Weil es uns alle angeht: Unterstützt die Greifswalder Antifa-Demo!

Am Sonnabend wird in Greifswald nach mehr als zweieinhalb Jahren die erste Antifa-Demo stattfinden. Die Stiefelchen sind ja noch vom Nikolaus geputzt, die schwarze Windjacke hängt griffbereit im Schrank und es bleibt auch noch ein wenig Zeit, um in der Hinterhof-Medersa das Al-Erta solange zu wiederholen, bis es auch wirklich fehlerfrei in der aufgeregten Masse proklamiert werden kann — Selbst- und Fremdvergewisserung galore!

NICHT TATENLOS ZUSEHEN!

Ganz so vereinfacht darstellen lässt sich diese Angelegenheit natürlich nicht, denn es gibt konkrete Gründe, diese Demonstration zu organisieren und diese Gründe sind weniger einem lustvollen Erlebnishunger als vielmehr einer zum Himmel schreienden Notwendigkeit erwachsen.

defiant

Die erst vor etwa einem halben Jahr gegründete Antifa-Gruppe Defiant, Urheberin dieser Demonstration, erkennt in Greifswald ein Wiedererstarken des aktionsorientierten Rechtsextremismus. Hauptverantwortlich hierfür sei die vor knapp zwei Jahren gegründete rechtsextreme Gruppierung Nationale Sozialisten Greifswald (NSG), die unter Federführung des Neonazikaders Marcus G. ihre Aktionsformen radikalisierte:

Traurige Höhepunkte dieser neuen Qualität der Gewalt bildeten die Brandanschläge auf zwei alternative Wohnprojekte und der bewaffnete Überfall auf einen Jugendlichen, der anschließend auf der Intensivstation behandelt werden musste. Greifswald hat ein verdammtes Naziproblem.

Die Gruppe hat keine Lust mehr, diesem Treiben „tatenlos zuzusehen“ und möchte an die erfolgreichen Aktionen gegen Naziaktivitäten in Greifswald, wie dem blockierten NPD-Aufmarsch am 1. Mai oder den erfolgreichen Störungen mehrerer Infostände der rechtsextremen Partei, anknüpfen.

ZORNIG STATT ZAUDERND: BILDSPRACHE NÄHRT ZWEIFEL

antifa hgw

Diese Entschlossenheit, das „Nicht-mehr-hinsehen-wollen“, spiegelt sich unter anderem in der zweifelhaften Bildsprache wider, derer sich die Organisatoren bedienen, um auf ihre Veranstaltung aufmerksam zu machen. Die hierfür angefertigten Materialien bewegen sich auf einem hierorts selten beobachteten, extrem hohen Niveau. Doch sie generieren auch Ausschlüsse, denn die Lichterketten-Fraktion wird man kaum mit dem kämpferischen Plakat ansprechen können.

Ähnlich verhält es sich mit dem Mobilisierungsvideo, das für hiesige Verhältnisse ungeheuer martialisch daherkommt. Fetzen von TV-Aufnahmen aus polnischen oder italienischen Fußballstadien schwirren zurück ins Gedächnis, wenn die gefilmten Akteure mit ihren weißen Ski-Masken durch die Dunkelheit stapfen und schlussendlich ihr auf einer Leinwand angebrachtes Gang-Graffito im gleißenden Licht der Bengalos präsentieren. Das ist selbstbewusst und gibt Stärke, aber ob das dem eigentlichen Zweck dienlich ist, wird sich spätestens am Sonnabend zeigen.

GEMEINSAM STATT EINSAM: BREITE UNTERSTÜTZUNG ZIVILGESELLSCHAFTLICHER AKTEURE

hgw nazifrei

Doch Defiant scheint sich dieser Problematik bewusst zu sein und überlässt deswegen nichts dem Zufall. Insgesamt 21 deutsche Städte wurden im Rahmen einer überregionalen Mobilisierungstour besucht. Dort wurden Vorträge über das hierzulande vorliegene Neonazi-Problem gehalten und dafür geworben, nach Greifswald zu reisen, um sich mit der hier verbliebenen (Zivil-)Gesellschaft zu solidarisieren.

