Offener Brief zur Sicherheit der Atommeiler in Deutschland und der AKW-Laufzeitverlängerung

Da heute Abend seitens der Bundesregierung ein Treffen zur Situation in Japan geplant ist, halte ich es für wichtig, deutlich zu machen, wo ich stehe. Wenn es dir genauso geht, dann verwende doch den hier angehängte Brief, schreibe ihn um und schicke ihn deinerseits an die unten genannten Adressen. Sehr effektiv und deutlich sind auch Faxe (dazu gibt es supereinfache Web-to-Fax-Dienste wie zum Beispiel pamfax.de).

Ein Gastbeitrag von Stan

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel, sehr geehrter Herr Außenminister Westerwelle, sehr geehrter Herr Umweltminister Röttgen,

Ich schreibe Ihnen unter dem Eindruck der aktuellen Geschehnisse in Japan und der nuklearen Katastrophe, die sich dort ihren Weg bahnt. Da glücklicherweise die Medien aktiv über die Geschehnisse berichten, ist offensichtlich, wie dramatisch sich die Lage dort zuspitzt und wie wenig der Mensch trotz aller Risikokalkulationen wirklich Herr der Lage ist.

Die japanischen AKWs gelten als eine der sichersten Anlagen weltweit und erfüllen seit sehr vielen Jahren strenge Sicherheitskriterien – Maßstäbe, die von Wissenschaftlern unter dem Aspekt der größten anzunehmenden Unfälle und der Verkettung von dramatischen Situationen aufgestellt wurden. Diese Standards sind in ihrer Intention, sich auf das Schlimmste vorzubereiten, zu respektieren und stehen in ihrer Professionalität in keinem Verhältnis zur veralteten Technik oder dem schlecht ausgebildeten Personal, die für die Katastrophe in Tschernobyl verantwortlich waren. „Offener Brief zur Sicherheit der Atommeiler in Deutschland und der AKW-Laufzeitverlängerung“ weiterlesen

Die Alte Chemie: Ein Nachruf

Ein Gastbeitrag von Vincent Stoa

Als ich Ende November letzten Jahres die Berichte über die polizeiliche Ermittlung zum Großbrand in der Alten Chemie las, fühlte ich mich seltsam beklommen – als wären Fremde für eine Hausdurchsuchung in meine Wohnung eingedrungen, als hätten sie meine Habseligkeiten durchgekramt, zerwühlt, besudelt. Nachdem das Institut über ein Jahr lang schon fast ein Zuhause für mich war, fühlte ich mich plötzlich obdachlos.

Kontaminierte Traumfetzen

Wir lernten uns vor ziemlich genau zwei Jahren an einem verlotterten Tag in den Semesterferien kennen. Sie war seit drei Jahren, als sie von der kleinen Glasbläserei im Erdgeschoss verlassen wurde, Single. Vom Alleinsein gekennzeichnet: Verwahrlost, staubig, und ziemlich übel riechend.

Zusammen mit einem Freund nahm ich mich ihrer an: Mit Taschenlampe und Klemmbrett bewaffnet, streiften wir durch die gut zweihundert Zimmer (vorwiegend Labore und Büroräume, zu großen Teilen immer noch möbliert), lüfteten, wo es nötig war, und kartografierten das riesige, labyrinthhafte Gebäude Flügel für Flügel, Etage für Etage. Mein kleiner toter Garten. Reagenzgläser, Lehrposter, eingelegte Tiere. Wir fuhren beim leisesten Knacken zusammen, erschreckten uns ständig vor dem Geräusch unserer eigenen Schritte. Noch heute spielt die Hälfte meiner Träume in den Gemäuern der alten Chemie.

Alte Chemie Greifswald

Für uns war es nicht nur einfach ein leerstehendes Unigebäude: Es war eine überdachte Geisterstadt, ein mehrstöckiges Kuriositätenkabinett, ein kafkaesker Albtraum. Hier hätten ohne Weiteres der eine oder andere David-Lynch-Film oder auch Fight Club gedreht werden können.

Anders als die Uni behauptete, war das Gebäude übrigens (zumindest anfangs) keineswegs vom Stromnetz genommen. Die Steckdosen funktionierten ausnahmslos, im Institutsfahrstuhl brannte gar rund um die Uhr das Licht. Sogar fließend Wasser gab es, in dem Villenflügel des Gebäudes gar ein komplett eingerichtetes Schlafzimmer: Das Institut wäre als Wohnung durchaus geeignet gewesen – vorausgesetzt, man hätte sich mit der bedrückenden, morbiden Atmosphäre arrangieren können.

