 47-Jährige wurde in der Nacht vom 23. zum 24. Juni 2000 in der Gützkower Straße von drei Jugendlichen so schwer verprügelt, dass er schließlich an den massiven Schädel-, Gesichts- und Rippenverletzungen, die er dabei erlitten hatte, verstarb. Heute erinnert eine Gedenkplatte, deren verblichene Inschrift kaum mehr lesbar ist, an den vor knapp 15 Jahren ermordeten Obdachlosen. „Theater-Stadtprojekt „Klaus“ thematisiert Obdachlosenmord in Greifswald“ weiterlesen

Zwei Wochen Schlafmangel: Deutsch-polnisches Kulturfestival „PolenmARkT“ beginnt

Der Monat November ist gewiss kein Zeitraum, in dem sich Greifswald von seiner gastlichen Seite zeigt — die Stadt fühlt sich in dieser Zeit schlicht zu kalt, zu dunkel und zu ungemütlich an. Eine kurze Aufhellung der Tristesse dieses schlimmsten aller Monate wird durch den alljährlich stattfindenden Polenmarkt besorgt, der morgen Abend beginnen wird.

Polenmarkt Greifswald 2014Das deutsch-polnische Kulturfestival findet seit 1997 jedes Jahr in Greifswald statt und hat sich seitdem von einer studentischen Initiative zu einem festen Bestandteil des Greifswalder Kulturlebens etabliert. Der diesjährige Polenmarkt wird morgen Abend um 18 Uhr mit einer Lesung von Jacek Dehnel aus Gdańsk, „dem“ jungen Star der polnischen Literaturszene, offiziell im Krupp-Kolleg eröffnet. Wer sich für das östliche Nachbarland interessiert, sollte sich auf ein zwölf Tage andauerndes und abwechslungsreiches Programm mit Kostproben aus der polnischen Musikszene, literarischen und künstlerischen Ausstellungen, Lesungen für Kinder und Erwachsene, Filmvorführungen, Theaterinszenierungen und wissenschaftlichen Vorträgen einstellen. Doch noch bevor es richtig losgeht, finden bereits schon heute Abend finden zwei Vorveranstaltungen im Theater Vorpommern und in der Kulturbar statt! „Zwei Wochen Schlafmangel: Deutsch-polnisches Kulturfestival „PolenmARkT“ beginnt“ weiterlesen

Hinterhältiger Hackerangriff auf das Theater Vorpommern verursacht PR-Missverständnis

Das Problem dürfte den meisten Leuten, die eine Fanpage bei Facebook betreiben und über einen langen Zeitraum im größten sozialen Netzwerk die Präsenz einer Organisation pflegen, bekannt sein: Irgendwann kommt ein böser Hacker, loggt sich illegal in das Facebook-Konto ein und übernimmt den Account, um zweifelhafte Links zu Viagra zu posten, unseriöse Investitionsmöglichkeiten zu bewerben oder sich zur Personalpolitik des Aufsichtsrates vom Theater Vorpommern zu äußern — was Hacker eben so machen, wenn der Tag lang und der Mate-Kasten nicht leer wird! „Hinterhältiger Hackerangriff auf das Theater Vorpommern verursacht PR-Missverständnis“ weiterlesen

Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #43

Das Wochenende lässt sich gut an und hält eine mannigfaltige Mischung kultureller Angebote bereit. Wer sein erstes DIY-Festival in diesem Jahr erleben will, fährt bis Sonntag zum Wagenplatz Alt Ungnade. Allen anderen seien die Workshops, Lesungen, Theatervorstellungen, Ausstellungen, Konzerte und Partys empfohlen, die an diesem Wochenende in Greifswald stattfinden werden. Eine Übersicht.

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WORKSHOP: BOOM SEXUELLER AUSBEUTUNG IN MV

„Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #43“ weiterlesen