Und auch vor Ort wurden Bündnisse geschmiedet, um viele Greifswalderinnen — ähnlich den Protestaktionen am 1. Mai — aus den Wohnzimmern und auf die Straße zu bewegen. So rufen neben Defiant auch die beiden Greifswalder Sektionen der Hedonistischen Internationalen, M.u.S.i.K. und H.i.G.H. dazu auf, sich an der Demonstration zu beteiligen und den Neonazis den „Bass des Antifaschismus laut um die Ohren“ zu blasen.

hedos hgw aufruf

Die Lustprinziplerinnen ermuntern deswegen zusammen mit den Bündnissen Nazis wegbassen und Greifswald nazifrei zur Teilnahme am A.ll C.olours A.re B.eautiful–Block. Hier trägt man lieber bunt statt schwarz. Szenekenner spekulieren außerdem über den Ersteinsatz eines neuen mobilen Soundsystems, das den kleinen Rabauken zur „Quietsche auf Rädern“ degradieren soll.

VOM SAULUS ZUM PAULUS? ZUSTIMMUNG DER KONSERVATIVEN  

Unerwartet dürfte für Defiant auch die Unterstützung der Greifswalder Studierendenschaft sein, die sich seit vorgestern abzeichnete. Im StuPa, wo sonst gerade bei diesem Thema eher gezaudert statt gehandelt wird, debattierte man am 6. Dezember die Veranstaltung und verabschiedete einen Antrag zur Unterstützung. Sogar Markomanne Christoph Böhm und der streitbare Alexander Schmidt stimmte nach einer Ergänzung lobenswerter Weise für diesen Antrag.

Nur einen Tag später trafen sich ca. 3% der Greifswalder Studierendenschaft zur Vollversammlung in der Mensa. Auch dort wurde der Aufruf zur Demonstration verhandelt und von der Mehrheit dieser leider nicht beschlussfähigen Versammlung angenommen, der somit als Empfehlung verstanden werden kann.

ZIEHT EUCH WARM AN! 

Es ist an der Zeit, einmal mehr die Empörung über den wiedererstarkenden Rechtsextremismus auf die Greifswalder Straßen zu tragen; dafür braucht es nicht erst die Ereignisse und Nachrichten um die Zwickauer Terrorzelle und die Einsicht, dass Rechtsterrorismus ein genauso aktuelles wie akutes Problem für unsere Gesellschaft ist. Und das ist es nicht irgendwo weit weg, sondern unmittelbar vor unserer Haustür, zum Beispiel wenn Brandanschläge auf alternative Wohn- und Kulturprojekte verübt oder Andersdenkende überfallen und verletzt werden.

Wer die NPD-Trupps beobachtet hat, wie sie zum Beispiel in Greifswald ihre Plakate an die Masten brachten, konnte sich ein schauderhaftes Bild davon machen, dass es organisierte und bewaffnete Neonazis nicht nur im Fernsehen gibt, sondern hier, unmittelbar unter uns. Erst vor drei Tagen attackierten Anhänger der NPD Demonstrierende im Kreistag, die ihren Unmut darüber äußerten, dass 66 Jahre nach dem Dritten Reich in Greifswald erstmals wieder Neonazis in einem parlamentarischen Raum Platz nehmen.

Bei aller berechtigten Kritik an Bildsprache und Ausdrucksform der Mobilisierung für diese Demonstration, ist es trotzdem eine zivilgesellschaftliche Pflicht, gegen Nazis auf die Straße zu gehen, um in Greifswald ein unüberhörbares Zeichen gegen Nazis und neofaschistische Ideologien zu setzen. Und nicht zuletzt auch, um zu beweisen, dass Antifaschismus hierorts eine Idee ist, die von einer breiten und vielfältigen Masse getragen wird. Zieht euch warm an!