Picknick im Zenit der Postmoderne

Viele Monate lang war das Institut unser Ein und Alles. Wir nahmen nichts mit, wir beschädigten nichts, aber wir gestalteten unser neues Zuhause nach Herzenslust. Aus den vielen herrenlosen Schrankwänden bauten wir ein Labyrinth. Wir richteten ein gemütliches Wohnzimmer ein, bastelten absurde Skulpturen aus altem Laborzubehör, stöberten in den immensen Beständen an Büchern, biologischen Modellen und eingelegten Tieren. Wir machten Fotos und gaben Freunden Führungen. Zu Ostern nutzten wir die riesigen Laborräume als Versteck für Osternester.

Im Dezember 2009, fast ein Jahr vor dem Brand, luden wir zu einem vorweihnachtlichen Picknick in das inzwischen bitterkalte Institut ein. Forellenfriedhof überlaut nannten wir den Abend, in Anlehnung an ein dadaistisches Gedicht. Ein vornehm gekleideter Herr mit Zylinder fragte die Gäste nach dem Passwort – Fidelio – und geleitete sie sodann in den festlich geschmückten Salon. Ein mitgebrachter Backgrill sorgte für ein Minimum an Wärme. Man trank Wein, las sich gegenseitig Gedichte vor, spielte Gitarre, tanzte, aß, irrte durch das Labyrinth. „Die Alte Chemie: Ein Nachruf“ weiterlesen

Gastbeitrag: Das Ostprinzip

Ein Gastbeitrag von Juliane Übensee

Vor zwei Jahren warb eine kleine Stadt im nordöstlichsten Zipfel der ehemaligen DDR, deren Namen man mit einem stillgelegten Kernkraftwerk in Verbindung bringt, junge Eltern an, vor allem junge Studenten: Kommen sie in die familienfreundliche Universitätsstadt, genießen sie individuelle Betreuung an einer der besten Universitäten, das Leben auf dem Land zwischen Kühen und romantischen Nebelfeldern, alten Eichen und einen Kindergartenplatz für ihr einjähriges Kind!

Dann kam der große Kabumm: weiter steigende Geburtenraten, viele neue Studenten mit Kindern und ein überlastetes Jugendamt. Die Lösung: der Personalschlüssel wurde von 16 auf 18 (!) erhöht, es folgte ein Aufnahmestopp für alle Kinder unter 3 Jahren. Die Eltern versuchten sich zu wehren, wendeten sich auf allen Wegen an die zuständigen Behörden, protestieren, sprachen zuletzt auf der Senatssitzung der Bürgerschaft im städtischen Rathaus vor und wurden von der Liste gestrichen. Stattdessen wurde und wird über eine futuristische Fahrradbrücke debattiert. Weil sie wichtiger ist? Günstiger?

Die Lütten nicht verwöhnen

Hier in der letzten Ecke der demokratischen Republik wird, wer nicht leise genug den Boden anstarrt und sich einredet, die Betonplatten seien das einzige Erbe der Diktaturen, ausgeschlossen aus dem demokratischen Recht. Welch Glück, dass man nicht mehr verfolgt wird?

(Foto: just.1972)

Im Herbst bläst der Wind hier rauer um die Ecken als Anderswo. Hier ist man halt nicht so kuschelig und fällt sich nicht gleich in die Arme. Nein, wir Norddeutschen sind Einzelmenschen. Ja, hier soll jeder selber zuschauen, wie er klarkommt. Fallen Erzieher aus Krankheitsgründen aus, ist es nicht Aufgabe der Stadt für Ersatz zu sorgen. Nein, da sollen die Einrichtungen schön selbst schauen wo sie bleiben. Und wenn dann eine Gruppe aus 27 Kindern besteht? Ja, dann werden die Lütten wenigstens nicht verwöhnt und es ist ja auch die Aufgabe der Erzieherinnen, oder nicht? Oder nicht? „Gastbeitrag: Das Ostprinzip“ weiterlesen

Gastbeitrag: Von einen und von anderen Seiten oder wie ein Castor aus der Nähe wirkt

Ein Gastbeitrag von Stan

So oft wie am vergangenen Sonntag habe ich bisher selten regelmäßig die Nachrichten im Radio verfolgt. Und dass ich um Freunde und Bekannte so besorgt bin wie im Augenblick, ist auch bereits reichliche zwei Jahre her. Was damals der G8-Gipfel in Heiligendamm war, ist gegenwärtig die Situation in und um Dannenberg und Gorleben.

NEUE GEWALTBEREITSCHAFT ANGREIFENDER AKTIVISTEN

Nachdem ich am vergangenen Samstag zum ersten Mal selbst das Wendland und den Protest dort auf der Auftakt-Kundgebung erlebt habe, erzürnt mich heute so manche Aussage und Stellungnahme öffentlicher Bedenkenträger oder selbstverliebter Zeitungsartikelkommentaroren umso mehr. Und es erschreckt mich die kognitive Dissonanz, mit der zum Teil (zehn)tausenden von Menschen, die ihrem Willen und Sehnen Ausdruck verleihen, der Stempel der Gewaltbereitschaft, der Verharmlosung von Straftaten oder der Ignoranz demokratischer Entscheidungen aufgedrückt wird.

Nachdem ich gestern erlebt habe, wie bunt, gesellschaftlich heterogen und um jeden Preis friedlich die Demonstrant_Innen aufgetreten sind, habe ich mich heut so manches Mal verwundert gefragt, ob dieselbe Demo und dieselben Menschen gemeint sind, wenn Polizeisprecher_Innen von einer neuen Eskalationsstufe der Gewaltbereitschaft und von angreifenden Aktivist_Innen sprechen. Sämtliche Aufrufe und Planung zum Widerstand gegen den Castor sind im Vorfeld und auch auf der samstäglichen Kundgebung unter der strikten Vereinbahrung der Gewaltlosigkeit erfolgt. „Gastbeitrag: Von einen und von anderen Seiten oder wie ein Castor aus der Nähe wirkt“ weiterlesen

Protestaktion zum bundesweiten Castor-Strecken-Aktionstag in Greifswald *Update*

Ein Gastbeitrag von Katrin Ganswindt

Am 23.10. haben sich in Greifswald rund 130 Menschen an einer Protestaktion gegen Castortransporte und für den sofortigen Atomausstieg beteiligt. Die Aktion war Teil des bundesweiten Castor-Strecken-Aktionstages, mit dem deutschlandweit drei Castor-Transport-Strecken in den Fokus der Proteste gerückt wurden.

Wir bringen euch den Müll vorbei

Mit einer Kundgebung haben rund 130 Menschen in Greifswald für den Stopp der angekündigten Castortransporte und den sofortigen Atomausstieg demonstriert. Am Morgen erfolgte die Aktion: Wir bringen Euch den Müll vorbei. Dabei rollten Mitglieder der grünen Hochschulgruppe und der Bündnisgrünen Atomfässer vom Bahnhof zum Rathaus.

Um 14 Uhr fanden sich zur gemeinsamen Radtour von der Innenstadt zum Ort der Kundgebung etwa 100 Personen ein. So durfte die ganze Fahrbahnseite von den AtomkraftgegnerInnen genutzt werden. Dank diesem Umstand sowie eindeutiger Fahnen, Verkleidungen und musikalischer Begleitung wurde die Aufmerksamkeit von passierenden Menschen geweckt. Bei strahlendem Sonnenschein wurde die Kundgebung am EWN-Gleis bei Diedrichshagen abgehalten. Es gab Kaffee, Kuchen und Infos rund um den Castor. „Protestaktion zum bundesweiten Castor-Strecken-Aktionstag in Greifswald *Update*“ weiterlesen

Gastbeitrag: Geld, Wein und die logische Konsequenz. Liberale stimmen sich auf ihre praktische Arbeit ein.

Ein Gastbeitrag von Thomas Hase

Das gelbe Kasperletheater zeigt nun endlich, was es eigentlich spielt – Monopoly! Nein, das ist kein schlechter Scherz, sondern Realität. Man einigt sich (untereinander) auf die Regeln, genießt den Wein, schmiedet Seilschaften und errichtet übermächtige, vom Kapital getriebene Monopole.

Ein kurzer Blick auf unsere Welt spiegelt dieses „Partyspiel“ des liberalen Nachwuchses erschreckend genau wieder. In letzter Konsequenz kann es dann nur noch ein Spiel geben – Risiko! Als Spiegel unserer Welt kann das also nur Krieg bedeuten. Vielen Dank für diesen kleinen Einblick in die Abgründe und Motivationen liberaler Emporkömmlinge anno 2010:

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