Fakten: 10.12. | 13 Uhr | Südbahnhof

Moritz TV: Umfrage zu Burschenschaften und Studentenverbindungen

Das Studierendenfernsehen Moritz TV hat der Befindlichkeit des Campus‘ nachgespürt und vor der Mensa eine Umfrage zum Thema Burschenschaften und Studentenverbindungen aufgezeichnet. Dabei wird nicht nur das relativ schlechte Ansehen deutlich, das Korporierte bei der Mehrheit der Befragten genießen, sondern auch, wie vielschichtig die mitunter zu Tage getretenen Wissenslücken sind.

Gefragt wurde nach dem Unterschied zwischen Studentenverbindung und Burschenschaft, der Zahl der in Greifswald anzutreffenden Burschenschaften, dem geplanten Aussteigertelefon und ob diese Organisationen gefährlich wären oder eine schützenswerte Tradition verkörperten. Alkoholkonsum und der Lebensbund waren weitere Aspekte der Umfrage.

Die rechte Burschenschaft Markomannia machte zuletzt wieder von sich Reden, als mehrere Mitglieder am Volkstrauertag mit Fackeln und Ehrenkranz („Und ewig lebt der Toten Tatenruhm — Markomannia Aachen Greifswald“) der deutschen Opfer des Ersten Weltkriegs gedachten.

In Greifswald wird gebildungsstreikt

Der Greifswalder Arbeitskreis Bildungsstreik ruft alle Schülerinnen, Studierenden, Azubis, Lehrer und Dozentinnen dazu auf, sich an der morgigen Großdemonstration in der Innenstadt zu beteiligen.

Das Protestbündnis fordert die Landesregierung respektive das neu besetzte Bildungsministerium dazu auf, „massive Verbesserungen der Bildungspolitik anzustoßen“. Werde die Unterfinanzierung des Bildungsbereiches weiterhin fortgeführt, sei die Bildungsqualität und somit auch die Zukunft kommender Generationen ernsthaft gefährdet.

bildungsstreik greifswald

DIE ZENTRALEN FORDERUNGEN DES BÜNDNISSES

  • Abschaffung aller Bildungsgebühren – Kostenfreie Bildung für alle
  • Geld für Bildung statt für Banken und Konzerne
  • Weg mit dem mehrgliedrigen Schulsystem – Eine Schule für alle
  • Studien- und Ausbildungsplätze für alle
  • Alle Zulassungs- und Zugangsbeschränkungen, auch für Masterstudiengänge, abschaffen
  • Die Übernahme nach der Ausbildung
  • Eine gesetzliche Umlagefinanzierung – Wer nicht ausbildet muss zahlen
  • Kleinere Klassen und Kurse mit max. 20 SchülerInnen – mehr LehrerInnen in allen Bildungseinrichtungen
  • Weg mit dem Turbo-Abitur (G8)
  • Kostenlose Mahlzeiten und kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs an allen und für alle Schulen, KiTas und Hochschulen
  • Demokratie statt Repression – Demokratisierung aller Bildungseinrichtungen und Lebensbereiche
  • Gegen die Militarisierung von Bildungseinrichtungen – Für die Zivilklausel, Kooperationsvereinbarungen kippen

MITZUBRINGEN: FREUNDE, NACHBARINNEN UND DAS RADL

Der Blog des Bündnisses wurde rasch mit Inhalten gefüllt. Hier findet sich auch eine etwas tiefer gehende Auseinandersetzung mit den Problemen, die in den obenstehenden Forderungen zugespitzt wurden. Für die große Demonstration wurde eine Veranstaltung bei Facebook erstellt, die zu Mobilisierungszwecken geteilt werden kann und schon jetzt über 400 Teilnehmende aufweist.

Es wird empfohlen, nicht nur Freunde, Nachbarinnen und Oma Hans zur Demo mitzubringen, sondern auch ein Fahrrad, um flexibel auf mögliche Folgeaktionen reagieren zu können.

Fakten: 17.11. | 12 Uhr | Rubenowplatz

Aktionstage für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung

Greifswald ist derzeit ganz auf  Nachhaltigkeit und Klimaschutz gebürstet. Seit Wochenbeginn finden die Aktionstage für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung statt, die gemeinsam vom städtischen Klimaschutzbündnis, dem Krupp-Kolleg und der Akademie für Nachhaltige Entwicklung Mecklenburg-Vorpommern organisiert werden. Entsprechend vielseitig sind die Veranstaltungen konzipiert.

klimaschutz greifswald

Neben einigen wissenschaftlichen Podiumsgesprächen und Vorträgen wird es aber auch um dezidiert kommunalpolitische Belange gehen, zum Beispiel, wenn die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zur geplanten Radstation am Bahnhof präsentiert werden. Eine Klimamesse in der Stadthalle wird Industrie und Wirtschaft ins Programm miteinbeziehen.

An den Klimaaktionstagen beteiligen sich aber auch noch andere Strukturen, zum Beispiel die Grüne Hochschulgruppe, die ihrerseits eine Nachhaltigkeitswoche ausruft. Bis Freitag informiert sie täglich in der Mensa über Ökostrom, politisch korrekte Banken, bewussten Konsum, über die Umwelt AG der Uni und die Bio Mensa AG. Außerdem erweitert sie das Angebot der Aktionstage um mehrere Filmvorführungen und Workshops, die unter anderem in der Kabutze stattfinden.

Bis zum Wochenende finden noch über 20 Veranstaltungen im Rahmen der Aktionstage statt, deren Einzelauflistung hier den Rahmen sprengen würde. Die Vielseitigkeit des Programms deckt viele Themen und Formate zwischen umweltaffiner Familienbespaßung, DIY-Workshop und Fachvortrag  ab. Wer aufmerksam ist, wird sich eines Programmhefts bemächtigen, das natürlich auf Recycling-Papier gedruckt wurde. In mühevoller Kleinarbeit lässt sich aber auch aus dem Netz ein Überblick herausschälen:

Von gerissenen Wölfen und furchtsamen Schafsköpfen. Eine Retourgutsche

Für immatrikulierte Neonazis wird es an deutschen Universitäten langsam ungemütlich, denn in jüngster Zeit häufen sich Aktionen, in deren Verlauf Studierende und Dozenten darauf aufmerksam gemacht werden, wer mit ihnen gemeinsam die Hochschulbank drückt und wessen Geistes Kinder diese junge Männer sind. Seit Novemberbeginn widerfuhr dies sowohl Daniel F.  (Universität Rostock) als auch Manuel T.  (Uni Leipzig).

Der Startschuss für die neuerliche Transparenzoffensive an ostdeutschen Hochschulen wurde allerdings am 1. November in Greifswald abgegeben, als eine etwa zwanzigköpfige Gruppe die Einführungsvorlesung der Politikwissenschaft für knapp zwei Minuten unterbrach und die Anwesenden darüber informierte, dass unter ihnen ein aktiver Neonazi säße.

(Foto: Indymedia)

Die Gruppe bewarf Marcus G., der sich in Sekundenbruchteilen vermummte, mit Konfetti, verteilte flugs die mitgebrachten Flyer und verließ den Hörsaal ebenso schnell, wie sie ihn betreten hat. Der Dozent setzte seine Vorlesung anschließend fort.

STELLUNGNAHME VON G. UND DER VERZICHT AUF EINE KRITISCHE EINORDNUNG 

Wenig später beglückwünschte man sich für das gelungene Outing, das obendrein auch gefilmt wurde. Dieses Video verbreite sich wie ein Lauffeuer durch die sozialen Netzwerke und erntete Wohlwollen und Zustimmung. Doch neben allem Zuspruch wurde auch Kritik an der Aktion laut.

Damit ist nicht nur die tumbe Pressemitteilung des RCDS gemeint, in der die gewaltfreie Aktionsform als „Anstiftung zu Gewalttaten“ stilisiert wird, man sich großzügig der undurchdachten Links-Rechts-Gleichsetzung bedient und schon mal die Extremismuskeule aus dem Nachtschrank holt, sondern auch der webMoritz, dessen Redaktion sich 73 Jahre nach der Reichspogromnacht kein passenderes Datum als den 9. November für die Veröffentlichung einer Stellungnahme des Neonazis aussuchen konnte. 

Das Portal publizierte damit den nunmehr zweiten Artikel zum Thema, in dem der Autor die negative Kritik an der Aktion zusammenfasst — die Welle positiver Resonanzen blendet er jedoch vornehm aus.

Es ehrt zwar den journalistischen Ethos der Redaktion, dem Geouteten — der auf die Publikation des ersten webMoritz-Artikels umgehend mit juristischen Drohungen antwortete — eine Gegendarstellung einzuräumen. Doch ohne eine kritische Einordnung nützt das wenig und am Ende geriert sich ein mutmaßlicher Täter als Opfer. Alles vertauscht?

SICH SELBST INS AUS MANÖVRIERT

Dabei zieht sich ein grundlegender Denkfehler durch die in Greifswald geführte Debatte um das Outing von Marcus G., denn dieser Begriff wird vorschnell als diffamierender und verleumderischer Akt übersetzt, mit dem der Neonazi gesellschaftlich sanktioniert und ausgeschlossen werden soll.

Dabei wird ausgeblendet, dass es G. selbst war, der sich zielsicher ins Abseits jener demokratischen Gesellschaft manövrierte, die er in dieser Form gerne überwunden sähe. Denn auch nachdem er seine Heimatstadt Berlin und damit die 2005 verbotene, rechtsextreme Kameradschaft Tor hinter sich gelassen hat, nutzte er die Chance nicht, Leben und Denken neu zu sortieren und das Nazi-Kapitel zu beenden — im Gegenteil.

In Greifswald knüpfte er Kontakte zur rechten Szene Mecklenburg-Vorpommerns und trieb den Aufbau rechtsextremer Strukturen vor Ort voran. Diese Entwicklung ist vielfach belegt und straft die Stellungnahme von Marcus G. Lügen.

Der geoutete Neonazis weist in seinem Text zwar „jegliche Extremismusvorwürfe“ zurück, doch das ändert nichts daran, dass sein neonazistisches Wirken und Vernetzen dokumentiert ist.

Sei es als Fotograf bei NPD-Demonstrationen wie in Teterow, beim Plausch mit dem Rechtsextremisten Frank Klawitter (NPD-Demo Anklam 2010, siehe Foto), beim Konzertbesuch im KLEX mit dem rechtsextremen Kampfsportler Siegfried H. aus Rostock und dem Nazi-Aktivisten Reik P. aus Teterow oder beim gescheiterten Infiltrierungsversuch des städtischen Bündnisses Greifswald ist bunt – kein Ort für Neonazis.

UNI GREIFSWALD: KEIN ORT FÜR NEONAZIS!

Die Transparenzoffensive an der Greifswalder Universität ist in erster Linie als deutliches Signal an den früheren Jurastudenten Marcus G. zu verstehen, dem vielleicht schon jetzt einleuchtet, dass sich ein ungestörtes Studium nur schwer mit seiner antidemokratischen Ideologie in Einklang bringen lässt.

Seine Kommilitoninnen sind vor ihm gewarnt und wissen nun, dass neben ihnen im Seminar ein Neonazi Platz nimmt, der sich nicht nur mit Outings auskennt, sondern vielleicht auch etwas über Othering erzählen kann.

Ob man die Aktion uneingeschränkt befürwortet oder in allen Punkten kritisiert, ändert erstmal nichts an der Tatsache, dass mit Marcus G. gewiss nicht der Falsche um seine Anonymität gebracht wurde.

Ein warmes Wort des Dankes an die Aktivistinnen wäre da vielleicht angebrachter gewesen als die doch relativ einseitig ausgefallene Berichterstattung im zweiten webMoritz-Artikel zum Vorfall. Eine deutliche Positionierung in dieser Sache leistet sich das gerade umstrukturierte studentische Portal leider nicht.

Im zweiten webMoritz-Artikel wurde eine Manöverkritik des Fleischervorstadt-Blogs, die sich an der pommernprinzenhaften Pöbelei und der Lust an der eigenen Überlegenheit reibt, leider unvollständig und missverständlich zitiert; sie ist beim Kombinat-Fortschritt als Kommentar in ungekürzter Fassung sichtbar. 

Resonanz auf hedonistische Uni-Umbenennung: „Sie operieren weitgehend bei Nacht“

In den späten Abendstunden des 17. Oktober inszenierten die noch immer nicht vom Verfassungsschutz beobachteten Situationisten H.i.G.H. (Hedonismus inna Greifswalder Hochschule) eine symbolische Umbenennungsaktion der Ernst-Moritz-Arndt-Universität. Nachdem sich der webMoritz über das Spektakel amüsierte, erzürnte sich Thorben Vierkant wenig später stellvertretend für den Greifswalder RCDS über diesen angeblich undemokratischen Akt der Entarndtung.

greifswald uni(Foto: Grenzfrequenz via Flickr)

ASTA-REFERENT KRITISIERT MANGELNDE AUSEINANDERSETZUNG MIT ARNDT

franz kuentzel asta greifswaldInzwischen sind zwar fast drei Wochen vergangen, doch das Thema Umbenennung geisterte trotzdem noch weiter vor sich hin. So wies Franz Küntzel, AStA-Referent für Hochschulpolitik, via Pressemitteilung darauf hin, „dass der Namenspatron als kritische Figur der Zeitgeschichte immer noch nicht genügend Beachtung seitens der Universitätsleitung gefunden hat“ und kritisiert, dass sich Rektor Prof. Rainer Westermann „trotz etlicher Diskussionen, Vollversammlungen und StuPa-Beschlüssen der letzten Jahre, sowie der Urabstimmung um den Namen der Universität“ weiterhin bedeckt halte, wenn es um die kritische Auseinandersetzung der Uni mit Arndt gehe.

Das „Totschweigen von Seiten der Universitätsleitung“ sei „ein Schlag ins Gesicht“ für alle Studierenden und Bürger, die an der Debatte beteiligt gewesen seien.

NORDKURIER: LIEBE, LUST UND UMBENENNUNG

Auch der Nordkurier nahm sich der Sache an. Am Freitag erschien dort ein Artikel über die eigentlich relativ unspektakuläre Aktion, in dem festgestellt wird, dass die Greifswalder Sektion „weitgehend bei Nacht“ operiere und nicht weniger fordere, als dass die Umbenennung der Universität endlich selbst in die Hand genommen werde.

nordkurier arndt greifswaldDer Autor des Artikels bemüht sich redlich um eine angemessene Darstellung der hedonistischen Idee. Neben dem Text wurde auch noch ein Infokasten mit allgemeinen, der Wikipedia entnommenen Informationen über die Hedonistische Internationale platziert. Diese Ehrlichkeit in Bezug auf die Zitation der Wikipedia könnte der hiesigen Lokalzeitung glatt zum Vorbild gereichen!

Was der verantwortliche Journalist, dessen E-Mail die Hedonistinnen offenbar nicht erreichte, über besagten Eintrag in der Online-Enzyklopädie nicht wissen konnte, ist dessen Autorenschaft, die in urhedonistischen Zirkeln zu verorten ist. Solche Nebensächlichkeiten, amüsantere Zoten und Binnenperspektiven auf das, was gelebten und in einer Sektion (un)organisierten Hedonismus ausmachen kann, erfährt man in einer neuen Folge von Tim Pritloves Chaosradio Express. Die Podcastlegende war übrigens im Mai 2011 bei einer Podiumsdiskussion über Bürgerjournalismus in Greifswald zu Gast. Für die oben verlinkte, fast zweistündige Sendung blieb Pritlove allerdings in der Hauptstadt und traf sich dort mit den beiden Berliner Hedos Abdula und Karl. Hören, verstehen, verstören!